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VwGH vom 22.06.1995, 93/09/0445

VwGH vom 22.06.1995, 93/09/0445

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß Dr. Fuchs und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des Dr. W in G, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. LAD-08.10-11/93-4, betreffend Suspendierung und Kürzung der Bezüge nach der als Landesgesetz geltenden Dienstpragmatik, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberregierungsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark. Er war bis zu seiner Suspendierung in der Rechtsabteilung 11 (Verkehrsabteilung) des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung tätig.

Am faßte die Disziplinarkommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung den im folgenden auszugsweise wiedergegebenen Beschluß:

"Die Disziplinarkommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung hat ... beschlossen:


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1.)
Gemäß § 117 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1984 wird gegen ORR.Dr. W das Disziplinarverfahren eingeleitet.
2.)
Gemäß § 106 Abs. 3 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1984 wird ORR.Dr. W suspendiert.
3.)
ORR.Dr. W wird aufgefordert, bis folgende Fragen zu beantworten:
...

Begründung

Die Rechtsabteilung 1 hat am die Disziplinaranzeige gegen ORR.Dr.W erstattet. Es besteht der Verdacht des Verstoßes gegen § 21 der Dienstpragmatik, § 22 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1984, § 24 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1989 und § 28 Dienstpragmatik in der Fassung der Dienstpragmatik-Novelle 1972.

Aufgrund der vorliegenden Unterlagen ergeben sich folgende Vorwürfe gegen ORR.Dr.W:


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1.)
Laut Aktenstatistik vom Dezember 1990 sind bei ORR.Dr.W von den ihm zugeteilten Strafakten rd. 100 Stück unerledigt.
2.)
Bei den laut Aktenplanabschnitt 75 zugeteilten Strafakten ließ ORR.Dr.W einen überdurchschnittlichen Aktenrückstand entstehen.
3.)
Laut Aktenzählung vom waren von den ORR.Dr.W zugeteilten Akten weit über 100 Führerschein- und Strafakten als unerledigt aufgelistet.
4.)
Am um ca. 10.30 Ihr hat ORR.Dr.W ORR.Dr.H mit den Worten, "daß seine Zeit in der Rechtsabteilung 11 um sei," gedroht.
5.)
Am am Vormittag hat sich ORR.Dr.W ohne Abmeldung und ohne dies in der Zeitkarte zu vermerken zum Landtag begeben und sich dort einen Großteil des Vormittags aufgehalten.
6.)
Am hat ORR.Dr.W FOI M vorgehalten, daß "Sie schon sehen werde, was auf sie zukomme und sie sich nicht mehr hinterm Rock von w.Hofrat Dr.N verstecken könne".
7.)
ORR.Dr.W hat die Schreibkräfte als "blöd" bezeichnet.
8.)
Am erklärte ORR.Dr.W gegenüber FI U, "... waschen Sie sich endlich einmal, daß es hier nicht so stinkt."
9.)
Von Mitarbeitern der Rechtsabteilung 11 wird in einem Schreiben vom an die DPV Graz-Landhaus ausgeführt, daß ORR.Dr.W quasi Psychoterror ausübe.
10.)
Am hat ORR.Dr.W FOI M gegenüber gedroht, daß er schon viele Vermerke über sie habe.
11.)
ORR.Dr.W ist der Aufforderung des Abteilungsvorstandes vom , zum Führerscheinakt 11-39 Pi 13-92 betreffend I eine Stellungnahme abzugeben, nicht nachgekommen.
12.)
Am hat ORR.Dr.W die Besprechung aller Juristen der Rechtsabteilung 11 mit dem Vertreter der Rechtsabteilung 1 betreffend die Personalauslastung in ungebührlicher Weise gestört, weshalb er vom Abteilungsvorstand aus dem Zimmer verwiesen werden mußte.
13.)
An der Dienstbesprechung am hat ORR.Dr.W trotz Einladung nicht teilgenommen und erklärte dieser, an keiner Dienstbesprechung mehr teilzunehmen.
14.)
Am hat ORR.Dr.W Ch gegenüber erklärt, daß er grundsätzlich keine Weisungen des Abteilungsvorstandes w.Hofrat Dr.N mehr entgegennimmt.
15.)
Am hat ORR.Dr.W das Schreiben GZ.11-39 Hi 4-90 an das Büro Landesrätin K gerichtet, obwohl aufgrund der allgemeinen Dienstanweisung die Unterfertigung sämtlicher Schriftstücke an die politischen Büros dem Abteilungsvorstand vorbehalten ist.
16.)
Am hat ORR.Dr.W w.Hofrat Dr.N als Polit-Verbrecher bezeichnet.
17.)
Am hat sich ORR.Dr.W geweigert, von A das Ergebnis der periodischen Aktenerhebung zu übernehmen.

