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VwGH vom 31.07.1998, 96/02/0566

VwGH vom 31.07.1998, 96/02/0566

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des O in Fischamend, vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Rechtsanwalt in Wien I, Stubenring 22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-WU-96-220, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

1. Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der durch diesen erfolgten Bestätigung der Spruchpunkte 3 und 4 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

2. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

3. Das Land Niederösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom wurde der Beschwerdeführer wegen folgender Übertretungen der StVO (Tatzeit: gegen 11.00 Uhr) bestraft:

1. Er sei im Ortsgebiet von W. auf der "B 9" und einer näher bezeichneten Strecke schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren (Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a StVO, Verhängung einer Geldstrafe von S 3.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden).

2. Er sei auf der Freilandstraße ("B 9") und einer näher genannten Strecke schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gefahren (Übertretung des § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a StVO; Verhängung einer Geldstrafe von S 1.800,--, Ersatzfreiheitsstrafe 42 Stunden).

3. Er sei auf derselben Freilandstraße und auf einer weiteren (ca. 4 km vom Endpunkt der zu Spruchpunkt 2 vorgeworfenen Verwaltungsübertretung beginnenden) näher genannten Strecke schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gefahren, wobei ihm vorgeworfen wurde, diese Verwaltungsübertretung im Hinblick auf die Länge des erforderlichen Anhalteweges unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen zu haben (Übertretung des § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. c StVO; Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von S 7.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden).

4. Er habe auf derselben Straße im Gemeindegebiet von B. die aufgrund des angebrachten Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbegrenzung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h auf einer näher genannten Strecke überschritten, wobei ihm vorgeworfen wurde, diese Verwaltungsübertretung im Hinblick auf die Länge des erforderlichen Anhalteweges unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen zu haben (Übertretung des § 52 lit. a Z. 10a in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. c StVO; Verhängung einer Geldstrafe von S 8.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe von 192 Stunden).

Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid vom der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG "keine Folge" und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid "vollinhaltlich". In der Begründung dieses Bescheides stellte die belangte Behörde u.a. fest, daß der Beschwerdeführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu Spruchpunkt 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (im Ortsgebiet) um 50 km/h, zu Spruchpunkt 2 (im Freiland) um 40 km/h, zu Spruchpunkt 3 (im Freiland) um 80 km/h und zu Spruchpunkt 4 (im Freiland) die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 80 km/h überschritten habe. Die Geschwindigkeiten seien durch Nachfahren im zivilen Dienstkraftfahrzeug in gleichbleibendem Abstand und durch Ablesen vom nicht geeichten Tachometer festgestellt worden.

Zur Rechtfertigung des Beschwerdeführers, er habe sein krankes Kind ins Krankenhaus bringen müssen, sei festzuhalten, daß die von ihm angesprochene Notstandssituation nicht vorgelegen habe. Selbst wenn es sich um den Fall einer drohenden Lebensgefahr gehandelt hätte, wie der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet habe, "wäre auch der öffentliche Rettungsdienst zu Verfügung gestanden".

Aus den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergebe sich zweifelsfrei, daß der Beschwerdeführer die angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen habe. Die Bestrafung durch die Erstbehörde sei daher zu Recht erfolgt.

Der Beschwerdeführer verfüge nach seinen eigenen Angaben über ein monatliches Nettoeinkommen von S 7.900,--. Er sei sorgepflichtig für 15 Kinder und habe auch kein nennenswertes Vermögen. Mildernd und erschwerend sei kein Umstand gewesen, doch würden die zahlreichen, wenn auch nicht einschlägigen Verwaltungsvormerkungen auf einen gewissen sorglosen Umgang mit den von der Rechtsordnung geschützten Rechtsgütern schließen lassen.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände und insbesondere im Hinblick darauf, daß die Behörde erster Instanz die Geldstrafen an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens bis zu S 10.000,-- (vgl. § 99 Abs. 3 lit. a StVO) und gemäß § 99 Abs. 2 lit. c StVO von S 500,-- bis S 30.000,-- festgesetzt habe, könne nicht mit Herabsetzung der verhängten Geldstrafen vorgegangen werden. Sie (offenbar gemeint: die jeweils verhängte Geldstrafe) erscheine daher auch bei Berücksichtigung des niederen Einkommens des Beschwerdeführers "als tat- und tätergerecht".

