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VwGH vom 18.11.1993, 93/09/0320

VwGH vom 18.11.1993, 93/09/0320

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des NN in Z, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. GZ 111/5-DOK/92, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am geborene Beschwerdeführer stand als Bezirksinspektor der Gendarmerie in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Bis zu seiner Suspendierung am war er bei der Verkehrsabteilung - Außenstelle X im Einsatz.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom , mit welchem gegen den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe der Entlassung ausgesprochen worden war, nicht Folge gegeben.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid war der Beschwerdeführer schuldig erkannt worden, seine Dienstpflichten hinsichtlich der §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 1 BDG 1979 iVm gendarmerierechtlichen Vorschriften dadurch verletzt zu haben, daß er

1.) am nach Dienstschluß (20 h) und danach bis etwa 22 h in einem Gasthaus in Bregenz in Kenntnis des Umstandes, daß er im Anschluß daran noch einen PKW lenken werde, alkoholische Getränke konsumiert habe; daß er ferner im Zuge der gegen 22 h angetretenen Heimfahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit seinem PKW auf einer Gemeindestraße in Bregenz-Vorkloster den entgegenkommenden Radfahrer K niedergestoßen und tödlich verletzt habe; und daß er im Zuge seiner Befragung zu diesem Unfall beharrlich wahrheitswidrig angegeben habe, seine Gattin PN habe den PKW im Unfallszeitpunkt gelenkt;

2.) am gegen 4.30 h in Bregenz-Fluh auf einem zum Verkehr nicht zugelassenen Waldweg in vermutlich alkoholisiertem Zustand und ohne im Besitz einer Lenkerberechtigung zu sein, kurzfristig einen PKW gelenkt habe, welcher dabei ca. 70 m weit über eine steile Wiese abgestürzt sei; dabei sei der Beschwerdeführer selbst leicht verletzt worden und habe einem Alkoholtest nicht zugestimmt.

Zu den unter 1. zusammengefaßten Schuldvorwürfen wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom des Vergehens der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Z. 2 StGB sowie des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 1. Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt; mit Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom wurde diese Entscheidung nur dahin abgeändert, daß der erstinstanzliche Ausspruch über die (teilweise) Anwendung der bedingten Strafnachsicht aus dem Urteil ausgeschieden wurde.

Der diesen Vorwürfen (unbestritten) zugrunde liegende Sachverhalt wurde im angefochtenen Bescheid wie folgt aus der erstinstanzlichen Entscheidung übernommen:

"Nach Beendigung des Patrouillendienstes bei der Autobahngendarmerie X am um 20.00 Uhr trank Bez.Insp. NN mit einem Kollegen zwei Flaschen Weißwein (0,7 l), wovon er selbst mindestens 2/4 l gespritzt mit Mineralwasser konsumierte. Anschließend fuhr er mit dem auf seine Ehegattin zugelassenen PKW, Marke Fiat Panda, mit dem Kfz nnn, welches Fahrzeug er beim VTC in X vorgeführt hatte, nach Bregenz-Vorkloster. Da er vor dem Gasthaus A den PKW seines Vaters stehen sah, kehrte er ein und konsumierte in der Zeit zwischen 20.30 Uhr und kurz vor 22.00 Uhr nach seinen eigenen Angaben zwei große Bier zu je 1/2 l und 1 1/2 kleine Bier. Sowohl zum Zeitpunkt des Alkoholkonsums auf der Dienststelle als auch im Gasthaus A wußte er, daß er im Anschluß daran einen PKW lenken werde.

