VwGH vom 17.12.2002, 2002/04/0189
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Mag. Peter A. Miklautz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 63-P 417-420/2002, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid die Gewerbeberechtigungen 1) Gastgewerbe gemäß § 143 Z. 7 GewO 1994 (mit näher umschriebenem Berechtigungsumfang), 2) Handelsgewerbe und Handelsagenten gemäß § 124 Z. 10 GewO 1994, 3) Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen (Servicestation), unter Ausschluss jeder an einen Befähigungsnachweis gebundenen Tätigkeit und 4) Tankstellen in näher bezeichnetem Standort, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 GewO 1994 entzogen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es im Wesentlichen, aus dem von der belangten Behörde eingesehenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1, 130 zweiter Fall und 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten, wobei ein Teil von 17 Monaten unter Setzung einer Probezeit bedingt nachgesehen worden sei, verurteilt worden sei. Aus diesem Urteil gehe im Wesentlichen hervor, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom bis an Einbruchsdiebstählen in PKWs beteiligt gewesen sei, wobei die Verwirklichung von 23 Fakten während dieses Zeitraumes durch den Beschwerdeführer nachgewiesen habe werden können. Aus dem vom Strafgericht getroffenen Feststellungen sei ersichtlich, dass sich die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten, welche den Anlass für die Gewerbeentziehung durch die erstinstanzliche Behörde gebildet habe, gegen fremdes Vermögen gerichtet und der Beschwerdeführer als Mittäter mittels eines Werkzeuges in Fahrzeuge eingebrochen und daraus Wertgegenstände mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, weggenommen habe. Besonders ins Gewicht falle in diesem Zusammenhang auch, dass der Beschwerdeführer über einen Zeitraum von fast 9 Monaten gewerbsmäßige Straftaten verübt habe. Die Faktenvielfalt (immerhin sei der Beschwerdeführer an insgesamt 23 einschlägigen strafbaren Handlungen beteiligt gewesen) schließe eine positive Prognose im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 aus. Es stehe somit schon auf Grund des aus dem Strafurteil zu gewinnenden Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers zweifelsfrei fest, dass die Begehung gleicher oder ähnlicher strafbarer Handlungen bei Ausübung des Gewerbes zur Zeit noch nicht auszuschließen sei, zumal die letzten strafbaren Handlungen erst wenig mehr als 2 Jahre zurücklägen und das in Rede stehende Gewerbe mit einem intensiven geschäftlichen Kontakt mit Menschen (Kunden, allenfalls auch Arbeitnehmern) und anderen Geschäftspartnern verbunden sei. Auch sei auf den Umstand zu verweisen, dass der Beschwerdeführer u.a. das Gewerbe der Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen angemeldet habe, sowie Rechtsgüter anvertraut bekomme, gegen welche sich seine strafbaren Handlungen in concreto gerichtet hätten. Somit sei nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers die erneute Begehung gleicher oder ähnlicher strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen erst dann auszuschließen, wenn er sich durch längere Zeit hindurch wohlverhalten habe. Ein Zeitraum von 2 Jahren sei jedenfalls als zu kurz anzusehen. Zum Einwand des Beschwerdeführers, er sei lediglich in völlig untergeordneter Stellung an den inkriminierten Handlungen beteiligt gewesen, sei auszuführen, dass er gemäß den Sachverhaltsfeststellungen des Gerichtes auch aktiv am Ausbau von Hifi-Geräten aus aufgebrochenen PKWs beteiligt gewesen sei und somit von einer völlig untergeordneten Stellung bei der Tatbegehung keine Rede sein könne. Hinsichtlich der Zukunftsprognose sei noch auszuführen, dass von jugendlichem Leichtsinn angesichts der durch die Eigenart und Vielzahl der Straftaten manifest gewordenen erheblichen kriminellen Energie des nunmehrigen Beschwerdeführers nicht die Rede sein könne. Auch das jugendliche Alter des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Tatbegehung ermögliche daher zur Zeit noch keine günstigere Prognose.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 (in der im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 379 GewO 1994 hier noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002) ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes 1972 in der jeweils geltenden Fassung) unterliegt.
Nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe des § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen des in der Verurteilung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom bestehenden Ausschlussgrundes gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994. Er bekämpft aber die Auffassung der belangten Behörde, dass auf Grund der genannten Verurteilung die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung der gegenständlichen Gewerbeberechtigungen zu befürchten sei.
Dabei ist zunächst darauf zu verweisen, dass die Behörde bei der Prüfung der Frage des Tatbestandsmerkmales der Befürchtung, der Verurteilte werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen, zufolge der damit in Zusammenhang getroffenen gesetzlichen Anordnung, sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen hat, wobei auf den Umstand der erfolgten gerichtlichen Verurteilung abzustellen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 14226/A, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Was die Eigenart des nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 tatbestandsmäßigen strafbaren Verhaltens der festgestellten strafbaren Handlungen betrifft, so ist es - und wird diesbezüglich vom Beschwerdeführer auch nichts vorgebracht - nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn sich die belangte Behörde diesbezüglich darauf stützte, "das in Rede stehende Gewerbe" sei mit einem intensiven geschäftlichen Kontakt mit Menschen (Kunden, allenfalls auch Arbeitnehmern) und anderen Geschäftspartnern verbunden, wobei der Beschwerdeführer u.a. beim Gewerbe der Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen Rechtsgüter anvertraut bekomme, gegen welche sich seine strafbaren Handlungen in concreto gerichtet hätten.
