VwGH vom 26.09.1991, 90/06/0178
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
90/06/0183
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden 1) der N-Gesellschaft m.b.H. in T, vertreten durch Dr. H Rechtsanwalt
W und 2) der Marktgemeinde T, vertreten durch Dr. M Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ve-550-1634, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1) AA,
2) BB, 3) CC, 4) DD und 5) EE, alle in T), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.020,-- und der Zweitbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.240,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom beantragte die Erstbeschwerdeführerin die Erteilung der Baubewilligung für einen (südlichen) Zubau zur (bestehenden) Weberei auf dem Grundstück Nr. 3555/1 EZ. 3093/II KG. T mit Warenschau sowie Roh- und Fertigwarenlager, zum Einbau einer Klimaanlage im Keller des bestehenden Gebäudes und zur Errichtung von Sanitär-, Aufenthalts- und Büroräumen im Obergeschoß des Neubaues unter Anschluß von verschiedenen Unterlagen. Diesen ist u.a. zu entnehmen, daß die derzeitige Webhalle des ersten Stockes in den (südlichen) Zubau verlegt und die Maschinen durch neue ersetzt werden. Auch im Erdgeschoß des Altbestandes werden bestimmte Maschinen aufgestellt. U.a. im nördlichen Bereich des Altbestandes grenzt der Betrieb der T-AG an. Im östlichen Bereich ist Grenze die M-Straße, im westlichen der Gießbach. Im südlichen Bereich des Grundstückes sind die Parkplätze situiert.
Bei der mündlichen Verhandlung vom wurde darauf verwiesen, daß der Zubau nach Abbruch der in seinem Bereich bestehenden (alten) Lagerhalle erfolgt und den Plänen nach auch verschiedene bauliche Maßnahmen im Altbestand zu entnehmen sind, woraus sich u.a. ergebe, daß im dritten Obergeschoß des Altbaues keine Produktion oder Lagerung mehr erfolgt. Das Grundstück ist laut Flächenwidmungsplan gemäß § 13 des Tiroler Raumordnungsgesetzes (ROG) als Gewerbe- und Industriegebiet ausgewiesen, wobei gemäß § 13 Abs. 2 leg. cit. die Einschränkung besteht, daß nur Betriebsanlagen errichtet werden dürfen, die für die Bewohner der benachbarten Gebiete keine Gefahr für Leben und Gesundheit, insbesondere auch durch Rauch-, Staub- oder Lärmentwicklung befürchten lassen (Einschränkung wie im Mischgebiet nach § 14 Abs. 1 ROG). Weiters besteht ein Bebauungsplan. Der hochbautechnische Sachverständige erklärte das Bauvorhaben als zulässig. Die mitbeteiligten Parteien (Nachbarn) erhoben verschiedene Einwendungen.
