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VwGH vom 17.05.2004, 2002/06/0203

VwGH vom 17.05.2004, 2002/06/0203

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der E S in L, vertreten durch DDr. Christian C. Schwaighofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ve1-550- 2685/1 - 16, betreffend Zurückweisung eines Bauansuchens (mitbeteiligte Partei: Gemeinde L, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. 461, EZ. 14 KG L, welches nach dem geltenden Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde im Wohngebiet liegt. Diese Widmung erfolgte erstmals mit dem Flächenwidmungsplan vom , in Kraft seit dem .

Das auf diesem Grundstück befindliche Wirtschaftsgebäude wurde mit Bescheid vom baurechtlich genehmigt.

Bereits mit Bauansuchen vom hatte der Ehegatte der Beschwerdeführerin, W S, die Erteilung einer Baubewilligung für einen Zubau zum Wirtschaftsgebäude mit Neuüberdachung von Pferdestall, Mistlager und Streuhütte und Überdachung eines Geräteabstellplatzes beantragt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde diesem Bauprojekt die Baubewilligung erteilt. Infolge der von Anrainern erhobenen Berufungen wurde dieser Bescheid jedoch vom Gemeindevorstand als Baubehörde zweiter Instanz in Stattgebung der Berufungen mit Bescheid vom "aufgehoben".

Mit (2.) Eingabe vom suchte die Beschwerdeführerin um die Erteilung der Baubewilligung für die Neuüberdachung von Mistlager, Streuhütte und Pferdestall mit flacherer Dachneigung als der Altbestand an. Nach dem in diesem Verfahren ergänzten Gutachten des Bausachverständigen vom weist der Altbestand einen umbauten Raum von 613,05 m3 auf; die (um den Geräteabstellplatz verringerte) Erweiterung des Altbestandes würde 124,60 m3 ausmachen, was im Verhältnis zum Bestand 20,22 % darstelle.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde die beantragte Baubewilligung erteilt, den dagegen von Nachbarn erhobenen Berufungen wurde allerdings wiederum Folge gegeben und mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom (richtig hätte es lauten müssen: 1999) - infolge Neuausfertigung mit dem Datum - wie folgt entschieden:

"Der Gemeindevorstand als Berufungsbehörde entspricht den Berufungen und hebt somit den nicht rechtens erteilten Baubescheid vom , Zahl 197/94-1998, auf."

Die Berufungsbehörde ging dabei unter Verweis auf § 38 Abs. 3 TROG 1997 begründend davon aus, das eingereichte Bauvorhaben entspreche nicht der Widmung des betroffenen Grundstücks. Die eingereichte Baumasse übersteige die Geringfügigkeitsgrenze bei weitem, zudem überschreite auch der Umfang der landwirtschaftlichbetrieblichen Tätigkeit das zumutbare Maß.

Die von den Berufungswerbern erhobenen Vorstellungen wurden von der belangten Behörde mit Vorstellungsbescheid vom im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, es sei ihren Berufungsanträgen zur Gänze entsprochen worden, unwesentlich sei die Zitierung der Paragraphen - etwa des § 66 Abs. 4 AVG und des § 26 TBO, wenn sich aus dem Spruch und der Begründung klar und eindeutig die Absicht der Behörde entnehmen lasse (hier: Abweisung des Bauantrages). Dies sei durch die Versagung der Baubewilligung der Fall gewesen, ein ausdrücklicher Abspruch über die Berufung sei nicht erforderlich, es genüge, wenn sich dies aus der getroffenen Sachentscheidung ergebe.

Dieser Bescheid blieb vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts unbekämpft.

Mit (3.) Ansuchen vom beantragte die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehegatten W S neuerlich die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Pferdestalles zum bestehenden Wirtschaftsgebäude, Überdachung des Streulagers (samt darunter liegender Jauchegrube) und der Düngerstätte auf dem Grundstück Nr. 461 KG L.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dieser Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom keine Folge gegeben, die gegen diesen Bescheid gerichtete Vorstellung blieb erfolglos (Bescheid der belangten Behörde vom ).

