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VwGH vom 27.11.1990, 90/04/0160

VwGH vom 27.11.1990, 90/04/0160

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit eines Ansuchens um Erteilung der Konzession für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften gemäß § 323a i. V.m. § 376 Z. 36 GewO 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 5 und § 62 Abs. 2 VwGG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG 1950 wird die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 63-Z 120/88, abgewiesen und der im Berufungsweg angefochtene Bescheid bestätigt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der Konzession für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften (§ 323a GewO 1973) im Standort Wien 18., A-Gasse 31, unter Bezugnahme auf § 25 Abs. 2 GewO 1973 abgewiesen. Zur Begründung wurde nach Darlegung der sich aus den §§ 323a und 376 Z. 36 Abs. 1 und 2 GewO 1973 ergebenden Rechtslage ausgeführt, gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 sei eine Konzession zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber Handlungen oder Unterlassungen begangen habe, die die Annahme rechtfertigten, daß er die erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze. Der Beschwerdeführer sei seit zur Ausübung des freien Gewerbes "Zurverfügungstellung von Arbeitskräften aller Art unter Übernahme des wirtschaftlichen Wagnisses für die Beschäftigung dieser Arbeitskräfte auf längere Dauer und unabhängig davon, ob der Gewerbeinhaber sie entsprechend einsetzen kann" im angeführten Standort berechtigt. Im Ermittlungsverfahren habe sich die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien gegen die Erteilung der beantragten Konzession ausgesprochen und dies im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer sein Gewerbe nicht in einer den Rechten und Schutzbedürfnissen seiner Arbeitnehmer entsprechenden Weise ausüben werde. Es seien Fälle zur Kenntnis gelangt, die den Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) und weiterer arbeits- und sozialrechtlicher Normen zuwiderlaufen würden, wie die Abmeldung von der Sozialversicherung während der überlassungsfreien Zeiten und Bezahlung nur während der tatsächlichen Beschäftigungstage, vorzeitige Abmeldung von der Sozialversicherungspflicht noch während der tatsächlichen Beschäftigung bzw. verspätetes Anmelden zur Sozialversicherung und Bezahlung der Urlaubsabfindung bzw -entschädigung mit dem laufenden Gehalt. Weiters sei darauf hingewiesen worden, daß mit den Arbeitnehmern Dienstverträge abgeschlossen worden seien, in denen u.a. enthalten sei, daß befristete Dienstverhältnisse durch den Dienstgeber einseitig verkürzt oder verlängert werden könnten, wobei diese Bestimmung von der Rechtsprechung sicher als sittenwidrig eingestuft werden würde, weiters die Regelung, daß für Feiertage, an denen nicht gearbeitet werde, kein Entgeld gebühre, was eindeutig den Bestimmungen des § 9 Arbeitsruhegesetz, BGBl. Nr. 144/1983, widerspreche und ferner sei ein Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 9 und 10 im Zusammenhalt mit § 12 Urlaubsgesetz, BGBl. Nr. 39/1976, in der Regelung zu erblicken, daß die Urlaubsabfindung bzw. -entschädigung in den bereits abgerechneten Bezügen jeweils enthalten sein solle. Auch das Landesarbeitsamt Wien habe sich gegen die Erteilung der angestrebten Konzession ausgesprochen. Das Landesarbeitsamt Wien habe schon in der Vergangenheit wiederholt gegen den Beschwerdeführer wegen Verdachtes auf unerlaubte Arbeitsvermittlung sowie wegen Verdachtes auf Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz ermitteln müssen. Laut Auskunft des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien seien bei diesem 21 Verfahren anhängig gewesen, in denen der Beschwerdeführer entweder als Beklagter oder als Kläger Arbeitsgerichtsprozesse verloren habe. Zu erwähnen sei in diesem Zusammenhang auch das Urteil des Obersten Gerichtshofes zur Zl. 14 Ob 224/86 gegen den Beschwerdeführer als beklagte Partei, in dem er zur Bezahlung bis dahin nicht geleisteten Entgeltes verurteilt worden sei. Bei der Überprüfung des vom Beschwerdeführer vorgelegten Dienstvertrages und der vorgelegten Lohnabrechnung sei festgestellt worden, daß eine allgemein gehaltene, von § 3 AZG abweichende Festlegung der Normalarbeitszeit im Einzelvertrag unzulässig sei, da diese Bestimmung zwingendes Recht darstelle. Die sich ergebende Diskrepanz zwischen der am Dienstzettel festgelegten "Mindestarbeitszeit" von 25 Stunden und der laut Lohnabrechnung tatsächlich weit darüberliegenden Arbeitszeit der betreffenden Arbeitskraft gebe begründeten Anlaß zu der Annahme, daß sich der Beschwerdeführer den Arbeitgeberpflichten des § 10 Abs. 2 AÜG dadurch entziehen wolle, daß er die wöchentliche Arbeitszeit im Überlassungsvertrag wesentlich unter dem Durchschnitt des zu erwartenden Beschäftigungsausmaßes festsetze. Diese Vorgangsweise verstoße gegen § 11 Abs. 2 AÜG und sei gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. a AÜG verwaltungsbehördlich strafbar. Weiters stehe die vertragliche Regelung über die Stehzeiten nicht im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und könne unter Umständen eine Abänderung der gesetzlichen Bestimmungen des AÜG zum Nachteil der Arbeitskraft darstellen. Da dem Arbeitgeber das Recht der fristlosen Entlassung von Gesetzes wegen zustehe, falls die Arbeitskraft einen Entlassungsgrund setze, werde die Bestimmung des Dienstzettels