VwGH vom 30.06.2004, 2002/04/0067
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der H GmbH in H, vertreten durch Dr. Robert Müller, Rechtsanwalt in 3170 Hainfeld, Hauptstraße 35, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom , Zl. 322.606/1-I/9/02, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom wurde der beschwerdeführenden Partei die Gewerbeberechtigung für das Baumeistergewerbe in einem näher bezeichneten Standort gemäß § 91 Abs. 2 i.V.m. § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 entzogen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die beschwerdeführende Partei sei als GmbH am in das Handelsregister des Landesgerichts St. Pölten eingetragen worden. Am sei Johann Z. als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer bezeichnet worden. Der beschwerdeführenden Partei sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom die Bewilligung für das Baumeistergewerbe im erwähnten Standort erteilt worden. In der Zeit vom bis seien über Johann Z. alleine von der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld 29 Verwaltungsstrafen wegen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei begangener Übertretungen rechtskräftig verhängt worden:
16 Übertretungen des Kraftfahrgesetzes in Bezug auf Firmenfahrzeuge, 3 Übertretungen der GewO 1994, 7 Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, eine Übertretung des Bundesstatistikgesetzes, eine Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes und eine Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hätten zu den rechtskräftigen Bestrafungen des Johann Z. geführt. Mit Schreiben des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom sei die beschwerdeführenden Partei aufgefordert worden, Johann Z. wegen der begangenen Verwaltungsübertretungen aus der Gesellschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer und Mehrheitseigentümer binnen sechs Wochen zu entfernen. Dieser Aufforderung sei die beschwerdeführende Partei innerhalb der ihr gesetzten Frist nicht nachgekommen. Sie habe vielmehr in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid vorgebracht, Johann Z. habe seine Gesellschaftsanteile in die am registrierte Z. Privatstiftung eingebracht und sie sei damit der Aufforderung ihn zu entfernen nachgekommen. Fest stehe, dass Johann Z. gegen die im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen verstoßen habe. Im Hinblick auf die Vielzahl der von ihm begangenen Übertretungen seien diese Verstöße in ihrer Summe als schwer wiegend anzusehen. Die Zuverlässigkeit des Johann Z. für die Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes sei daher nicht mehr gegeben; in Ansehung seiner Person sei der Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 verwirklicht. Dass die Übertretungen von Johann Z. nur teilweise im Zusammenhang mit dem Baumeistergewerbe begangen worden seien, vermöge daran nichts zu ändern, zumal die übertretenen Rechtsvorschriften auch bei Ausübung des Baumeistergewerbes zu beachten seien. Auch der rund zweijährige Zeitraum seit der letzten rechtskräftigen Bestrafung des Johann Z. stehe der Erfüllung des Tatbestandes gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 nicht entgegen, weil angesichts der großen Anzahl der mit der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei in Zusammenhang stehenden Übertretungen diesem Zeitraum keine wesentliche Bedeutung beigemessen werden könne. Da die beschwerdeführende Partei Johann Z. innerhalb der ihr mit Schreiben des Landeshauptmannes von Niederösterreich gesetzten Frist nicht aus ihrem Geschäftsbetrieb entfernt habe, seien die Voraussetzungen für eine Entziehung der Gewerbeberechtigung erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich ihrem gesamten Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Nichtentziehung der Gewerbeberechtigung für das Baumeistergewerbe verletzt. Sie bringt hiezu im Wesentlichen vor, Johann Z. habe seine Gesellschaftsanteile mit der in Notariatsaktsform am (richtig: ) abgegebenen Widmungserklärung in die Z. Privatstiftung eingebracht und damit der - nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei rechtsirrigen - Aufforderung des Landeshauptmannes entsprochen. Die belangte Behörde habe demgegenüber iSd § 91 GewO 1994 offen gelassen, inwieweit Johann Z. als Mehrheitseigentümer einen nachteiligen Einfluss auf die beschwerdeführende Partei ausüben könnte. Im Übrigen seien nur schwer wiegende Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften tatbestandsmäßig. Im angefochtenen Bescheid sei jedoch nicht dargelegt worden, welche Anzahl von verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen vorliege und ob die Verwaltungsstrafen nach Verstößen gegen die im Zusammenhang mit dem Baumeistergewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften verhängt worden seien. Vielmehr seien im angefochtenen Bescheid Begriffe wie "zahlreiche Verwaltungsstrafsachen" verwendet worden, im erstinstanzlichen Bescheid, der davon ausgehe, dass Johann Z. in den fünf vorangegangenen Jahren wegen 114 Verwaltungsübertretungen bestraft worden sei, finde sich die Wendung "hauptsächlich Übertretungen des KFG, aber auch die Nichteinhaltung des Arbeitnehmerschutzes ...". Es sei nicht im Geringsten abgeklärt, ob nicht etwa auch Verwaltungsstrafen aus dem privaten Bereich herangezogen worden seien oder auch verjährte Verwaltungsstrafen sowie, ob ein geringfügiger oder ein schwer wiegender Verstoß gegeben sei. Vielmehr sei auf Grund einer "aufsummierten Anzahl von Verwaltungsstrafen", die einerseits weder dem Geschäftsbetrieb noch dem privaten Bereich zugeordnet seien noch dem spezifischen Geschäftsbetrieb, nämlich dem Baumeistergewerbe, und andererseits auch nicht in ihrer Qualität gewichtet worden seien, die Entziehung der Gewerbeberechtigung ausgesprochen worden. Die "verwaltungsstrafrechtliche Bescholtenheit bzw. Unbescholtenheit" des Johann Z. sei im Zeitpunkt der Verleihung der Gewerbeberechtigung für das Baumeistergewerbe identisch mit der nunmehrigen Situation gewesen. Nicht berücksichtigt worden sei schließlich der Deliktsverlauf. So habe Johann Z. zwar seinerzeit eine ganze Reihe von Verwaltungsvorstrafen aufgewiesen, es sei mittlerweile aber "eine deutliche Verbesserung" eingetreten.
Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts ist und sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person beziehen, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, dem Gewerbetreibenden eine Frist bekannt zu geben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde im Falle, dass der Gewerbetreibende der Gewerbeinhaber ist, die Gewerbeberechtigung zu entziehen und im Falle, dass der Gewerbetreibende der Pächter ist, die Übertragung der Ausübung des Gewerbes an den Pächter zu widerrufen.
Die beschwerdeführende Partei behauptet, der Aufforderung zur Entfernung des Johann Z., dem nach Auffassung der belangten Behörde als alleinigen Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei ein maßgeblicher Einfluss iSd § 91 Abs. 2 GewO 1994 zusteht, nachgekommen zu sein und weist darauf hin, dass dessen Gesellschaftsanteile in eine Privatstiftung eingebracht worden seien. Sie übersieht jedoch, dass die "Widmungserklärung" vom , selbst wenn man darin eine Entfernung des Mehrheitseigentümers sieht, erst nach Ablauf der gesetzten Frist erfolgt ist. Schon aus diesem Grund kann keine Rede davon sein, dass durch die erwähnte Widmungserklärung der Aufforderung der Erstbehörde, Johann Z. "aus der Gesellschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer und Mehrheitseigentümer zu entfernen", fristgerecht entsprochen wurde (vgl. dazu die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2 (2003), S. 779 referierte Judikatur).
Die beschwerdeführende Partei bestreitet weiters, dass sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe iSd § 91 Abs. 2 GewO 1994 sinngemäß auf Johann Z. beziehen.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwer wiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Schutzinteressen gemäß Z. 3 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornografie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, kann das in der zitierten Gesetzesstelle enthaltene Tatbestandsmerkmal der "schwer wiegenden Verstöße" nicht nur durch an sich schwer wiegend zu wertende Verstöße erfüllt werden, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen der im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/04/0179, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Auf dem Boden dieser Rechtslage kann im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob die einzelnen Übertretungen, derentwegen Johann Z. rechtskräftig bestraft wurde, für sich genommen die Schwelle eines schwer wiegenden Verstoßes iSd § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 überschreiten. Sie erfüllen nämlich vor dem Hintergrund, dass nach den Feststellungen der belangten Behörde über Johann Z. während des Zeitraumes vom bis im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei nicht weniger als 29 Verwaltungsstrafen rechtskräftig verhängt wurden, zumindest insgesamt das Tatbestandsmerkmal der "schwer wiegenden Verstöße" im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994. Im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Partei sind die im angefochtenen Bescheid genannten Übertretungen als Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften iSd § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 zu werten. Dies gilt auch für Übertretungen des Kraftfahrgesetzes in Bezug auf - schon definitionsgemäß der Gewerbeausübung dienende - Firmenfahrzeuge; eine "besondere" Beziehung der iSd § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 bei der Gewerbeausübung "zu beachtenden Rechtsvorschriften" zu dem zu entziehenden Gewerbe ist nicht verlangt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/04/0129).
Bei ihrem - nicht näher ausgeführten - Vorwurf, es seien auch "verjährte Verwaltungsstrafen" in die Beurteilung einbezogen worden, übersieht die Beschwerde, dass die der Entziehung einer Gewerbeberechtigung zu Grunde liegenden Fakten einer Verjährung nicht zugänglich sind, weil es hier um eine administrative Maßnahme, nicht aber um eine Strafe geht (vgl. die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, a.a.O., S. 738 referierte Judikatur).
Schließlich ist auch die Behauptung, bei Beachtung des Deliktsverlaufs sei eine "deutliche Besserung" zu erkennen, nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil es bei der Prüfung, ob der Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 erfüllt ist, weder einer Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Gewerbetreibenden bedarf noch einer Prognose (vgl. nochmals die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, a.a.O., S. 748 referierte hg. Judikatur).
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am