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VwGH vom 12.04.1996, 96/02/0137

VwGH vom 12.04.1996, 96/02/0137

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, in der Beschwerdesache des K in S, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-280084/10/Kon/Fb, betreffend Übertretungen des Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe als Dienstgeber (namentlich angeführte) Jugendliche im Rahmen seines an einem näher angeführten Standort gelegenen Gewerbebetriebes zu näher angeführten Zeiten beschäftigt und dadurch eine Reihe von Verwaltungsübertretungen nach § 11 Abs. 1, § 17 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 KJBG begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, die Behörde erster Instanz habe den Schuldspruch auf den Umstand gestützt, daß die Jugendlichen vom Beschwerdeführer im Rahmen eines Dienstverhältnisses mit dem Verkauf von Schaumrollen und anderen Süßwaren anläßlich einer Messe beschäftigt worden seien. Die Süßwaren seien um einen vom Beschwerdeführer festgesetzten Preis von den Jugendlichen verkauft worden und sei deren Beschäftigung nach einem vom Beschwerdeführer erarbeiteten Dienstplan erfolgt. Die einzelnen Übertretungen seien aufgrund vom Beschwerdeführer geführten Arbeitszeitaufzeichnungen als erwiesen anzusehen. Den Ausführungen in der Berufung sei entgegenzuhalten, daß die Jugendlichen für ihre Tätigkeit vom Beschwerdeführer ein Entgelt erhalten hätten. Daneben spreche als Kriterium für ein Dienstverhältnis auch der Umstand, daß die Jugendlichen der Anordnungsbefugnis des Beschwerdeführer unterlegen und wirtschaftlich von ihm abhängig gewesen seien. Wenn es den Jugendlichen allenfalls freigestellt gewesen sei, ihre Arbeitszeit nach Maßgabe des Messebetriebes selbst zu bestimmen, so möge ihnen dies allenfalls vom Beschwerdeführer eingeräumt worden sein, dessenungeachtet stehe dieser Umstand aber dem Vorliegen eines Dienstverhältnisses nicht entgegen. Die Nichtanmeldung zur Gebietskrankenkasse vermöge keineswegs das Vorliegen eines Dienstverhältnisses auszuschließen. Das Vorliegen eines Werkvertrages sei zu verneinen, da sich die Jugendlichen nicht zur Erstellung eines Werkes, sondern zur Arbeitsleistung schlechthin verpflichtet hätten und diese - wie angenommen werden müsse - auch ausschließlich mit Arbeitsmitteln des Beschwerdeführers als Beschäftiger erbracht hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 KJBG gilt dieses Bundesgesetz für die Beschäftigung von Kindern mit Arbeiten jeder Art und von Jugendlichen, die in einem Dienstverhältnis, einem Lehr- oder sonstigen Ausbildungsverhältnis stehen.

Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen eines "Dienstverhältnisses"; vielmehr sei (jeweils) ein "Werkvertrag" geschlossen worden. Er habe im Verwaltungsverfahren vorgebracht, daß keine Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse erfolgt und keine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit der Jugendlichen zu ihm bestanden hätte. Die Jugendlichen hätten jederzeit die Möglichkeit gehabt, den Dienst zu beenden und sei die Arbeit "auf völlig freiwilliger Basis im Rahmen eines kurzen Ferialeinsatzes" erfolgt. Es habe keine Weisung des Beschwerdeführers dahingehend bestanden, daß die Jugendlichen in der von der Behörde festgestellten Zeitdauer arbeiten hätten müssen, sie hätten auch keine Verpflichtung gehabt, Arbeitszeiten einzuhalten.

Damit vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun:

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Zl. 95/02/0313, zum Begriff des "Dienstverhältnisses" im § 1 Abs. 1 KJBG zum Ausdruck gebracht, daß ein solcher Dienstvertrag auch schlüssig zustande kommen und auch dann bestehen könne, wenn keinerlei Vereinbarungen über das Entgelt vorliegen sollten. Auch sei es nicht entscheidend, ob es sich um "gelegentlich vorgenommene Aushilfsarbeiten" gehandelt haben sollte, schlösse dies doch nicht aus, daß auch solche Tätigkeiten im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht würden. Weiters schade es der Annahme eines Arbeitsvertrages nicht, wenn das Arbeitsverhältnis auch nur für einige Stunden begründet worden sei.

Diese Rechtsanschauung ist noch dahin zu ergänzen, daß der Begriff des "Dienstverhältnisses" im § 1 Abs. 1 KJBG im Hinblick auf das durch dieses Gesetz geschützte Rechtsgut, nämlich die Gesundheit der Jugendlichen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0039), weit auszulegen ist. Daraus folgt für den vorliegenden Beschwerdefall, daß die belangte Behörde selbst dann zu Recht vom Vorliegen von Dienstverhältnissen im Sinne des KJGB ausgehen konnte, wenn die Jugendlichen die Tätigkeit jederzeit beenden konnten, an keine festen Arbeitszeiten gebunden waren und die Stände "eigenverantwortlich auf- und wieder abbauen" konnten. Ob diese Jugendlichen bei der Gebietskrankenkasse gemeldet gewesen seien, ist - worauf die belangte Behörde bereits zutreffend verwiesen hat - rechtlich unerheblich. Weiters kommt es auf die Freiwilligkeit der Leistung durch die Jugendlichen nicht an, weil die zwingenden gesetzlichen Bestimmungen nicht zur Disposition der Jugendlichen stehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 87/08/0302, und vom , Zl. 91/19/0247). Schließlich ist mit dem Hinweis des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/13/0160, schon deshalb nichts gewonnen, weil es im dortigen Beschwerdefall nicht um die Auslegung des Dienstverhältnisses im Sinne des § 1 Abs. 1 KJBG (im oben dargestellten Sinne) ging. Damit ist auch dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es seien in Wahrheit "Werkverträge" geschlossen worden, ebenso der Boden entzogen wie den von einer verfehlten Rechtsanschauung abgeleiteten Verfahrensrügen.

Zu Unrecht beruft sich der Beschwerdeführer aber auch darauf, daß er ohne sein Verschulden "keine Kenntnis von der ihm zur Last gelegten Bestimmung" gehabt habe. Es entspricht nämlich der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. die bei Hauer-Leukauf, 4. Auflage, Seite 727, zitierte hg.

Vorjudikatur), daß die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden kann, wenn jemand die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist und daß selbst guter Glaube den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht herstellt, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen. Daß diese Voraussetzungen für das Vorliegen eines Schuldausschließungsgrundes gegeben gewesen seien, legt der Beschwerdeführer nicht dar, sodaß die Wesentlichkeit des von ihm diesbezüglich behaupteten Begründungsmangels des angefochtenen Bescheides nicht vorliegen kann.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.