Die Erstbeschwerdeführerin legte in der Folge ein schalltechnisches Gutachten vom , ein Gutachten betreffend eine Immissionsprognose bezüglich Staub sowie ein Gutachten über Erschütterungen (Bestandsaufnahme) vom vor (Vibrationen durch den Betrieb von Webautomaten), wobei u.a. auch Messungen am Haus der erstmitbeteiligten Partei (mehr als 50 m südlich des Altbestandes jenseits der M-Straße gelegen) erfolgten. Laut Vergleich mit ÖNORM S 9010 und DIN 4150 Teil 2 ergab sich bezüglich der Erschütterungen, daß die Fühlschwelle bzw. die zulässigen Werte weit unterschritten werden. Da sich die der Gemeinde zur Verfügung stehenden Amtsärzte fachlich zur Begutachtung nicht berufen fühlten, aber auf zwei anerkannte Fachärzte, nämlich Univ.-Prof. Dr. K. (Universität Innsbruck) und OMR Doz. Dr. B. (Vorstand des arbeitsmedizinischen Zentrums in Hall), verwiesen, wurde letzterer mit der Begutachtung betraut. Doz. Dr. B. führte in seinem Gutachten vom hinsichtlich der Erschütterungen aus, daß nach den durchgeführten Messungen die Grenzwerte der Erschütterungen, bei denen von einer Gefährdung gesprochen werden könne, nicht einmal zur Hälfte erreicht werden. Die Schwingstärke mit 0,03 bis 0,05 liege weit unter der laut ÖNORM festgelegten Fühlschwelle von 0,1. Zusammengefaßt legte der Sachverständige dar, daß nach den vorliegenden Meßdaten und bei Einhaltung der technischen Auflagen für die Bau- und Lieferfirmen (Maschinen, Klimaanlage, Filter, Schalldämpfer etc.), wie in den Sachverständigengutachten detailliert beschrieben, nach dem derzeitigen medizinischen Wissen durch die Verlegung der Anlage der Weberei keine Gefahr einer Gesundheitsschädigung der in der Umgebung wohnenden Menschen bestehe. Die mitbeteiligten Parteien gaben hiezu am eine schriftliche Stellungnahme ab.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Zweitbeschwerdeführerin vom wurde die beantragte baubehördliche Bewilligung gemäß § 31 der Tiroler Bauordnung (BO) unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen und Bedingungen erteilt. Die Einwendungen der Nachbarn wurden auf Grund der eingeholten Gutachten teils zurück-, teils abgewiesen.
Der Gemeindevorstand der Zweitbeschwerdeführerin gab mit Bescheid vom der von den mitbeteiligten Parteien erhobenen Berufung keine Folge. In der Begründung wurde im wesentlichen auf die schlüssigen Sachverständigengutachten verwiesen, wonach gegen das Bauvorhaben keine Einwände bestünden. Es erfolge lediglich eine Modernisierung des Betriebes und eine Verbesserung der Arbeitsplätze.
Dagegen erhoben die mitbeteiligten Parteien Vorstellung.
Die belangte Behörde ersuchte am den ärztlichen Sachverständigen Doz. Dr. B. u.a. um Stellungnahme dazu, daß der Sachbearbeiter im Hause der erstmitbeteiligten Partei bei großer Aufmerksamkeit leise Geräusche an dem auf der Abwasch aufgestellten, teilweise übereinander geschichteten Geschirr, im Schrank im Wohnzimmer und an einem kleinen, im Abstellraum aufgestellten Grillautomat wahrgenommen habe. Am eigenen Körper seien allerdings Vibrationen nicht spürbar gewesen. Es stelle sich die Frage, ob nicht im Hinblick auf das wahrzunehmende Kriterium, daß die Betriebsanlage keine Gefahr für Leben und Gesundheit befürchten lassen dürfe, weitere Erhebungen erforderlich seien. Es seien nicht die Vibrationen zu beurteilen, die vom Betrieb ausgingen (und die gemessen worden seien), sondern von jenen des projektierten Neubaues. Doz. Dr. B. erwiderte am , als Grundlage für ein Gutachten könnten nur objektiv meßbare Daten herangezogen werden. Die menschliche Subjektivität sei von so vielen persönlichen Einflüssen physischer und psychischer Natur geprägt, daß sie für ein objektives Gutachten nicht zu Hilfe genommen werden können. Zur Frage der Beurteilung des bestehenden und des neuen Objektes sei bemerkt, daß anhand der bestehenden Daten aufgezeigt werde, daß zur Zeit keine gesundheitliche Gefährdung durch die Vibrationen gegeben seien, andererseits (nach den Garantieangaben der das neue Projekt erstellenden Firmen) der Neubau weit unter den derzeit meßbaren Vibrationen liege.
