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VwGH vom 16.12.1996, 93/10/0180

VwGH vom 16.12.1996, 93/10/0180

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des E in B, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Lande Niederösterreich vom , Zl. Senat-MD-91-099, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung der §§ 26 Abs. 1 und 2 iVm § 74 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) schuldig erkannt.

Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe verhängt.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides weist folgenden Inhalt auf:

"Die Firma K-Handelsgesellschaft mbH hat am an die Firma N-Gesellschaft mbH in Innsbruck das kosmetische Mittel mit der Bezeichnung "XY - Pflege Creme, 75 ml" geliefert. Auf der Verpackung befand sich die Angabe "klinisch getestet", obwohl es verboten ist, irreführende Hinweise auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen anzubringen.

Herr (Beschwerdeführer) hat es daher als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma K-Handelsgesellschaft mbH und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten, daß die genannte Firma ein kosmetisches Mittel in Verkehr gebracht hat, das falsch bezeichnet war."

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der deren Behandlung mit Beschluß vom , B 2118/1992-3, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In seiner auftragsgemäß ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Beschwerdefall sind die folgenden Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes relevant:

Nach § 26 Abs. 1 lit. d LMG 1975 ist es verboten, kosmetische Mittel in Verkehr zu bringen, die falsch bezeichnet sind.

Nach § 26 Abs. 2 leg. cit. gelten § 8 lit. a, b und f sinngemäß, § 9 gilt mit der Maßgabe, daß nicht irreführende Hinweise auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen sowie bildliche Darstellungen zur Erläuterung des Anwendungsbereiches zulässig sind. Werden solche Wirkungen behauptet, sind der Behörde auf Verlangen die wirksamen Komponenten bekanntzugeben.

§ 8 lit. f LMG 1975 bestimmt, daß Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe falsch bezeichnet sind, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden.

Nach § 9 Abs. 1 LMG 1975 ist es verboten, beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen

a) sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken;

b) auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder auf Gutachten hinzuweisen;

c) gesundheitsbezogene, bildliche oder stilisierte Darstellungen von Organen des menschlichen Körpers, Abbildungen von Angehörigen der Heilberufe oder von Kuranstalten oder sonstige auf Heiltätigkeiten hinweisende Abbildungen zu verwenden.

2. Der Beschwerdeführer behauptet zunächst die Unzuständigkeit der belangten Behörde. Tatort sei nach dem Spruch der Behörde erster Instanz eindeutig Innsbruck ("durch die Lieferung ... an die N-Gesellschaft mbH in Innsbruck ... in Verkehr gesetzt") gewesen. Zur Entscheidung über seine Berufung sei daher der Unabhängige Verwaltungssenat für Tirol zuständig gewesen. Im übrigen enthalte der Spruch keine ausreichende Umschreibung des Tatortes, da die genannte Gesellschaft in Innsbruck zwei Filialen besitze.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe zu verantworten, daß die Gesellschaft, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer er ist, ein bestimmtes kosmetisches Mittel, das falsch bezeichnet gewesen sei, an einem ganz bestimmten Tag () an die N-GmbH in Innsbruck geliefert habe. Dem Beschwerdeführer wurde nach § 74 Abs. 1 LMG 1975 das Inverkehrbringen eines falsch bezeichneten kosmetischen Mittels zum Vorwurf gemacht. Es liegt dabei ein Begehungsdelikt vor. Tatort ist der Ort, wo das Lebensmittel in Verkehr gebracht worden ist. Dies war nach dem festgestellten Sachverhalt der Sitz der Gesellschaft, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist. Nach der Fassung des Spruches umfaßt der Tatvorwurf des erstinstanzlichen Bescheides SÄMTLICHE am vom Sitz der Gesellschaft aus erfolgten Lieferungen des näher bezeichneten kosmetischen Mittels an die N-GmbH. Die Beschwerde zeigt nicht auf, inwieweit der Beschwerdeführer daran gehindert gewesen wäre, auf diesen Vorwurf bezogene Beweise anzubieten; im Hinblick auf die insoweit gleichlautende Fassung des angefochtenen Bescheides ist der Beschwerdeführer auch davor geschützt, wegen desselben Verhaltens neuerlich zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. dazu das den Beschwerdeführer betreffende Erkenntnis vom , Zl. 93/10/0219).

3. Schließlich behauptet der Beschwerdeführer eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, da ihm die belangte Behörde eine Tat vorgeworfen habe, die nicht Gegenstand der Entscheidung der Behörde erster Instanz gewesen sei. Diese habe ihm vorgeworfen, daß der Hinweis "klinisch getestet" eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe nach § 9 Abs. 1 lit. b LMG 1975 (Hinweis auf Gutachten bzw. ärztlicher Empfehlungen) darstelle. Demgegenüber habe die belangte Behörde festgestellt, daß das Verhalten des Beschwerdeführers strafbar sei, weil auf der Produktverpackung ein irreführender Hinweis auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen (§ 9 Abs. 1 lit. a leg. cit.) aufscheine.

Auch dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.

Mit dem erwähnten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft wurde dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemacht, für eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des § 9 LMG 1975 iVm § 26 leg. cit. verantwortlich zu sein. Das vorliegende kosmetische Mittel sei im Sinne des § 8 lit. f LMG 1975 als "falsch bezeichnet" zu beurteilen und unterliege daher dem Verbot des § 26 Abs. 1 lit. d LMG 1975. Die Bezirkshauptmannschaft vertrat dabei die Auffassung, daß der Hinweis "klinisch getestet" einen Hinweis auf eine ärztliche Empfehlung bzw. ein Gutachten darstelle. Diese Auffassung erweist sich im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als zutreffend (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis vom ).

In Erwiderung auf das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, wonach der Hinweis "klinisch getestet" ein nicht irreführender Hinweis auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen sei, hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung vertreten, daß der inkriminierte Hinweis den Eindruck einer umfassenden positiven Wirkung erwecke, weshalb er AUCH eine Irreführungseignung aufweise. Durch die Aufnahme dieses Begründungselementes in den Spruch des angefochtenen Bescheides ist der Beschwerdeführer allerdings nicht in seinen Rechten verletzt worden (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 94/10/0107).

4. Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

5. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.