VwGH vom 23.02.1994, 93/09/0462

VwGH vom 23.02.1994, 93/09/0462

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des R in E, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom , Zl. UVS-11/134/3-1993, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft (BH) Salzburg-Umgebung vom wegen mehrerer Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz zu Geldstrafen verurteilt. Gemäß dem im Verwaltungsakt liegenden Rückschein wurde dieser Bescheid dem Beschwerdeführer am an der Adresse E, R-Straße 6, durch Hinterlegung zugestellt.

Am langte bei der BH ein vom Beschwerdeführer an diesem Tage zur Post gegebener "Einspruch" ein, in welchem der Beschwerdeführer die Zuständigkeit der BH sowie sein Verschulden an den ihm vorgeworfenen Verstößen bestritt. Einleitend wurde dieser Einspruch als "in offener Frist" erhoben bezeichnet.

Nach Vorlage dieser Berufung an die belangte Behörde erhob diese, daß die am hinterlegte Sendung am beim Postamt E dem Beschwerdeführer ausgefolgt wurde. Dieses Ermittlungsergebnis hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom unter Hinweis darauf zur Stellungnahme vor, daß die Berufung als verspätet angesehen werden müsse.

Diesen Vorhalt beantwortete der Beschwerdeführer mit seiner

Stellungnahme vom wie folgt:

"...


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-
Zum Zeitpunkt der Hinterlegung war ich vom bis ortsabwesend. Aus diesem Grund war ich auch nicht in Kenntnis der Hinterlegung.
-
Das Schriftstück wurde am abgeholt, als ich im Zuge von anderen Schriftstücken - welche ich beim Postamt
persönlich abholte - auf die Hinterlegung ... aufmerksam
gemacht wurde.
..."

Der Beschwerdeführer beantragte deshalb, über seine

Berufung inhaltlich stattgebend zu entscheiden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 63 Abs. 5 sowie § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG als verspätet zurück. Begründend verwies die belangte Behörde auf § 17 Abs. 3 ZustG. Nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers über seine Rückkehr an die Abgabestelle sei die erstinstanzliche Entscheidung mit Montag, dem , als zugestellt zu betrachten. Demnach habe die zweiwöchige Berufungsfrist am geendet, doch habe der Beschwerdeführer seine Berufung erst am eingebracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer erneut die Zuständigkeit der BH bekämpft. Zur Rechtzeitigkeit seiner Berufung geht der Beschwerdeführer davon aus, daß er erst am , somit nicht rechtzeitig, durch Zufall von der Sendung Kenntnis erlangt habe. Eine schriftliche Anzeige von der Zustellung habe er nicht vorgefunden. All dies wäre bei Erhebungen der belangten Behörde beim Postamt E zum Vorschein gekommen. Es werde daher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die in der Beschwerde zur angeblichen Unzuständigkeit der BH als Strafbehörde erster Instanz enthaltenen Ausführungen sind nicht zielführend, weil der Verwaltungsgerichtshof nur den letztinstanzlichen angefochtenen Bescheid zu prüfen hat. Die belangte Behörde ist ungeachtet einer allfälligen Unzuständigkeit der BH gemäß § 51 Abs. 1 VStG zur Erledigung der Berufung zuständig gewesen, weil im erstinstanzlichen Bescheid ein in Salzburg gelegener Tatort genannt worden ist. Von der Unzulässigkeit der Berufung wegen Verspätung ausgehend, hatte die belangte Behörde gar nicht die rechtliche Möglichkeit, auf die Berufungsausführungen zum Tatort meritorisch einzugehen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/09/0377).

Zu prüfen ist somit, ob die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat.

Ausgehend vom unbestrittenen Hinterlegungsdatum () wäre die Berufungsfrist mit dem abgelaufen, die Berufung somit ohne jeden Zweifel verspätet. Der Beschwerdeführer hat jedoch in seiner Berufung den Hinweis "in offener Frist" angebracht, was zu behördlichen Erhebungen über die Rechtzeitigkeit oder Verspätung dieses Rechtsmittels Anlaß gab (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/03/0138, und vom , 88/02/0010).

Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe solche Ermittlungen unterlassen, ist jedoch unbegründet, denn die belangte Behörde hat sowohl Nachforschungen beim Postamt E durchgeführt als auch dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, zur möglichen Verspätung seiner Berufung Stellung zu nehmen. In seiner Stellungnahme vom hat der Beschwerdeführer allerdings nur völlig unsubstantiiert "Ortsabwesenheit" vom 16. bis zum behauptet, ohne zu konkretisieren, wo er sich in dieser Zeit aufgehalten habe und welche Nachweise er dafür ins Treffen führe. Damit ist aber die Unwirksamkeit der Hinterlegung noch nicht begründet (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/02/0197, vom , 91/03/0170, und vom , 87/13/0196).

Die belangte Behörde ist dessenungeachtet ohnehin von der behaupteten Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers ausgegangen. Sie ist aber auch unter Zugrundelegung der diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers unter Heranziehung des § 17 Abs. 3 ZustG zu dem Ergebnis gelangt, daß die Berufung verspätet eingebracht worden ist.

Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten als nicht zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden konnte.

Geht man von der Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers vom

16. bis zum aus, dann galt die am hinterlegte Sendung iS dieser Gesetzesstelle noch nicht als zugestellt. Die Sendung konnte jedoch ab dem innerhalb der Abholfrist gelegenen Montag, dem , vom Beschwerdeführer behoben werden.

Gegen diese - von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte - Annahme bringt der Beschwerdeführer, und zwar erstmalig in der Beschwerde, vor, ihm sei am keine "Zustellungsverständigung" vorgelegen oder bekannt gewesen. Diese Behauptung enthält implizit die Bestreitung der Angabe im Rückschein, die Verständigung von der Hinterlegung sei an der Abgabestelle zurückgelassen worden. Dieser Rückschein ist eine öffentliche Urkunde, die nach § 47 AVG iVm § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit für sich hat. Diese Vermutung ist zwar widerlegbar, doch wäre die Bestreitung der Richtigkeit der öffentlichen Urkunde durch gegenteilige Behauptungen entsprechend zu begründen, und es wären Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen. Die bloße Behauptung des Empfängers, eine Hinterlegungsanzeige nach seiner Rückkehr nicht vorgefunden zu haben, reicht nicht aus, die Angaben des Zustellers im Rückschein zu entkräften. Grundsätzlich kommt es im Falle der Ortsabwesenheit gemäß § 17 Abs. 3 ZustG auf den Zeitpunkt der Rückkehr an die Abgabestelle und nicht auf das tatsächliche Zukommen der Hinterlegungsanzeige an (vgl. zu diesen Ausführungen die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/02/0076, vom , 89/02/0117, und vom , 91/03/0134).

Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist gemäß § 17 Abs. 4 ZustG auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 oder im § 21 Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Bei dieser Rechtslage bedarf der Umstand keiner weiteren Erörterung, daß der Beschwerdeführer den Tag, an dem er von der Hinterlegung erfahren habe, im Verwaltungsverfahren mit dem , davon abweichend aber in der Beschwerde mit dem bezeichnet hat.

Die belangte Behörde hat daher das Gesetz nicht dadurch verletzt, daß sie im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen ist, die am zur Post gegebene Berufung sei verspätet eingebracht worden.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.