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VwGH vom 09.10.2002, 2002/04/0130

VwGH vom 09.10.2002, 2002/04/0130

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Dipl.- Ing. A in D, vertreten durch Dr. Julius Brändle, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Dr. Waibelstraße 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom , Zl. VIb- 207.08/0038, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: M GmbH & Co KEG in D, S-straße 33), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom , mit welchem gemäß § 359b Abs. 1 und 2 GewO 1994 i.V.m. § 1 Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 850/1994 in der Fassung BGBl. II Nr. 19/1999 und i.V.m. den §§ 93 und 99 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz festgestellt wurde, dass die Errichtung und der Betrieb des von der mitbeteiligten Partei im näher bezeichneten Standort geplanten Gastlokales bei plan- und beschreibungsgemäßer Errichtung und ebensolchem Betrieb unter Beachtung der vorgeschriebenen Aufträge die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründete Beschaffenheit aufweist, keine Folge gegeben.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es im Wesentlichen, nach den einen Bestandteil des erstinstanzlichen Bescheides bildenden Plan- und Beschreibungsunterlagen betrage das Ausmaß der Betriebsfläche ca. 205 m2 (Lokal rund 130 m2, Gastgarten rund 75 m2). Was die Anschlussleistung betreffe, so betrage das diesbezügliche Ausmaß gemäß den Unterlagen ca. 20 kW. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 359b Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 seien daher jedenfalls erfüllt, ebenso jene des § 359b Abs. 2 GewO 1994 i. V.m. der hiezu erlassenen Verordnung. Auf Grund der Plan- und Beschreibungsunterlagen sowie der einschlägigen Ausführungen in der Sachverhaltsbeschreibung des erstinstanzlichen Bescheides stehe fest, dass im Restaurant 80 Plätze und im Gastgarten 40 Sitzplätze - insgesamt sohin deutlich weniger als 200 Sitzplätze - bereitgestellt würden und in der Betriebsanlage weder musiziert, noch, abgesehen von zulässiger Hintergrundmusik, beispielsweise mit einem Tonbandgerät Musik wiedergegeben werde. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, das vereinfachte Verfahren dürfe bei der gewerbebehördlichen Genehmigung von Gastgärten nicht angewendet werden, sei zu entgegnen, dass sich die Worte "in denen" im § 359b Abs. 1 GewO 1994 und im § 1 Z. 1 der Verordnung, mit welcher Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Verfahren unterzogen werden, auf das im Satz vorangestellte Wort "Betriebsanlagen bzw. Gastgewerbebetriebe" beziehen. Da die Gewerbeordnung vom Grundsatz der "Einheit der Betriebsanlage" ausgehe, sei der Gastgarten jedenfalls zur Betriebsanlage im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle zu zählen und somit unter diese Bestimmungen auch zu subsumieren, womit das vereinfachte Verfahren - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - auch hinsichtlich Gastgärten angewendet werden müsse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 359b Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002) hat die Behörde (§§ 333, 334, 335), wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353) ergibt, dass das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 1.000 m2 beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 100 kW nicht übersteigt, das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtsnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder in der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutze der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage.

Nach § 359b Abs. 2 GewO 1994 hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr auf Grund der Bundesministeriumgesetznovelle 2000: der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) durch Verordnung Arten von Betriebsanlage zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 1 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlage (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlussleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

Nach § 148 Abs. 1 GewO 1994 dürfen Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, jedenfalls von 08.00 Uhr bis 22.00 Uhr, vom 15. Juni bis einschließlich 15. September bis 23.00 Uhr betrieben werden, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind. Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, dürfen jedenfalls von 09.00 Uhr bis 22.00 Uhr betrieben werden, wenn sie die Voraussetzungen des ersten Satzes erfüllen. Im Rahmen eines Verfahrens zur Genehmigung einer Betriebsanlage oder ihrer Änderung, das sich auch oder nur auf einen Gastgarten erstreckt, der die Voraussetzungen des ersten oder zweiten Satzes erfüllt, dürfen in Ansehung des Gastgartens keine Auflagen für den Lärmschutz vorgeschrieben werden und ist auch die Versagung der Genehmigung dieses Gastgartens aus Gründen des mit seinem Betrieb ursächlich im Zusammenhang stehenden Lärms unzulässig.

Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, BGBl. Nr. 850/1994 in der Fassung BGBl. II Nr. 19/1999, bestimmt im § 1 Z. 1, dass Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs. 1 Z. 2 bis 4 GewO 1994, in denen bis zu 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden und in denen weder musiziert, noch, z.B. mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben wird (nicht unter dieses Musizieren bzw. Wiedergabe von Musik fällt bloße Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste) dem vereinfachten Verfahren gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 zu unterziehen sind.

Im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 kommt den Nachbarn nicht die Stellung als Partei, sondern nur ein Anhörungsrecht zu. Dieses Anhörungsrecht vermittelt ihnen aber keinen Anspruch auf die Berücksichtigung bestimmter (materieller) Interessen. Lediglich in der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, kommt den Nachbarn eine insoweit eingeschränkte Parteistellung zu (vgl. zum Ganzen zuletzt das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/04/0050, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer behauptet, dass eine Anwendung des vereinfachten Verfahrens ausgeschlossen wäre, weil nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 1 Z. 1 der obzitierten Verordnung nur jene Gastgewerbebetriebe dem vereinfachten Bewilligungsverfahren zu unterziehen seien, in denen das Gastgewerbe mit höchstens 200 Verabreichungsplätzen ausgeübt werde und in denen bloße Hintergrundmusik gespielt werde. Da die gegenständliche Betriebsanlage aber auch ca. 40 Verabreichungsplätze im Freien vorsehe, sei die Betriebsanlage nicht unter § 1 Z. 1 dieser Verordnung zu subsumieren.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , Zl. 95/04/0219, ausgeführt hat, betrifft § 148 Abs. 1 und 2 GewO 1994 lediglich die tägliche Betriebszeit in Gastgärten, bildet aber keine Rechtsgrundlage für den Betrieb eines genehmigungspflichtigen Gastgartens. Auf der gleichen Linie liegt es, wenn der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 96/04/0214, ausgesprochen hat, dass auch ein dem § 148 Abs. 1 GewO 1994 zu unterstellender Gastgartenbetrieb unter den Voraussetzungen des § 74 GewO 1994 genehmigungspflichtig und daher gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 "erforderlichenfalls" - wenn auch nicht hinsichtlich der durch § 148 Abs. 1 GewO 1994 festgelegten Betriebszeiten - unter Auflagen zu genehmigen ist.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erfolgte auch die Anfügung des letzten Satzes im § 148 Abs. 1 GewO 1994 durch die Novelle BGBl. I Nr. 116/1998 (vgl. die Bezugnahme auf die zuletzt angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Bericht des Wirtschaftsausschusses, 1308 BlgNR XX. GP, 1) und bezieht sich § 148 Abs. 1 letzter Satz GewO 1994 auf ein Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage oder zur Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage, das sich auch oder nur auf einen Gastgarten im Sinne des ersten und zweiten Satzes des Abs. 1 erstreckt (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendel, Kommentar zur GewO, Ergänzungsband, 2001, RZ 15a zu § 148). Schon im Hinblick darauf ist es dem Verwaltungsgerichtshof aber nicht zweifelhaft, dass auch ein Gastgarten als eine "Betriebsanlage zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs. 2 Z. 2 bis 4 GewO 1994" im Sinne des § 1 Z. 1 der obzitierten Verordnung anzusehen ist. Daran, dass das Gastgewerbe im Gastgarten, entsprechend dem Beschwerdevorbringen, "im Freien" ausgeübt wird, ändert nichts daran, dass die Gewerbeausübung in dieser Betriebsanlage erfolgt (wobei sich die Betriebsanlage auch oder nur auf einen Gastgarten erstreckt).

Wie dargelegt, kommt über die Frage der Anwendung des vereinfachten Verfahrens hinaus dem Beschwerdeführer kein Rechtsanspruch auf Berücksichtigung seiner materiellen Interessen zu. Es kann daher mit dem diesbezüglichen weiteren Beschwerdevorbringen (hinsichtlich Beeinträchtigungen für die Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994) eine die rechtlichen Interessen des Beschwerdeführers berührende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt werden.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am