Auf der Heimfahrt stieß der erheblich alkoholisierte Disziplinarbeschuldigte auf der Gemeindestraße zwischen den Zufahrten zum Neu-Amerika-Parkplatz westlich der Kläranlage - er hielt gemäß Sachverständigengutachtens trotz des Ortsgebietes eine Geschwindigkeit von 85 kmh ein - mit dem entgegenkommenden, gleichfalls erheblich alkoholisierten (2 Promille Blutalkoholgehalt) 56-jährigen Radfahrer K zusammen, der hiedurch einen Schädelbasisbruch, eine Leberzertrümmerung sowie einen offenen Bruch des rechten Ober- und Unterschenkels erlitt. Er starb wenige Stunden später am um 00.05 Uhr im Landeskrankenhaus Feldkirch. Der Beschuldigte hielt nach dem Zusammenprall den PKW an, begab sich zu dem am Boden liegenden Radfahrer und hob sein Augenlid hoch. Nachdem er keine Pupillenreaktion wahrgenommen hatte und der subjektiven Meinung war, daß der Radfahrer bereits tot sei, fuhr er mit seinem PKW, an welchem durch den Zusammenprall der rechte Vorderradreifen drucklos geworden war, weiter und stellte das Fahrzeug etwa 300 m von der Unfallstelle entfernt an der Achsiedlungsstraße ab. Anschließend begab er sich zu Fuß zu seiner etwa 400 m entfernten Wohnung. Nachdem er sich etwas beruhigt und zu seiner Ehegattin PN gesagt hatte, daß sie sich als Fahrerin ausgeben solle, verständigte er gegen 22.41 Uhr über Notruf die Gendarmerie-Leitfunkstelle des Landesgendarmeriekommandos in Bregenz vom Unfall. Nach dem Eintreffen der Gendarmeriebeamten in seiner Wohnung gab er diesen gegenüber an, daß seine Gattin den PKW gelenkt habe, während er auf dem Beifahrersitz gesessen sei, dies, obwohl er wußte, daß diese Verdächtigung falsch war. Die Ehegattin bestätigte vorerst auch diese Angaben ihres Mannes. Da Bez.Insp. NN auch in weiterer Folge bei seinen Angaben blieb, daß seine Gattin das Fahrzeug gelenkt habe, ordnete der Journalrichter Dr. H über Antrag der Ersten Staatsanwältin Dr. P, die vom Sachverhalt durch die Gendarmerie in Kenntnis gesetzt wurde, die Verhaftung von NN und PN wegen bestehender Verdunkelungsgefahr an. Auf der Fahrt zur Unfallstelle und zum Abstellplatz des PKWs bemerkten die Beamten, daß der Beschuldigte offensichtlich alkoholisiert war und seine Atemluft deutlich nach Alkohol roch. Im Zuge der weiteren Vernehmungen und Verhaftung des Beschuldigten gab er schließlich dem hinzugekommenen Journalrichter Dr. H zu, den PKW zum Unfallszeitpunkt selbst gelenkt zu haben und allein im Fahrzeug gewesen zu sein. Gegen 01.08 Uhr des wurde dem Beschuldigten im Unfallkrankenhaus Bregenz eine Blutgruppe (- richtig wohl: Blutprobe -) abgenommen. Nach der klinischen Beurteilung war er leicht alkoholisiert und bezüglich der Fahrtüchtigkeit wurden ärztliche Bedenken angeführt. Laut Gutachten des gerichtsmedizinischen Institutes der Universität Innsbruck wurde in der Blutprobe des NN ein Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille zum Unfallzeitpunkt (ca. 2 Stunden nach dem Unfall) ermittelt. Die Unfallstelle befindet sich auf der XY-Straße, welche auf Höhe des do. Parkplatzes eine leichte langgezogene Biegung aufweist. Die Straßenbreite beträgt 6 m, die Fahrbahn ist asphaltiert. Aufgrund der zum Unfallzeitpunkt herrschenden Witterung (trocken und bedeckt) herrschte völlige Dunkelheit, zumal dort Straßenbeleuchtungsanlagen nicht vorhanden sind. Da sich der Lenker des am Unfall beteiligten Fahrzeuges von der Unfallstelle entfernt hatte, wurden unverzüglich Beamte der Spurensicherung der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Vorarlberg zur Sicherung der vorhandenen Spuren an der Unfallstelle angefordert. Das Fahrrad des Verunfallten befand sich noch an der Unfallstelle, jedoch nicht in Endlage. Am Fahrrad des Verunglückten K funktionierte die Beleuchtung und war zum Zeitpunkt des Unfalles auch eingeschaltet. Bez.Insp. NN hatte zu diesem Zeitpunkt das Fernlicht eingeschaltet."

Auch hinsichtlich des zu 2. umschriebenen Vorfalls vom kam es zu einem Gerichtsverfahren. Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom wurde der Beschwerdeführer von der diesbezüglich gegen ihn erhobenen Anklage, er habe am um etwa 4.29 Uhr in Bregenz-Fluh als Lenker eines PKWs dadurch, daß er mit diesem PKW auf einem für den öffentlichen Verkehr nicht zugelassenen Waldweg fuhr und letztlich der PKW über eine steile Wiese etwa 70 m abstürzte, die Beifahrer RN und BB, wenn auch nur fahrlässig, einer Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit ausgesetzt, freigesprochen. Das Beweisverfahren habe ergeben, daß durch den Absturz des Fahrzeuges die beiden anderen Personen in keiner Weise in ihrer körperlichen Sicherheit gefährdet gewesen seien.