Mit dem (4.) Bauansuchen vom beantragte die Beschwerdeführerin neuerlich die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Zubaus zum bestehenden Wirtschaftsgebäude bestehend aus Pferdestall und überdachtem Streulager samt darunter liegender Jauchegrube sowie einer nicht überdachten Mistlagerstätte. Dieser Zubau würde einen umbauten Raum von 117,05 m3, sohin weniger als 20 % des Altbestandes, aufweisen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde auch dieser Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde bestätigte diese Entscheidung mit Bescheid vom .

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wurde die von der Beschwerdeführerin gegen den Berufungsbescheid erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass die Rechtskraft eines Bescheides bei unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage das Prozesshindernis der entschiedenen Sache bewirke. Sei ein Bescheid unanfechtbar und unwiderrufbar geworden, entfalte er die Wirkung, dass die mit ihm erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden könne. Der Begriff der "Identität der Sache" müsse in erster Linie aus der rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden. Das bedeute, dass geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukomme. Sei in maßgeblichen Umständen eine Änderung eingetreten, hindere dies somit eine neue Entscheidung nicht. Bei einer Änderung des Sachverhaltes könne aber nur eine solche zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulasse, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung gebildet hätten, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten könnten. Von einer geänderten Rechtslage im Sinne der Judikatur könne nur dann gesprochen werden, wenn sich nach der Abweisung des ersten Ansuchens die gesetzlichen Vorschriften, die tragend für diese Entscheidung gewesen seien, so geändert hätten, dass sie, hätten sie bereits früher bestanden, eine anders lautende Entscheidung ermöglicht hätten. Im Beschwerdefall sei die im Vorverfahren erfolgte Modifikation des Bauprojekts von den Gemeindebehörden vor dem Hintergrund der seinerzeit zur Versagung der Baugenehmigung führenden rechtlichen Erwägungen als unbeachtlich angesehen worden. Im erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid sei Bezug genommen worden auf die Abweisung des (modifizierten Baugesuchs) mit Bescheid vom (bzw. laut Berichtigungsbescheid vom ). Dieser Bescheid des Gemeindevorstandes sei in Rechtskraft erwachsen und gehöre dem Rechtsbestand an; eine Anfechtung bei den Höchstgerichten sei unterblieben. Tragender Grund der Abweisung sei die Widmungswidrigkeit des Bauprojekts gewesen, weil die eingereichte Baumasse die Geringfügigkeitsgrenze bei weitem und auch der Umfang der landwirtschaftlich betrieblichen Tätigkeit das zumutbare Maß überstiegen habe. Entscheidend sei nunmehr, ob sich das eingereichte Projekt von jenem, mit Bescheid vom abgewiesenen derart unterscheide, dass vor dem Hintergrund der damals angestellten rechtlichen Erwägungen eine relevante Änderung eingetreten sei. Richtig sei, dass durch die 5. ROG-Novelle insofern eine Änderung der Rechtslage eingetreten sei, als nunmehr die in § 38 Abs. 1 lit. a TROG vorgesehene Möglichkeit einer geringfügigen Erweiterung mit 20 % der Baumasse im Zeitpunkt der Widmung, höchstens aber mit 400 m3 konkretisiert worden sei. Es könne nicht gesagt werden, ob sich diese rechtliche Änderung im Zusammenhang mit der projektierten Änderung des Düngelagers auswirke, weshalb der Beurteilung der Gemeindeinstanzen, es sei keine relevante Änderung der Verhältnisse eingetreten, nicht gefolgt werden könne. Dennoch sei die Zurückweisung rechtens erfolgt, weil eine Erweiterung bestehender Betriebe gemäß § 38 Abs. 3 TROG an die weitere Voraussetzung gebunden sei, dass die betriebliche oder sonstige Tätigkeit gegenüber dem Zeitpunkt der Widmung höchstens geringfügig erweitert werde und die Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigung oder Erschütterungen, und dessen Charakter als Wohngebiet nicht wesentlich oder, sofern vom betreffenden Betrieb bzw. von der betreffenden Einrichtung bereits solche Beeinträchtigungen ausgingen, nicht mehr als bisher beeinträchtigt werde. Vergleiche man nun die in der rechtskräftig beschiedenen baulichen Anlage vorgesehene betriebliche Tätigkeit mit jener, die laut Einreichplan vorgesehen sei, so könne keine relevante Änderung festgestellt werden. Der Verwendungszweck sei im Ansuchen vom mit "Pferdestall, Streu- (mit darunter befindlicher Jauchegrube) und Mistlager" beschrieben worden; im vorliegenden Projekt sei lediglich die Überdachung des Mistlagers entfallen. Die vorgesehene betriebliche Tätigkeit und der für die Tierhaltung vorgesehene Bereich seien ident. Das gegenständliche Bauvorhaben unterscheide sich somit, was die damit ermöglichte Erweiterung der betrieblichen Tätigkeit gegenüber dem konsentierten Bestand anlange, vom rechtskräftig entschiedenen nicht. Der Verwendungszweck "Pferdehaltung, Streu- und Mistlagerung" und auch die Außenabgrenzung der baulichen Anlage seien mit dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren ident. Da der Gemeindevorstand in seiner rechtskräftigen Entscheidung die Widmungswidrigkeit auch wegen der durch das Einreichprojekt ermöglichten unzumutbaren Erweiterung der betrieblichen Tätigkeit verneint habe, sei von einer Sachidentität auszugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den "aufhebenden" Bescheid der Berufungsbehörde vom (bzw. in der Fassung der Neuausfertigung: ) als meritorische Erledigung im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG beurteilt, da aus dem Inhalt des "aufhebenden" Berufungsbescheides zweifelsfrei hervorgeht, dass die Berufungsbehörde das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die Erlassung eines positiven Baubewilligungsbescheides verneint hat. Damit liegt aber in der "Aufhebung" des Baubewilligungsbescheides des Bürgermeisters vom "in Entsprechung der Berufung" lediglich ein Vergreifen im Ausdruck mit dem Ergebnis vor (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/09/0068), dass mit dem Bescheid trotz des "aufhebenden" Spruches gemäß § 66 Abs. 4 AVG eine meritorische Entscheidung in Form einer Abweisung des Antrages vorgenommen wurde.

