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VwGH vom 26.04.1990, 90/06/0020

VwGH vom 26.04.1990, 90/06/0020

Betreff

N gegen Salzburger Landesregierung 1) vom , Zl. 12/03-1757/6-1989, und 2) vom , Zl. 12/03-1757/5-1989 wegen Übertretungen des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes.

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von zusammen S 20.220,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates Salzburg vom , Zl. I/A-Str. 2140/1989, wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als Obfrau des Vereines "XY" in Salzburg, Z-Gasse, und somit als das gemäß § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ für dieses "zu verantworten", daß vor dem um 14.55 Uhr auf der Holzwand vor dem "Schuhhaus A" in Salzburg


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1.)
4 Plakate mit der Aufschrift "XY - .....",
2.)
6 Plakate mit der Aufschrift "XY ....."
ohne Berechtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes angebracht worden seien. Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 28 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit den §§ 5 Abs. 1, 4 Abs. 1 des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1975, verletzt; wegen dieser Übertretungen wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von S 10.000,-- (S 4.000,-- + S 6.000,--), im Nichteinbringungsfall eine Ersatzarreststrafe von zehn Tagen (vier Tage + sechs Tage) gemäß § 28 Abs. 1 lit. b leg. cit. verhängt.

Mit Straferkenntnis ebenfalls vom , Zl. I/A-Str. 2141/1989, wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als Obfrau des Vereines "XY" in Salzburg, Z-Gasse, und somit als das gemäß § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ für diesen "zu verantworten", daß vor dem 15.05 Uhr an der Außenwand des Objektes B-Straße 5 (straßenseitig) in Salzburg


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1.)
2 Plakate mit der Aufschrift "XY ....."
2.)
5 Plakate mit dem Programm des "XY 5020 Salzburg, Z-Gasse 3 ohne Berechtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes angebracht worden seien. Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 28 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit den §§ 5 Abs. 1, 4 Abs. 1 des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes verletzt. Über die Beschwerdeführerin wurde eine Geldstrafe von S 7.000,-- (S 2.000,-- + S 5.000,--), im Nichteinbringungsfall eine Ersatzarreststrafe von sieben Tagen (zwei Tage + fünf Tage) gemäß § 28 Abs. 1 lit. b leg. cit. verhängt.

In beiden Straferkenntnissen ging die Behörde davon aus, daß aus Anlaß eines Ortsaugenscheines die genannten Verwaltungsübertretungen festgestellt worden seien. Wohl habe die Beschwerdeführerin durch ihre anwaltliche Vertreterin sich jeweils dahin gerechtfertigt, daß sie zwar Obfrau des genannten Vereines sei, jedoch die Affichierung der Plakate nicht zu verantworten habe. Sie habe weder die Plakate selbst angebracht noch eine Person damit beauftragt. Das vorschriftswidrige Plakatieren sei vielmehr durch unbekannte dritte Personen ohne Wissen und gegen den Willen der Beschwerdeführerin erfolgt. Sie achte auf eine ordnungsgemäße Affichierung der Plakate und erteile den hiezu beauftragten Personen genaue Anweisungen. Bei Aufführungen seien für das Publikum Plakate zur freien Entnahme aufgelegt worden, man weise das Publikum jedoch darauf hin, daß die aufgelegten Plakate keineswegs affichiert werden dürfen. Außerdem seien auf den Plakaten entsprechende Hinweise angebracht. Die Überlassung von Plakaten an Dritte könne weder zur Anstiftung noch zur Beihilfe ausreichen.

Diese Rechtfertigung erachtete die Strafbehörde erster Instanz deshalb nicht als ausreichend, weil die Beschwerdeführerin dem Verein als Obfrau vorstehe und somit das gemäß § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ sei. Die Plakate seien ausnahmslos mit Kleister und dgl. fixiert, sodaß nicht anzunehmen sei, daß die zehn Plakate von "begeisterten Besuchern" angebracht worden seien. Wäre dies der Fall gewesen, so hätten diese die Plakate zweifellos weniger professionell affichiert, etwa mit Klebstreifen. Es widerspreche jeder Erfahrung des täglichen Lebens, daß "Besucher" Plakate ganzflächig mit Kleister einstreichen und diese dann befestigen. Auch die Anzahl der Plakate spreche gegen eine solche Theorie. Selbst wenn man aber der "Besuchertheorie" folgte, läge "dolus indirectus" vor, da die Beschwerdeführerin auf Grund vorangegangener Strafverfahren damit hätte rechnen müssen, daß "Besucher" konsenslos plakatierten. Sie hätte daher Vorsorge treffen müssen, daß die Plakate so verwahrt würden, daß ein Mißbrauch ausgeschaltet werde. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, daß die Veranstaltungen bewußt "massiv" beworben werden sollten, wäre es andernfalls doch nicht notwendig gewesen, eine so große Anzahl von Plakaten herzustellen bzw. zu bedrucken. Dafür spreche auch, daß die Beschwerdeführerin wegen Übertretung des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes bereits sechsmal rechtskräftig bestraft worden sei.