Auch dazu hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus dem Bescheid der Behörde erster Instanz (unbestrittene) Sachverhaltsfeststellungen wie folgt übernommen:

"Bez.Insp. NN - zu diesem Zeitpunkt vom Dienst suspendiert und ohne im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung zu sein - traf sich am gegen 21.00 Uhr mit seinem Bruder RN und BB in Z, wobei sie in der Wohnung von BB in Z und mehreren Lokalitäten in Z alkoholische Getränke konsumierten. Die Menge des Alkohols läßt sich laut Aussagen von BB und RN pro Person auf etwa fünf kleine Bier (0,33 l) bzw. zwei kleine Bier und einen 3/4 Weißwein eingrenzen.

Im Lokal W kauften sie sich noch weitere alkoholische Getränke, um sie in das Fahrzeug des RN zu nehmen. In weiterer Folge fuhr RN - in bereits alkoholisiertem Zustand - mit dem Fahrzeug und NN sowie BB als Beifahrer über Bregenz-Fluh und über den dort beginnenden Wanderweg Richtung Pfänder. Nach etwa 500 m Fahrt auf diesem Wanderweg (im Winter stellt dieser eine Rodelbahn dar) blieb RN aufgrund der Beschaffenheit des Weges (stark ansteigender, schmaler und teilweise mit Wurzeln bedeckter Wanderweg) hängen.

In dieser Situation bot sich Bez.Insp. NN an, den steckengebliebenen Jeep herauszumanövrieren, um in weiterer Folge die Fahrt in Richtung Pfänder fortsetzen zu können. Obwohl Bez.Insp. NN nach den Aussagen seines Bruders RN und BB ebenfalls alkoholisiert gewesen sein dürfte, setzte er sich an das Steuer des PKWs. Es gelang NN, mit dem PKW anzufahren, wobei sich sein Bruder RN und BB noch im Wagen aufgehalten haben. NN lenkte das Fahrzeug etwa 30 m, als er vom Weg abkam. Er rutschte mit dem linken Vorderrad über die Böschungskante. Der PKW kam in bedrohlicher Schräglage zum Stillstand. Um ein Abstürzen des Fahrzeuges zu verhindern, sprangen RN und BB aus dem Jeep und hingen sich seitlich an das Fahrzeug. NN versuchte sich nun aus der mißlichen Lage zu befreien, indem er mit dem PKW zurückfahren wollte. Vermutlich legte NN anstatt des Rückwärtsganges den Vorwärtsgang ein, wobei diesbezüglich seine Alkoholisierung zur Beurteilung heranzuziehen wäre. Aufgrund dieses Fehlers kam NN mit dem Fahrzeug gänzlich vom Weg ab und stürzte ca. 50 m in steil abfallendes Gelände. RN und BB wurden nur durch Glück nicht vom abkippenden Fahrzeug mitgerissen.

NN wurde aus dem sich mehrmals überschlagenden Fahrzeug geschleudert. Er zog sich dabei eine Beckenprellung rechts, eine Hautabschürfung am Beckenkamm und eine leichte Gehirnerschütterung zu; insgesamt sind die Verletzungen leichter Art und stationär behandelt worden.

Bez.Insp. NN wurde nach seiner Einlieferung und Behandlung im Unfallkrankenhaus Bregenz zu einer Blutabnahme aufgefordert, die er aber verweigert hat. Die Annahme der Alkoholisierung beruhte auf den Aussagen der Unfallbeteiligten; bei Bez.Insp. NN wurden solche nicht festgestellt, lediglich vermutet."

Der erstinstanzliche Bescheid enthielt ferner ausführliche Darlegungen zur Schuld- und zur Straffrage. Dem von der Disziplinarkommission erzielten Ergebnis und der dazu gegebenen Begründung pflichtete die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in allen Punkten bei und hielt, eingehend auf die Berufungsargumente des Beschwerdeführers, folgendes fest:

Der Auffassung des Beschwerdeführers, der überwiegende Teil der vom Gericht über ihn verhängten Strafe beruhe auf dem Erschwerungsfaktor "Beamter", auf Grund der sachlich nicht gerechtfertigten Überbewertung seiner Beamteneigenschaft ergebe sich für das Disziplinarverfahren kein disziplinärer Überhang, hielt die belangte Behörde entgegen, der Beschwerdeführer habe am nicht nur ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt, sondern dadurch einen Verkehrsunfall mit tödlichen Folgen verursacht. Weiters habe er seine Obsorgepflicht gemäß § 4 StVO gröblichst verletzt. Selbst wenn der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben zum Verletzten zurückgelaufen sei und geglaubt habe, den bereits eingetretenen Tod festzustellen, habe er die Exekutive erst nach rund einer dreiviertel Stunde von dem Verkehrsunfall verständigt. Selbst wenn er vermuten durfte, daß der Verletzte nicht mehr am Leben war, hätte er alles zu dessen Rettung unternehmen müssen. Stattdessen habe der Beschwerdeführer nur versucht, seine eigene Haut zu retten. Des weiteren habe der Beschwerdeführer durch Bezichtigung seiner Frau versucht, seine Beteiligung am Unfall zu verschleiern und die Schuld abzuwälzen. Diese Verhaltensweise werte die belangte Behörde als besonders verwerflich. Schließlich habe der Beschwerdeführer noch am ein Fahrzeug gelenkt, obwohl ihm die Lenkerberechtigung entzogen war, und habe dabei einen weiteren Verkehrsunfall verursacht.

Das gesamte festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers sei nun in Relation zu seinen Dienstpflichten als Beamter, und zwar als Exekutivbeamter, zu setzen.

Ein "disziplinärer Überhang" würde in diesem Fall nur fehlen, wenn das vorgeworfene Verhalten gleichzeitig den Tatbestand einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung oder Unterlassung und jenen der Dienstpflichtverletzung erfüllte, wenn also Idealkonkurrenz vorläge. Sei der Sachverhalt, der die Dienstpflichtverletzung erfülle, nicht mit jenem der strafbaren Handlung identisch, so liege lediglich Realkonkurrenz vor und die Frage eines Erschöpfens im Sinne des § 95 BDG 1979 trete damit gar nicht auf. Insoweit, wie hier, eine Ahndung des Verhaltens gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 in Betracht komme, liege ein disziplinärer Überhang vor, weil diese Bestimmung auf einen speziellen dienstrechtlichen Aspekt abstelle, der von keinem Tatbestand eines anderen Strafrechtsbereiches wahrgenommen werde; dasselbe gelte für die Pflicht gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979.

Die Beamteneigenschaft des Beschwerdeführers sei auch nur einer von mehreren Erschwerungsgründen im gerichtlichen Strafurteil gewesen. Darüber hinaus sei darin nicht die Wahrnehmung eines disziplinarrechtlich relevanten Aspekts zu erblicken, sondern die Berücksichtigung des Gesichtspunktes, daß man vom Beschwerdeführer angesichts seiner Ausbildung und seines Dienstes erwarten konnte, daß er sich rechtmäßig verhalte, somit eines Gesichtspunktes zur subjektiven Tatseite, der auf den jeweiligen Beruf und die damit verbundenen Kenntnisse und Fähigkeiten abstelle.

Es bleibe daher zu prüfen, welche Strafe schuld- und tatangemessen sei (§ 93 BDG 1979). Der Beschwerdeführer sei in diesem Zusammenhang der Ansicht, daß die Entlassung nicht mit dem zu wahrenden Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers zu begründen sei, sondern es könne dem Vertrauensverlust durch eine Verwendungsänderung begegnet werden. Außerdem dürfe das Vertrauen der Allgemeinheit nicht so hoch bewertet werden, daß wirtschaftliche Überlegungen (Ausbildungskosten) und menschliche Erwägungen (einmaliges Fehlverhalten) dahinter zurückzutreten hätten. Dem sei in Ergänzung der Ausführungen der Disziplinarkommission entgegenzuhalten, daß nur die im Fehlverhalten des Beamten offenbar gewordene Untragbarkeit, die es unzumutbar mache, das Beamtenverhältnis mit dem Beamten fortzusetzen, Grund für die Entlassung sein dürfe. Damit bewirke die Entlassung zugleich die Reinigung der Beamtenschaft von einem Organwalter, der sich als nicht mehr würdig erwiesen habe, ihr noch weiterhin anzugehören.

