VwGH vom 27.11.1990, 90/04/0175

VwGH vom 27.11.1990, 90/04/0175

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde 1) der N und 2) der M gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , Zl. 312.683/1-III-3/90, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: A), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von S 10.640,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nach der Aktenlage hatte die mitbeteiligte Partei an die Erstbehörde folgende mit datierte Eingabe gerichtet:

"Betreff: Ansuchen gemäß § 359 b der Gewerbeordnung im Standort B-Straße 6, 9020 Klagenfurt

Ich ersuche die Magistratsabteilung 7, Gewerbeamt, höflichst, die Beschaffenheit der Anlage B-Straße 6, 9020 Klagenfurt, gemäß §§ 333, 334, 335 mit Bescheid festzustellen und begründe mein Ansuchen wie folgt:

Gemäß § 359 b der Gewerbeordnung hat die Behörde die Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen, wenn der Genehmigungswerber nachweist, daß Maschinen, Geräte und Ausstattung der Anlage nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder daß das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten oder sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 150 m2 beträgt, die elektrische Anschlußleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 50 kW nicht übersteigt und auf Grund der Ausführung der Anlage zu erwarten ist, daß Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen oder Belastungen der Umwelt vermieden werden. Die gegenständliche Anlage weist die im § 359 b GewO genannten Merkmale auf, weshalb um bescheidmäßige Feststellung höflichst ersucht wird.

Beilagen: (Gemäß § 353) ........."

Nach Erhebungen und Durchführung einer - unter Bezugnahme auf §§ 74 ff, 333 und 356 Abs. 1 GewO 1973 sowie §§ 40 bis 44 AVG 1950 kundgemachten - mündlichen Augenscheinsverhandlung am erkannte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt mit Bescheid vom unter Hinweis "auf Parteienansuchen" spruchgemäß dahin, daß diesem Ansuchen der mitbeteiligten Partei Folge gegeben und gemäß §§ 74 ff, 333 und 356 Abs. 1 GewO 1973 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz die Betriebsanlage zur Ausübung eines Gastgewerbes in der Betriebsart eines "Espressos", die Sperrstunde eingeschränkt auf 24.00 Uhr, im Standort Klagenfurt, B-Straße 6 (C-Areal), auf Parzelle Nr. xx und xy, KG Klagenfurt, nach Maßgabe der folgenden Betriebsbeschreibung und der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen, die einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildeten, bei Einhaltung von gleichzeitig vorgeschriebenen Auflagen genehmigt werde. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, daß anläßlich der am durchgeführten Lokalaugenscheinsverhandlung von den Beschwerdeführerinnen über Befragung "zum vorgelegten Schriftsatz" die nachstehend angeführten Einwendungen erhoben worden seien.

Dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführerinnen gab der Landeshauptmann von Kärnten mit Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge.

Über auch dagegen erhobene Berufungen der Beschwerdeführerinnen erkannte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom dahin, daß die Berufungen aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides abgewiesen würden. Im Rahmen der Bescheidbegründung wurde abschließend ausgeführt, der Ordnung halber sei festzuhalten, daß der verfahrensgegenständiche Genehmigungsantrag wohl auf eine Anwendung des § 359 b GewO 1973 hinweise, die Behörde jedoch zur Auffassung gelangt sei, daß die Voraussetzungen der Anwendung dieser Bestimmung nicht vorlägen und daher das "ordentliche Verfahren" gemäß § 77 leg. cit. eingeleitet und durchgeführt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachten sich die Beschwerdeführerinnen in nach der Gewerbeordnung normierten Nachbarrechten verletzt. Sie bringen hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften neben der Rüge mangelnder zureichender geeigneter Lärmmessungen u.a. vor, wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid vermeine, ein subjektiv-öffentliches Recht auf Vorlage von Planunterlagen bestünde nicht, so sei darauf hinzuweisen, daß sie die Vorlage des korrigierten Planes vom in ihrem Berufungsschriftsatz beantragt hätte, um anhand dieses Planes weitere Einwendungen machen zu können. Diese Vorlage sei nicht erfolgt und über die angeführten Ausführungen hinaus sei die belangte Behörde auf ihre Einwendungen nicht eingegangen. Dies betreffe insbesondere die Frage der Stellplätze und der damit zusammenhängenden Immissionen.

Die Beschwerde ist aus folgenden Überlegungen begründet:

Gemäß § 353 GewO 1973 sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen und die erforderlichen Pläne und Skizzen sowie für unter § 82 a fallende Anlagen auch die Sicherheitsanalyse und der Maßnahmenplan in vierfacher Ausfertigung anzuschließen. Weiters sind die sonst für die Begründung des Projektes und der zu erwartenden Emissionen der Anlage im Ermittlungsverfahren erforderlichen technischen Unterlagen sowie die Namen und die Anschriften des Eigentümers des Betriebsgrundstückes und der Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke anzuschließen.

Gemäß § 359 b GewO 1973 hat die Behörde, wenn der Genehmigungswerber in seinem Ansuchen und dessen Beilagen (§ 353) nachweist, daß 1) jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

2) das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 150 m2 beträgt, die elektrische Anschlußleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 50 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, daß Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69 a) vermieden werden, mit Bescheid diese Beschaffenheit der Anlage festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage.

Gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1973 hat die Behörde, ausgenommen in den Fällen des § 359 b, auf Grund eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen.

Aus der dargestellten Rechtslage folgt, daß im § 359 b GewO 1973 ein eigener auf einen Feststellungsbescheid gerichteter Antrag eines Genehmigungswerbers nicht vorgesehen ist, sondern daß die Behörde bei Vorliegen eines den Voraussetzungen des § 353 entsprechenden Genehmigungsantrages im Falle des dem Genehmigungswerber obliegenden Nachweises der in Betracht kommenden Tatbestandsvoraussetzungen des § 359 b GewO 1973 von Amts wegen einen Feststellungsbescheid im Sinne dieser Gesetzesstelle zu erlassen hat; dies ergibt sich insbesondere auch aus der Anordnung des § 356 Abs. 1 GewO 1973, wonach die Behörde, "ausgenommen in den Fällen des § 359 b", auf Grund eines "Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage" eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen hat.

Mangels eines im § 359 b GewO 1973 vorgesehenen Feststellungsantrages des Genehmigungswerbers hat dieser daher auch keinen Anspruch auf Erlassung eines derartigen Feststellungsbescheides, sondern hat entsprechend der dargelegten Gesetzeslage ein Ansuchen im Sinne des § 353 GewO 1973 um Genehmigung einer Betriebsanlage zu stellen, im Rahmen dessen er die entsprechenden Nachweise im Sinne des § 359 b GewO 1973 erbringen kann.

Ein einer gewerbebehördlichen Kundmachung nach § 356 Abs. 1 GewO 1973 zugrundeliegendes Ansuchen setzt aber im Hinblick auf die dem Nachbarn gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 eingeräumte Berechtigung zur Erhebung von Einwendungen einen (verbalen) Inhalt voraus, der als solcher - unabhängig von den weiteren gemäß § 356 einem derartigen Ansuchen anzuschließenden und dieses detaillierenden Unterlagen und Plänen - Art und Umfang der beantragten Genehmigung eindeutig erkennen läßt (vgl. hiezu das zum diesbezüglich gleichgelagerten Normeninhalt des § 356 Abs. 1 GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/04/0222).

Bezogen auf den dem gewerbehördlichen Genehmigungsverfahren zugrundeliegenden Antrag der mitbeteiligten Partei bedeutet dies aber - abgesehen von dem im übrigen ausschließlich auf die Erlassung eines "Feststellungsbescheides gemäß § 359 b" gerichteten Begehren -, daß diesem ein nach der dargestellten Rechtslage erforderlicher "verbaler Inhalt" im Sinne des § 356 Abs. 1 GewO 1973 fehlt, da hieraus weder Art und Umfang der beantragten Genehmigung zu entnehmen ist noch der bloße Hinweis auf angeschlossene Beilagen ein derartiges Erfordernis zu erfüllen vermag.

Da die belangte Behörde - die nach ihren Feststellungen im angefochtenen Bescheid von dem in Rede stehenden "Antrag" als Grundlage für das gewerbehördliche Genehmigungsverfahren ausging - dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht darauf mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Ungeachtet dessen, daß ein derartiges Vorbringen in der Beschwerde ausdrücklich nicht erstattet wurde, hatte der Verwaltungsgerichtshof aber diesen Umstand als verfahrensrechtliche Voraussetzung für die Erhebung von Einwendungen im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1973 subjektive-öffentliche Rechte der Beschwerdeführerinnen betreffend wahrzunehmen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. N.F. Nr. 11.525/A).

In diesem Zusammenhang ist im übrigen zu den Ausführungen in der Gegenschrift, daß die Erstbeschwerdeführerin ihre Gastwirtschaft in Klagenfurt, B-Straße 8, verpachtet habe, und im übrigen - ebenso wie die Zweitbeschwerdeführerin - nur Miteigentümerin der gegenständichen Liegenschaft und ihrem eigenen Vorbringen zufolge in Wien wohnhaft sei, weshalb beide Beschwerdeführerinnen mangels Wohnmöglichkeit nicht über einen Anspruch auf Immissionsschutz verfügten, darauf hinzuweisen, daß ein derartiger Umstand weder spruch- noch feststellungsmäßiger Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides war; abgesehen davon ist aber auch für den Verwaltungsgerichtshof auf Grund der Aktenlage ein dahingehender Sachverhalt nicht erkennbar, da die Beschwerdeführerinnen bei der am durchgeführten Lokalaugenscheinsverhandlung einen Einwendungsschriftsatz vorlegten, in dem sie eingangs - neben Wiener Wohnanschriften - jeweils auch die Wohnanschrift Klagenfurt, B-Straße 8 - 10, anführten und sich einleitend auf ihre Stellung als Anrainer beriefen.

Auf Grund der angeführten Erwägungen war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft geltend gemachten Stempelgebührenaufwand für nicht erforderliche Beilagen des Beschwerdeschriftsatzes.