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VwGH vom 18.01.2005, 2002/05/1519

VwGH vom 18.01.2005, 2002/05/1519

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde

1. der Gloria Smid und 2. des Manfred Smid, beide in Kirchbach, beide vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Lerchenfelderstraße 39, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-V-95234/02-04, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (Mitbeteiligte Partei: Kurt Krist in Unterkirchbach, vertreten durch Dr. Günther Sulan, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 10/9), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich gegen die Abweisung der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde St. Andrä-Wördern vom richtet, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den auch hier gegenständlichen Baubewilligungen des Bürgermeisters der Marktgemeinde St. Andrä-Wördern vom und vom war der Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer Beschwerde des nunmehrigen Mitbeteiligten anlässlich des Erkenntnisses vom , Zl. 96/05/0151, befasst. Der Verwaltungsgerichtshof ging damals vom folgenden, auszugsweise wiedergegebenen Sachverhalt aus:

"Dem Beschwerdeführer (jetzt: Mitbeteiligten) gehört das Grundstück Nr. 6/1, Unterkirchbacherstraße 4, in Kirchbach. Schon seine Rechtsvorgänger haben dieses Grundstück als Betriebsgrundstück für das dort ausgeübte Transportgewerbe benützt; aktenkundig ist etwa eine Baubewilligung für eine LKW-Garage aus 1962. Das Grundstück weist an der Unterkirchbacherstraße eine Länge von rund 115 m auf. Hier gegenständlich ist hauptsächlich ein Garagengebäude im nördlichen Grundstücksteil; dem südlichen Bereich, auf eine Länge von etwa 35 m bis zur südlichen Grundstücksgrenze, liegt das Grundstück der mitbeteiligten Nachbarn (jetzt: Beschwerdeführer) an der Unterkirchbacherstraße gegenüber. Die kürzeste Entfernung zwischen dem Garagengebäude und dem Grundstück der Beschwerdeführer beträgt etwa 48 m.

Auf dem Baugrundstück befindet sich weiters ein Einfamilienhaus, welches Gegenstand der Baubewilligung vom war.

Gegenstand der Baubewilligung vom war die Erweiterung des schon bisher vorhandenen Garagengebäudes für 2 LKW dahingehend, dass nunmehr auch ein dritter LKW abgestellt werden konnte und ein Gebäude mit den äußeren Umrissen von 17,5 m x 12 m entstand.

Gegenstand der Baubewilligung vom war ein Zubau in der Größe von 7,0 m x 11,0 m als weitere LKW-Garage und ein als Lagerschuppen zu verwendender Gebäudeteil mit der Grundfläche von 5,50 m x 7,00 m. Zu keiner Bauverhandlung, auf Grund derer die drei genannten Bewilligungen erteilt wurden, waren die Erstmitbeteiligte und der Rechtsvorgänger des Zweitmitbeteiligten, der am Miteigentümer wurde, geladen.

Nachdem den mitbeteiligten Nachbarn antragsgemäß die drei Bescheide zugestellt worden waren, erhoben sie mit Schreiben vom gegen diese drei Bescheide Berufung. Hinsichtlich des Bescheides vom brachten sie im Wesentlichen vor,

... .

Hinsichtlich des Bescheides vom brachten sie in der Berufung vor, dass die Anrainer, die den Immissionen durch diese Erweiterung ausgesetzt seien, von der Verhandlung nicht verständigt worden seien.

Zur Baubewilligung vom erklärten sie, dass auch in diesem Falle zur Bauverhandlung keine Anrainer geladen worden wären und das Gebäude erst 1983 errichtet worden sei. Beschrieben wurden die Belästigungen, denen insbesondere die Eigentümerin der unmittelbar gegenüberliegenden Liegenschaft ausgesetzt sei. Auch zu einer Gewerbeverhandlung im Jahre 1980 seien die Anrainer nicht geladen worden.