Während der Beschwerdeführer zur Minderung der Schuld bei seinem Fehlverhalten nach dem Verkehrsunfall vom - wenn auch nur in geringem Maße - Schockeinwirkung geltend machen könnte, zeige sein Verhalten am , daß er aus dem ersten Vorfall nichts gelernt habe und sich wieder einmal über die Rechtsordnung hinweggesetzt habe. Darüber hinaus spiegle die Tatsache, daß der Beschwerdeführer in der Berufung nur einen Freispruch und nicht auch in eventu eine mildere Strafe als die Entlassung beantragt habe, ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit. Ein solcher Beamter sei, egal in welcher Verwendung er eingesetzt werde, völlig unglaubwürdig, er habe das Vertrauen der Allgemeinheit in die Sachlichkeit seiner dienstlichen Aufgabenerfüllung völlig zerstört und sei daher untragbar für den öffentlichen Dienst. Selbst dann, wenn der Beschwerdeführer nur für den Dienst in der Verkehrsabteilung untragbar wäre, könnte die belangte Behörde keine Verwendungsänderung verfügen, weil das Disziplinarrecht eine solche Maßnahme nicht vorsehe.

Der Beschwerdeführer hat gegen diesen Bescheid mit der Behauptung, § 95 Abs. 2 BDG 1979 sei verfassungswidrig, Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, welcher deren Behandlung jedoch mit Beschluß vom ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und bestreitet das Vorliegen eines disziplinären Überhanges sowie die Berechtigung der über ihn verhängten Disziplinarstrafe der Entlassung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, so ist gemäß § 95 Abs. 1 BDG 1979 von der (disziplinarrechtlichen) Verfolgung abzusehen, wenn anzunehmen ist, daß die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 ist die Disziplinarbehörde an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis einer Verwaltungsbehörde) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (die Verwaltungsbehörde) als nicht erweisbar angenommen hat. Wird von der Verfolgung nicht abgesehen, dann ist gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979, wenn sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, eine Strafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist im Beschwerdefall ein disziplinärer Überhang im Sinn des § 95 Abs. 1 BDG 1979 zu Unrecht bejaht worden. Aber abgesehen davon, daß die dem Beschwerdeführer im Anschuldigungspunkt 2) zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen gar nicht Gegenstand einer rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung waren (insoweit erfolgte ja mangels Gefährdung der Mitfahrer ein Freispruch), ist der Auffassung der im Beschwerdefall eingeschrittenen Disziplinarbehörden voll beizupflichten, wonach das gesamte dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten jedenfalls (auch) Dienstpflichtverletzungen nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 verwirklicht hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat, wird - soweit eine Ahndung des Verhaltens gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 in Betracht kommt - ein "disziplinärer Überhang" immer vorliegen, weil diese Bestimmung des BDG auf einen spezifisch dienstrechtlichen Aspekt abstellt, der von keinem Tatbestand eines anderen Strafrechtsbereiches wahrgenommen wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/09/0178, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer hält dem - was im übrigen wiederum nur die Vorfälle vom betrifft - entgegen, seine Beamteneigenschaft habe bereits im strafgerichtlichen Verfahren zu einer strengeren Beurteilung seines Verhaltens geführt als im Falle eines Nichtbeamten. Diesem Einwand ist schon die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend entgegengetreten. Der Verwaltungsgerichtshof geht ebenfalls davon aus, daß weder die Höhe der gerichtlichen Strafe noch eine im strafgerichtlichen Verfahren anzuwendende Qualifikation des Täterhandelns etwas daran zu ändern vermag, daß die Verfehlungen des Beamten (auch) aus spezifisch dienst- und disziplinarrechtlicher Sicht zu prüfen und gegebenenfalls auch zu ahnden sind. Die Auffassung des Beschwerdeführers hätte im übrigen die zweifellos vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Folge, daß im Falle einer entsprechenden gerichtlichen Bestrafung des Beamten eine Auflösung von dessen öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis trotz gegebener Untragbarkeit nicht zulässig wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch der in der Beschwerde zum Vorfall vom vertretenen Auffassung nicht zu folgen, dieser Sachverhalt sei von der belangten Behörde "überbewertet" worden, zumal der Beschwerdeführer diesbezüglich vom Gericht freigesprochen worden und nur bemüht gewesen sei, das Fahrzeug aus einer kritischen Lage zu befreien. Auch der Beschwerdeführer geht dabei nicht so weit, zu behaupten, dieses Verhalten habe keine Dienstpflichtverletzung dargestellt. Hat der Beamte aber durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist gemäß § 93 Abs. 2 BDG 1979 nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind. Da im Beschwerdefall, wie noch auszuführen sein wird, bereits die Vorfälle vom im Ergebnis die von der belangten Behörde bestätigte Entlassung des Beschwerdeführers rechtfertigten, kann von einer "Überbewertung" des Vorfalles vom bei der Strafbemessung keine Rede sein.

