VwGH vom 09.10.2002, 2002/04/0018
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der L Personennotrufsysteme in L, vertreten durch Dr. Michael Zsizsik, Rechtsanwalt in 8600 Bruck/Mur, Hauptplatz 23, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Steiermark vom , Zl. VKS L10-2002/14, betreffend Nachprüfungsverfahren nach dem Stmk. Vergabegesetz (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Graz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde wie folgt abgesprochen:
"Der Antrag der L Beh. Konz. Notrufzentrale, Inhaber W, L vom lautend auf
'Der Antragsteller stellt folgende Begehren an den Vergabekontrollsenat der Steiermärkischen Landesregierung
1. Antrag gemäß § 108, Einstweilige Verfügung betreffend des gegenständliche Vergabeverfahrens.
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2. | Antrag gemäß § 107, Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. | |||||||||
3. | Antrag gemäß § 103, Nichtigerklärung und Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidungen Auftraggebers.' | |||||||||
wird mangels Anwendbarkeit des Steiermärkischen Vergabegesetzes zurückgewiesen." | ||||||||||
Nach der Begründung dieses Bescheides gehe aus der Eingabe vom und den mit dieser Eingabe vorgelegten Unterlagen hervor, dass die mitbeteiligte Partei beabsichtige, die Trägerschaft für das Notruftelefon zu übergeben und die Notrufapparate und die Notrufzentrale gegen eine Abschlagszahlung zu verkaufen. Auf den Verkauf - wie hier von Notrufapparaten und der Notrufzentrale - finde das Stmk. Vergabegesetz 1998 - StVergG, LGBl. Nr. 74/1998 i.d.F. LGBl. Nr. 66/2000 und LGBl. Nr. 35/2001, keine Anwendung, auch wenn der Verkauf durch einen öffentlichen Auftraggeber erfolge. Dies beziehe sich auch auf die Übergabe der Trägerschaft für das Notruftelefon durch die mitbeteiligte Partei, weil auch eine Trägerschaft für das Notruftelefon Gegenstand eines Kaufvertrages (Verkauf einer Dienstleistung) sein könne. Hinzu komme, dass nach § 13 Z. 5 StVergG Auftraggeber jede natürliche oder juristische Person sei, die vertraglich an einen Auftragnehmer einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteile oder zu erteilen beabsichtige. Die mitbeteiligte Partei beabsichtige im hier zu beurteilenden Fall keinen Auftrag zur Erbringung einer Dienstleistung gegen Entgelt zu erteilen, sondern eine Dienstleistung zu verkaufen und dafür einen Kaufpreis zu lukrieren. Es fehle ihr daher die Auftraggeberfunktion im Sinne des StVergG. Auftraggeber der gegenständlichen Dienstleistung seien die zivilen Personen, welche diese Dienstleistung in Anspruch nehmen würden. Diesen Auftraggebern fehle die Stellung als öffentlicher Auftraggeber. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. | ||||||||||
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei brachte eine Gegenäußerung ein. | ||||||||||
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen: | ||||||||||
Das Beschwerdevorbringen lässt sich dahin zusammenfassen, dass es sich beim gegenständlichen Notruftelefonsystem um Dienstleistungen zur Hilfestellung in Notsituationen handle. Der bloße Besitz eines Notruftelefons ohne Anbieter der Dienstleistung habe keinerlei Sinnhaftigkeit und bestehe insofern ein untrennbarer Zusammenhang. Der neue Übernehmer habe die 409 Kunden im Rahmen der sozialen Dienste zu betreuen, wobei der sofort erzielbare Jahresumsatz zumindest S 1,600.000,-- betrage. In seiner Entscheidung zur Rechtssache C-321/92 vom habe sich der Europäische Gerichtshof mit einer ähnlich gelagerten Rechtslage auseinander gesetzt, nämlich mit der Problematik eines gemischten Vertrages, wonach ein derartiger Vertrag in den Anwendungsbereich der Richtlinie falle, wenn die Durchführung von Bauarbeiten gegenüber der Überlassung von Vermögensgegenständen von untergeordneter Bedeutung sei. Auch im Beschwerdefall liege der Wert der Dienstleistung gegenüber dem Wert der kaufgegenständlichen Waren (Notruftelefone an sich) eindeutig höher. Ob der Verkauf der Notruftelefone von der Erbringung der damit verbundenen Dienstleistungen von untergeordneter Bedeutung sei bzw. allenfalls vom Verkauf trennbar sei, sei nicht geprüft worden. | ||||||||||
Das StVergG regelt nach dessen § 1 die Vergabe von Lieferaufträgen, Bauaufträgen, Baukonzessionsaufträgen und Dienstleistungsaufträgen durch öffentliche Auftraggeber. | ||||||||||
Nach § 10 Abs. 4 StVergG sind Dienstleistungsaufträge entgeltliche Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen - unter Anführung von Ausnahmen - im Sinne der Anhänge III und IV. | ||||||||||