Ohne Zuordnung zu einem bestimmten Bescheid wurde in der Berufung allgemein geltend gemacht, dass durch die Größe des Fuhrparkkontingentes, mitten im Ortszentrum, ein Widerspruch zur Flächenwidmung ('Kernland') gegeben sei und die betriebliche Umsetzung sich weit über das zumutbare Maß zeige.

Mit Bescheid des Gemeinderates vom wurde der Berufung gegen alle drei Bescheide nicht stattgegeben. Hinsichtlich des Bescheides vom ... . Hinsichtlich des Bescheides vom wurde auf das oben genannte Vorbringen in der Berufung nicht eingegangen und hinsichtlich des Bescheides vom wurde ausgeführt, dass der Schutz einer anderen Liegenschaft keine Angelegenheit der mitbeteiligten Nachbarn sei.

In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung gingen die Mitbeteiligten nur mehr auf die Bescheide vom und vom ein. Sie machten Lärm- und Geruchsbelästigungen hinsichtlich ihres Grundstückes geltend, weiters, dass eine Übereinstimmung mit der vorliegenden Flächenwidmung "Kernland" nicht gegeben sei. Sie verwiesen darauf, dass ein Betriebstypengutachten nicht eingeholt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde in Stattgebung der Vorstellung der Mitbeteiligten den Berufungsbescheid des Gemeinderates auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat. ... Daher hätten die Mitbeteiligten als Anrainer zu den Bauverhandlungen geladen werden müssen.

Die Vorstellungsbehörde räumte ein, dass hinsichtlich der Baubewilligung vom der Gemeinderat die Berufung zu Recht als unbegründet abgewiesen habe. Betreffend den Bescheid vom hätten die mitbeteiligten Nachbarn in ihrer Berufung Immissionseinwände gegen die LKW-Garage erhoben, welche von der Berufungsbehörde nicht behandelt worden seien. Mit diesem Vorbringen müsse sich die Berufungsbehörde aber auseinander setzen. Insbesondere müsse ein Betriebstypengutachten eingeholt werden, wobei es auf die damalige Festlegung des Grundstückes im Flächenwidmungsplan ankomme. Aber auch betreffend den Bescheid aus 1979 hätte sich die Berufungsbehörde mit dem Einwand, wonach durch die Größe des Fuhrparkkontingentes, mitten im Ortszentrum, ein Widerspruch zur Flächenwidmung Kernland gegeben sei, auseinander setzen müssen."

Bezüglich der beiden hier gegenständlichen Baubewilligungen folgte der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde, weil die nunmehrigen Beschwerdeführer konkrete Einwendungen bezüglich der Immissionsbeeinträchtigungen und der Nichtübereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan erhoben haben. Diese Einwendungen hätte die Berufungsbehörde sachlich zu behandeln gehabt, da sie es unterließ, habe die belangte Behörde insofern zu Recht den Berufungsbescheid aufgehoben.

Am fand unter der Leitung eines geschäftsführenden Gemeinderates eine Berufungsverhandlung, betreffend die Berufung gegen die Bescheide vom (im Folgenden: Garage I) und vom (Garage II) an Ort und Stelle statt.

Bezüglich der Garage I wurde festgestellt, dass nach dem vereinfachten Flächenwidmungsplan aus 1967 das Grundstück des Bauwerbers als "gemischtes Baugebiet" gewidmet sei und dass das Wohnhaus der Beschwerdeführer zu dieser Garage einen geringsten Abstand von 73 m aufweise. Der Lärmsachverständige verwies auf die damals geltende ÖNORM S 5021 und die ÖAL-Richtlinie Nr. 3 Blatt 1 und die dort enthaltenen Grenzwerte. Unter Bedachtnahme auf die zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück der Beschwerdeführer befindliche Landesstraße und den Umstand, dass an der Straße Bäume und Sträucher gesetzt seien, sowie die üblicherweise erfolgten Reparaturen und den Bauzustand der Garage, kam der Sachverständige zum Ergebnis, dass die Beurteilungspegel tagsüber nicht überschritten würden.

