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VwGH vom 23.10.1998, 96/02/0330

VwGH vom 23.10.1998, 96/02/0330

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

96/02/0331

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerden der N-Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. Wolfgang Weinwurm, Dr. Alois M. Leeb und Mag. Gernot Faber, Rechtsanwälte in Neunkirchen, Triesterstraße 8, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom ,

1. Zl. UVS 303.17-3/96-7 und 2. Zl. UVS 30.17-84/95-2, betreffend Verfall eines Geldspielapparates, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 25.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines Geldspielapparates, den sie an die Firma L-GmbH vermietet hat.

Wegen des Verdachts der Übertretung nach § 5a Abs. 1 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes (in der Folge: Stmk. VeranstG) wurde dieser Geldspielapparat, der von der L-GmbH in einem näher bezeichneten Gastgewerbebetrieb an einem näher angeführten Standort ohne Vorliegen einer entsprechenden Bewilligung nach dem Stmk. VeranstG aufgestellt und betrieben worden war, am vorläufig beschlagnahmt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft M. vom wurde schließlich die bescheidmäßige Beschlagnahme dieses Geldspielapparates verfügt.

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der Beschlagnahme des am beschlagnahmten Spielautomaten und die Ausfolgung desselben.

Dieser Antrag wurde von der Bezirkshauptmannschaft M. mit Bescheid vom mangels Parteistellung zurückgewiesen; dies mit der Begründung, die Beschwerdeführerin habe ihr Eigentumsrecht am beschlagnahmten Geldspielapparat nicht hinreichend nachgewiesen.

Aufgrund der Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom der erstinstanzliche Bescheid nach Feststellung der Eigentümerstellung der Beschwerdeführerin aufgehoben.

In der Zwischenzeit war mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft M. vom über den Geschäftsführer der Firma L-GmbH als zur Vertretung nach außen Berufenen wegen einer Übertretung nach § 5a Abs. 1 des Stmk. VeranstG eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,-- verhängt und gleichzeitig der Verfall des Geldspielapparates ausgesprochen worden. Dieser Bescheid wurde dem Genannten am durch Hinterlegung zugestellt und ist (ihm gegenüber) in Rechtskraft erwachsen.

In weiterer Folge wurde der neuerliche Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Aufhebung der Beschlagnahme, auf Absehen vom Ausspruch der Maßnahme des Verfalls sowie auf Ausfolgung des Geldspielapparates mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom abgewiesen; dies mit der Begründung, der Beschwerdeführerin komme zwar Parteistellung als Eigentümerin des gegenständlichen Spielapparates zu, der vorliegende Antrag sei jedoch aufgrund des mittlerweile rechtskräftig ausgesprochenen Verfalls dieses Spielapparates abzuweisen.

In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid führte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die ihr als Eigentümerin des Geldspielapparates im Verwaltungsstrafverfahren zukommende Parteistellung aus, daß ihr der Strafbescheid vom , mit welchem auch der Verfall des gegenständlichen Geldspielapparates ausgesprochen worden war, bisher nicht zugestellt worden sei, weshalb die Rechtsmittelfrist nicht zu laufen begonnen habe und der Bescheid ihr gegenüber nicht in Rechtskraft erwachsen sei. Die Beschwerdeführerin beantragte daher die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides und Rückverweisung der Rechtssache an die Erstbehörde sowie die Zustellung des Bescheides vom , mit welchem der Verfall des gegenständlichen Spielapparates ausgesprochen worden war.

Dieses Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin in der Folge am zugestellt.