Der belangten Behörde ist aber auch, anders als der Beschwerdeführer meint, keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie annahm, dass in Hinsicht auf die Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Befürchtung bestehe, er werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung der Gewerbe begehen. Gerade die den Straftaten zu Grunde liegende Gewerbsmäßigkeit gibt mit dem sich aus den Straftaten manifestierenden Charakter des Beschwerdeführers - so hat die belangte Behörde in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise auf die Vielzahl der über einen relativ längeren Zeitraum begangenen Straftaten Bezug genommen - Anlass zur Befürchtung, der Beschwerdeführer werde, sollte er neuerlich in eine vergleichbare Situation geraten, wiederum einen Ausweg in ähnlichen Straftaten suchen. Da die nach der Annahme der belangten Behörde gegebenen tatbestandsmäßige (eben nur) Befürchtung (und nicht etwa Erwartung) im Sinne der zitierten Gesetzesstelle sich bereits in der Art der strafgerichtlichen Verurteilungen manifestiert, ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde, was vom Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügt wird, ein psychologisches Gutachten nicht einholte (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/04/0043).
Wenn der Beschwerdeführer ferner rügt, die Stellungnahmen der betroffenen Fachgruppen der Wirtschaftskammer Wien, wonach durchgängig dem Beschwerdeführer eine positive Zukunftsprognose bescheinigt und einer Entziehung der Gewerbeberechtigungen widersprochen worden sei, seien nicht entsprechend berücksichtigt worden, so vermag auch dieses Beschwerdevorbringen keinen Anhaltspunkt dafür zu bieten, dass diese mangelnde Berücksichtigung angesichts des sich aus den Straftaten manifestierenden Charakters des Beschwerdeführers als entscheidungsrelevanten Verfahrensmangel erkennen ließen.
Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht, wenn in der Beschwerde geltend gemacht wird, die Begehung der gegenständlichen Strafdelikte sei in einem Alter begangen worden, in dem die Charakterbildung des Beschwerdeführers keinesfalls abgeschlossen gewesen sei, weil der Beschwerdeführer die zur Verurteilung gelangten Straftaten im jugendlichen Alter von 20 Jahren begangen habe und das Motiv für die Begehung aus dem damaligen persönlichen Umfeld des Beschwerdeführers zu entnehmen sei. Seine Rolle bei der Tatbegehung sei jedenfalls eine untergeordnete gewesen und habe den Versuch des Beschwerdeführers dargestellt, auf diese Weise Anerkennung in seinem persönlichen Umfeld zu erhalten.
Dem Beschwerdeführer ist wohl Recht zu geben, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung (auch) darauf abstellt, ob eine abgeschlossene Charakterbildung vorliegt oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/04/0117). Das ändert jedoch nichts daran, dass dem während des - doch kurzen - Zeitraumes von nur wenig mehr als zwei Jahren seit der Straftat bzw. nicht einmal eineinhalb Jahren seit der Verurteilung ins Treffen geführten ordentlichen Lebenswandel nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen nicht jenes Gewicht beigemessen werden kann, das die von der belangten Behörde bei ihrer Prognoseentscheidung angenommene Befürchtung rechtswidrig erscheinen ließe; ist doch nicht einmal die in der gerichtlichen Verurteilung ausgesprochene dreijährige Probezeit abgelaufen. Auch ist, wenn das Motiv für die Begehung aus dem damaligen persönlichen Umfeld des Beschwerdeführers zu entnehmen sei, daraus noch kein verlässlicher Schluss auf "eine Manifestierung der von der Rechtsgemeinschaft getragenen Werte" - also auf eine Standfestigkeit gegenüber einem für die Zukunft nicht auszuschließenden derartigen persönlichen Umfeld - zu ziehen. Ebenso kann im Hinblick auf den relativ kurzen Zeitraum seit der Straftat bzw. seit der Verurteilung die nach der Annahme der belangten Behörde gegebene tatbestandsmäßige Befürchtung im Sinne der zitierten Gesetzesstelle nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn in der Beschwerde auf die vollständige Wiedergutmachung des Schadens betreffend alle im Strafverfahren anerkannten Privatbeteiligtenzusprüche verwiesen wird. Wieso - mechanistisch - durch die strafrechtliche Verurteilung und die Schadensgutmachung sowie weiters durch den geltend gemachten Umstand, dass der Beschwerdeführer durch die Aufnahme seines Unternehmens eine verantwortungsvolle Rolle übernommen habe, die Charakterbildung des Beschwerdeführers, wie er meint, (im positiven Sinn) abgeschlossen worden sei, ist auf dem Boden des Beschwerdevorbringens für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu sehen. Insoweit ist der belangten Behörde auch nicht entgegen zu treten, wenn sie mit der Formulierung "zur Zeit noch keine günstigere Prognose" ungeachtet des jugendlichen Alters des Beschwerdeführers einen gewissen Beobachtungszeitraum für den Ausschluss der in Rede stehenden Befürchtung als erforderlich erachtete. Vor diesem Hintergrund ist auch die Wesentlichkeit eines allfälligen Verfahrensmangels nicht zu erkennen, wenn in der Beschwerde die Nichtdurchführung der vom Beschwerdeführer angeführten Beweismittel, nämlich "Einvernahme und Betrachtung der nunmehrigen Lebenssituation des Beschwerdeführers (geregeltes Einkommen, Wohlverhalten seit Deliktszeitpunkt etc.)", gerügt wird.
Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am