Der Sachverständige für Luftreinhaltung gab zu Protokoll, dass nach damaliger Verwaltungspraxis die Beiziehung eines luftreinhaltetechnischen Sachverständigen nicht vorgesehen gewesen wäre; wäre ein Sachverständiger beigezogen worden, so hätte sich die Aussage für das konkrete Vorhaben dahin erschöpft, dass eine unzumutbare Belästigung nicht zu erwarten sei.

Der medizinische Sachverständige führte aus, dass ausgehend von den örtlichen Gegebenheiten und auf Grund einer Probefahrt mit einem LKW die Fahrbewegungen als gesundheitlich unbedenklich einzustufen seien.

Die Beschwerdeführer gaben an, dass die Zufahrten zu beiden Garagen in keiner Weise beachtet werde und diese nicht staubfrei befestigt seien. Besonders gerügt werde die Lärmbelästigung durch schwere Reparaturarbeiten. Der Vertreter des Bauwerbers verwies darauf, dass Gegenstand der Bauverhandlung das Bauwerk und die mit dessen Benutzung generell verbundenen Emissionen seien, und nicht konkrete, Jahrzehnte später geltend gemachte Vorfälle.

Bezüglich der Garage II führte der Bausachverständige aus, dass der diesbezügliche Bauplatz nach einem Flächenwidmungsplan aus dem Jahr 1976 die Widmung "Bauland-Agrarland" aufgewiesen habe. Ein Bebauungsplan sei nicht in Geltung gestanden. Diese Garage weise zum Wohnhaus der Beschwerdeführer einen geringsten Abstand von 68 m auf.

Der lärmtechnische Sachverständige verwies auf die geltenden Grenzwerte und führte aus, dass dann, wenn Arbeiten in der Garage für 3 Stunden pro Woche sowie Rangierarbeiten für sechs Fahrzeuge durchgeführt würden, sich auf Grund der Lage und Entfernungen keine Überschreitungen des Schallpegels ergäben. Für längere Reparaturarbeiten schlug er eine Bedämpfung des Raumes vor. Der medizinische Sachverständige verwies auf seine Ausführungen zur Garage I.

Die Beschwerdeführer erklärten, dass die Reparaturarbeiten bei offenen Garagentüren vorgenommen würden. Im Übrigen wurde auf das Vorbringen zur Garage I verwiesen.

Den darauf ergangenen (abweisenden) Berufungsbescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde St. Andrä Wördern vom hob die belangte Behörde auf Grund einer Vorstellung sowohl der Beschwerdeführer als auch des Mitbeteiligten mit Bescheid vom auf. Nach § 1 der NÖ Bauübertragungsverordnung, LGBl. Nr. 1090/2-5, habe die Marktgemeinde St. Andrä Wördern die Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei bei gewerblichen Betriebsanlagen, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfen, ab aus dem eigenen Wirkungsbereich an die Bezirkshauptmannschaft Tulln abgetreten. Diese Verordnung gelte auch für anhängige Verfahren. Für die Erledigung der gegenständlichen Berufung sei weder der Gemeinderat noch die Bezirkshauptmannschaft als Baubehörde erster Instanz zuständig gewesen, sondern die belangte Behörde als Berufungsbehörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführer gegen die Baubewilligungen vom und vom als unbegründet ab. Die Verhandlungsschrift vom wurde zum Bestandteil dieses Bescheides erklärt.

In der Begründung verwies die belangte Behörde auf die beim Lokalaugenschein vom eingeholten Sachverständigengutachten, aus denen sich ergeben habe, dass die von den Beschwerdeführern befürchteten Immissionen auf Grund der damaligen Beurteilungsgrundlagen nicht zutrafen.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht darauf verletzt, dass eine Baubewilligung nicht entgegen dem Bebauungsplan und ohne Berücksichtigung des Brandschutzes und der Emissionen, wie Abgase und Lärm, erteilt werde. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, wie auch der mitbeteiligte Bauwerber, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass es sich bei einem Baubewilligungsverfahren stets um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, bei dem die Zulässigkeit des Bauverfahrens auf Grund der eingereichten Pläne zu beurteilen ist; Gegenstand des Verfahrens ist das in den Einreichplänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0074, und zu Niederösterreich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/05/0050).