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung habe aus Gründen des § 51e VStG unterbleiben können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid grundsätzlich ein, daß die belangte Behörde unter Hinweis auf § 51e VStG - jedoch ohne weitere Begründung - von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen habe. Sie habe nicht einmal behauptet, daß die Voraussetzungen für ein Unterbleiben der mündlichen Verhandlung vorlägen. Dieser Ermessensmißbrauch stelle eine gravierende Verletzung von zwingenden Verfahrensvorschriften dar.

§ 51e Abs. 2 VStG enthält Ausnahmen von der Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat. Die belangte Behörde hat mit dem allgemeinen Hinweis, daß eine mündliche Verhandlung "aus Gründen des § 51e VStG unterbleiben" könne, nicht dargetan, auf welche der im § 51e Abs. 2 VStG genannten Tatbestände sie ihre diesbezügliche Entscheidung stützen könnte. Die unterlassene Durchführung der mündlichen Verhandlung stellt grundsätzlich einen Verfahrensmangel dar, der nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen hat, wenn die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/03/0171, m.w.N.). Mit der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gerügten fehlenden Begründung für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung allein wird eine solche Wesentlichkeit des Verfahrensmangels jedoch nicht dargelegt.

Der Beschwerdeführer rügt ferner, es hätte der Strafbehörde erster Instanz auffallen müssen, daß er der deutschen Sprache "nicht hinreichend bzw. überhaupt nicht" mächtig sei, um die an ihn gestellten Fragen korrekt beantworten zu können. Es wäre daher schon die Behörde erster Instanz im Zuge ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhaltes verpflichtet gewesen, einen Dolmetscher der türkischen Sprache beizuziehen. Es habe sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde unterlassen, hinsichtlich der vom Beschwerdeführer bei seinen Einvernahmen am 26. März, 25. Juni und gemachten Vorbringen und Einwendungen entsprechend nachzufragen bzw. darauf in der Beweiswürdigung einzugehen. Schon von der Behörde erster Instanz sei das subjektive Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör gemäß § 37 AVG verletzt worden. Wäre nämlich bereits im Vorverfahren und auch bei der Einvernahme am , die von der Behörde erster Instanz als Erhebung einer Berufung durch den Beschwerdeführer gewertet worden sei, ein Dolmetscher der türkischen Sprache beigezogen worden, hätte der Beschwerdeführer "entsprechendes Vorbringen" erstattet bzw. die "Berufung" entsprechend begründen können. Nur aufgrund des Umstandes, daß die Behörde erster Instanz es "unterlassen" habe, das Parteiengehör gemäß § 37 AVG "zu verletzen" (gemeint wohl: zu wahren) bzw. ihrer Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG "nicht nachzukommen" (gemeint wohl: nachzukommen), sei es erklärlich, daß die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung "dementsprechend mager" ausgefallen sei.

Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, daß Verfahrensmängel bei der Überprüfung eines im Instanzenzug ergangenen Bescheides für den Verwaltungsgerichtshof nur beachtlich sind, wenn sie im letztinstanzlichen Bescheid unterlaufen sind (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 592, dritter Absatz, zitierte hg. Judikatur).

Auch mit dem allgemeinen Hinweis, der Beschwerdeführer hätte mangels Beiziehung eines Dolmetschers für die türkische Sprache "ein entsprechendens Vorbringen erstatten bzw. die "Berufung" entsprechend begründen" können, zeigt der Beschwerdeführer mangels näherer Konkretisierung nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf.

