VwGH 06.11.1990, 90/05/0130
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | BauRallg; OrtsbildpflegeG Krnt 1979 §10 Abs1; VVG §4 Abs1; |
RS 1 | Auch während der Anhängigkeit eines Ansuchens um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für ein konsenslos errichtetes Gebäude ist ein unbedingter Auftrag zu dessen Abtragung rechtmäßig; dieser Auftrag kann aber erst nach rechtskräftiger Abweisung oder Zurückweisung des Bauansuchens vollstreckt werden. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0195/70 E VwSlg 7813 A/1970 RS 1 |
Normen | AVG §66 Abs4; BauRallg; |
RS 2 | Auch auf ein Ansuchen um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung, welches erst nach Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides eingebracht wurde, hat die Berufungsbehörde Bedacht zu nehmen, weil sie zufolge § 66 Abs 4 AVG Änderungen der Sachlage zu berücksichtigen hat, welche erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingetreten sind (Hinweis E , 2082/75, E , 84/05/0254). |
Norm | AVG §13 Abs3; |
RS 3 | Auch wenn dem Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG 1950 nicht innerhalb der gesetzten Frist, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt entsprochen wird, ist die Behörde zufolge eines ordnungsgemäß belegten Antrages nicht mehr berechtigt, mit einer Zurückweisung vorzugehen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 83/05/0204 E VwSlg 12137 A/1986 RS 3 |
Normen | BauRallg; VVG §4 Abs1; VVG §4 Abs2; VwRallg; |
RS 4 | Die Rechtmäßigkeit eines Kostenvorauszahlungsauftrages setzt die Rechtmäßigkeit der angeordneten Ersatzvornahme voraus. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Domittner und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der P-GmbH gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. Ro-212/4/1990, betreffend ein Vollstreckungsverfahren in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.490,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Feldkirchen in Kärnten vom war der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 10 Abs. 1 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes, LGBl. Nr. 81/1979, die Beseitigung der an der westlichen Außenwand des Nebengebäudes auf dem Grundstück Nr. n1 des Grundbuches über die Kat.Gemeinde Feldkirchen angebrachten "Werbeanlage/Ankündigungsanlage" und Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheides aufgetragen worden.
Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom als unbegründet abgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin eingebrachte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/05/0200, abgewiesen.
Nachdem der Beschwerdeführerin mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen vom wegen Nichtbeseitigung der in Rede stehenden Werbeanlage die Ersatzvornahme angedroht worden war und die Beschwerdeführerin ihrer Verpflichtung in der Folge nicht nachgekommen ist, wurde mit dem an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid vom die Ersatzvornahme angeordnet und gleichzeitig die Zahlung der voraussichtlichen Kosten dieser Maßnahme in der Höhe von S 3.000,-- vorgeschrieben.
Der dagegen eingebrachten Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 "im Hinblick auf § 4 VVG 1950 keine Folge gegeben".
In der Begründung ihres Bescheides ging die Berufungsbehörde davon aus, daß die Beschwerdeführerin der Verpflichtung zur Entfernung der in Rede stehenden Werbeanlage nicht nachgekommen sei, weshalb nach vorheriger Androhung die Ersatzvornahme angeordnet und gleichzeitig die Vorauszahlung der Kosten für diese Maßnahme aufgetragen worden sei. Dieser Bescheid sei vollstreckbar. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf einen nachträglich eingebrachten Bewilligungsantrag und ihre Ansicht, daß auf Grund dessen eine Vollstreckung nunmehr unzulässig sei, gingen ins Leere. Bereits im Rahmen des Parteiengehörs habe die Berufungsbehörde darauf hingewiesen, daß ein erst im Laufe des Vollstreckungsverfahrens eingebrachter Bewilligungsantrag auf die Zulässigkeit der Vollstreckung keinen Einfluß haben könne. Ein Nachweis, daß bereits vor Eintritt ins Vollstreckungsverfahren ein Bewilligungsantrag anhängig gewesen sei, liege nicht vor. Am Rande werde bemerkt, daß die vorgelegte Kopie als Bauansuchen und nicht als Ansuchen nach dem Kärntner Ortsbildpflegegesetz betitelt sei und ihr nicht entnommen werden könne, ob sie überhaupt bei der zuständigen Behörde eingebracht worden sei.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Zu der von der Beschwerdeführerin einleitend bemängelten Unbestimmtheit des Titelbescheides ist zu bemerken, daß ihr mit dem Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Feldkirchen vom , wie schon in der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, aufgetragen worden ist, die konsenslos errichtete "Werbeanlage/Ankündigungsanlage, welche an der westlichen Außenwand des Nebengebäudes auf dem Grundstück Nr. n1 der KG Feldkirchen angebracht wurde", zu beseitigen. Der Gerichtshof kann nicht erkennen, und es wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht aufgezeigt, inwiefern dieser Beseitigungsauftrag unbestimmt sein soll, zumal die Beschwerdeführerin auch in der Berufung gegen den dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden erstinstanzlichen Bescheid keine Zweifel darüber geäußert hat, welche Werbeanlage Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens ist. Dieser Rüge kommt daher keine Berechtigung zu.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß während der Anhängigkeit eines Ansuchens um nachträgliche Baubewilligung nicht vollstreckt werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 81/05/0092, BauSlg. Nr. 401, und die darin zitierte Vorjudikatur).