Die belangte Behörde zog den ärztlichen Amtssachverständigen ihrer Sanitätsabteilung (OR Dr. W.) bei, der einen Augenschein, allerdings ohne Vornahme oder Veranlassung von Messungen, durchführte und in seinem Gutachten vom die Meinung vertrat, daß die Vibrationslärmimmissionen (leise Geräusche, hervorgerufen durch in Schwingung gesetzte labile, bereits oben genannte Gegenstände, die sekundenlang andauern und von Pausen durchbrochen seien und in einer gewissen Periodik auftreten) geeignet seien, die Gesundheit zu schädigen, und, wobei er auf die Behauptungen der erstmitbeteiligten Partei und ihres Gatten verwies, bestimmte psychische Störungen herbeigeführt hätten. Sodann wurde Parteiengehör gewährt. Die Zweitbeschwerdeführerin trat in ihrer Stellungnahme vom den Ausführungen des Amtssachverständigen der belangten Behörde unter Hinweis auf die sonst vorliegenden Gutachten entgegen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde die Vorstellung einer Vorstellungswerberin als unzulässig zurückgewiesen, der Vorstellung der mitbeteiligten Parteien aber Folge gegeben, der Bescheid des Gemeindevorstandes aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. Nach Abvotierung einer Reihe von Einwendungen der mitbeteiligten Parteien heißt es in der Begründung, es komme dem Vorbringen der Nachbarn Erfolg zu, wenn sie die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der Gutachten bezweifeln und feststellten, daß die Vibrationen sehr wohl spürbar und akustisch wahrnehmbar seien. Auf Grund der Wahrnehmung des Organwalters im Hause der erstmitbeteiligten Partei, wonach Vibrationsgeräusche an den schon oben genannten Gegenständen zu hören gewesen seien, sei der weitere Amtssachverständige (gemeint OR Dr. W.) ersucht worden, darüber und über die Auswirkungen solcher Geräusche ein Gutachten abzugeben. In seinem Gutachten habe dieser Amtssachverständige festgestellt, daß er an verschiedenen Orten bzw. Gegenständen im Haus diese Vibrationsgeräusche habe feststellen können. Auf Grund der Angaben der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehemannes, daß diese Geräusche auch nachts, nicht jedoch während der Betriebsferien und der Betriebsruhe der Weberei wahrzunehmen seien, und auf Grund seiner Feststellung, daß diese Geräusche nicht von vorbeifahrenden Fahrzeugen herrühren, gehe der ärztliche Sachverständige davon aus, daß diese Vibrationen, die subjektiv als schwache Geräusche wahrzunehmen seien, von den Maschinen der Weberei ausgehen, zumal an allen Meßpunkten vom technischen Gutachter Schwingungen festgestellt worden seien. Schließlich komme der Gutachter zu dem Ergebnis, daß diese Vibrationslärmemissionen geeignet seien, die Gesundheit bei einem gesunden, normal empfindenden Erwachsenen und einem gesunden, normal empfindenden Kind zu schädigen; dies insbesondere deshalb, weil diese Vibrationen zu Schlafstörungen führen könnten, die sich in psychischen Störungen, wie vegetativer Überreizung, Reizbarkeit, Erregbarkeit, Apathie, allgemeine Nervosität sowie Konzentrations- und Arbeitsfähigkeitsbeeinträchtigungen äußern. Die belangte Behörde gehe von der Richtigkeit und Schlüssigkeit dieses Gutachtens aus. Es scheine der Behörde erwiesen, daß die Geräusche auf Vibrationen zurückzuführen seien, die von der Weberei ausgehen. Schließlich seien an allen Meßpunkten (offensichtlich bezogen auf das seinerzeitige Erschütterungsgutachten) tatsächlich Schwingungen festgestellt worden. Daß ihre Stärke laut ÖNORM nicht spürbar sei, schließe nicht aus, daß sie Geräusche an labilen Gegenständen erzeugen. Die belangte Behörde sehe auch keinen Grund, die medizinischen Schlußfolgerungen, daß diese Vibrationslärmimmissionen geeignet seien, die Gesundheit zu schädigen, als unrichtig anzusehen. Nach der Widmung dürfte vom Betrieb für die Bewohner keine Gefahr für Leben und Gesundheit ausgehen. Die Gemeindebehörden seien davon ausgegangen, daß von der Weberei keine gesundheitsgefährdenden Vibrationen ausgehen, und zwar auf Grund der nicht näher begründeten Feststellungen des medizinischen Sachverständigen (gemeint Doz. Dr. B.), daß infolge der Nichterreichung der Fühlbarkeitsgrenze nach der ÖNORM S 9010 eine Gesundheitsgefährdung nicht gegeben sein könne. Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren habe aber ergeben, daß die vom technischen Sachverständigen (seinerzeit) festgestellten Vibrationen insbesondere wegen der damit verbundenen Geräusche in den Wohnungen sehr wohl eine Gefahr für Leben und Gesundheit für Bewohner befürchten lassen. Wenn der Gutachter der Gemeinde Doz. Dr. B. meine, daß als Grundlage für ein Gutachten nur objektiv meßbare Daten herangezogen werden könnten, so könne die belangte Behörde dem nicht folgen. Die Vibrationsgeräusche seien auch von einer Amtsperson und einem Amtssachverständigen festgestellt worden. Ihr Zusammenhang mit den tatsächlich gemessenen, durch die Webmaschinen hervorgerufenen Vibrationen scheine evident. Es wäre nicht einsehbar, nur von Festlegungen in einer ÖNORM, nicht aber von Wahrnehmungen von Personen auszugehen. Die Grundlagen der Gemeinde reichten nicht für die Feststellung aus, daß das Bauvorhaben keine Gefahr für die Gesundheit der Anrainer befürchten lasse. Auch der Hinweis (etwa des Sachverständigen Doz. Dr. B. im Schreiben vom ), daß die Vibrationen im Neubau weit unter den derzeit gemessenen lägen, ändere daran nichts. Die Gemeindebehörden seien eben von den Vibrationen aus dem bestehenden Bauwerk ausgegangen, weshalb es gerechtfertigt sei, daß dies auch von der belangten Behörde im ergänzenden Beweisverfahren getan werde. Das Bauvorhaben wäre nur dann zulässig, wenn nachgewiesen wäre, daß vom Neubau keine Schwingungen mehr oder nur mehr Schwingungen ausgingen, die die dargestellten Geräusche nicht bewirkten. Die mitbeteiligten Parteien seien daher in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf widmungsgemäße Verwendung des Grundstückes (§ 30 Abs. 4 BO) verletzt.
Gegen diesen Bescheid richten sich die von der Erstbeschwerdeführerin zu Zl. 90/06/0178 und von der Zweitbeschwerdeführerin zu Zl. 90/06/0183 erhobenen Beschwerden, mit denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, von der Erstbeschwerdeführerin auch Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in den von ihr erstatteten Gegenschriften beantragt, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen. Auch die mitbeteiligten Parteien haben eine in beiden Verfahren gleichlautende Gegenschrift erstattet und sich für eine Abweisung der Beschwerden ausgesprochen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zunächst beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zu verbinden und sodann über sie erwogen:
Die beschwerdeführenden Parteien vertreten die Ansicht, daß das Bauvorhaben der Widmung entspreche und bekämpfen die Feststellungen der belangten Behörde, wonach das Ermittlungsverfahren der Gemeindebehörden mangelhaft geblieben sei und nicht den Schluß zulasse, daß das geplante Projekt keine Gefahr für die Gesundheit der Anrainer befürchten lasse.
Das zu bebauende Grundstück ist (was unbestritten geblieben ist) im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Zweitbeschwerdeführerin als Gewerbe- und Industriegebiet nach § 13 ROG mit der nach Abs. 2 dieser Bestimmung zulässigen Festlegung ausgewiesen, daß (analog dem Mischgebiet nach § 14 Abs. 1 ROG) darauf nur Betriebsanlagen errichtet werden dürfen, die für die Bewohner der benachbarten Gebiete keine Gefahr für Leben und Gesundheit, insbesondere auch durch starke Rauch-, Staub- und Lärmentwicklung befürchten lassen.
