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VwGH vom 30.06.2004, 2002/04/0072

VwGH vom 30.06.2004, 2002/04/0072

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des 1. Ing. G in O, und 2. des P in T, beide vertreten durch Dr. Helmut Steiner, Dr. Thomas Weber und Mag. Gerald Hegenbart, Rechtsanwälte in 2500 Baden, Kaiser-Franz-Ring 13, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom , Zl. 318.748/1-I/9/02, betreffend eine gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: KR H in O, T-Straße 135), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen und nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit wurde der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden (BH) vom , mit dem der mitbeteiligten Partei gemäß § 74 Abs. 2 und § 77 GewO 1994 iVm § 27 Abs. 2 AschG die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Müllumladestation erteilt wurde, gemäß § 66 Abs. 4 AVG insofern abgeändert, als an Stelle der Auflagen 111, 112 und 113 eine neue Auflage 113a vorgeschrieben und im Anschluss an Auflage 114 eine neue Auflage 114a eingefügt wurde.

Begründend wurden zunächst die Gutachten des von der belangten Behörde beigezogenen gewerbetechnischen Amtssachverständigen wiedergegeben, welcher unter anderem zum Ergebnis komme, dass die Auflagen 111 bis 113, welche die Vorschreibung einer bestimmten Geruchsstoffkonzentration bei der Manipulation und den Nachweis derselben beträfen, aus technischer Sicht nicht eindeutig formuliert und auf Grund der möglichen Vielfalt der betreffenden Abfälle auch nicht nachweislich vollziehbar seien. Aus vergleichbaren Fällen (von Sammelstellen für häusliche Problemstoffe in Oberösterreich) sei bekannt, dass die Aufbewahrung derartiger organischer Stoffe in geschlossenen Behältnissen eine ausreichende Maßnahme darstelle und das kurzfristige Öffnen derartiger Behältnisse zu Kontrollzwecken keine relevanten Geruchsimmissionen hervorrufe. Somit seien die im Berufungsvorbringen geäußerten Bedenken gegen die Vorschreibung des Geruchsstoffgrenzwertes und des Nachweises darüber als berechtigt anzusehen. Nach der Stellungnahme der mitbeteiligten Partei sei eine Umfüllung organischer, zur Geruchsentwicklung neigender Stoffe nicht vorgesehen und würden derartige Stoffe in geschlossenen Gebinden aufbewahrt. Aus diesem Grund schlage der gewerbetechnische Amtssachverständige vor, dies als ergänzende Auflage vorzuschreiben und statt dessen die Auflagen 111, 112 und 113 entfallen zu lassen, welche nicht überprüfbar seien. Darüber hinaus sehe Auflage 114 prinzipiell vor, dass geruchsintensive Abfälle nur in verschlossenen und dichten Gebinden angeliefert, zwischengelagert und abtransportiert werden dürften. Im Anschluss daran schlage der gewerbetechnische Amtssachverständige vor, die Auflage 114a aufzunehmen, nach welcher ein Umfüllen von geruchsintensiven Abfällen in größere Gebinde untersagt werde und die Gebinde für geruchsintensive Abfälle lediglich zu Kontrollzwecken kurzfristig geöffnet werden dürften und ansonsten ständig verschlossen zu halten seien.

Sodann führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der angewendeten Rechtsgrundlagen aus, dass sie den eindeutigen klaren und schlüssigen Ausführungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen folge, nach denen bei Einhaltung der von der Unterinstanz vorgeschriebenen Auflagen sowie der nunmehr vorgeschriebenen bzw. geänderten Auflagen, die zur Hintanhaltung von Geruchsbeeinträchtigungen vorgeschrieben wurden, keine Beeinträchtigung oder Gefährdung der Nachbarn durch die Betriebsanlage "vorkommen" würden und verweist diesbezüglich auf die ausführlichen Äußerungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich im "Recht auf Untersagung einer Betriebsanlagengenehmigung" verletzt, da die zu genehmigende Anlage eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit von Gewässern sowie die sonstige Umwelt haben könnte bzw. eine solche nachteilige Einwirkung auf Grund des Unterlassens der Durchführung einer diesbezüglichen wasserrechtlichen Beurteilung sowie erforderlicher Prüfungen nicht ausgeschlossen werden könne.

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringen sie vor, dass die Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlage auf die Beschaffenheit der Gewässer gemäß § 74 Abs. 2 Z 5 GewO 1994, insbesondere für den Fall des Brandes oder eines Unfalles - insbesondere im Rahmen des Transportes von flüssigen Abfällen innerhalb der Anlage - nicht einer Prüfung unterzogen worden seien, da das durchgeführte wasserrechtliche Verfahren nur die Bewilligung eines Löschwasserbrunnens zum Gegenstand gehabt habe. Im Hinblick auf die außerhalb des Löschwasserbrunnens gelegene Anlage sei eine wasserrechtliche Überprüfung nicht vorgenommen worden. Die belangte Behörde hätte zu erheben gehabt, ob eine Bewilligungspflicht der übrigen Anlage auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften gegeben sei und andernfalls den Schutz der Gewässer vor einer nachteiligen Einwirkung durch die Anlage selbst wahrnehmen müssen.