als unnötig und zum irreführenden Mißbrauch geeignet abgelehnt, dies insbesondere im Hinblick darauf, daß dem Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit der Versuch der Umgehung von Gesetzen nachgewiesen worden sei. Auch sei der Beschwerdeführer auf Grund der Vertragsbestimmungen nur dann bereit, die gesetzlichen Ansprüche der Arbeitskraft auf Entgeltfortzahlung im Falle der Dienstverhinderung (zwingende gesetzliche Vorschriften wie § 16 UrlG und § 8 Abs. 3 AngG) anzuerkennen, wenn die vorherige schriftliche Erlaubnis auf einem bestimmten Formular eingeholt worden sei. Dies stelle eine Einschränkung der gesetzlichen Bestimmungen zum Nachteil der Arbeitskraft dar. Die vertragliche Regelung, daß am ersten Tag des Krankenstandes eine telefonische Meldung zu erfolgen habe, und daß die schriftliche Krankmeldung am dritten Tag des Krankenstandes beim Dienstgeber aufliegen müsse, widrigenfalls das Dienstverhältnis unterbrochen und die Arbeitskraft von der Sozialversicherung abgemeldet werde, stelle insbesondere im Hinblick auf § 6 EFZG bzw. § 40 AngG eine unzulässige Beschränkung der Rechte der Arbeitskraft dar. Wann der Arbeitgeber ein Rückbehaltungsrecht an Entgeltzahlung habe, sei im Lohnpfändungsgesetz sowie in der Exekutionsordnung genau geregelt. Eine darüber hinausgehende, derart allgemein gehaltene, den Arbeitgeber zur weiteren Aufrechnung berechtigende Vereinbarung sei gesetzwidrig und unwirksam. Die Vereinbarung einer verschuldens-, rechtswidrigkeits- und kausalitätsunabhängigen Erfolgshaftung, wie sie die Regelung im Dienstzettel offenbar darstellen solle, sei nach Ansicht des Landesarbeitsamtes Wien gemäß § 879 ABGB sittenwidrig und daher nichtig. Hinsichtlich dieser Ausführungen sei die für die Erteilung der gegenständlichen Konzession erforderliche Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben. Der Landeshauptmann habe vom Urteil des Obersten Gerichtshofes (als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen) vom , Zl. 14 Ob 284/86, (dessen Inhalt dem Beschwerdeführer bekannt sein müsse) gegen den Beschwerdeführer als beklagte Partei Kenntnis erlangt. Im wesentlichen sei diese Entscheidung damit begründet worden, daß der Meinung des Beklagten, er sei zur Zahlung des vollen Monatslohnes nicht verpflichtet, soweit der Kläger nicht während der vollen Normalarbeitszeit gearbeitet habe, nicht zugestimmt werden könne, da die Vereinbarung der Parteien, die Entlohnung erfolge (nur) nach den geleisteten Arbeitsstunden laut Stundenverrechnungen und der Kläger erhalte seinen Lohn nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden, gegen den § 9 Abs. 4 AMFG verstoße, weil damit das den Beklagten als Überlasser treffende wirtschaftliche Wagnis ausgeschlossen und wenigstens zum Teil auf den Kläger als zu überlassenden Arbeitnehmer überwälzt werde. Es liege somit der typische Fall der vom Gesetzgeber verbotenen Stellenvermittlung vor. Der Beklagte sei verpflichtet, dem Kläger das Arbeitsentgelt ohne Rücksicht darauf in voller Höhe zu zahlen, ob dieser über Auftrag des Beklagten eine Arbeit bei einem Dritten (Beschäftiger) verrichtet habe oder nicht. Das auf die Zahlung der Entgeltsdifferenz gerichtete Klagebegehren bestehe daher zu Recht. Der Landeshauptmann sei zur Auffassung gelangt, daß im Hinblick auf die dargestellten Sachverhalte die Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers für die Ausübung des angestrebten Gewerbes nicht als gegeben erachtet werden könne, da nicht auszuschließen sei, daß es - gerade bei Ausübung dieses Gewerbes - zu weiteren Unregelmäßigkeiten bzw. Gesetzwidrigkeiten kommen könne. Da somit die Voraussetzungen zur Entziehung der Konzession (wegen mangelnder Zuverlässigkeit) gegeben seien, sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer Berufung, in der er u.a. geltend machte, aus dem erstbehördlichen Bescheid sei lediglich ersichtlich, daß die Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien und das Landesarbeitsamt Wien zu einer Stellungnahme aufgefordert worden seien. Ob auch die zuständige Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft gehört worden sei, sei aus dem Bescheid nicht zu entnehmen. Seinem Vertreter sei jedenfalls überhaupt keine Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden, weshalb gegen den fundamentalen Grundsatz des Parteiengehörs verstoßen worden sei. Des weiteren sei aus dem Bescheid ersichtlich, daß die Erstbehörde im Hinblick auf die "dargestellten Sachverhalte" die Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers nicht als gegeben erachtet habe. Das heißt, sie habe den Sachverhalt weder selbst geprüft, noch selbst einer überprüfbaren Wertung unterzogen. Das widerspreche aber der im § 60 AVG 1950 normierten Begründungspflicht. Des weiteren seien auf Grund des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes in Ansehung einer für die Arbeitskräfteüberlassung nunmehr notwendigen Konzession folgende Unterschiede zu beachten: Bei Entziehung einer erteilten Konzession sei neben den in §§ 87 bis 89 und 91 Abs. 2 GewO 1973 angeführten Gründen auch § 323b Abs. 3 GewO 1973 zu beachten. Nach der letztgenannten Gesetzesstelle sei die Konzession zu entziehen, wenn die Voraussetzungen nach § 323b Abs. 1 GewO 1973 nicht mehr gegeben seien. Danach sei die notwendige Zuverlässigkeit dann nicht mehr gegeben, wenn ein Konzessionsinhaber a) gegen die Vorschriften des AÜG verstoßen oder b) unzulässige Arbeitsvermittlung betrieben oder