Diese Ausführungen zeigen, daß ORR.Dr.W Weisungen seines Vorgesetzten nicht beachtet hat und offensichtlich auch nicht gewillt ist, in Hinkunft Weisungen zu beachten. Auch das Verhalten gegenüber der Bediensteten der Rechtsabteilung 11 ist als nicht korrekt anzusehen. Eine weitere Belassung des ORR.Dr.W im Dienst gefährdet sowohl das Ansehen des Amtes als auch wesentliche Interessen des Dienstes. Es war daher die Suspendierung auszusprechen.

Zu den vorliegenden Unterlagen sind noch Abklärungen erforderlich, weshalb ORR.Dr.W aufgefordert wird, bis die oben angeführten Fragen zu beantworten."

In der Berufung vom , die sich laut den gestellten Berufungsanträgen nur gegen die Suspendierung und die damit bewirkte Bezugskürzung richtete, nahm der Beschwerdeführer unter anderem ausführlich zu den ihm zur Last gelegten Vorwürfen Stellung. Der Aufforderung zur Fragenbeantwortung kam der Beschwerdeführer mit einem Schriftsatz vom nach.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde laut dem in nichtöffentlicher Sitzung am unter dem Vorsitz des WHR Dr. Egbert Kleinsasser im Beisein der Mitglieder WHR Dr. Franz Hartinger und ORR Dr. Adolf Di Lena gefaßten Beschluß der Berufung gemäß § 106 Abs. 6 der Dienstpragmatik 1914, RGBl. Nr. 15, in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1989, LGBl. Nr. 87, keine Folge. In der Begründung wird angeführt, der Beschwerdeführer wende sich in seinen Berufungsanträgen gegen die Verfügung der Suspendierung und gegen die Kürzung des Monatsbezuges auf zwei Drittel. Hiezu habe die belangte Behörde erwogen, es sei aus der Aktenlage "unzweideutig" ersichtlich, daß die Disziplinarkommission der zwingenden Bestimmung des § 106 der Dienstpragmatik habe Rechnung tragen müssen, um weitere erhebliche Störungen des Dienstbetriebes in der Rechtsabteilung 11 hintanzuhalten. Der Begründung der Disziplinarkommission schließe sich die belangte Behörde vollinhaltlich an. Hinsichtlich des Begehrens auf Minderung der Gehaltskürzung erachte die belangte Behörde bei Zugrundelegung des Berufes bzw. der Dienstklasse des Beschwerdeführers einen Gehalt von zwei Dritteln desselben noch immer für ausreichend, um den notwendigen Unterhalt der Familie zu gewährleisten. Aus den dargelegten Erwägungen sei der Berufung sowohl hinsichtlich des Antrages auf Aufhebung der Suspendierung als auch hinsichtlich des Antrages auf Minderung der Gehaltskürzung keine Folge zu geben gewesen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid vor dem Verfassungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde lehnte dieser mit Beschluß vom , B 1633/93-5, ab. Über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für das Disziplinarverfahren der öffentlich-rechtlichen Bediensteten im Land Steiermark gilt die Dienstpragmatik 1914 (RGBl. Nr. 15 in der Fassung zuletzt BGBl. Nr. 213/1972) als Landesgesetz mit landesgesetzlichen Abweichungen (DP/Stmk).

Gemäß § 106 Abs. 1 DP/Stmk in der Fassung der Landesbeamtengesetz (LBG)-Novelle 1984, LGBl. Nr. 33, hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung zu verfügen, wenn über den Beamten die Untersuchungshaft verhängt wird oder durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist gegen die vorläufige Suspendierung kein Rechtsmittel zulässig. Abs. 3 leg. cit. bestimmt, daß jede vorläufige Suspendierung unverzüglich der Disziplinarkommission mitzuteilen ist, die über die Suspendierung zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit dem Tag dieser Entscheidung. Ist jedoch ein Disziplinarverfahren bei der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) bereits anhängig, so hat diese bei Vorliegen der im Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.