Die dagegen gerichtete Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom , Zl. UVS 303.17-3/96-4, mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Die belangte Behörde führte begründend aus, es sei unbestritten, daß der Beschwerdeführerin als Eigentümerin des Geldspielapparates Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren zuerkannt hätte werden müssen. Das Straferkenntnis vom sei jedoch ausschließlich an den Geschäftsführer der Firma L-GmbH adressiert gewesen. Da aber entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0259) der Eigentümer eines Geldspielapparates kein Berufungsrecht habe, wenn ein Bescheid nicht an ihn gerichtet gewesen sei, fehle der Beschwerdeführerin im Anlaßfall die Berufungslegitimation. Im übrigen könne nach ständiger Rechtsprechung die bloße Zustellung eines Bescheides die Parteistellung und damit das Recht zur Einbringung einer Berufung nicht begründen. Da sohin der Beschwerdeführerin gegenüber der Verfall des in ihrem Eigentum stehenden gegenständlichem Geldspielapparates noch gar nicht ausgesprochen worden sei, fehle ihr die Berufungslegitimation zur Bekämpfung des gegen den Aufsteller des Geldspielapparates, der L-GmbH, erlassenen Straferkenntnisses.

Mit einem weiteren Bescheid der belangten Behörde vom , Zl. UVS 30.17-84/95-2, wurde die bereits erwähnte Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz vom abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zustellung des Straferkenntnisses vom sei bereits entsprochen worden. Zu den Anträgen auf Aufhebung der Beschlagnahme und Ausfolgung des Spielapparates werde festgestellt, daß weder der Bescheid der Behörde erster Instanz über eine Beschlagnahme vom noch das Straferkenntnis vom , mit welchem der Verfall dieses Spielapparates ausgesprochen worden war, an die Beschwerdeführerin adressiert gewesen und daher auch ihr gegenüber nicht erlassen worden sei. Daraus folge aber, daß der Beschwerdeführerin entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0259), keine Berufungslegitimation gegen diese Bescheide zukomme und daß sie auch im Rahmen des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens keine Aufhebung der Beschlagnahme und Ausfolgung des Gerätes begehren könne. Die Beschwerdeführerin habe daher durch den erstinstanzlichen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt werden können.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden und hierüber erwogen:

1. Zum Bescheid vom , Zl. UVS 303.17-3/96-7:

Die belangte Behörde bestreitet in Übereinstimmung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 88/01/0211, sowie vom , Zl. 97/17/0024) nicht die Parteistellung der Beschwerdeführerin als Sacheigentümerin im Verfallsverfahren. Sie verneint jedoch unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 93/02/0259, mit der oben dargestellten Begründung das Berufungsrecht der Beschwerdeführerin.

Hiebei übersieht die belangte Behörde zunächst, daß der dem hg. Erkenntnis Zl. 93/02/0259 zugrundeliegende Sachverhalt insofern nicht vergleichbar ist, als dort - im Gegensatz zum Beschwerdefall - das die Beschlagnahme aussprechende Straferkenntnis deshalb ins Leere ging, weil es lediglich an den Beschuldigten in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des NÖ Spielautomatengesetzes gerichtet war, an den Eigentümer der beschlagnahmten Gegenstände nicht zugestellt wurde und der Eigentümer sich am Strafverfahren auch nicht beteiligt hatte.

Bei dem dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom zugrunde liegenden Verfahren handelt es sich hinsichtlich des ausgesprochenen Verfalls um ein Mehrparteienverfahren, weil davon nicht nur die mit einer Verwaltungsstrafe belegte Mieterin des Geldspielautomaten, sondern auch die Beschwerdeführerin als unbestrittene Eigentümerin des für verfallen erklärten Geldspielautomaten betroffen war. Zufolge § 24 VStG als Verweisungsnorm findet § 8 AVG über die Parteistellung auch im Verwaltungsstrafverfahren voll Anwendung. Der Beschwerdeführerin als Partei wäre sohin das Recht auf Teilnahme am erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren zugestanden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/01/0211 mwN). Demgegenüber ist die Beschwerdeführerin von der Behörde erster Instanz dem Verfahren nicht beigezogen worden, auch das erstinstanzliche Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin zunächst nicht zugestellt, die Zustellung erfolgte vielmehr erst über ihren Antrag. Mit der am tatsächlich vollzogenen Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses an die Beschwerdeführerin wurde diese erstmals in das Verwaltungsstrafverfahren einbezogen.