c) Verpflichtungen eines Arbeitgebers, die sich aus dem Arbeitsrecht einschließlich des Arbeitnehmerschutzes und des Sozialversicherungsrechtes ergeben, erheblich verletzt habe. Für die Erteilung einer Konzession seien zwei Fälle zu beachten: Der eine Fall sei jener, in dem jemand um Erteilung einer Konzession ansuche, der bisher noch nicht das freie Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung betrieben habe. Neben den sonst im § 323b Abs. 1 GewO 1973 angeführten Voraussetzungen müsse die vorerwähnte Zuverlässigkeit gegeben sein. Im zweiten Fall, wenn jemand um Konzession ansuche, der bereits das freie Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung ausgeübt habe, sei nur § 376 Z. 36 GewO 1973 zu beachten. Wenn die dort genannten Voraussetzungen gegeben seien, sei die beantragte Konzession zu erteilen. Ein Versagungsgrund liege lediglich dann vor, wenn die Voraussetzungen für eine Entziehung der Konzession gegeben seien, wobei ausdrücklich auf die Bestimmungen der §§ 87 bis 89 und 91 Abs. 2 GewO 1973 verwiesen werde. Mit anderen Worten, auf die besonderen Entziehungsgründe gemäß § 323b Abs. 2 Z. 1 bis 3 GewO 1973 sei in einem derartigem Fall nicht zurückzugreifen. Im gegenständlichen Fall bedeute dies, daß die Behörde weder zu untersuchen habe, ob, wie und wann gegen Vorschriften des AÜG verstoßen worden sei, unzulässige Arbeitsvermittlung betrieben worden sei oder nicht, oder Verpflichtungen im Bereich des Arbeitnehmerschutzes oder des Sozialversicherungsrechtes erheblich verletzt worden seien oder nicht. Bei Vorliegen der ansonst im § 376 Z. 36 GewO 1973 angeführten Voraussetzungen - diese lägen samt und sonders im gegenständlichen Fall vor - sei die beantragte Konzession zu erteilen. Ob eine mangelnde Zuverlässigkeit im Sinne des § 323b Abs. 2 Z. 1 bis 3 GewO 1973 vorliege oder nicht, sei hiebei nicht zu prüfen. Die im § 89 Abs. 1 GewO 1973 erwähnte "erforderliche Zuverlässigkeit" sei lediglich anhand der Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 zu prüfen, d.h. sohin, daß die Prüfung der erforderlichen Zuverlässigkeit im Zusammenhang "bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen" durchzuführen sei. Damit habe sich die Erstbehörde aber überhaupt nicht beschäftigt, denn sie habe erkennbar einzig und allein auf § 18 Abs. 1 AÜG abgestellt. Dort sei in einem anderen Zusammenhang statuiert worden, daß die Überlassung von Arbeitskräften untersagt werden könne, wenn ein Überlasser die ihm auf Grund des AÜG obliegenden Verpflichtungen erheblich oder wiederholt verletzt habe. Allerdings sei dort noch eine weitere Voraussetzung statuiert: Diese erhebliche oder wiederholte Verletzung müsse trotz schriftlicher Androhung oder Untersagung neuerlich geschehen sein. Im übrigen lägen die Umstände, die die Behörde als Begründung für die mangelnde Zuverlässigkeit anführe, zeitlich vor dem Inkrafttreten des AÜG. Abgesehen davon müsse aber die Beurteilung der Zuverlässigkeit auf Tatsachen nicht aber auf einen bloßen Verdacht gegründet werden. Im übrigen sei bei der Prüfung einer allgemeinen Zuverlässigkeit wohl nicht auf zivilgerichtliche Verfahren abzustellen. Es müsse wohl jedem Gewerbetreibenden und Konzessionsinhaber überlassen