Weiters habe die belangte Behörde rechtswidrigerweise die Anwendung der Störfallverordnung, BGBl. Nr. 593/1991, verneint. Die verfahrensgegenständliche Anlage sei für eine Abfallmenge bis zu 3000 kg an Problemstoffen konzipiert, was bedeute, dass bei Überschreiten der Lagermenge von 2000 kg an halogenierten Kohlenwasserstoffen eine Anlage gemäß der Störfallverordnung vorliegen würde. Der im angefochtenen Bescheid enthaltene Verweis auf die Auflage, die in der Störfallverordnung angeführten Mengen nicht zu überschreiten, schließe in keinster Weise aus, dass die Mengenschwellen der Störfallverordnung überschritten werden könnten, da die mitbeteiligte Partei nach den Bestimmungen des AWG als Abfallsammler einem Kontrahierungszwang bis zur Höhe ihrer Kapazität unterliegen würde.

Darüber hinaus bringen die Beschwerdeführer vor, dass die Auflagen 111, 112 und 113 nicht hätten entfallen dürfen, da die belangte Behörde übersehen habe, dass zwar ein Umfüllen organischer, zur Geruchsentwicklung neigender Stoffe nicht mehr vorgesehen sei, jedoch weitere geruchsemitierende Abfälle nicht in geschlossenen Behältern, sondern in offenen Mulden oder Containern in der Halle zwischengelagert würden. Beispielhaft werden in der Beschwerde unter anderem "Eisenbahnschwellen", "gebrauchte Öl- und Luftfilter" und feste fett- und ölverschmutzte Betriebsmittel (Werkstätten- und Tankstellenabfälle) angeführt. Hinsichtlich dieser Abfälle hätten die Auflagen 111, 112 und 113 nicht entfallen dürfen.

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführer, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, die Verhandlungsschrift vom einzubeziehen, in welcher der Sachverständige für Umwelttechnik relevante Aussagen gemacht habe und insbesondere auch nachzureichende Unterlagen bezüglich der maximal zu erwartenden Lagermengen einzelner Abfallstoffe gefordert habe.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, ...

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, soferne nicht ohnedies eine Bewilligung auf grundwasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, die belangte Behörde habe es unterlassen zu prüfen, ob die Betriebsanlage nachteilige Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeiführe, so läßt dieses Vorbringen in keiner Weise erkennen, ob und inwiefern die Beschwerdeführer durch die behaupteten nachteiligen Einwirkungen der Betriebsanlage auf die Beschaffenheit der Gewässer in ihren subjektiven Nachbarrechten berührt werden. Den Nachbarn steht aber ein isoliertes Recht auf Prüfung der nachteiligen Einwirkungen einer Betriebsanlage auf die Beschaffenheit der Gewässer gemäß § 74 Abs. 2 Z 5 GewO 1994, losgelöst von einer damit allenfalls verbundenen Gefährdung ihres Eigentums, sonstiger dinglicher Rechte oder ihrer Gesundheit bzw. von einer damit verbundenen Belästigung, nicht zu (vgl. idS zu § 74 Abs. 2 Z 4 und § 77 Abs. 3 und 4 GewO 1994 das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/04/0181, zum Brandschutz das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/04/0211 und zur Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/04/0195 mwH). Dem Beschwerdevorbringen kann eine derartige Gefährdung bzw. Belästigung durch allfällige nachteilige Einwirkungen der Betriebsanlage auf die Beschaffenheit der Gewässer nicht entnommen werden.

Wenn die Beschwerdeführer vorbringen, dass die Betriebsanlage - entgegen der Annahme der belangten Behörde - der Störfallverordnung, BGBl. Nr. 593/1991. unterliege, übersehen sie, dass diese Verordnung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits außer Kraft getreten ist. Eine Durchführungsverordnung tritt gleichzeitig mit ihrer ursprünglichen gesetzlichen Grundlage außer Kraft, wenn das Gesetz im Sinne des Art. 18 Abs. 1 B-VG keine Grundlage mehr für die Verordnung bietet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/06/0190 mwH). Der die gesetzliche Grundlage der Störfallverordnung, BGBl. Nr. 593/1991, bildende § 82a GewO 1994 wurde mit Z 13 iVm Z 35 (§ 382 Abs. 6) der Gewerberechtsnovelle 2000, BGBl. Nr. I Nr. 88/2000, mit Wirkung vom ersatzlos aufgehoben, sodass die Störfallverordnung mit diesem Tag außer Kraft getreten ist.

Wenn die Beschwerdeführer zuletzt vorbringen, die Auflagen 111, 112 und 113 hätten nicht entfallen dürfen, so sind sie den im Übrigen nicht als unschlüssig zu erachtenden Sachverständigendarlegungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. So sind nach dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen die von den Beschwerdeführern angeführten Auflagen 111 bis 113 aus sachverständig-technischer Sicht nicht eindeutig formuliert und auf Grund der möglichen Vielfalt der betreffenden Abfälle auch nicht nachweislich vollziehbar. Darüber hinaus spricht die vom gewerbetechnischen Sachverständigen in seinem Gutachten angesprochenen Auflage 114 generell von "geruchsintensiven Abfällen", welche nur in verschlossenen und dichten Gebinden angeliefert, zwischengelagert und abtransportiert werden dürfen und verbietet zusätzlich die vom Sachverständigen vorgeschlagene Auflage 114a ein Umfüllen dieser geruchsintensiven Abfälle in größere Gebinde. Die Beschwerdeführer haben weder im Verwaltungsverfahren noch selbst in der Beschwerde konkret aufgezeigt, inwieweit diese Auflagen als nicht ausreichend anzusehen sind, um unzumutbare Beeinträchtigungen durch Geruch hintanzuhalten.

Betreffend den behaupteten Verfahrensfehler der Nichtberücksichtigung einer Verhandlungsschrift im Ermittlungsverfahren haben die Beschwerdeführer jegliche Ausführungen zu der gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 lit. c VwGG erforderlichen Relevanz vermissen lassen.

Die sich somit insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am