Im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides bezüglich der Garage I galt die NÖ BauO 1968, LGBl. Nr. 166/1969 (BO 1968). Für das zweite Garagenprojekt fand die NÖ BauO 1976, LGBl. Nr. 8200-0 (BO 1976), Anwendung. § 121 Abs. 3 BO 1976 enthielt die Übergangsbestimmung, dass die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits in erster Instanz abgeschlossenen Verfahren nach den bisherigen Bestimmungen zu Ende zu führen waren; dies gilt auch für die nunmehr zu beurteilende Berufungsentscheidung der belangten Behörde, weil gemäß § 77 Abs. 1 NÖ BauO 1996 die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes () anhängigen Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen sind.

Im Vorerkenntnis vom wurde die Rechtsstellung der nunmehr beschwerdeführenden Nachbarn dargestellt und auf das aus § 62 Abs. 2 in Verbindung mit § 118 Abs. 8 und 9 BO 1968 wie auch BO 1976 bestehende subjektiv-öffentliche Recht des Nachbarn auf Schutz vor den im § 62 Abs. 2 BO 1968 und BO 1976 genannten Belästigungen verwiesen. Weiters wurde unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung betont, dass ein Recht auf Einhaltung einer Widmungskategorie des Flächenwidmungsplanes dann gegeben ist, wenn diese Widmungskategorie auch einen Immissionsschutz beinhaltet.

Der Verwaltungsgerichtshof ging auf Grund der damaligen Aktenlage davon aus, dass die Flächen, auf denen die beiden Zubauten geplant waren, als "Bauland-Kerngebiet" gewidmet waren. Nunmehr steht fest - von den Beschwerdeführern unbekämpft -, dass im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Bescheide bezüglich der Garage I die Widmung "gemischtes Baugebiet", bezüglich der Garage II die Widmung "Bauland-Agrargebiet" bestand.

Das NÖ ROG 1976, LGBl. Nr. 8000-0, enthielt allerdings für die Baulandnutzung "Agrargebiet" keinen Immissionsschutz (§ 16 Abs. 1 Z. 5 leg. cit.), weshalb die Beschwerdeführer bezüglich der Garage II eine Widmungswidrigkeit nicht mit Erfolg geltend machen konnten.

Als das Bauverfahren zur Garage I eingeleitet wurde, galt das am in Kraft getretene NÖ ROG 1968, LGBl. Nr. 275. Für das Baugrundstück bestand auf Grund eines "vereinfachten Flächenwidmungsplanes" (gemeint wohl: Regulierungsplanes) aus 1967, also vor Inkrafttreten des letztgenannten Gesetzes, die Widmung "gemischtes Baugebiet"; diese Widmung fand in das Gesetz keinen Eingang. Gemäß der Übergangsbestimmung im § 24 Abs. 2 ROG 1968 galten die Regulierungspläne nach § 5 der Bauordnung für Niederösterreich aus 1883 als vereinfachte Flächenwidmungspläne weiter; Abs. 5 der letztgenannten Bestimmung sah vor, dass Regulierungspläne Voraussetzungen für die Art der Verbauung "(Einteilung in Bauzonen)" zu enthalten hätten, wobei unter "Bauzonen" Flächenwidmungen (Wohngebiet, gemischtes Baugebiet, Industriegebiet und dgl.) zu verstehen waren (Krzizek, Die Bauordnung für Niederösterreich, MGA 1964, 20).

Die Abs. 1 und 2 des § 13 ROG 1968 lauteten auszugsweise:

"§ 13.

Bauland.

