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VwGH vom 20.03.1996, 96/03/0042

VwGH vom 20.03.1996, 96/03/0042

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der U in F, vertreten durch Mag. G, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom , Zl. Ib-780-7/95, betreffend Ausstellung eines Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegenüber der Beschwerdeführerin die Ausstellung eines Taxilenkerausweises im Grunde des § 6 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr - BO 1994, BGBl. Nr. 951/1993, versagt.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Als eine der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Taxilenkerausweises sieht § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 vor, daß der Bewerber vertrauenswürdig ist; die Vertrauenswürdigkeit muß zumindest in den letzten fünf Jahren vor Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein.

Die belangte Behörde ging in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, daß nachstehende rechtskräftige Bestrafungen vorlägen:

"a) Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom , weil Frau U am um 23.43 Uhr als Lenkerin des PKWs mit dem Kennzeichen BZ-9 CIE auf der Arlberg Schnellstraße S 16, Höhe Dalaaser Tunnel-Ostportal, km 48,223, Fahrtrichtung Bludenz, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 65 km/h überschritten hat; ausgesprochene Geldstrafe

S 7.000,--

b) Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom , weil Frau U am um 09.47 Uhr als Lenkerin des PKWs mit dem Kennzeichen XX auf der Arlberg Schnellstraße bei km 21,7 - Ostportal Malfonbachtunnel in Fahrtrichtung Landeck die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 36 km/h überschritten hat; ausgesprochene Geldstrafe

S 1.800,--."

Die belangte Behörde zog daraus den Schluß, daß die Beschwerdeführerin zweimal gravierend gegen jene Verkehrsvorschriften verstoßen habe, die den Schutz der Verkehrsteilnehmer bezweckten. Es seien dies die schwerwiegenden Geschwindigkeitsüberschreitungen vom auf Höhe des Ostportals beim Dalaaser Tunnel sowie vom auf Höhe des Ostportals des Malfonbachtunnels, jeweils auf der Arlberg Schnellstraße. Die genannten Tunnels würden im Gegenverkehr befahren. Das Einfahren in einen Tunnel mit Gegenverkehr mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von rund 150 km/h müsse als schwerwiegender Verstoß gegen maßgebliche Sicherheitsvorschriften im Straßenverkehr eingestuft werden. Es sei dies eine auffallende Sorglosigkeit gegen jene Vorschriften, welche die Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs regelten. Auch der Vorfall vom beruhe auf der gleichen schädlichen Neigung. Der Beschwerdeführerin fehle es daher an der erforderlichen "Vertrauenswürdigkeit".

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, soll mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der Sicherheit der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist aufgrund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens des Taxilenkers zu beurteilen. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten auf ein Persönlichkeitsbild schließen läßt, das mit jenen Interessen im Gleichklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf § 10 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes, BGBl. Nr. 85/1952, obliegt (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 95/03/0290, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht der Verwaltungsgerichtshof keinen Anlaß; dies auch nicht im Lichte der Beschwerdeausführungen, unter Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 sei (nur) eine solche zu verstehen, die in der "Zuverlässigkeit" nach § 5 Abs. 3 Gelegenheitsverkehrsgesetz ihre Deckung finde. Daß der Verordnungsgeber von einem solchen Begriffsverständnis ausgegangen wäre, bietet schon der unterschiedliche Regelungsgegenstand - einerseits nach der BO 1994 die Eigenschaft der im Fahrdienst tätigen Personen (vgl. die Verordnungsermächtigung des § 10 Abs. 1 Gelegenheitsverkehrsgesetz) sowie andererseits nach § 5 Gelegenheitsverkehrsgesetz die auf die Ausübung des Gewerbes bezogene Zuverlässigkeit des Bewerbers - keinen Anhaltspunkt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, ist bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 im Falle der Begehung einer Straftat die Straftat selbst (und nicht auch die deswegen erfolgte Verurteilung) eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG. Eine bereits vorliegende rechtskräftige Entscheidung hat - soweit die Rechtskraft reicht - für die Behörde, für die die Frage, auf die sich die Entscheidung bezieht, eine Vorfrage bildet, entsprechend dem Grundsatz der gegenseitigen Bindung der Behörden an ihre Entscheidungen unter allen Umständen bindende Wirkung. Eine eigene Beurteilung durch die Behörde ist in diesen Fällen nicht mehr zulässig, die Behörde ist vielmehr verpflichtet, die so entschiedene Frage ihrem Bescheid zugrundezulegen (vgl. nochmals das obzitierte hg. Erkenntnis vom und die dort zitierte Vorjudikatur).