Von dieser Rechtsansicht ging auch die Vorstellungsbehörde in ihrem Bescheid vom aus, der vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts unbekämpft blieb.

Aus dem Gesagten ergibt sich somit, dass vom Vorliegen einer in Rechtskraft erwachsenen, der Abänderung im Berufungsverfahren nicht mehr unterliegenden meritorischen Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Baugesuchs auszugehen ist.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. Nr. 471/1995, sind Anbringen von Beteiligten, die außer den - hier nicht in Betracht kommenden - Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet (was hier ebenfalls nicht der Fall ist).

Die belangte Behörde hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass gemäß der hg. Judikatur zu § 68 Abs. 1 AVG (vgl. u.a. das Erkenntnis vom , Zl. 95/11/0027) Identität der Sache vorliegt, wenn weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgebenden tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Dann aber, wenn in den entscheidungsrelevanten Fakten und/oder in den die Entscheidung tragenden Normen (in der maßgebenden Rechtslage) nach Erlassung des Bescheides wesentliche, d.h. die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Änderungen eintreten, verliert die Sache ihre ursprüngliche Identität. Sie wird dann zu einer anderen Sache, über die bescheidförmig abgesprochen werden muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/06/0169). Die Rechtskraft eines Bescheides erfasst somit nicht einen Sachverhalt, der sich nach Erlassung des Bescheides geändert hat, es sei denn, dass sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren nur dadurch unterscheidet, dass es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist. Die Wesentlichkeit einer Sachverhaltsänderung ist dabei nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen rechtskräftigen Entscheidung erfahren hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/06/0039, und die dort wiedergegebene Judikatur).