Durch die am erfolgte Zustellung wurde das Straferkenntnis vom , mit welchem der Verfall des Geldspielautomaten erklärt worden war, jedoch gegenüber der Beschwerdeführerin erlassen und konnte daher, weil es auch an sie gerichtet war, ihr gegenüber Rechtswirkungen entfalten (vgl. hiezu die bereits zitierten Erkenntnisse vom , Zl. 88/01/0211, und vom , Zl. 97/17/0024). Da sohin der Verfall, welcher im übrigen hinsichtlich der Frage der Berufungslegitimation im Verfallsverfahren nicht anders zu beurteilen ist wie im Beschlagnahmeverfahren (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/17/0034, mit weiteren Judikaturhinweisen), gegenüber der Beschwerdeführerin ausgesprochen worden ist, kam dieser auch Rechtsmittelbefugnis zu.

Auch der grundsätzlich richtige Hinweis der belangten Behörde, daß die bloße Zustellung eines Bescheides die Parteistellung und damit das Recht zur Einbringung einer Berufung nicht begründen könne, geht daher fehl, weil - wie von der belangten Behörde selbst zugestanden wird - im Beschwerdefall der Beschwerdeführerin von vornherein Parteistellung zukam.

2. Zum Bescheid vom , Zl. UVS 30.17-84/95-2:

Wie die belangte Behörde ausführt, wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zustellung des den Verfall aussprechenden Straferkenntnisses vom am entsprochen. Damit wurde jedoch, wie bereits ausgeführt, dieser Bescheid der Beschwerdeführerin gegenüber erlassen, wodurch - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - eine Rechtsverletzungsmöglichkeit gegenüber der Beschwerdeführerin bestand. Bezüglich des Antrages der Beschwerdeführerin auf Absehen vom Ausspruch des Verfalls sowie insbesondere auf Ausfolgung des Geldspielapparates ist eine Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen für den Ausspruch des Verfalls (§ 17 Abs. 1 VStG) insbesondere der Frage des Verschuldens der Beschwerdeführerin an der Begehung der Verwaltungsübertretung nach § 5a Abs. 1 Stmk. VeranstG durch Überlassung des Geldspielapparates an die L-GmbH unterblieben.

Sollte die belangte Behörde - wie in der Gegenschrift ausgeführt - letztlich in Bestätigung der im erstinstanzlichen Bescheid vom vertretenen Auffassung der Meinung sein, der den Verfall aussprechende "rechtskräftige" Bescheid vom stünde der Stattgebung der Anträge der Beschwerdeführerin entgegen, so ist ihr entgegenzuhalten, daß Bescheide nur den Parteien gegenüber in Rechtskraft erwachsen, gegen die sie erlassen werden. Der in einem Straferkenntnis ausgesprochene Verfall eines im Eigentum eines Dritten stehenden Gegenstandes kann daher diesem gegenüber nur dann in Rechtskraft erwachsen, wenn das Straferkenntnis ihm gegenüber erlassen wurde (vgl. hiezu etwa das bereits zitierte Erkenntnis vom , Zl. 88/01/0211).

Durch die Zustellung des Straferkenntnisses vom am wurde die Beschwerdeführerin jedoch erstmals in dieses Verwaltungsstrafverfahren einbezogen, weshalb dieses Straferkenntnis zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide zwar hinsichtlich des Geschäftsführers der Firma L-GmbH als zur Vertretung nach außen Berufenem nicht jedoch hinsichtlich der Beschwerdeführerin in Rechtskraft erwachsen war.

Da die belangte Behörde somit in beiden Fällen die Rechtslage verkannt hat, waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG und im Hinblick darauf, daß im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf der Basis des unbestrittenen Sachverhalts primär die Prüfung der von der belangten Behörde ihren Entscheidungen zugrunde gelegten Rechtsauffassung vorzunehmen war, Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren war abzuweisen, weil der angefochtene Bescheid zufolge der Bestimmung des § 28 Abs. 5 VwGG nur in einer einzigen Ausfertigung oder Abschrift der Beschwerde anzuschließen ist, weshalb der Ersatz der Stempelgebühren auch nur für diese eine Beilage gebührt (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 682).

Wien, am