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VwGH vom 09.02.1999, 98/11/0221

VwGH vom 09.02.1999, 98/11/0221

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-04/A/41/00384/96, betreffend Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes,

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung der Bestätigung des Punktes 3 des Spruches des Straferkenntnisses des Magistrates der Stadt Wien vom , Zl. MBA 10-S 15156/95, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in Ansehung der Bestätigung des Punktes 1 lit. a und b des Spruches des genannten Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von

S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen

2. den Beschluß gefaßt:

Im übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. (im folgenden: BGmbH) schuldig erkannt, es verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten zu haben, daß sich in Ansehung von sechs namentlich genannten Arbeitnehmern der BGmbH in der Zeit von 1. September bis insgesamt 10 Verstöße gegen das AZG ereignet haben. Dadurch habe er 9 Übertretungen nach dem AZG begangen. Über ihn wurden 10 Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und beantragt in einem Schriftsatz mit "Bemerkungen" die Abweisung der Beschwerde unter Zuspruch des Vorlageaufwandes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses des Magistrates der Stadt Wien vom ist in Ansehung der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Taten im Sinne des § 44a Z. 1 VStG in drei Punkte gegliedert. Unter Punkt 1 werden hinsichtlich vier Arbeitnehmern Verstöße gegen § 9 Abs. 1 AZG wegen Überschreitung höchstzulässiger Tagesarbeitszeiten, versehen mit der Untergliederung lit. a bis d, aufgelistet (dieser Punkt wurde durch den angefochtenen Bescheid in der Schuldfrage unverändert bestätigt). Unter Punkt 2 des Spruches werden hinsichtlich zweier schon im Punkt 1 genannter Arbeitnehmer Verstöße gegen § 9 Abs. 1 AZG wegen Überschreitung höchstzulässiger Wochenarbeitszeiten genannt; dieser Punkt, der im erstinstanzlichen Straferkenntnis nicht weiter gegliedert war, erhielt im angefochtenen Bescheid eine Untergliederung in die lit. e und f. Was die in Punkt 3 des Spruchs des Straferkenntnisses betreffend Verstöße gegen § 12 Abs. 1 AZG (Nichtgewährung der an die Tagesarbeitszeit anschließenden Mindestruhezeit) in Ansehung von vier Arbeitnehmern (unter denen wiederum die beiden in Punkt 1 und 2 genannten waren) anlangt, enthielt der Spruch des Straferkenntnisses keine Gliederung. Im angefochtenen Bescheid erhielt dieser Punkt insofern eine Untergliederung, als vor den Namen von drei Arbeitnehmern die lit. h, i und j eingefügt wurden (eine der Taten - und zwar nunmehr offenbar jene in Ansehung der letztgenannten Arbeitnehmerin - blieb unbezeichnet).

Punkt 3 des Spruches des Straferkenntnisses in der Fassung des angefochtenen Bescheides ist rechtswidrig, weil nicht klar ist, welche der vier Taten mit welchen der vier Strafen geahndet werden soll.

Eine Deutung, daß die mit g bezeichnete Strafe der unbezeichnet gebliebenen Tat zuzurechnen ist, scheidet deswegen aus, als nach dem geänderten Spruch diese Strafe "herabgesetzt" wurde. Dazu kommt, daß es nicht verständlich wäre, wenn die geringste Verletzung des § 12 Abs. 1 AZG (einmaliges Unterschreiten der Mindestruhezeit um zwei Stunden) mit einer wesentlich höheren Strafe bedacht würde als die zweimalige Unterschreitung der Mindestruhezeit von insgesamt zehn Stunden.

Der genannte Verstoß zieht eine inhaltliche Rechtswidrigkeit nach sich, und zwar infolge der geschilderten, sich aus der beschriebenen Unklarheit ergebenden Untrennbarkeit, hinsichtlich des gesamten Punktes 3. Der angefochtene Bescheid ist daher in Ansehung des Punktes 3 des Spruches gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

2. Der Beschwerdeführer rügt das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde. Dazu ist ihm zunächst zu erwidern, daß er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt hat, sodaß in Ansehung jener Verwaltungsübertretungen, in denen im erstinstanzlichen Straferkenntnis eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, gemäß § 51e Abs. 2 erster Satz VStG eine mündliche Verhandlung unterbleiben durfte.

In Ansehung der im Punkt 1 lit. a und b des Spruches genannten Verwaltungsübertretungen hat jedoch die Erstbehörde Geldstrafen in der Höhe von S 4.000,-- verhängt. Im angefochtenen Bescheid wurden diese Geldstrafen zwar auf S 2.000,-- herabgesetzt. Für die Frage der Zulässigkeit des Unterbleibens einer Verhandlung kommt es aber nach den insofern klaren Wortlaut des Gesetzes auf die Höhe der im erstinstanzlichen Straferkenntnis verhängten Strafe an. Es geht auch nicht an, einem Beschuldigten das Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Herabsetzung der Strafe auf S 3.000,-- (oder weniger) zu nehmen.

Der Beschwerdeführer, der in der Beschwerde zu erkennen gibt, was er zu seiner Entlastung vorgebracht hätte, ist daher durch das Unterbleiben der Verhandlung in Ansehung des Punktes 1 lit. a und b des Spruches in seinen Rechten verletzt. Der angefochtene Bescheid ist insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

3. Wegen der verbleibenden vier Übertretungen (Punkt 1 lit. c und d sowie Punkt 2 lit. e und f) wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen in der Höhe zwischen S 1.000,-- und S 2.000,-- verhängt.

In der Beschwerde macht der Beschwerdeführer - neben dem bereits oben als in Ansehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen nicht als rechtswidrig zu qualifizierenden Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung - geltend, die betreffenden Arbeitnehmer wären leitende Angestellte im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 8 AZG und würden aus diesem Grund dem Gesetz nicht unterliegen, und er hätte ein wirksames Kontrollsystem zur Verhinderung von Verstößen gegen dieses Gesetz installiert, sodaß ihn an den Verstößen kein Verschulden treffe. Mit diesem Vorbringen tut der Beschwerdeführer nicht dar, daß die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über seine Beschwerde in Ansehung der verbleibenden Verwaltungsübertretungen von der Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 33a VwGG abhinge. Zu den vom Beschwerdeführer angesprochenen Rechtsfragen gibt es jeweils reichliche Rechtsprechung, eine Widersprüchlichkeit dieser Rechtsprechung oder ein Verstoß der belangten Behörde gegen diese Rechtsprechung wird in der Beschwerde nicht behauptet.

Der Verwaltungsgerichtshof konnte von der in § 33a VwGG normierten Ermächtigung - soweit er den angefochtenen Bescheid nicht aufhebt - Gebrauch machen.

4. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am