(1) Im Bauland sind, soferne es die örtlichen Gegebenheiten erfordern, folgende Gebiete unter Festlegung der zulässigen Nutzungen auszuweisen:

1. Wohngebiete, die für Wohngebäude und die dem Bedarf der Bevölkerung dienenden Nebengebäude bestimmt sind;

2. Kerngebiete, die vorwiegend für öffentliche Bauten, Verwaltungsgebäude, Gebäude für Betriebe des Handels, Gewerbes und Fremdenverkehrs sowie für Versammlungs- und Vergnügungsstätten und den dazugehörigen Bauwerken und Anlagen bestimmt sind;

3. Betriebsgebiete, die für Gebäude, Bauwerke und Anlagen gewerblicher Betriebe einschließlich der erforderlichen Geschäfts- und Verwaltungsgebäude bestimmt sind;


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4.
Industriegebiete, ...;
5.
Agrargebiete, die für Gebäude, Bauwerke und Anlagen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sowie für Fremdenverkehrseinrichtungen bestimmt sind; Betriebsgebäude, die anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen, dürfen nur insoweit errichtet werden, als sie mit Rücksicht auf die Widmung vorhanden sein müssen;
6. Sondergebiete, ... .

(2) In Gebieten gemäß Abs. 1 Z. 1 und 2 dürfen nur solche Gebäude, Bauwerke und Anlagen errichtet werden, durch deren Nutzung aller Voraussicht nach

1. das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß an Beeinträchtigung der Umgebung nicht überschritten und

2. der Straßenverkehr nicht übermäßig belastet wird."

Es lässt sich nicht rechtfertigen, den Nachbarn in einem nach Inkrafttreten der BO 1968 und des ROG 1968 eingeleiteten Bauverfahren darauf zu verweisen, dass aus der bestehenden Widmung "gemischtes Baugebiet" kein Immissionsschutz ableitbar ist, weil die im Zeitpunkt der Erlassung dieses Regulierungsplanes geltende BO 1883 einen umfassenden Immissionsschutz überhaupt nicht kannte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , VwSlg. 6.845/A). Die Weitergeltung als vereinfachter Flächenwidmungsplan (das war gemäß § 24 Abs. 4 ROG 1968 die Festlegung als Bauland, Grünland oder Verkehrsfläche) enthält keine Aussage, zu dem im ROG 1968 neu geschaffenen Immissionsschutz. In Anbetracht der Ausgestaltung der Nachbarrechte in den §§ 62 Abs. 2 in Verbindung mit § 118 Abs. 8 und 9 BO 1968 muss insofern auch die Widmung entsprechend den geltenden raumordnungsrechtlichen Bestimmungen gesehen werden, wobei am ehesten die Kerngebietswidmung vergleichbar ist, die die breiteste Mischung von Nutzungsarten aufweist. Damit ist aber, wie schon im Vorerkenntnis ausgeführt, bezüglich der Garage I das Recht der Beschwerdeführer zu bejahen, sich auf die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan zu berufen.

Die belangte Behörde hat zur Frage der Widmungskonformität auf die Sachverständigengutachten verwiesen und erkennbar deren Rechtsauffassung übernommen (!), dass nach der im Jahr 1974 noch gültigen Reichsgaragenordnung bzw. nach der im Jahr 1979 geltenden NÖ Garagenordnung, LGBl. Nr. 8200/3-0, Garagen in allen Teilen des Baulandes zulässig waren. Daher bestehe kein Widerspruch zur Flächenwidmung.

Sowohl nach § 122 Abs. 4 Z. 4 BO 1968 als auch nach § 122 Abs. 4 Z. 6 BO 1976 blieb die Reichsgaragenordnung vom , RGBl. I S. 219 (Gesetzblatt für das Land Österreich Nr. 1447/1939; RGaO) unberührt.