sein und bleiben, ob er sich einem zivilgerichtlichen Verfahren in diesem oder jenem Bereich aussetze oder nicht. Da dem Beschwerdeführer die negativen Stellungnahmen der zu befragenden Stellen nicht zur Kenntnis gebracht worden seien, könne er auch im konkreten hiezu nicht Stellung nehmen. Ganz allgemein sei aber hiezu auszuführen, daß, wenn - was nicht bestritten werden solle - die Gerichte diese oder jene Bestimmung der vom Beschwerdeführer vor Inkrafttreten des AÜG verwendeten Dienstverträge als unzulässig dargestellt hätten und er auch vom Obersten Gerichtshof habe belehrt werden müssen, daß allfällig bei "Stipulierung dieses oder jenes Passus" ein Verstoß gegen § 4 Abs. 4 AMFG vorliegen könne, diesen Umständen stets Rechnung getragen worden sei. Da gemäß dem ABGB diese oder jene Bestimmungen dispositives Recht darstellten, sei es dem Beschwerdeführer nicht zu verdenken, daß er sich eben an die Grenzen des Gesetzlichen herangetastet und bei Überschreitung dieser Grenzen (was hin und wieder geschehen habe können, da der Beschwerdeführer kein Jurist sei) sich dem vom Gericht vorgezeigten Lernprozeß gestellt und die Verträge abgeändert habe. Es möge schon sein, daß auch Arbeitsgerichtsverfahren anhängig seien, die teilweise auf Grund von Arbeitsverträgen von Beschäftigten eingeleitet worden seien, die nach dem Inkrafttreten des AÜG abgeschlossen worden seien. Da es die Behörde unterlassen habe, konkrete Verfahren aufzuzählen, könne aber zu den einzelnen Verfahren nicht Stellung genommen werden. Wenn beispielsweise ins Treffen geführt werde, daß die Vereinbarung einer Mindestarbeitszeit von 25 Stunden ungesetzlich sei, dann sei dem zu widersprechen. Es sage doch gerade § 10 Abs. 2 AÜG, daß dann, wenn die vereinbarte Arbeitszeit in den letzten drei Wochen höher gewesen sei als die vereinbarte Arbeitszeit, das Entgelt nach dem Durchschnitt der letzten drei Monate gebühre. Mit anderen Worten, es sei sehr wohl die Vereinbarung einer Mindestarbeitszeit von 25 Stunden möglich. Darüber gebe es bereits positive Gerichtsurteile. In den dem AÜG angepaßten neuen Dienstverträgen scheine nichts davon auf, daß gesetzliche Ansprüche auf Entgeltsfortzahlung nicht anerkannt würden. Wenn etwas von "schriftlicher Erlaubnis" statuiert worden sei, dann nur im Zusammenhang damit, daß eben aus Kontrollgründen eine Dienstabwesenheit nur dann als genehmigt gelte, wenn vorher schriftlich angesucht worden sei. In diesem Zusammenhang sei auf eine erst jüngst veröffentlichte OGH-Entscheidung verwiesen, wonach das Verlangen in einem Dienstvertrag, im Krankheitsfall auf jeden Fall binnen drei Tagen eine schriftliche Arztbestätigung beizubringen, wirkungslos sei, wenn sie nicht im konkreten Anlaßfall vom Dienstgeber angefordert worden sei. Es werde die Behörde doch wohl nicht damit argumentieren können, daß dann, wenn der Beschwerdeführer solche wirkungslose Bestimmungen in seine Dienstverträge aufnehme, er deswegen im Sinne der Gewerbeordnung bzw. des AÜG unzuverlässig sei. Wenn es im übrigen erst einer oberstgerichtlichen Entscheidung bedurft habe, um dieses Problem zu klären, dann könne von einem erheblichen Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen nicht gesprochen werden.