Um im Beschwerdefall beurteilen zu können, ob eine Änderung der entscheidungswesentlichen Sach- und Rechtslage eingetreten ist, ist der letzte rechtskräftige materiell-rechtliche (das heißt die Rechtssache inhaltlich erledigende) Bescheid über das (seinerzeitige) Bauansuchen der Beschwerdeführerin dem nunmehr vorliegenden Projekt gegenüberzustellen. Vergleichsgegenstand in diesem Sinne ist im Beschwerdefall das dem Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom (bzw. in seiner berichtigten Fassung vom ), mit welchem den Berufungen der Nachbarn Folge gegeben und der Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters unter Hinweis auf § 38 Abs. 3 lit. a des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 "aufgehoben" worden war, zu Grunde liegende Projekt. Dieses war de facto inhaltlich abgewiesen worden, weil es in Bezug auf die Nutzung nicht der Widmung des betroffenen Grundstücks entspreche; die Baumasse übersteige die Geringfügigkeitsgrenze bei weitem und zudem überschreite auch der Umfang der landwirtschaftlich betrieblichen Tätigkeit das zumutbare Maß (auf den mangelhaften Spruch dieses Bescheides war infolge seiner Rechtskraft nicht mehr einzugehen).

Die aus den Bauplänen ersichtliche Änderung im Sachverhalt liegt in der Weglassung der überdachten Geräteabstellfläche sowie der Überdachung des projektierten Mistlagers, während der geplante Zubau eines Pferdestalles und eines Streulagers über der als Bestand angegebenen Jauchegrube samt Überdachung in Form und Ausmaßen gleich blieben. Der nunmehr projektsgegenständlich umbaute Raum würde nach dem bereits anlässlich der vorangegangenen Antragstellung eingeholten Sachverständigengutachten unter 20 % der ursprünglichen Baumasse liegen. Im Bezug auf die höchstzulässige bauliche Erweiterungsmöglichkeit ist damit eine entscheidungswesentliche Änderung eingetreten.

Eine Änderung der Rechtslage entstand durch das Inkrafttreten der 5. Raumordnungs-Novelle LGBl. Nr. 73/2001.

Der § 38 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997, LGBl. Nr. 10/1997 (TROG 1997), in der damals ( bzw. ) von den Baubehörden anzuwendenden Fassung der 2. Raumordnungs-Novelle LGBl. Nr. 21/1998 lautete:

"Bestehen auf Grundflächen, die als Wohngebiet oder

gemischtes Wohngebiet gewidmet sind, rechtmäßig bereits Gebäude

für andere als die im Wohngebiet bzw. im gemischten Wohngebiet

zulässigen Betriebe oder Einrichtungen, so dürfen darauf auch

Gebäude für diese Betriebe oder Einrichtungen errichtet werden,

wenn dies

a) gegenüber dem Zeitpunkt der Widmung als Wohngebiet

bzw. gemischtes Wohngebiet die Baumasse zu einer nur geringfügigen

Erweiterung des Baubestandes und der betrieblichen oder sonstigen

Tätigkeit führt und

b) weder eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit

noch eine gegenüber dem in lit. a genannten Zeitpunkt größere Belästigung der Bevölkerung, insbesondere durch Lärm, Luftverunreinigungen, Geruch oder Erschütterungen, und auch keine unzumutbare Verkehrsbelastung bewirkt."

Der § 38 Abs. 3 TROG 1997 in der Fassung der 5. ROG-Novelle LGBl. Nr. 73/2001, lautete:

"Bestehen auf Grundflächen, die als Wohngebiet oder gemischtes Wohngebiet gewidmet sind, rechtmäßig bereits Gebäude für andere als die im Wohngebiet bzw. im gemischten Wohngebiet zulässigen Betriebe oder Einrichtungen, so dürfen darauf auch Gebäude für diese Betriebe oder Einrichtungen errichtet werden, wenn dadurch

a) gegenüber dem Baubestand im Zeitpunkt der Widmung als Wohngebiet bzw. gemischtes Wohngebiet die Baumasse mit Ausnahme jener von Nebengebäuden um insgesamt nicht mehr als 20 v. H., höchstens jedoch um 400 m3, vergrößert wird und die betriebliche oder sonstige Tätigkeit gegenüber diesem Zeitpunkt höchstens geringfügig erweitert wird und

b) die Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und dessen Charakter als Wohngebiet nicht wesentlich oder, sofern vom betreffenden Betrieb bzw. von der betreffenden Einrichtung solche Beeinträchtigungen bereits ausgehen, nicht mehr als bisher beeinträchtigt wird."