Nach § 106 Abs. 4 DP/Stmk in der Fassung LBG-Novelle 1989, LGBl. Nr. 87, hat jede durch Beschluß der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) verfügte Suspendierung die Kürzung des Monatsbezuges des Beamten - unter Ausschluß der Haushaltszulage - auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. Die Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) kann auf Antrag des Beamten oder von Amts wegen die Kürzung vermindern oder aufheben, wenn und soweit dies zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des Beamten und seiner Familienangehörigen, für die er sorgepflichtig ist, unbedingt erforderlich ist. Gemäß § 106 Abs. 6 DP/Stmk hat die Berufung gegen eine Suspendierung bzw. gegen eine Entscheidung über die Verminderung (Aufhebung) der Bezugskürzung keine aufschiebende Wirkung; über die Berufung hat die Disziplinaroberkommission ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Im Beschwerdefall hat die Disziplinarkommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung von der ihr nach § 106 Abs. 3 DP/Stmk zukommenden Zuständigkeit zur Verfügung der Suspendierung (das Disziplinarverfahren war bei ihr wegen der am erstatteten Disziplinaranzeige bereits anhängig) Gebrauch gemacht und den Beschwerdeführer vom Dienst suspendiert. Die belangte Behörde hat entsprechend der Bestimmung des § 106 Abs. 6 DP/Stmk über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entschieden.

§ 4 Abs. 1 des Steiermärkischen Landesbeamtengesetzes vom , LGBl. Nr. 124, bestimmt, daß zur Durchführung des Disziplinarverfahrens gegen Landesbeamte beim Amt der Landesregierung eine Disziplinarkommission und eine Disziplinaroberkommission eingerichtet werden. Nach § 4 Abs. 3 dieses Gesetzes besteht die Disziplinaroberkommission aus dem Landesamtsdirektor als Vorsitzenden und der erforderlichen Anzahl von Landesbeamten als weitere Mitglieder und Ersatzmitglieder. Im Falle der Verhinderung vertritt den Landesamtsdirektor der Landesamtsdirektor-Stellvertreter, bei dessen Verhinderung das rangälteste rechtskundige Mitglied der Disziplinaroberkommission.

Gemäß § 94 Abs. 2 DP/Stmk in der Fassung der LBG-Novelle 1984 ist die Hälfte der zu bestellenden Mitglieder der Disziplinaroberkommission von der Landesregierung mit Wirkung vom 1. Jänner auf die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Die zweite Hälfte der Mitglieder ist von der Interessenvertretung der Dienstnehmer (Landespersonalvertretung, Zentralbetriebsrat) zu bestellen.

Nach § 96 Abs. 1 DP/Stmk haben die Disziplinarkommission und die Disziplinaroberkommission in Senaten zu entscheiden. Die Senate haben aus dem Vorsitzenden der Kommission oder einem seiner Stellvertreter als Senatsvorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern zu bestehen. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung hat der Vorsitzende jeder Kommission jeweils bis zum Jahresschluß für das folgende Kalenderjahr die Senate zu bilden und die Geschäfte unter diese zu verteilen. Gleichzeitig ist die Reihenfolge zu bestimmen, in der die weiteren Kommissionsmitglieder bei der Verhinderung eines Senatsmitgliedes als Ersatzmitglieder in die Senate eintreten. Die Zusammensetzung der Senate darf nur im Falle unbedingten Bedarfes abgeändert werden.

Für die Rechtswirksamkeit der Bestellung der Mitglieder der Disziplinaroberkommission nach § 94 Abs. 2 DP/Stmk ist der dort vorgesehene (individuelle) Bestellungsakt

(vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, S. 392) seitens der Landesregierung bzw. der Interessenvertretung der Dienstnehmer maßgebend. Die Kundmachung der Bestellung in amtlichen Verlautbarungsorganen (für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum erfolgte dies in der Grazer Zeitung, Stück 1, Nr. 1, ausgegeben am ) ist für die Wirksamkeit der Bestellung ohne Bedeutung. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob - wie dies in der Beschwerde bestritten wird - die Kundmachung den formellen Voraussetzungen entspricht.

