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VwGH vom 29.06.1993, 93/11/0020

VwGH vom 29.06.1993, 93/11/0020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des P in K, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom , Zl. 179.488/3-I/7/92, betreffend Bewilligung zur Herstellung von Kennzeichentafeln nach § 49 Abs. 5 KFG 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom auf Erteilung der Bewilligung zur Herstellung von Kennzeichentafeln gemäß § 49 Abs. 5 KFG 1967 abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 5 KFG 1967 dürfen Kennzeichentafeln nur von Personen hergestellt werden, denen die Berechtigung hiezu vom Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr verliehen wurde, und nur zu den vom genannten Bundesminister festgesetzten Bedingungen. Der Bundesminister hat festzusetzen, aus welchem Stoff und in welcher Ausführung die Tafeln herzustellen und zu welchen Bedingungen und an welche Auftraggeber die Tafeln zu liefern sind. Die Berechtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. Sie ist zu entziehen, wenn die Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben ist; sie kann entzogen werden, wenn die festgesetzten Bedingungen nicht eingehalten wurden.

Die belangte Behörde war mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom im Verfahren über die Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers betreffend seinen Antrag auf Erteilung der in Rede stehenden Bewilligung (zur hg. Zl. 92/11/0194) gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgefordert worden, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid nachzuholen. Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am zugestellt. Die Dreimonatsfrist endete demnach am . Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde ihrerseits den Beschwerdeführer auf, "bis spätestens Ende Oktober 1992" näher genannte umfangreiche Unterlagen vorzulegen und einen Lokalaugenschein zuzulassen; zu den verlangten Unterlagen zählten insbesondere "Abnahmebestätigungen durch mindestens zwei Bezirkshauptmannschaften, welche sich bereit erklären einen Probebetrieb für die Dauer eines Jahres (für die Zeitdauer der provisorischen Ermächtigung) begleitend zu überwachen" sowie eine Bankgarantie. In seinem Antwortschreiben vom bestritt der Beschwerdeführer die Notwendigkeit, im Verwaltungsverfahren alle geforderten Unterlagen vorlegen und die geforderten betrieblichen Maßnahmen setzen zu müssen, berief sich auf die Unmöglichkeit, der Aufforderung innerhalb von zwei Wochen zu entsprechen, und beantragte unter der Ankündigung, diesfalls seine Säumnisbeschwerde zurückzuziehen, eine Fristverlängerung.

Die belangte Behörde begründete ihre mit dem angefochtenen Bescheid nachgeholte abweisende Entscheidung damit, daß der Beschwerdeführer im Verfahren nicht nachgewiesen habe, daß er in der Lage sei, in seinen Betrieben die erforderlichen Kennzeichentafeln in allen Ausführungen herzustellen. Ein tragendes Element ihrer Begründung ist der drohende Ablauf der ihr vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist zur Nachholung der Entscheidung und die dadurch gegebene Unmöglichkeit, dem Beschwerdeführer eine längere Frist zur Beibringung der Unterlagen und zur Ermöglichung des Lokalaugenscheines zu gewähren. Die belangte Behörde übersieht dabei, daß die in Rede stehende Frist zur Nachholung der Entscheidung nach dem zweiten Satz des § 36 Abs. 2 VwGG verlängert werden kann, wenn die säumige Behörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich machen. Sie hat nicht einmal versucht, eine Fristerstreckung zu erwirken. Sie behauptet auch nicht, daß die von ihr gesetzte zweiwöchige Frist ausgereicht hätte, ihrem Auftrag nachzukommen, und daß eine Fristerstreckung aus diesem Grund nicht erforderlich sei. In dieser Vorgangweise erblickt der Verwaltungsgerichtshof eine Verletzung jener Verfahrensgrundsätze, die darauf abzielen, der Partei zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Verfahren - insbesondere im Rahmen einer angenommenen Mitwirkungspflicht bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes - auch in zeitlicher Hinsicht ausreichende Gelegenheit zu geben. Es liegt auf der Hand, daß die vollständige Entsprechung des Auftrages der belangten Behörde innerhalb der gesetzten Frist praktisch unmöglich war. Schon dieser Umstand hat zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zu führen.

Für das fortzusetzende Verfahren sei jedoch noch folgendes angemerkt:

Die über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung nach § 49 Abs. 5 KFG 1967 zu treffende Entscheidung ist eine Ermessensentscheidung (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 6141, und des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1466/68, sowie vom , Zl. 91/11/0090). Als Erteilungsvoraussetzung ausdrücklich genannt ist nur die Vertrauenswürdigkeit des Antragstellers. Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, daß der Antragsteller auch - wirtschaftlich und technisch - in der Lage sein muß, den Bestellungen der Kraftfahrbehörden auf Herstellung der benötigten Kennzeichentafeln nachzukommen. Es liegt im Wesen einer Ermessensentscheidung, daß nicht alle Entscheidungsdeterminanten gesetzlich geregelt sind. Die Behörden können auch andere Erteilungsvoraussetzungen zur Anwendung bringen, sofern diese sachlich (in Worten des B-VG "im Sinne des Gesetzes") sind. Dabei ist zu beachten, daß die vorliegende Problematik im Lichte des Grundrechtes auf Freiheit der Erwerbsbetätigung im Sinne des Art. 6 StGG zu beurteilen ist, worauf der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom auch hingewiesen hat.

Es geht zu weit, von einem Antragsteller in der geschilderten Situation - ohne eindeutig vorhersehbare Entscheidung der Behörde - zu verlangen, er müsse bereits sein Unternehmen soweit darauf eingestellt haben, daß es allen denkbaren Anforderungen gerecht werden kann. Dafür müßte der Antragsteller bereits sämtliche Investitionen getätigt gehabt haben, ohne daß er eine rechtliche Gewähr hätte, diese Investitionen auch wirtschaftlich fruchtbar machen zu können. Die Erteilung einer Bewilligung nach § 49 Abs. 5 KFG 1967 hat nämlich nur die Auswirkung, daß er einer der für konkrete Bestellungen von Kennzeichentafeln in Betracht kommenden Adressaten ist. Diese im Rahmen der sogenannten Privatwirtschaftsverwaltung ergehenden Bestellungen sind im Gesetz nicht geregelt; insbesondere besteht kein Rechtsanspruch darauf, daß ein Bewilligungsinhaber auch tatsächlich mit Bestellungen bedacht wird.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil an Stempelgebührenersatz nur S 300,-- (S 240,-- für zwei Beschwerdeausfertigungen und S 60,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides) zuzusprechen war.