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VwGH vom 23.02.2001, 96/02/0497

VwGH vom 23.02.2001, 96/02/0497

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des K in R, vertreten durch Dr. Werner Hetsch und Dr. Werner Paulinz, Rechtsanwälte in Tulln, Albrechtsgasse 12, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. II/3-TB-4, betreffend Ersatz von Barauslagen in Verbindung mit einer Maßnahme nach dem Niederösterreichischen Tierschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurden dem Beschwerdeführer unter Berufung auf § 2 Abs. 2 Z. 2 in Verbindung mit § 12 des NÖ Tierschutzgesetzes 1985 (LGBl. 4610-0, im Folgenden kurz: Tierschutzgesetz) und die §§ 15 und 76 AVG Barauslagen für die Überbringung und vorübergehende Unterbringung von drei näher bezeichneten Tieren aus dem (örtlich umschriebenen) "Herkunftsbestand" des Beschwerdeführers beim Verein im Gesamtbetrag von S 50.620,-- vorgeschrieben.

In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 2 Abs. 2 Z. 2 Tierschutzgesetz dürfe niemand ein Tier so halten (unterbringen, füttern oder pflegen), dass ihm dadurch Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt würden. Nach § 12 leg. cit. seien die Organe der mit der Vollziehung dieses Gesetzes betrauten Behörden berechtigt, wahrgenommene Übertretungen dieses Gesetzes durch unmittelbare behördliche Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden.

Unter Hinweis u.a. auf § 76 Abs. 2 zweiter Satz und § 15 AVG führte die belangte Behörde weiter aus, die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen als Behörde erster Instanz habe am zur Vermeidung von Schmerzen, Leiden oder Schäden der im Betrieb des Beschwerdeführers gehaltenen Tiere im Sinn des § 2 Abs. 2 Z. 2 Tierschutzgesetz u.a. folgende Maßnahme im Sinne des § 12 leg. cit. angeordnet:

"9) Das Pony, der Esel, der Tarpan und der bräunliche, abgemagerte Salukirüde sind aus dem Betrieb zu entfernen und einer Person oder Vereinigung gemäß § 13 Abs. 6 des NÖ Tierschutzgesetzes zu übergeben.

Die Maßnahmen Punkt 1 bis 9 sind als unmittelbare behördliche Zwangsmittel sofort vollstreckbar und beim Unabhängigen Verwaltungssenat für NÖ anfechtbar."

Diese Anordnung sei - so die belangte Behörde - in der auch vom Beschwerdeführer unterfertigten Verhandlungsschrift festgehalten und nicht angefochten worden. Am seien in Vollziehung dieser Anordnung das Pony, der Tarpan und der Esel Vertretern des Vereines übergeben worden. In weiterer Folge sei der Betrieb des Beschwerdeführers mehrmals amtstierärztlich überprüft und sodann am dem Verein mitgeteilt worden, dass gegen eine Rückgabe der Tiere keine Bedenken bestünden, worauf dieser insgesamt S 50.620,-- für die im Tierheim M. eingestellten Tiere in Rechnung gestellt habe und zwar:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"1 Pony, 1 Tarpan, 1 Esel:
S 100,-- pro Tier und Tag
für 121 Tage (von bis )
................
S
36.300,--
1 Fohlen: S 50,-- pro Tag
für 54 Tage ( bis )
................
S
2.700,--
Transport und Tierrettungseinsatz
am
................
S
3.000,--
Tierarztkosten während des gesamten
Aufenthaltes
................
S
5.220,--
Aufzuchtserum für Pferde
................
S
1.000,--
Hufschmied
................
S
2.400,-- ."

Der Beschwerdeführer habe in der Berufung (u.a.) geltend gemacht, dass die seinerzeitige Anordnung bzw. Durchführung einer faktischen Amtshandlung am in keiner Weise rechtmäßig gewesen sei, zumal aus dem zwischenzeitig eingestellten Strafverfahren hervorgehe, dass die Tiere so gehalten gewesen seien, dass sie keinen artuntypischen Qualen ausgesetzt gewesen seien; die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen hätte auch bereits früher bekannt geben müssen, dass gegen die Ausfolgung und Unterbringung der Tiere (beim Beschwerdeführer) kein Einwand bestünde.