Der Beschwerdeführer bestreitet ferner für den Fall der Bejahung eines "disziplinären Überhanges" die Angemessenheit der über ihn verhängten Disziplinarstrafe der Entlassung. Die gesamte Argumentation zur Untragbarkeit des Beschwerdeführers als Exekutivbeamter lasse sich von der Annahme leiten, daß der Beschwerdeführer als Beamter der Verkehrsabteilung tätig gewesen sei. Er könne aber jederzeit an einer anderen Stelle eingesetzt werden, wo er keine Verkehrsdelikte zu bearbeiten habe. Auf diese Weise hätte das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Tätigkeit der Exekutive ausreichend gewahrt werden können.

Auch diesem Vorbringen vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen.

Die Richtlinien, nach denen bei der Strafbemessung vorzugehen ist, enthält § 93 Abs. 1 BDG 1979, wonach das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere einer Dienstpflichtverletzung ist. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen. Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist maßgeblich, in welchem objektiven Ausmaß gegen Amtspflichten verstoßen oder der Dienstbereich beeinträchtigt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 91/09/0088, und die dort angeführte Vorjudikatur).

§ 95 Abs. 3 BDG 1979 ist nur im Zusammenhang mit den Bestimmungen betreffend die Strafbemessung (§ 93 BDG 1979) einerseits und die Abstandnahme von der Strafe (§ 115 BDG 1979) andererseits zu sehen. Dabei würde es den gesetzlichen Bestimmungen nicht entsprechen, im Falle der Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarstrafe nach § 95 Abs. 3 BDG 1979 nur auf Belange der Spezialprävention Rücksicht zu nehmen, denn sonst würde - wie im Beschwerdefall - ein vom Strafgericht rechtskräftig verurteilter Beamter disziplinär unter Umständen günstiger behandelt werden als ein Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist. Die erkennbare Absicht des Gesetzgebers war es, durch § 95 Abs. 3 BDG 1979 sogenannte Doppelbestrafungen soweit wie möglich einzuschränken, und somit zusätzliche Disziplinarstrafen, die sich von ihrer Zielsetzung her neben einer bereits verhängten Strafe nicht besonders begründen lassen, auszuschließen (siehe auch dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/09/0178, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die Disziplinarstrafe der Entlassung ist keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, sondern eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Im Vordergrund steht dabei die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes. Wird der Beamte überhaupt nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die seine Stellung erfordert, und hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann kann er auch nicht mehr im Dienst verbleiben. Ist dieses Vertrauensverhältnis zerstört, dann fehlt es an der Grundlage für weitere Differenzierungen und für weitere Erwägungen zur Strafbemessung. Verträgt die Funktion der staatlichen Verwaltung die Weiterbeschäftigung eines Beamten nicht mehr, dann auch nicht teilweise oder an einem anderen Dienstort (vgl. zum sogenannten "Untragbarkeitsgrundsatz" die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/09/0025, vom , Zl. 90/09/0191, und vom , Zl. 91/09/0088, sowie die dort angeführte Vorjudikatur).

Die Disziplinarbehörden haben ausführlich begründet, daß es sich im Falle des Beschwerdeführers um einen solchen Fall der Untragbarkeit handelt. Wenn ein - überdies mit der Verfolgung und Aufklärung von Straßenverkehrsdelikten befaßter - Exekutivbeamter in alkoholisiertem Zustand durch überhöhte Geschwindigkeit einen tödlichen Verkehrsunfall verschuldet und in der Folge noch beharrlich trachtet, die untersuchenden Organe durch eine wahrheitswidrige Belastung seiner unschuldigen Ehegattin über sein schweres Verschulden zu täuschen, dann wird, ohne daß es noch eines Eingehens auf den zweiten Vorfall vom bedurfte, schon dadurch nicht nur die Achtung, welche der Beschwerdeführer zur Wahrung seines Dienstes benötigt, sondern auch das Vertrauensverhältnis, das zwischen ihm und der Verwaltung besteht und das die Grundlage des österreichischen Beamtentums bildet, auf das Schwerste erschüttert. Wegen dieses außerordentlichen Ansehens- und Vertrauensverlustes kann eine weitere Tragbarkeit des Beschwerdeführers für einen geordneten Dienstbetrieb nicht mehr angenommen werden (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/09/0017).

Die belangte Behörde hat daher sowohl im Schuld- als auch im Strafausspruch das Gesetz richtig angewendet, weshalb die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt. Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VWGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.