Nach der gemäß § 96 Abs. 4 DP/Stmk vom Vorsitzenden der Disziplinaroberkommission, Landesamtsdirektor WHR Dr. Tropper, am erlassenen Geschäftsverteilung der Disziplinaroberkommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung für das Kalenderjahr 1993 ergab sich - vom Beschwerdeführer und der belangten Behörde unbestritten - folgende, für den Beschwerdeführer zuständige Senatszusammensetzung:

Vorsitzender aller Senate der Disziplinaroberkommission ist gemäß § 4 Abs. 3 Steiermärkisches Landesbeamtengesetz der Landesamtsdirektor, der im Falle der Verhinderung vom Landesamtsdirektor-Stellvertreter, bei dessen Verhinderung vom rangältesten rechtskundigen Mitglied der Disziplinaroberkommission, das ist WHR Dr. Rupprecht, vertreten wird. Weitere Mitglieder (Ersatzmitglieder) sind (Senat A I für Beamte der Verwendungsgruppe A mit den Anfangsbuchstaben A-G):

a) WHR.Dr. Manfred Rupprecht

Ersatzmitglieder:


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1.
WHR.Dr. Werner Ressi
2.
WHR.Dr. Ernst Burger
3.
WHR.Dr. Franz Hartinger
b) ORR.Dr. Adolf Di Lena


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Ersatzmitglieder:
1.
ORR.Dr. Harald Weber
2.
HR.Mag. Walter Verhovsek
3.
ORR.Dr. Horst Hauer

Demnach hätte die belangte Behörde mit dem Landesamtsdirektor WHR Dr. Alfons Tropper als Vorsitzenden sowie den beiden Mitgliedern WHR Dr. Manfred Rupprecht und Oberregierungsrat Dr. Adolf Di Lena zusammengesetzt sein müssen. Tatsächlich wurden jedoch als Vorsitzender

WHR Dr. Egbert Kleinsasser und als erstes Mitglied

WHR Dr. Franz Hartinger tätig. Den vorgelegten Verwaltungsakten (und auch der Gegenschrift) sind letztlich keine Gründe dafür zu entnehmen, warum nicht anstelle von WHR Dr. Kleinsasser und WHR Dr. Hartinger die laut Gesetz bzw. Geschäftsverteilung zunächst berufenen Senatsmitglieder ihre Funktion ausgeübt haben.

Wenn auch die Eintrittsverfügungen für Ersatzvorsitzende und Ersatzmitglieder nicht den Vorschriften für Erledigungen von Anbringen nach § 18 AVG entsprechen müssen (der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang im wesentlichen die bei der - insgesamt dreimaligen - Bestellung eines Ersatzvorsitzenden auf den behördeninternen Schriftstücken fehlende Unterschrift des Landesamtsdirektors Dr. Tropper) und auch (anders als bei der mündlichen Verhandlung nach § 118 Abs. 3 DP/Stmk in der Fassung der LGB-Novelle 1989) im Verfahren zur Suspendierung nicht vorgesehen ist, daß dem Beschwerdeführer die Senatsbesetzung bekanntgegeben werden muß, ist doch aktenintern eindeutig und nachvollziehbar zu dokumentieren, warum es nicht zum Einschreiten der primär bestellten Senatsmitglieder gekommen ist.

Nach den vorgelegten Akten der belangten Behörde erfolgte mit Schreiben vom seitens des Landesamtsdirektors Dr. Tropper - ohne Begründung für seine allfällige Verhinderung - das Ersuchen an den Landesamtsdirektor-Stellvertreter WHR Dr. Ortner, den Vorsitz in der Disziplinaroberkommission zu übernehmen. Mit Schreiben ebenfalls vom teilte der Landesamtsdirektor-Stellvertreter dem Landesamtsdirektor


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-
ebenfalls ohne Begründung - mit, daß dieser im
gegenständlichen Falle verhindert sei. Daraufhin übermittelte der Landesamtsdirektor mit Schreiben vom
-
wiederum ohne Hinweis auf seine Verhinderung - den Disziplinarakt an WHR Dr. Rupprecht mit dem Ersuchen, den Vorsitz in der Disziplinarkommission zu übernehmen. WHR Dr. Rupprecht ersuchte seinerseits mit Schreiben vom , ihn vom Vorsitz in der Disziplinaroberkommission zu entbinden, weil er sich in bezug auf den Beschwerdeführer befangen fühle (eine Begründung dafür war nicht angegeben). Daraufhin erging mit Schriftsatz vom das Ersuchen an den sodann tätig gewordenen WHR Dr. Kleinsasser um Übernahme des Vorsitzes in der Disziplinaroberkommission. Auch in diesem Schreiben, das wie die vorhergehenden die Fertigungsklausel aufweist: "Dr. Tropper eh. (nach Diktat verreist)" ist keine Begründung für die Verhinderung des Landesamtsdirektors enthalten.