Maßstab für die Lösung der Frage nach der Zulässigkeit eines Betriebes unter dem Blickwinkel der Flächenwidmung ist für die Baubehörde - anders als für die Gewerbebehörde - nicht ein in seinen Betriebsmitteln und Anlagen bis ins Einzelne fest umrissener Betrieb. Als Maßstab hat vielmehr eine nach Art der dort üblicherweise und nach dem jeweiligen Stand der Technik verwendeten Anlagen und Einrichtungen einschließlich der zum Schutz vor Belästigungen typischerweise getroffenen Maßnahmen sowie nach Art der dort entsprechend diesen Merkmalen herkömmlicherweise entfalteten Tätigkeit auch das Ausmaß und die Intensität der dadurch verursachten Emissionen zu beurteilende Betriebstype zu dienen. Diese rechtliche Situation schließt es von vornherein aus, durch Auflagen einen vom Typus her in einem bestimmten Gebiet unzulässigen Betrieb so gestalten zu wollen, daß er im Falle der Erfüllung der Auflagen als unter der angenommenen Emissionsgrenze liegend qualifiziert werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 9382/A, sowie die weitere bei Hauer, Tiroler Baurecht, zu § 12 ROG, S. 263 f., wiedergegebene Judikatur). Diese Prüfung erfordert u.a. die Einbeziehung der notwendigen Maschinen. Der Ansicht der Erstbeschwerdeführerin, weil nach § 25 lit. j BO das Aufstellen von Maschinen und sonstigen Einrichtungen in oder auf baulichen Anlagen und deren Anbringung an baulichen Anlagen, wenn dadurch eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit oder eine Belästigung von Menschen eintreten könne, nur eine behördliche Bewilligung erfordere, wenn das Vorhaben nicht einer gewerberechtlichen Genehmigung bedürfe, das gegenständliche Vorhaben aber eine gewerberechtliche Bewilligung voraussetze, wie das anhängige gewerbebehördliche Verfahren zeige, hätte die belangte Behörde das Aufstellen der Maschinen usw. nicht berücksichtigen dürfen, kommt daher im gegebenen Zusammenhang keine Bedeutung zu. Die Meinung der Erstbeschwerdeführerin, es sei die baubehördliche Prüfung auf die bauliche Anlage an sich beschränkt, würde dem Sinn und Zweck der nach den baurechtlichen Vorschriften vorgechriebenen Prüfung des Vorhabens auf seine Übereinstimmung mit der Flächenwidmung widersprechen. Die Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin, es liege eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde vor, weil die belangte Behörde damit Kompetenzen der Gewerbebehörde für sich in Anspruch genommen habe, erweisen sich daher als unzutreffend.
Den Beschwerden kommt jedoch unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften Berechtigung zu.
Die Gemeindebehörden und ihr folgend die belangte Behörde sind bei der Prüfung, ob das Vorhaben in der bestehenden Widmung zulässig ist, von keinem anderen Vergleichsbetrieb, sondern vom bestehenden Betrieb der Erstbeschwerdeführerin ausgegangen. Hiebei ist der von den Gemeindebehörden beigezogene ärztliche Sachverständige Doz. Dr. B. auf Grund der Gutachten der technischen Sachverständigen hinsichtlich Schallemissionen, Erschütterungen und Staubemissionen zu dem Ergebnis gelangt, daß nach den vorliegenden Meßdaten (des bestehenden Betriebes) und bei Einhaltung der technischen Auflagen, wie in den Gutachten beschrieben, nach dem derzeitigen medizinischen Wissen keine Gefahr einer Gesundheitsschädigung der benachbarten Bewohner bestehe. Hingegen vertrat der von der belangten Behörde beigezogene ärztliche Amtssachverständige Dr. W. die Meinung, daß die von ihm und dem Sachbearbeiter der belangten Behörde im Haus der erstmitbeteiligten Partei wahrgenommenen Vibrationsgeräusche einiger labiler Gegenstände geeignet seien, die Gesundheit zu schädigen. Es lagen somit zwei einander widersprechende Gutachten vor. In einem solchen Fall hat die Behörde in der Begründung ihres Bescheides in schlüssiger Weise darzutun, welche Erwägungen dafür maßgebend waren, das eine Beweismittel dem anderen vorzuziehen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., unter E 133 f zu § 45 Abs. 2 AVG, S. 320, wiedergegebene Judikatur). Mit Recht wird von den Beschwerdeführern gerügt, daß gegen die Schlüssigkeit der Ausführungen der belangten Behörde, warum sie das Gutachten ihres Amtssachverständigen dem des anderen ärztlichen Sachverständigen vorgezogen hat, Bedenken bestehen.