Ausgehend von der sich so darstellenden Rechtslage fehlt es der Verfahrensrüge, der Beschwerdeführerin hätte die Möglichkeit einer Stellungnahme bzw. Rechtfertigung zu den angeführten Bestrafungen im Rahmen der Erforschung der materiellen Wahrheit eingeräumt werden müssen, schon an der rechtlichen Relevanz. In diesem Zusammenhang ist für den Verwaltungsgerichtshof aber auch die Verfahrensrüge nicht nachvollziehbar, der Beschwerdeführerin sei niemals Gelegenheit zur Stellungnahme zum gesamten Verfahren, insbesondere zum Beweisverfahren erster Instanz, eingeräumt worden; wird doch eine (allfällige) Verletzung des Parteiengehörs im Verfahren erster Instanz im Berufungsverfahren durch die mit der Berufung gegebenen Möglichkeiten der Stellungnahme saniert (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2189/77).

Auch das Beschwerdevorbringen, die beiden Verwaltungsübertretungen rechtfertigten keinesfalls die Annahme der mangelnden Vertrauenswürdigkeit, zeigt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf:

Aus einem Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kann zwar nicht in jedem Fall auf einen Mangel an Vertrauenswürdigkeit des Taxilenkers geschlossen werden. Aus einer einzigen Geschwindigkeitsüberschreitung kann der Mangel an Vertrauenswürdigkeit nur unter besonderen Umständen, beispielsweise aufgrund der dadurch hervorgerufenen konkreten Gefährdung von Verkehrsteilnehmern oder aufgrund des (absoluten und relativen) Ausmaßes der Überschreitung, abgeleitet werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 94/03/0151). Daß aber solche besonderen Umstände insbesondere in Ansehung des Vorfalls vom vorlagen, hat die belangte Behörde in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise dargelegt. Davon abgesehen kann gerade der Umstand, daß ein Lenker trotz der Verhängung von Verwaltungsstrafen weiterhin gleichartige Verwaltungsübertretungen begeht, den Schluß zulassen, daß er derzeit nicht die Gewähr für die Erfüllung der für das Taxigewerbe bestehenden Anforderungen bietet (vgl. nochmals das vorzitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom ). Daran vermag auch der Beschwerdehinweis nichts zu ändern, die Beschwerdeführerin besitze bereits seit sechs Jahren den Führerschein und sei "lediglich" zweimal wegen Geschwindigkeitsübertretungen bestraft worden, zumal die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Straftaten in den im § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 normierten fünfjährigen Beobachtungszeitraum fielen, während dessen (zumindest) die Vertrauenswürdigkeit ununterbrochen gegen sein muß (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/03/0004, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Schließlich ist die Beschwerderüge verfehlt, zur Feststellung der Vertrauenswürdigkeit wäre jedenfalls ein Gutachten durch den zuständigen Amtsarzt nötig gewesen. Ist doch die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 einer ärztlichen Begutachtung von vornherein nicht zugänglich, als die "Vertrauenswürdigkeit" ein Rechtsbegriff und wie jeder andere Rechtsbegriff der Beantwortung durch einen Sachverständigen entzogen ist (vgl. sinngemäß das zum Begriff der Zuverlässigkeit gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 81/04/0044; vgl. weiters auch die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit nach § 66 KFG 1967 - u.a. Erkenntnis vom , Zl. 82/11/0208).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.