Insoweit der Beschwerdeführer ferner allgemein behauptet, in seinem "Recht auf Anleitung gemäß § 13a AVG" verletzt worden zu sein, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Behörden des Verwaltungsverfahrens nicht verhalten sind, Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten ist, damit dem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 181, unter E 3 zu § 13a AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Der Beschwerdeführer wendet gegen die Spruchpunkte 3 und 4 des vom angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses ein, daß die diesbezüglichen Verwaltungsübertretungen nicht unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen worden seien. Die Annahme besonders gefährlicher Verhältnisse bedürfe im Zusammenhang mit der Geschwindigkeitsüberschreitung konkreter Feststellungen über die näheren Umstände der Begehung dieser Verwaltungsübertretung. Die von der belangten Behörde hervorgehobene Tatsache, daß sich bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung die Länge des erforderlichen Anhalteweges vergrößere, sei schon allein aufgrund der physikalischen Gesetze und der Beziehung von Geschwindigkeit-Bremsweg-Anhalteweg zu erklären und stelle keine besonders gefährlichen Verhältnisse im Sinne des § 99 Abs. 2 lit. c StVO dar. Diesbezügliche Umstände seien nicht vorgelegen und von der belangten Behörde auch nicht einmal behauptet worden. Aus der Anzeige vom ergebe sich vielmehr eindeutig, daß zum Zeitpunkt der begangenen Verwaltungsübertretungen die Fahrbahn trocken gewesen sei und es keine Sichtbehinderung gegeben habe.

Bereits mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der bestätigten Spruchpunkte 3 und 4 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses auf.

Gemäß § 99 Abs. 2 lit. c StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges u.a. im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt, insbesondere Fußgänger, die Schutzwege vorschriftsmäßig benützen oder Radfahrer, die Radfahrerüberfahrten vorschriftsmäßig benützen, gefährdet oder behindert.

Als besonders gefährliche Verhältnisse kommen bei Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit insbesondere beeinträchtigte Sichtverhältnisse, ungünstige Fahrbahnbeschaffenheit und starkes Verkehrsaufkommen, ferner Verlauf und Breite der Straße sowie die körperliche und geistige Verfassung des Lenkers in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/18/0014).

Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom , Zl. 92/02/0183, ausgesprochen hat, hat der Spruch betreffend eine in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. c StVO begangene Verwaltungsübertretung jene zum Tatbild dieser Übertretung zählenden konkreten Umstände zu enthalten, die die besondere Gefährlichkeit der Verhältnisse bzw. die besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern ausmachen.

Diesen Anforderungen wird jedoch der angefochtene Bescheid hinsichtlich der "vollinhaltlichen" Bestätigung der Spruchpunkte 3 und 4 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom nicht gerecht. Der allgemeine Hinweis auf die "Länge des erforderlichen Anhalteweges", der - wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt - in unmittelbarer Beziehung zur Geschwindigkeit des Fahrzeuges steht, zeigt für sich allein nicht das Vorliegen besonders gefährlicher Verhältnisse im Sinne der dargestellten Judikatur auf. Es fehlen somit im Spruch die zum Tatbild einer derartigen Übertretung zählenden konkreten Umstände, die die besondere Gefährlichkeit der Verhältnisse ausmachen (vgl. etwa die bei Gaisbauer, "Besonders gefährliche Verhältnisse" und "besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern" im Straßenverkehrsrecht, in ZVR 1991, S. 71 ff., zu Fällen der Geschwindigkeitsübertretung wiedergegebene hg. Judikatur). Der angefochtene Bescheid ist daher wegen mangelhafter Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat hinsichtlich der aufrechterhaltenen Spruchpunkte 3 und 4 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses im Sinne des § 44a Z. 1 VStG inhaltlich rechtswidrig und schon aus diesem Grunde im dargelegten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Infolge der Aufhebung des vom angefochtenen Bescheid bestätigten Spruchpunktes 3 des Straferkenntnisses der BH vom erübrigt sich auch eine Erörterung der Frage, ob hinsichtlich der Spruchpunkte 2 und 3 ein "fortgesetztes Delikt" vorliegt oder nicht.