Diese Berufung langte bei der Erstbehörde nach der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens am ein. Am brachte der Beschwerdeführer die Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 132 B-VG wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ein, weil dieser über seine Berufung nicht entschieden habe und die im § 27 VwGG vorgesehene sechsmonatige Frist abgelaufen sei.

Die belangte Behörde hat auch innerhalb der ihr mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingeräumten dreimonatigen Frist keinen Ersatzbescheid erlassen, sondern hat - ohne Gründe im Sinne des § 55 Abs. 2 VwGG nachzuweisen, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich gemacht hätten - die Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Bemerken vorgelegt, daß eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten gegeben sei. Es hatte somit gemäß § 42 Abs. 5 VwGG der Verwaltungsgerichtshof an Stelle des säumigen Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Berufung des Beschwerdeführers zu entscheiden.

Der Gerichtshof hat hierüber erwogen:

Gemäß § 323a Abs. 1 GewO 1973 unterliegt der Konzessionspflicht die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte (Überlassung von Arbeitskräften).

Gemäß § 323b Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 erfordert die Erteilung der Konzession für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften neben der Erfüllung der im § 25 Abs. 1 Z. 1 angeführten Voraussetzungen die Erbringung des Befähigungsnachweises. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die für die Erteilung einer Konzession für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 vor allem dann nicht gegeben, wenn das bisherige Verhalten des Konzessionswerbers die Annahme rechtfertigt, daß das Gewerbe in einer dem Schutz und die Rechte der Arbeitskräfte nicht gewährleistenden Art ausgeübt werden wird; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Konzessionswerber 1) gegen die Vorschriften des AÜG verstoßen hat oder 2) unzulässige Arbeitsvermittlung betrieben hat oder

3) Verpflichtungen eines Arbeitgebers, die sich aus dem Arbeitsrecht einschließlich des Arbeitnehmerschutzes oder des Sozialversicherungsrechtes ergeben, erheblich verletzt hat.