Nach der Aktenlage hat die Beschwerdeführerin mit dem spätestens am beim Stadtgemeindeamt Feldkirchen eingelangten "Ansuchen um Baubewilligung" den Antrag auf Erteilung der - nachträglichen - Bewilligung von "8 Duplexplatten (8 cm stark) an Holzstaffeln (5 x 8 cm)
angeschraubt bzw. an der Mauerseite montiert ... zum Anschlag
von Plakaten" auf der in Rede stehenden Liegenschaft gestellt. Die Einbringung dieses Bauansuchens erfolgte offensichtlich deshalb, weil die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom mitgeteilt hatte, sie nehme an, daß "ein Bewilligungsverfahren über die gegenständliche Anlage nicht anhängig ist" und "ein nunmehr nachträglich eingebrachter Bewilligungsantrag auf die Vollstreckung der Beseitigungsverfügung keinerlei Einfluß haben kann".
Mit Schreiben des Stadtgemeindeamtes Feldkirchen vom wurde der Beschwerdeführerin daraufhin unter Hinweis auf § 13 AVG 1950 der Auftrag erteilt, näher umschriebene "Unterlagen für die Beurteilung des Vorhabens" innerhalb von zwei Monaten vorzulegen, andernfalls der Bauantrag nicht weiter bearbeitet werde. Nach den Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde wurde "dieser Aufforderung noch keine Folge geleistet" und es "liegt eine Zurückweisung des Bauansuchens seitens des Bürgermeisters der Stadt Feldkirchen nicht vor".
Es ist daher davon auszugehen, daß die belangte Behörde durch Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides die Ersatzvornahme angeordnet und die diesbezüglichen
- voraussichtlichen - Kosten dieser Maßnahme vorgeschrieben hat, obwohl zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch ein - wenn auch erst nach Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides eingebrachtes - Ansuchen um Erteilung der nachträglichen Bewilligung der in Rede stehenden Anlage anhängig war. Auf dieses Ansuchen hätte aber die belangte Berufungsbehörde Bedacht zu nehmen gehabt, weil sie zufolge § 66 Abs. 4 AVG 1950 Änderungen der Sachlage zu berücksichtigen hat, welche erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingetreten sind (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 3. Aufl., 1987, auf S. 447, wiedergegebene hg. Judikatur). An der Notwendigkeit der Bedachtnahme auf dieses Ansuchen der Beschwerdeführerin vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Titelbescheid auf § 10 Abs. 1 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes gestützt worden ist, weil es für den Fall, daß die - für die Vollziehung des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes sowie der Kärntner Bauordnung gleichermaßen zuständige - Behörde erster Instanz ungeachtet der aktenkundigen Anordnung der Ersatzvornahme hinsichtlich des nach dem Kärntner Ortsbildpflegegesetz erteilten Beseitigungsauftrages diesbezügliche Zweifel gehabt haben sollte, ihre Aufgabe gewesen wäre, in dem bereits erwähnten Verbesserungsauftrag von der Beschwerdeführerin eine diesbezügliche Klarstellung zu verlangen. Das Unterbleiben eines solchen behördlichen Auftrages kann daher nicht zum Nachteil der Beschwerdeführerin gewertet werden.
Ebenso ist von Bedeutung, daß die Beschwerdeführerin dem erwähnten Verbesserungsauftrag innerhalb der gesetzten Frist nicht entsprochen hat, weil dies die Behörde zwar gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 berechtigt, das Ansuchen nicht mehr zu berücksichtigen, aber nichts daran ändert, daß es zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht rechtskräftig zurückgewiesen und daher anhängig war. Sollte nämlich die Beschwerdeführerin diesem Verbesserungsauftrag in der Folge doch noch entsprechen, so wäre die Behörde zufolge des dann ordnungsgemäß belegten Antrages nicht mehr zu dessen Zurückweisung berechtigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 83/05/0204, 0209, BauSlg. Nr. 673).
Die belangte Behörde hätte daher den erstinstanzlichen Bescheid, mit welchem die Ersatzvornahme angeordnet worden ist, nicht nur hinsichtlich dieser Vollstreckungsverfügung, sondern auch hinsichtlich des gleichzeitig erteilten Auftrages zur Leistung einer Vorauszahlung für diese Ersatzvornahme aufheben müssen, weil die Rechtmäßigkeit des Kostenvorauszahlungsauftrages die Rechtmäßigkeit der angeordneten Ersatzvornahme voraussetzt.
Durch die Abweisung der Berufung ist die Beschwerdeführerin daher in ihren Rechten verletzt worden, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin war abzuweisen, weil in dem in der zitierten Verordnung genannten Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist, für die lediglich in zweifacher Ausfertigung vorzulegende Beschwerde nur S 240,-- und für die vorzulegende Ausfertigung des angefochtenen Bescheides nur S 30,-- an Stempelgebühren zu entrichten waren.
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise Verbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung Baubewilligung BauRallg6 Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1990:1990050130.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAE-47037