Zu diesem Vorbringen - so die belangte Behörde weiter - sei festzuhalten, dass die Strafverfahren erst eingestellt worden seien, als der Beschwerdeführer die Tiere schon längst wieder zurückerhalten habe und zwar nachdem er in seinem Betrieb wesentliche Änderungen vorgenommen habe. Die Einstellung des Strafverfahrens sage über die Rechtmäßigkeit der faktischen Amtshandlung nichts aus. Fest stehe, dass der Beschwerdeführer gegen die Anordnung der Entfernung der Tiere trotz vollständiger und richtiger Rechtsmittelbelehrung keine Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat gerichtet habe. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die faktische Amtshandlung zu Recht erfolgt sei. Zum Zeitpunkt der Rückgabe der Tiere sei anzumerken, dass der Beschwerdeführer deren Herausgabe nie gefordert und auch der Behörde die vorgenommenen Änderungen in seinem Betrieb nicht gemeldet habe. Es sei daher davon auszugehen, dass - wie aus dem Akt ersichtlich - erst am die Voraussetzungen hiefür vorgelegen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß dem mit "Anwendung von Zwangsmitteln" überschriebenen § 12 Tierschutzgesetz sind die Organe der mit der Vollziehung dieses Gesetzes betrauten Behörden und die Organe der Bundespolizei und Bundesgendarmerie (§ 10) berechtigt, wahrgenommene Übertretungen dieses Gesetzes durch unmittelbare behördliche Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden.

Eine solche Übertretung wurde im Beschwerdefall darin erblickt, dass der Beschwerdeführer die in Rede stehenden Tiere entgegen der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Z. 2 Tierschutzgesetz nicht so gehalten habe, dass ihnen dadurch keine Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt würden.

§ 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG normiert, dass dann, wenn eine Amtshandlung von Amts wegen angeordnet wird, die Auslagen (gemeint: Barauslagen) den Beteiligten dann belasten, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

Hinzuweisen ist zunächst auf das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 4184/A, wonach die Vorschreibung der Kosten "notstandspolizeilicher" Maßnahmen auf die Vorschrift des § 76 Abs. 2 AVG gestützt werden kann, sofern keine Sondernorm besteht. Überträgt man diesen Gedanken auf den zitierten § 12 Tierschutzgesetz, so war die Vorschreibung von Barauslagen für eine solche von Amts wegen angeordnete Maßnahme zulässig, zumal sich hiefür (anders als etwa im § 13 Abs. 6 Tierschutzgesetz) keine Sondernorm findet.

Die Vorschreibung des Ersatzes von Barauslagen im Grunde des § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG setzt voraus, dass sich für die von Amts wegen angeordnete Amtshandlung (die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt) eine Rechtsgrundlage findet, diese sohin rechtmäßig war.

Von da her gesehen scheidet im gegenständlichen Fall die Vorschreibung des Ersatzes von Barauslagen, die mit der "Beendigung" der von der Behörde angenommenen Übertretung des § 2 Abs. 2 Z. 2 Tierschutzgesetz nichts zu tun haben, von vornherein aus, was hinsichtlich der Kosten für die Einstellung der Tiere, des Tierarztes, des Aufzuchtserums sowie des Hufschmiedes der Fall ist, sodass lediglich der Betrag von S 3.000,-- für Transport und Tierrettungseinsatz verbleibt.

Aber auch in Hinsicht auf die Vorschreibung dieses Betrages ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet:

Die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung (in diesem Umfang) konnte die belangte Behörde nicht allein von dem Umstand ableiten, dass es der Beschwerdeführer unterließ, die in Rede stehende Amtshandlung mittels Beschwerde gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG beim unabhängigen Verwaltungssenat zu bekämpfen: Anders als einem nicht mit einem Rechtsmittel bekämpften (oder bekämpfbaren) Bescheid, der dadurch in Rechtskraft erwächst, fehlt nämlich diese Fähigkeit einer so genannten "faktischen Amtshandlung", wobei das Ziel einer an den unabhängigen Verwaltungssenat gerichteten Beschwerde nur die Feststellung nach § 67c Abs. 4 AVG sein kann, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären.

Im Übrigen wäre selbst dann, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gekommen wäre, dass die in Rede stehende Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt rechtens war, noch zu prüfen gewesen, ob für die Vorschreibung des Ersatzes von Barauslagen das im § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG erforderliche Verschulden des Beschwerdeführers (welches nach § 1294 ABGB zu beurteilen wäre, vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/03/0116) für die Herbeiführung der Amtshandlung gegeben war. Derartige Ausführungen finden sich jedoch in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht.

Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren betreffend Ersatz von Umsatzsteuer für Schriftsatzaufwand war im Hinblick auf die diesbezügliche Pauschalierung abzuweisen.

Wien, am