§ 11 RGaO lautete samt Überschrift:

"§ 11

Zulässigkeit in den Baugebieten

(1) Einstellplätze, Garagen und ihre Nebenanlagen sind als Zubehör zur Wohnung, zum Arbeitsplatz und zum Betrieb grundsätzlich in allen für die Bebauung bestimmten Gebieten zulässig; sie müssen jedoch so angeordnet und ausgeführt werden, dass ihre Benutzung die Verkehrs- und Feuersicherheit nicht gefährdet, die Gesundheit nicht schädigt sowie das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm oder Gerüche nicht erheblich stört. Zu diesem Zweck kann die baupolizeiliche Genehmigung für solche Anlagen namentlich in der Nähe von Erholungsstätten, Krankenhäusern, Heilanstalten, öffentlichen Gebäuden, Schulen und Kirchen u. dgl. versagt oder von besonderen Auflagen abhängig gemacht werden.

(2) In den Gebieten, die nach den bestehenden Bauvorschriften einen besonderen Schutz gegen Störung genießen, wie z.B. reine Wohngebiete, sind Einstellplätze und Garagen nur für Kraftfahrzeuge mit weniger als 3,5 Tonnen Eigengewicht zulässig, und nur soweit sie dem Bedürfnis der Bevölkerung in diesen Gebieten dienen. Mittel- und Großanlagen sollen von Wohngebäuden einen angemessenen Abstand haben."

Bezüglich der Garage II fand bereits die Kundmachung der NÖ Landesregierung vom , LGBl. Nr. 8200/3-0 (GO), mit der die Verordnung über Garagen und Einstellplätze wiederverlautbart wurde, Anwendung. § 10 GO lautete:

"§ 10

Zulässigkeit im Bauland

(1) Einstellplätze, Garagen und ihre Nebenanlagen sind als Zubehör zur Wohnung, zum Arbeitsplatz und zum Betrieb grundsätzlich in allen Teilen des Baulandes zulässig; sie müssen jedoch so angeordnet und ausgeführt werden, dass ihre Benützung die Verkehrssicherheit und den Brandschutz nicht gefährdet, die Gesundheit nicht schädigt sowie das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm oder Gerüche nicht erheblich stört. Zu diesem Zweck kann die Baubewilligung für solche Anlagen namentlich in der Nähe von Erholungsstätten, Krankenhäusern, Heilanstalten, öffentlichen Gebäuden, Schulen und Kirchen u. dgl. versagt oder mit besonderen Auflagen verbunden werden.

(2) In den Gebieten, die nach den bestehenden Bauvorschriften einen besonderen Schutz gegen Störung genießen, wie zum Beispiel Wohngebiete, sind Einstellplätze und Garagen nur für Kraftfahrzeuge mit weniger als 3,5 Tonnen Eigengewicht zulässig, und nur soweit sie dem Bedürfnis der Bevölkerung in diesen Gebieten dienen. Mittel- und Großanlagen sollen von Wohngebäuden einen angemessenen Abstand haben."

Es ist zwar richtig, dass nach den Absätzen 1 der beiden zitierten Bestimmungen Garagen in allen Teilen des Baulandes grundsätzlich zulässig sind. Die Beschwerdeführer verweisen aber zu Recht auf die Absätze 2 dieser Bestimmungen, wonach in Gebieten, die nach den bestehenden Bauvorschriften einen besonderen Schutz gegen Störung genießen, Garagen nur für Kraftfahrzeuge mit weniger als 3,5 t Eigengewicht und nur insoweit zulässig sind, als sie dem Bedürfnis der Bevölkerung in diesem Gebiet dienen.

Es liegen zwar zu keinem dieser Merkmale ausdrückliche Feststellungen vor; schon auf Grund der Bezeichnung als "LKW-Garage" in beiden Bescheiden erster Instanz ist aber jedenfalls davon auszugehen, dass die Projekte für Fahrzeuge bestimmt waren, die ein größeres Eigengewicht als 3,5 t aufweisen; die Beschwerdeführer behaupten, dass Fahrzeuge mit 30 t Eigengewicht eingestellt werden.