Mit den beiden angefochtenen Bescheiden wurden die jeweils verhängten Strafen in der Höhe von S 10.000,-- auf S 2.000,-- und von S 7.000,-- auf S 1.000,-- herabgesetzt, wodurch sich auch der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens entsprechend verringerte. Aus der Begründung ergibt sich, daß im übrigen den Berufungen nicht Folge gegeben wurde. Mit gleichlautender Begründung führte die belangte Behörde in beiden angefochtenen Bescheiden nach Wiedergabe des Sachverhaltes und der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen aus, daß für die Verwirklichung einer Verwaltungsübertretung, für die kein besonderer Vorsatz gefordert werde, dolus eventualis genüge:

Der Täter bezwecke den tatbildmäßigen Erfolg nicht, er sehe seinen Eintritt auch nicht als gewiß voraus, halte ihn eventuell für möglich und finde sich damit ab. Das gemäß § 9 VStG 1950 verantwortliche Organ treffe nur dann kein Verschulden im Sinne des § 5 leg. cit., wenn es den Nachweis erbringt, daß Maßnahmen getroffen worden seien, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten ließen (Beschränkung auf eine angemessene Kontrolltätigkeit) und zwar auch dann, wenn die Verstöße ohne Wissen und Willen des verantwortlichen Organes begangen worden seien. Daß die Beschuldigte genaue Anweisungen für eine ordnungsgemäße Affichierung der Plakate nach sechs einschlägigen Verwaltungsvorstrafen erteilt habe, werde nicht bestritten; doch sei aus ihrer Rechtfertigung zu entnehmen, daß es sowohl Plakate mit Aufdrucken betreffend die ordnungsgemäße Plakatierung gebe, als auch noch eine große Anzahl neutraler Plakate, die auf Grund der knappen Budgetmittel verbraucht werden müßten. Alle konsenslosen Plakate seien mit Kleister professionell befestigt gewesen; es widerspreche jeder Erfahrung des täglichen Lebens, daß "Besucher" dies täten. Daß keine "Besucher" am Werk seien, ergebe sich aus der großen Anzahl der Plakate in den vergangenen Jahren, die ohne Berechtigung angebracht worden seien. Die Beschwerdeführerin müsse ihre Kontrolltätigkeit noch verstärken, indem sie zumindest die neutralen Plakate mit Plakatierungshinweisen versehen lasse.

Als Strafmilderungsgrund im Sinne des § 19 Abs. 2 VStG 1950 sei die Tatsache zu werten, daß die Beschwerdeführerin bemüht sei, durch Anweisungen an ihre Mitarbeiter das konsenslose Plakatieren zu vermeiden.

Gegen diese Bescheide der belangten Behörde richten sich die beiden vorliegenden, wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung und Erledigung verbundenen Beschwerden mit dem Antrag auf Aufhebung der Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 lit. a des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes in der Fassung der Novelle 1986, LGBl. Nr. 76, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ohne Berechtigung Ankündigungen oder Ankündigungsanlagen anbringt oder abändert oder solche entgegen bestehender Verpflichtung nicht beseitigt; er ist hiefür mit Geldstrafe bis zu S 10.000,-- oder mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

Daß die Plakate, deren Anbringung die Verwaltungsbehörden der Beschwerdeführerin letztlich anlasten, ohne die nach dem Ortsbildschutzgesetz erforderlichen Bewilligungen affichiert wurden, ist unbestritten; zu prüfen ist lediglich die Verantwortung der Beschwerdeführerin hiefür. Die Behörden haben nun nicht angenommen, daß die Beschwerdeführerin selbst die Plakate angebracht oder die Weisung hiezu erteilt hat; es ist nicht einmal als erwiesen angenommen worden, daß dies Organen oder Bediensteten des Vereins angelastet werden könnte. Für die Zurechnung der Verwaltungsübertretung gegenüber der Beschwerdeführerin beruft sich die belangte Behörde auf § 9 (wohl Abs. 1) VStG 1950. Danach ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Dies bedeutet, daß die Verwaltungsübertretung der Beschwerdeführerin dann zuzurechnen wäre, wenn die Behörden die Begehung der Tat durch den Verein (also dessen Organe oder Beauftragte) als erwiesen annehmen könnten. Daß die konsenslos angebrachten Plakate mit Kleister professionell befestigt wurden, sagt über die Person des Anbringenden noch nichts aus. Es ist auch rechtswidrig anzunehmen, daß nur die Anbringung von Plakaten durch Besucher die Beschwerdeführerin nicht verantwortlich mache. Sie ist auch für eigenmächtige Handlungen Vereinsangehöriger nicht verantwortlich.

Die bloße Auflage von Plakaten zur Entnahme bei den Veranstaltungen stellt selbst dann noch keine Anstiftung oder Beihilfe bei der Anbringung von Plakaten wo auch immer dar, die dem Verein und damit gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 der Beschwerdeführerin zuzurechnen ist, wenn die Plakate keinen Aufdruck mit dem Hinweis auf die Beschränkungen nach dem Salzburger Ortsbildschutzgesetz enthalten. In diesem Zusammenhang nimmt die belangte Behörde zu Unrecht eine Art Garantenstellung desjenigen, der Plakate auflegt, im Sinne des § 28 Abs. 1 lit. a des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes an und leitet daraus eine strafrechtliche Verantwortlichkeit ab.

Damit ergibt sich nach den Feststellungen der Verwaltungsbehörden keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin für die Verletzungen des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes durch die Anbringung von Vereinsplakaten.

Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift auf die Schwierigkeit der strafmäßigen Vollziehung des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes hinweist, pflichtet ihr der Verwaltungsgerichtshof hierin voll bei. Es ist jedoch nicht Sache der Vollziehung, schwierig oder kaum zu vollziehende Gesetze durch eine nicht dem Gesetz entsprechende Praxis der Rechtsanwendung vollziehbar zu machen; nur der Gesetzgeber kann - und auch dieser nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Schranken (insbesondere des Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention) - eine verbesserte Durchsetzbarkeit der Vorschriften bewirken.

Da die belangte Behörde durch eine rechtswidrige Auslegung des § 9 VStG 1950 Rechte der Beschwerdeführerin verletzt hat, waren die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Damit erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über die Anträge, den Beschwerden gemäß § 30 Abs. 2 VwGG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.