Gemäß § 323d Abs. 1 hat die Behörde vor Erteilung der Konzession für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften die zuständige Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft, die zuständige Kammer für Arbeiter und Angestellte und das zuständige Landesarbeitsamt aufzufordern, innerhalb einer Frist von sechs Wochen Gutachten über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession abzugeben.

Gemäß § 376 Z. 36 Abs. 1 GewO 1973 bedürfen Personen, die zu einer Tätigkeit, die durch § 323a an eine Konzession gebunden wurde (Überlassung von Arbeitskräften), am berechtigt sind, zur weiteren Ausübung ihrer Tätigkeit nach diesem Zeitpunkt einer Konzession gemäß § 323a in einem der bisherigen Tätigkeit sachlich entsprechenden Umfang. Diese Konzession ist zu erteilen, es sei denn, daß die Voraussetzungen für die Entziehung der Konzession (§§ 87 bis 89 und 91 Abs. 2) vorliegen, wenn sie a) nachweisen, daß sie ihre nunmehr an eine Konzession gebundene Tätigkeit während der Zeit vom bis befugt ausgeübt haben,

b) selbst oder durch einen Geschäftsführer (§ 39) oder Pächter (§ 40) den Befähigungsnachweis (§ 323b Abs. 1 Z. 1) erbringen und d) - der Tatbestand der lit. c kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht - um die Konzessionserteilung spätestens am ansuchen. Nach Abs. 2 dürfen die im Abs. 1 genannten Personen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihr rechtzeitig eingebrachtes Konzessionsansuchen ihre Tätigkeit im bisherigen Umfang weiter ausüben.

Gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 ist eine Konzession (§ 25) überdies von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber Handlungen oder Unterlassungen begangen hat, die die Annahme rechtfertigen, daß er die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 25 Abs. 1 Z. 1) nicht mehr besitzt.

Nach § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 ist eine Bewilligung (Konzession) für ein konzessioniertes Gewerbe zu erteilen, wenn bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§ 8 bis 15) keine Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes um die Konzession bewirbt, eine der im § 13 Abs. 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.

Im Beschwerdefall ist ausgehend von den Feststellungen des erstbehördlichen Bescheides und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß das Konzessionsansuchen des Beschwerdeführers nach der Aktenlage am bei der Erstbehörde einlangte, entscheidend, ob im Sinne des § 376 Z. 36 Abs. 1 GewO 1973 die von der Erstbehörde angenommenen Voraussetzungen für eine Entziehung der Konzession im Sinne des § 89 Abs. 1 GewO 1973 vorliegen, wobei zunächst im Hinblick auf die Verfahrensbestimmung des § 323d GewO 1973 und das im Zusammenhang damit erstattete Berufungsvorbringen darauf hinzuweisen ist, daß sich aus den Verwaltungsakten ergibt, daß die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien auf Grund der - wiederholten - Aufforderung im Sinne des § 323d Abs. 1 GewO 1973 vom in ihrer Stellungnahme vom ausführte, zum gegenständlichen Konzessionsansuchen werde nach Rücksprache mit der allgemeinen Fachgruppe Wien des Gewerbes mitgeteilt, daß der Handelskammer Wien hinsichtlich des bisherigen Verhaltens des Konzessionswerbers keine Umstände bekannt seien, die die Annahme rechtfertigen könnten, daß die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 nicht gegeben sei, insbesondere daß das Gewerbe in einer den Schutz und die Rechte der Arbeitskräfte nicht gewährleistenden Art ausgeübt werden würde.

Was die zur entscheidenden Frage dargestellte Rechtslage anlangt, so vermag sich der Verwaltungsgerichtshof der Rechtsmeinung des Beschwerdeführers, daß der im § 376 Z. 36 Abs. 1 GewO 1973 angeführte, hier maßgebliche Entziehungsgrund des § 89 Abs. 1 GewO 1973 unabhängig von der Anordnung des § 323b Abs. 2 GewO 1973 zu prüfen sei, nicht anzuschließen. Gegen eine derartige Betrachtungsweise spricht nämlich der systematische und inhaltliche Regelungszusammenhalt dieser Bestimmungen, dessen Annahme insbesondere auch nicht etwa teleologische Überlegungen entgegenstehen, da es sachlich nicht gerechtfertigt erschiene, in Ansehung des Tatbestandsmerkmales des Vorhandenseins der für die Konzessionserteilung erforderlichen Zuverlässigkeit in dieser Hinsicht eine Differenzierung vorzunehmen.