Der Beschwerdeführer macht auch geltend, daß gedanklich nicht nachvollzogen werden könne, warum das drittgereihte Ersatzmitglied WHR Dr. Franz Hartinger als Senatsmitglied fungiert habe und nicht die beiden vorgereihten WHR Dr. Werner Ressi und WHR Dr. Ernst Burger. Die Gegenschrift enthält dazu keinerlei Stellungnahme. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten sind diesbezüglich nur zwei Urlaubsmeldungen des WHR Dr. Burger über den Zeitraum vom 12. Juli bis und von WHR Dr. Ressi über die Zeiträume vom 19. Juli bis 28. Juli sowie vom 2. August bis zu entnehmen, wobei bezüglich WHR Dr. Ressi auch dadurch die Verhinderung für die erst am stattgefundene Sitzung der Disziplinaroberkommission nicht schlüssig nachzuvollziehen ist.

Da somit insgesamt von einer nicht richtigen Zusammensetzung des als belangte Behörde eingeschrittenen Kollegialorganes auszugehen ist, ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde behaftet (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 8782/A). Die Unzuständigkeit der belangten Behörde ergibt sich aber auch noch aus einem weiteren Grund:

Das in den Verwaltungsakten vorhandene Protokoll über die nichtöffentliche Sitzung am hat folgenden Wortlaut:

"Beratungsprotokoll

über die nicht öffentliche Sitzung vom

Beginn: 11.30 Uhr

Disziplinarsache gegen: ORR. Dr. W

Anwesende:

Senatsvorsitzender: W.Hofrat Dr. Egbert KLEINSASSER

Weitere Mitglieder: W.Hofrat Dr. Franz HARTINGER

ORR. Dr. Adolf DI LENA

Disziplinaranwalt: ORR. Dr. Robert HOLLER

Schriftführer: Mag. Andrea TESCHINEGG

Der Vorsitzende schildert den Sachverhalt.

Nachdem die weiteren Mitglieder der Disziplinaroberkommission und der Disziplinaranwalt Akteneinsicht genommen haben, wird nach der Diskussion des Sachverhaltes der Beschluß gefaßt, den Bescheid der Disziplinarkommission vom , GZ.:

LAD - 08.00 - 47/1993, zu bestätigen und somit der rechtzeitig eingebrachten Berufung des Dr. W keine Folge zu geben. In weiterer Folge wird auf den diesbezüglichen Antrag des Vorsitzenden auch hinsichtlich der Begründung auf die Anträge auf Aufhebung der Suspendierung und Minderung der Gehaltskürzung sowie in der Bescheidausfertigung eingegangen.

Ende: 12.00 Uhr

W.Hofrat Dr. Kleinsasser eh.

W.Hofrat Dr. Hartinger eh. ORR.Dr. Di Lena eh.

ORR. Dr. Holler eh."

Der Wortlaut dieses Protokolls steht in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen, wonach gemäß dieser "Urkunde" der Disziplinaranwalt an der Beratung wie auch an der Abstimmung teilgenommen habe. Soweit in der Gegenschrift hiezu ausgeführt wird, die Aussage über die Anwesenden besage keineswegs, daß der Disziplinaranwalt auch während der Beratung und Abstimmung der Kommission anwesend gewesen sei (es werde allgemein niemals vermerkt, daß die Beratung ohne Anwesenheit des Disziplinaranwaltes und ohne Anwesenheit des Beschuldigten stattfinde, tatsächlich seien der Disziplinaranwalt und der Beschuldigte nur während der eigentlichen Verhandlung, aber bei der Beratung und Beschlußfassung nicht anwesend), steht diesem der eindeutige Wortlaut des Beratungsprotokolls entgegen. Auch sind die Ausführungen in der Gegenschrift insofern aktenwidrig, als offensichtlich keine "eigentliche Verhandlung" stattgefunden hat. Da somit an der nicht öffentlichen Sitzung (einschließlich Beratung und Beschlußfassung) der belangten Behörde offensichtlich mit dem Disziplinaranwalt eine Person teilgenommen hat, die an dieser Sitzung nicht teilnehmen durfte, liegt diesbezüglich ebenfalls eine unrichtige Zusammensetzung der belangten Behörde vor (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 3506).

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen der von Amts wegen wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war. Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.