Nach § 13 Z. 5 StVergG ist Auftraggeber jede natürliche oder juristische Person, die vertraglich an einen Auftragnehmer einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilen beabsichtigt. | ||||||||||
Das StVergG regelt nur das öffentliche Beschaffungswesen. Auf den Verkauf von Waren durch öffentliche Auftraggeber findet es keine Anwendung (vgl. Holoubek, Rechtsschutzpraxis in Vergabesachen, ecolex 1997, 200; vgl. auch zur deutschen Rechtslage unter dem Aspekt des Gemeinschaftsrechts Frenz, Ausschreibungspflicht einer Übertragung von Gesellschaftsanteilen?, DÖV 2002, 186). Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den Verkauf der Notruftelefone als einen Vorgang qualifizierte, der nicht unter den Anwendungsbereich des StVergG falle (und wird dies in Wahrheit auch von der beschwerdeführenden Partei gar nicht bestritten). | ||||||||||
Die beschwerdeführende Partei ist aber auch nicht im Recht, wenn sie meint, die mit dem Verkauf der Notruftelefone verbundene Dienstleistung stelle eine solche dar, die unter den Anwendungsbereich des Gesetzes falle. Dienstleistungsaufträge sind nach der Begriffsbestimmung des § 10 Abs. 4 StVergG entgeltliche Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen, wobei, wie sich aus der Begriffsbestimmung des § 13 Z. 5 weiters ergibt, das Entgelt vom Auftraggeber zu leisten ist. Dass von der mitbeteiligten Partei (als Auftraggeberin) ein Entgelt für die mit dem Verkauf der Notruftelefone verbundenen Dienstleistungen zu leisten wäre, wird in der Beschwerde gar nicht behauptet; ein solches Entgelt haben vielmehr Dritte zu leisten. | ||||||||||
Im Übrigen ist auch kein Anhaltspunkt dafür zu finden, dass ein Dienstleistungskonzessionsvertrag vorliege. Ist doch - unabhängig von der von der beschwerdeführenden Partei in ihrer Gegenäußerung aufgeworfenen Frage, ob es sich bei der gegenständlichen Dienstleistung um eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe handle (vgl. Dullinger/Gruber, Dienstleistungskonzessionen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, JBl 2002, 19, 21 m.w.N; vgl. dazu auch Frenz, a.a.O., 191, m.w.N.) - nicht zu sehen, dass hier ein Fall vorliege, wonach gegenüber der mitbeteiligten Partei (als öffentliche Auftraggeberin) eine vertragliche Verpflichtung (vgl. Dullinger/Gruber, a.a.O., 25) zur Ausführung einer Tätigkeit zu Gunsten der Öffentlichkeit bestünde, und zwar Dritten bestimmte Dienstleistungen gegen (vom Dritten zu leistendes) Entgelt anzubieten. Es stellt sich daher auch gar nicht die Frage, ob die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen dem EU-Vergaberecht unterliegt (verneinend für den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/38: C- 324/98, "Teleaustria"; vgl. weiters in diesem Urteil die diese Frage auch für den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie verneinenden Ausführungen; ebenso der , "Buchhändler-Vereinigung GmbH gegen Saur Verlag GmbH & Co. KG") bzw. ob die Grundsätze des EU-Vertrags einzuhalten seien (bejahend das vorzitierte ). | ||||||||||
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auch nicht veranlasst, ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 234 EGV einzuleiten. Wenn im Übrigen diesbezüglich die beschwerdeführende Partei meint, die Richtlinie 71/305/EWG sei im Beschwerdefall anzuwenden, so ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, wieso dies im Hinblick auf die bezeichnete Baukoordinierungsrichtlinie der Fall sein soll. | ||||||||||
Schließlich kommt dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in ihrer Gegenäußerung, es sei fraglich, ob "diesbezüglich nicht etwa Verstöße gegen das Gewerbe-, Kartell- oder Wettbewerbsrecht vorliegen", keine rechtliche Relevanz für den Beschwerdefall zu. | ||||||||||
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. | ||||||||||
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Abweisung des Kostenersatzbegehrens der anwaltlich nicht vertretenen mitbeteiligten Partei bezüglich des Schriftsatzaufwandes beruht auf § 49 Abs. 1 VwGG i.d.F. BGBl. I Nr. 88/1997 (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0245), der schon aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen auch auf den im § 49 Abs. 1 erster Satz genannten Fall des § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG zu beziehen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0385). Ein Vorlageaufwand steht nur der belangten Behörde gemäß § 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu, nicht aber einem Mitbeteiligten als obsiegende Partei (vgl. die Tatbestände des § 58 Abs. 3 VwGG). | ||||||||||
Wien, am |
Fundstelle(n):
KAAAE-46397