VwGH vom 22.01.1991, 90/05/0160

VwGH vom 22.01.1991, 90/05/0160

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MDR-B XIX-41/90, betreffend Anrainereinwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: T und AT), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom wurde den Mitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Nr. n/1, EZ. nn des Grundbuches über die Kat. Gem. Obersievering, erteilt. Die u.a. von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen wurden teilweise als unbegründet abgewiesen und zum Teil "als privatrechtlich beurteilt".

Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom wurde die gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen und der erwähnte erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

In dem für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlichen Teil der Begründung ihres Bescheides führte die Berufungsbehörde in Erwiderung auf das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin, wonach das in Aussicht genommene Grundstück nicht als baureif anzusehen sei, aus, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Vorschriften über die erforderliche Eignung eines Bauplatzes keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte begründen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerdeführerin geht zwar selbst davon aus, daß nach ständiger hg. Rechtsprechung aus den Vorschriften über die erforderliche Eignung eines Bauplatzes keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte abgeleitet werden können, meint aber, daß die Liegenschaft der Mitbeteiligten auf Grund des Magistratsbescheides vom mit einem Bauverbot belegt sei und die vorliegende Baubewilligung offensichtlich unter Umgehung desselben erteilt worden sei. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N. F. Nr. 7710/A, besitze aber der Nachbar im Falle einer Bausperre einen Rechtsanspruch auf Abweisung des Bauansuchens. Gehe man davon aus, daß im Baubewilligungsbescheid eine Ausnahmegenehmigung ausgesprochen worden sei, so liege zweifellos die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes vor, da die Ausnahme genehmigt worden sei, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen seien.

Die Beschwerdeführerin dürfte bei diesem Vorbringen übersehen haben, daß dem von ihr zitierten hg. Erkenntnis vom gegenüber dem vorliegenden Beschwerdefall insofern ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen war, als sich die damalige Beschwerdeführerin auf ein durch Verordnung festgelegtes generelles Bauverbot berufen hatte, während im vorliegenden Fall mit dem Magistratsbescheid vom ausgesprochen worden ist, daß bestimmte Grundflächen gemäß § 19 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien "solange unbebaut zu bleiben haben, bis die vor diesen gelegenen Verkehrsflächen mit dem bestehenden Straßennetz in Verbindung gebracht sein werden und bis die vor ihnen gelegenen Verkehrsflächen befestigt und in ihnen ein öffentlicher Rohrstrang einer Trinkwasserleitung und ein Straßenkanal verlegt worden sind". Die Beschwerdeführerin kann sich also weder auf eine gesetzliche Bausperre im Sinne des § 8 Abs. 1 der Bauordnung für Wien, noch auf eine im Verordnungswege erlassene zeitlich begrenzte Bausperre nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle berufen und daher auch nicht mit Grund eine Erschwerung oder Verhinderung der künftigen Planungsmaßnahmen durch das Bauvorhaben der Mitbeteiligten in Bereichen behaupten, in denen diese Maßnahmen auch ihre Interessen berühren (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 8578/A). Die Beschwerdeführerin hatte daher unter diesem Gesichtspunkt keinen Anspruch auf Abweisung des Bauansuchens der Mitbeteiligten, weshalb sie auch nicht dadurch in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt sein kann, daß die Baubehörde erster Instanz und ihr folgend auch die belangte Behörde, wenn auch unausgesprochen, im Sinne des § 19 Abs. 2 lit. b Z. 1 der Bauordnung für Wien eine Ausnahme vom Bauverbot nach Abs. 1 lit. d dieser Gesetzesstelle erteilt haben. Der Verwaltungsgerichtshof braucht daher im Beschwerdefall auch nicht zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Gewährung dieser Ausnahme vom Bauverbot gegeben waren. Auf das hg. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 7958/A, kann sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang nicht mit Recht berufen, weil in dem damaligen Beschwerdefall davon auszugehen war, daß eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte dann eintritt, wenn eine Ausnahme von der Einhaltung der inneren Baufluchtlinie (welche u.a. zur Folge hat, daß der Lichteinfall für Aufenthaltsräume auf dem eigenen Bauplatz, abweichend von dem sonst in der geschlossenen Bauweise geltenden Grundsatz auch durch Freiflächen auf Nachbargrund gewährleistet werden kann) gewährt wurde, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht gegeben waren. Ein derartiger Sachverhalt liegt aber im Beschwerdefall nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.