VwGH 20.12.2002, 2002/05/0924
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | AVG §68 Abs1; MeldeG 1991 §1 Abs7; MeldeG 1991 §17 Abs1; MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2; VwGG §42 Abs2 Z1; VwGG §63 Abs1; |
RS 1 | In derselben Sache liegen zwei rechtskräftige, einander widersprechende Bescheide vor, womit, unabhängig von der inhaltlichen Aussage des jeweiligen Bescheides durch den zweiten Bescheid (vom ) in das der Beschwerdeführerin durch den ersten Bescheid (vom ) erfließende Recht der Wahl des Hauptwohnsitzes eingegriffen wurde. Wurde einem früheren Bescheid durch einen späteren Bescheid derogiert, so entfaltet der frühere Bescheid, ohne dass es dazu seiner förmlichen Aufhebung bedurfte, keine Rechtswirkungen mehr (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrengesetze, 2. Auflage, auf Seite 1431 und E 155 bis 157 zitierte Judikatur des VwGH). Wie der VwGH bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 91/07/0026, ausgeführt hat, liegt in einer solcherart herbeigeführten Beseitigung einer seinerzeit eingeräumten rechtskräftigen Berechtigung eine Verletzung subjektiver Rechte des Betroffenen. Ungeachtet des Umstandes, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid (vom ) dem Erkenntnis des entsprochen wurde, war daher der nunmehr angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Dieses Ergebnis verstößt nicht gegen § 63 Abs. 1 VwGG, weil der Bescheid vom einen geänderten Sachverhalt begründet. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde der Vassiliki Plangl in Wien bzw. in Theiß, vertreten durch Dr. Christian Hauser, Rechtsanwalt in Wien IX, Prechtlgasse 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 600.501/9-II/13/02, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Partei: Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die am in Thessaloniki geborene, verheiratete Beschwerdeführerin war von bis mit Hauptwohnsitz in Wien XIV, Isbarygasse 5-7, gemeldet. Am meldete sie sich in Steinriegl, Gemeinde Gedersdorf, 3494 Theiß, mit Hauptwohnsitz, der bisherige Hauptwohnsitz in Wien wurde als weiterer Wohnsitz deklariert.
Der mitbeteiligte Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien hat zwei Anträge auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes der Beschwerdeführerin eingebracht, einen Antrag vom und einen vom . Der Antrag vom war bereits Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom , mit dem der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben hat. Da beide Ehegatten in Wien berufstätig seien und das gemeinsame, 1989 geborene Kind in Wien die Schule besuche, sowohl der Ehegatte als auch der Sohn in Wien mit Hauptwohnsitz gemeldet seien, sei allein die Bundeshauptstadt als Mittelpunkt der Lebensbeziehungen der Beschwerdeführerin anzunehmen, weil auch unter Bedachtnahme auf Art. 8 MRK eine derartige familiäre und wirtschaftliche Beziehung als so intensiv angesehen werden müsse, dass ein Mittelpunkt der Lebensbeziehungen an einem anderen Ort auszuschließen sei.
In der Folge hat die belangte Behörde zwei Bescheide erlassen und zwar den hier nicht gegenständlichen Bescheid vom , Zl. 600501/5-I/A/1/02-reg, mit dem der Antrag des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien vom auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes der Beschwerdeführerin in Gedersdorf neuerlich abgewiesen wurde. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom wurde dem Antrag des mitbeteiligten Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien vom auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes der Beschwerdeführerin stattgegebenen und der angeführte Hauptwohnsitz in der Gemeinde Gedersdorf, 3494 Theiß, aufgehoben, wobei sich beide Bescheide auf dieselbe Wohnsitzerklärung stützen.
Gegen den zuletzt genannten Bescheid vom richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der nunmehr angefochtene Bescheid greife in die Rechtskraft des Bescheides vom zum Nachteil der Beschwerdeführerin ein, verstoße gegen den Grundsatz der Unwiederholbarkeit und Endgültigkeit und verletze die Beschwerdeführerin in ihrem subjektiv gewährleisteten Recht auf Wahl ihres Hauptwohnsitzes.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens betreffend den hier gegenständlichen Bescheid und den Bescheid vom ohne Gegenschrift vorgelegt und die Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In derselben Sache liegen zwei rechtskräftige, einander widersprechende Bescheide vor, womit, unabhängig von der inhaltlichen Aussage des jeweiligen Bescheides durch den zweiten Bescheid in das der Beschwerdeführerin durch den ersten Bescheid vom erfließende Recht der Wahl des Hauptwohnsitzes eingegriffen wurde. Wurde einem früheren Bescheid durch einen späteren Bescheid derogiert, so entfaltet der frühere Bescheid, ohne dass es dazu seiner förmlichen Aufhebung bedurfte, keine Rechtswirkungen mehr (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrengesetze, 2. Auflage auf Seite 1431 und E 155 bis 157 zitierte hg. Judikatur). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 91/07/0026, ausgeführt hat, liegt in einer solcherart herbeigeführten Beseitigung einer seinerzeit eingeräumten rechtskräftigen Berechtigung eine Verletzung subjektiver Rechte des Betroffenen.
Ungeachtet des Umstandes, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom dem hg. Erkenntnis vom entsprochen wurde, war daher der nunmehr angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Dieses Ergebnis verstößt nicht gegen § 63 Abs. 1 VwGG, weil der Bescheid vom einen geänderten Sachverhalt begründet.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 510/2001.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AVG §68 Abs1; MeldeG 1991 §1 Abs7; MeldeG 1991 §17 Abs1; MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2; VwGG §42 Abs2 Z1; VwGG §63 Abs1; |
Schlagworte | Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2002:2002050924.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAE-47134