Wie oben ausgeführt, muss bezüglich der Garage I die bestehende Widmung als "Kerngebiet" im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 2 ROG 1968 angesehen werden. Sowohl für das Wohngebiet als auch für das Kerngebiet galt aber die Beschränkung, dass nur solche Gebäude, Bauwerke und Anlagen errichtet werden, durch deren Nutzung aller Voraussicht nach das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß an Beeinträchtigung der Umgebung nicht überschritten wird. Damit bestand aber auch für das Kerngebiet ein "besonderer Schutz gegen Störung", sodass die beispielhafte Nennung des Wohngebietes jedenfalls das Kerngebiet mitumfasste (das in der RGaO, nicht aber in der GO genannte "reine Wohngebiet" gab es weder nach dem ROG 1968 noch nach dem ROG 1976).

Daraus ergibt sich aber zusammenfassend, dass die Baubehörde erster Instanz die begehrte Baubewilligung für eine LKW-Garage aus dem Grunde des § 11 Abs. 2 RGaO hätte versagen müssen; darauf hätten die Nachbarn, wären sie damals beigezogen worden, einen Rechtsanspruch gehabt.

Diese Unzulässigkeit besteht für die Garage II nicht, weil im Bauland-Agrargebiet (§ 16 Abs. 1 Z. 5 ROG 1976) kein "Schutz gegen Störung" bestand. Es bleibt aber zu prüfen, ob das Vorhaben den Anforderungen des § 62 Abs. 2 BO 1976 entsprach, wobei daran zu erinnern ist, dass aus dieser Bestimmung kein Nachbarrecht auf Versagung der Baubewilligung erwuchs, sondern lediglich auf Erlassung entsprechender Vorkehrungen (siehe zuletzt das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/1073). Die Beschwerdeführer sind den Sachverständigengutachten (Gutachten eines Bausachverständigen, eines Lärmsachverständigen, eines Sachverständigen für Luftreinhaltung und eines medizinischen Sachverständigen), wonach das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Belästigungen schon auf Grund der Entfernung des Projekts zum Grundstück der Beschwerdeführer und der örtlichen Gegebenheiten (Baumbewuchs, Trafostation vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer) nicht zu erwarten sind, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

In Anbetracht der nunmehr festgestellten Entfernung des Garagenzubaues zum Wohnhaus der Beschwerdeführer von mindestens 68 m wäre es Sache der Beschwerdeführer gewesen, die von ihnen behauptete Brandgefahr durch Schweißarbeiten näher zu präzisieren; auf Basis des im Verfahren erstatteten Vorbringens ist jedenfalls eine Verletzung von Bestimmungen über den Brandschutz (§ 118 Abs. 9 Z. 1 BO 1976) nicht erkennbar.

Die Beschwerde erweist sich somit, soweit sie die Berufungsentscheidung der belangten Behörde bezüglich des Bescheides vom betroffen hat, als berechtigt und es war insoferne der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben; im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, unter Bedachtnahme auf deren § 3 Abs. 2.

Die Beschwerdeführer haben die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.

Der EGMR hat zuletzt in seiner Entscheidung vom , Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich) unter Hinweis auf weitere Rechtsprechung (vgl. insbesondere EGMR , Schuler-Zgraggen/Schweiz, Series A no. 263, S. 19, § 58; , Zl. 64336/01, Varela Assalino/Portugal; , Zl. 42057/98, Speil/Österreich), dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext: any hearing at all), erfüllt wären, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" (im Originaltext: highly technical) Fragen betrifft; als "highly technical issue" sah der Gerichtshof im betreffenden Fall die Frage der Feuerbeständigkeit einer Garagenwand an, die im Verwaltungsverfahren auf Grund des Gutachtens eines Sachverständigen gelöst worden war. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.

Der - nach mündlicher Verhandlung an Ort und Stelle auf sachverständiger Basis ermittelte - entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/10/0178). Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Wien, am