Der von den Gemeindebehörden beigezogene Sachverständige Doz. Dr. B. hat seine Beurteilung, daß schon vom bestehenden Betrieb keine Erschütterungen ausgehen, die eine Gefahr für die Gesundheit der Bewohner befürchten lassen, auf die vom technischen Sachverständigen vorgenommenen Schwingungsmessungen (auch im Haus der erstmitbeteiligten Partei) und die ÖNORM S 9010 (in ihr ist der Zusammenhang zwischen der definierten, bewerteten Schwingstärke und der subjektiven Wahrnehmung in einer empirisch bestimmten Abstufung tabellarisch zusammengestellt) gestützt, wonach die mit K = 0,1 angesetzte Fühlschwelle an sämtlichen Meßpunkten um mehr als die Hälfte unterschritten wird.
Der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige Dr. W. hat hingegen seine ablehnende Begutachtung auf die von ihm (aber auch vom Sachbearbeiter der belangten Behörde) im Hause der erstmitbeteiligten Partei wahrgenommenen Vibrationslärmimmissionen gestützt. Es seien zwar die Vibrationen am Körper nicht fühlbar, doch würden von labilen Gegenständen, wie z.B. übereinander geschichtetem Geschirr, welche durch die Vibrationen in Schwingung versetzt werden, leise Geräusche erzeugt, die letztlich zur Gesundheitsschädigung führen können.
Da sich der Sachverständige Doz. Dr. B. auf objektive Unterlagen und Grundlagen, darunter auch die genannte ÖNORM, berufen hat (dem Erschütterungsgutachten des technischen Sachverständigen ist weiters zu entnehmen, daß die in DIN 4150 Teil 2 genannten Anhaltswerte für die Beurteilung der Erschütterungen in Wohnungen, welche nicht überschritten werden sollen, an sämtlichen Meßpunkten unterschritten werden), wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, ihrem Amtssachverständigen Dr. W. aufzutragen, sich mit den Ausführungen des Sachverständigen Doz. Dr. B. eingehend auseinanderzusetzen und darzutun, auf Grund welcher wissenschaftlicher Erkenntnisse die Ausführungen des Gutachters der Gemeindebehörden unrichtig seien, also sein Gutachten zu ergänzen, zumal das Gutachten des Amtssachverständigen der belangten Behörde solche konkrete Ausführungen vermissen läßt, oder allenfalls sogar einen dritten Sachverständigen beizuziehen. Schließlich fällt bei Durchsicht der Verwaltungsakten der belangten Behörde auch auf, daß ihr Amtssachverständiger Dr. W. schon im gewerbehördlichen Verfahren am ein Gutachten erstattete, in welchem er zwar wegen bestimmter Lärmimmissionen, die den Grundgeräuschpegel entsprechend der ÖAL-Richtlinien bei Nacht überschreiten sollen, die Gefahr von gesundheitlichen Schäden befürchtete, nicht aber auf Grund der ermittelten Erschütterungen Bedenken gegen die Zulässigkeit des Vorhabens hatte, mag er auch damals noch keinen Augenschein im Haus der erstmitbeteiligten Partei vorgenommen haben.