Schließlich wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, sie sei auf die bereits in der Anzeige festgehaltene Tatsache, daß der Beschwerdeführer sofort nach Anhaltung (durch die Gendarmerie) bereit gewesen sei, eine allfällige Geldstrafe unmittelbar zu bezahlen, nicht eingegangen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht grundsätzlich kein Anspruch darauf, daß eine Verwaltungsübertretung lediglich nach den Bestimmungen des § 50 VStG, also durch Organstrafverfügung, geahndet wird. Erst mit der Aushändigung einer Ausfertigung der Organstrafverfügung erlischt das Wahlrecht des Wachorgans, eine Organstrafverfügung zu verhängen oder die Anzeige zwecks Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens zu erstatten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 94/02/0520, 95/02/0050, m. w.N.). Der dargestellte Vorwurf zeigt gleichfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Ferner rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe jegliche Begründung bezüglich des Ausmaßes des Verschuldens und der "Verwerflichkeit" der begangenen Verwaltungsübertretungen unterlassen. Es sei auch der für die Strafbemessung wesentliche Aspekt unerörtert geblieben, ob und inwieweit die Tat sonst noch nachteilige Folgen nach sich gezogen habe. Seiner Ansicht nach würden die begangenen Verwaltungsübertretungen gerade keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen haben. Dieser Umstand hätte aber in bezug auf die Strafbemessung seinen Niederschlag finden müssen.

In bezug auf die infolge der Aufhebung der Spruchpunkte 3 und 4 noch verbleibenden Spruchpunkte 1 und 2 des vom angefochtenen Bescheid bestätigten vorzitierten Straferkenntnisses ist dieser Einwand schon deshalb nicht zutreffend, weil die belangte Behörde ergänzend eine erhebliche Überschreitung der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit feststellte, woraus bereits die Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu ersehen ist. Daß die unterlassene Feststellung allfälliger nachteiliger Folgen der Tat zu einer anderen Höhe der Strafbemessung hinsichtlich der Spruchpunkte 1 und 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses geführt hätte, ist für den Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die erheblichen Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht ersichtlich.

Der Beschwerdeführer rügt ferner, daß als Milderungsgrund die erstmalige Tatbegehung sowie der Umstand nicht berücksichtigt worden seien, daß der Beschwerdeführer die dargestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen nur aus einer Notsituation heraus, nämlich wegen der plötzlichen Fieber- und Durchfallserkrankung eines 14 Monate alten Kleinkindes und des damit verbundenen Erfordernisses eines raschen Transportes in ein näher genanntes Krankenhaus begangen habe.

Der Umstand, daß der Täter nicht einschlägig vorbestraft ist, bildet keinen Milderungsgrund, wohl aber die absolute Unbescholtenheit (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 850, unter E 68 zu § 19 VStG angeführte hg. Judikatur).

Die Verwaltungsbehörde konnte jedoch auf mehrere, den Beschwerdeführer betreffende Vormerkungen wegen Verwaltungsübertretungen verweisen. Diese beziehen sich - wie aus den Verwaltungsakten ersichtlich ist - insbesondere auf diverse Übertretungen des KFG. Damit lag aber eine einen Milderungsgrund darstellende Unbescholtenheit im Sinne der dargestellten hg. Judikatur im Beschwerdefall nicht vor.

Selbst wenn die behauptete plötzliche Erkrankung eines Kleinkindes die Ursache für das Fahren des Beschwerdeführers unter (erheblicher) Mißachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gewesen sein sollte, stellt dieses Tatmotiv allerdings einen Milderungsgrund dar, der jedoch angesichts der relativ niedrigen Höhe der zu den vorgenannten Spruchpunkten 1 und 2 verhängten Strafen nicht eine der belangten Behörde in bezug auf die Strafzumessung unterlaufene Rechtswidrigkeit aufzeigt.

Insoweit der Beschwerdeführer meint, es könnte mangels Vorliegens von Erschwernisgründen hinsichtlich aller ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen die außerordentliche Strafmilderung nach § 20 VStG angewendet werden, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Anwendbarkeit dieser Bestimmung voraussetzt, daß die Milderungsgründe die Erschwernisgründe beträchtlich überwiegen. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen betreffend die behaupteten Milderungsgründe ist jedoch nicht ersichtlich, daß diese Voraussetzung des § 20 VStG im Beschwerdefall erfüllt ist.

Aus den dargelegten Gründen war daher der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Bestätigung der Spruchpunkte 1 und 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen und hinsichtlich der Bestätigung der Spruchpunkte 3 und 4 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß eine mündliche Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, und dies auch nach Art. 6 MRK angesichts der soeben dargelegten Aspekte sowie der selbst vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigten erforderlichen Erörterung von Sachverhaltsfragen und der Klärung der gegenständlichen Rechtsfragen durch die Vorjudikatur nicht geboten erscheint.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.