In diesem Zusammenhang weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass durch die Einführung der 5. RaumordnungsG-Novelle neue Kriterien geschaffen worden seien, nach denen die Zulässigkeit von betrieblichen Zubauten im Wohngebiet zu beurteilen sei. Insbesondere sei die Möglichkeit der baulichen Vergrößerung der vorhandenen Baumasse durch die normierten 20 %, maximal jedoch 400 m3, entscheidend erweitert worden. Die Beschwerdeführerin übersieht jedoch, dass diese bauliche Erweiterungsmöglichkeit nach der Bestimmung des § 38 Abs. 3 lit. a TROG nur unter der weiteren Voraussetzung zulässig ist, dass nicht auch die betriebliche oder sonstige Tätigkeit mehr als nur geringfügig erweitert werden soll. In dem das 2. Baugesuch abweisenden Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom (bzw. ) war in diesem Sinne nicht nur die (als nicht nur geringfügig qualifizierte) bauliche Erweiterung, sondern auch die landwirtschaftlich-betriebliche Erweiterung in Bezug auf die zu erwartende Belästigung der Bevölkerung gemäß § 38 Abs. 3 lit. b TROG 1997 in der Fassung der 2. Raumordnungsgesetz-Novelle als "über das zumutbare Maß hinaus gehend" beurteilt worden, wobei die damalige Vergleichsgrundlage das im Jahre 1977 bewilligte Wirtschaftsgebäude und die mit Bescheid vom genehmigten Zubauten waren. Ob diese Einschätzung zu Recht erfolgt ist oder nicht, steht hier nicht zur Beurteilung an, sondern lediglich die Frage, ob sich seit dieser rechtlichen Beurteilung im Bescheid vom in der landwirtschaftlichbetrieblichen Konzeption eine Änderung ergeben hat. Dies haben die Gemeindebehörden zutreffend verneint, da der Verwendungszweck im Sinne der beabsichtigten betrieblichen Tätigkeit nach § 38 Abs. 3 lit. a TROG der beantragten Erweiterungsbaulichkeiten seither der selbe geblieben ist (Pferdestall, Streulager mit darunter liegender Jauchegrube und nicht überdachte Mistlagerstätte). Dazu kommt, dass nach der neuen Rechtslage gemäß § 38 Abs. 3 lit. b TROG 1997 in der Fassung der 5. Raumordnungsgesetz-Novelle bei einer Erweiterung eines Betriebes nicht mehr Beeinträchtigungen als bisher eintreten dürfen, wohingegen nach der alten Rechtslage ein zumutbares Maß an einer größeren Belästigung der Bevölkerung zulässig war. Damit musste auf die Argumente der Beschwerdeführerin die weiteren - durch die TROG-Novelle LGBl. Nr. 73/2001 eingeführten - Voraussetzungen des § 38 Abs. 3 lit. b TROG betreffend (Wohnqualität und Charakter des Wohngebietes) nicht mehr eingegangen werden.

Damit war die Beurteilung der Gemeindebehörden, dass Identität der Sache vorliege, zutreffend, weshalb die belangte Behörde mit Recht eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Beschwerdeführerin verneinte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Insofern die Beschwerdeführerin allerdings eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften darin erblickt, dass die Gemeindebehörden sie nicht zu einer bewilligungsfähigen Projektänderung aufgefordert bzw. angeleitet hätten, ist im gegebenen Zusammenhang darauf zu verweisen, dass die Gemeindebehörden in eine materiell-rechtliche Behandlung des Ansuchens der Beschwerdeführerin vom gar nicht eingetreten sind und sich daher die materiell-rechtliche Frage nach der Bewilligungsfähigkeit des Projekts im vorliegenden Verfahrensstadium nicht gestellt hat.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am