Des weiteren ergibt sich aus der Aktenlage nicht völlig eindeutig, daß die vom Betrieb ausgehenden Emissionen Ursache der im Hause der erstmitbeteiligten Partei (welches über 50 m vom bestehenden Betrieb entfernt, durch eine öffentliche Straße getrennt liegt) wahrnehmbaren leisen Vibrationslärmimmissionen sind und nicht auch andere Anlässe diese auslösen können. Schließlich dürften im angrenzenden Bereich weitere Betriebe und insbesondere auch mehrere stark befahrene Straßen gelegen sein. Es wäre daher erforderlich gewesen, Messungen, wie sie auch vom Amtssachverständigen der belangten Behörde zunächst am für zielführend erachtet wurden, vorzunehmen. In diesem Zusammenhang fällt auch auf, daß nach der Aktenlage bei anderen Nachbarn keine Vibrationslärmimmissionen konkret behauptet bzw. verifiziert worden sind. Überdies geht der Amtssachverständige der belangten Behörde auf Grund von bloßen Behauptungen der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehegatten davon aus, daß die von ihm genannten Vibrationsstörungen bzw. akustischen Phänomene bereits zu psychischen Störungen dieser Personen geführt haben, ohne dafür konkrete Untersuchungsergebnisse darzutun.
Bemerkt wird im übrigen, daß es nur auf die objektiven Meßdaten ankommt. Liegen diese über der Hörbarkeits- und Fühlbarkeitsgrenze, so ist das Bauvorhaben zulässig. Im vorliegenden Fall könnte allenfalls die Hörbarkeit auch auf Verstärkungselemente im Gebäude der erstmitbeteiligten Partei zurückzuführen sein, was aber nicht als maßgebendes Kriterium für die Unzulässigkeit des Vorhabens angesehen werden könnte.
Da die Gemeindebehörden hinsichtlich der sogenannten Erschütterungen im wesentlichen davon ausgingen, daß schon der bestehende Betrieb insoweit keine Emissionen hervorrufe, die gesundheitliche Schäden befürchten lassen, sodaß das neue Vorhaben, das nach den ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen Doz. Dr. B. vom eine deutliche Verbesserung bewirken werde, bewilligungsfähig sei, die belangte Behörde aber zu einem anderen Ergebnis in Ansehung des Bestandes gelangte und deshalb die Entscheidung des Gemeindevorstandes behob, ist daher die Beurteilung der bestehenden Situation von wesentlicher Bedeutung. Bemerkt wird allerdings, daß letztlich, selbst wenn es zutreffen sollte, daß vom bestehenden Betrieb Vibrationen ausgehen, die eine Gefahr für die Gesundheit von Nachbarn befürchten lassen, zu prüfen sein wird, welche durch Schwingungen bewirkte Emissionen vom neuen Vorhaben ausgehen, zumal das Vorhaben u.a. eine Absiedelung der Webmaschinen aus dem Obergeschoß des Altbaues und eine Verlegung in das Erdgeschoß des Zubaues vorsieht, wodurch augenscheinlich eine Verbesserung des Istzustandes erreicht werden kann.
Da die obigen Ausführungen zeigen, daß der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf bzw. Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der Durchführung der von der Erstbeschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidungen über den Aufwandersatz gründen sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens der Erstbeschwerdeführerin betrifft Stempelgebühren für eine nicht erforderliche Beschwerdeausfertigung. Da der in der zitierten Verordnung für den Schriftsatzaufwand vorgesehene Betrag eine Pauschalsumme darstellt, ist ein gesonderter Zuspruch für Umsatzsteuer nicht möglich, wie dies die Zweitbeschwerdeführerin beantragte. Im übrigen waren Stempelgebühren nur für die Vollmacht zuzuerkennen, zumal sonst die Gemeinde nach dem Gebührengesetz keine Stempelgebühren zu entrichten hat.