Somit kommt aber im gegebenen Sachzusammenhang im Grunde des § 89 Abs. 1 GewO 1973 die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 mit ihrem durch § 323b Abs. 2 gegebenen Normeninhalt zur Anwendung. Danach ist aber insbesondere die erforderliche Zuverlässigkeit dann nicht mehr gegeben, wenn der Konzessionswerber "unzulässige Arbeitsvermittlung betrieben hat" (Z. 2). Bei diesem Tatbestandsmerkmal handelt es sich - wie aus dem einleitenden Gesetzeswortlaut hervorgeht "... dies ist insbesondere dann der Fall ..." - um eine "praesumptio iuris et de iure", die als solche bei deren sachverhaltsmäßiger Erfüllung einen Gegenbeweis gegen den dadurch normierten Mangel der "Zuverlässigkeit" nicht zuläßt und die weiters insbesondere auch tatbestandsmäßig - anders als etwa die Regelung der Z. 3 dieser Gesetzesstelle - nicht etwa auf die "Erheblichkeit" der entsprechenden Handlungsweise bzw. - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - auf das "beharrliche Nichteinhalten von Dienstnehmerschutzvorschriften" abstellt.

Danach ergibt sich aber im Beschwerdefall im Hinblick auf die bereits im erstbehördlichen Bescheid über Inhalt und Abspruchsgegenstand der Revisionsentscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 14 Ob 224/86, - die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung allgemein dahin einer Erörterung unterzogen wurde, "daß er sich eben an die Grenzen des Gesetzlichen herantastete und bei Überschreitung dieser Grenzen (was hin und wieder geschehen konnte, da der Konzessionswerber kein Jurist ist) sich dem vom Gericht vorgezeigten Lernprozeß stellte und die Verträge abänderte" -, daß dieser Gerichtshof im Rahmen seiner Abspruchskompetenz im Verfahrenszusammenhang zum Ausdruck brachte, daß die Vereinbarung der Parteien, die Entlohnung erfolge (nur) nach den geleisteten Arbeitsstunden laut Stundenverrechnung und der Kläger erhalte seinen Lohn nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden, gegen den § 9 Abs. 4 AMFG verstoße, weil damit das den Beklagten - und somit den Beschwerdeführer - als Überlasser treffende wirtschaftliche Wagnis ausgeschlossen und zum Teil auf den Kläger als zu überlassenden Arbeitnehmer überwälzt worden sei, weshalb somit geradezu der typische Fall der vom Gesetzgeber verbotenen Stellenvermittlung vorliege.

Ausgehend von diesen die Revisionsentscheidung tragenden Gründen, deren Bindung auch für das vorliegende Konzessionsverleihungsverfahren gegeben war, ist somit die Tatbestandsvoraussetzung des § 89 Abs. 1 GewO 1973 im vordargestellten Normenzusammenhang erfüllt. Im Sinne der obigen Darlegungen steht daher schon dieser Umstand einer auf die Übergangsbestimmung des § 376 Z. 36 GewO 1973 gestützten Konzessionsverleihung entgegen. Es erübrigte sich daher auch eine Erörterung des weiteren auf die sonstigen Ausführungen des erstbehördlichen Bescheides bezughabenden Berufungsvorbringens, insbesondere auch in Ansehung der in diesem Zusammenhang vorgebrachten Verletzung des Parteiengehörs. Hinzuzufügen ist, daß eine solche in Ansehung der vorangeführten Revisionsentscheidung und der auf Grund dieser getroffenen Feststellung schon deshalb nicht gegeben sein könnte, da es sich hiebei nach der dargestellten Aktenlage um unbestrittene Tatsachenfeststellungen handelt und abgesehen davon ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs jedenfalls im Berufungsverfahren durch die mit der Berufung gegebenen Möglichkeiten der Stellungnahme saniert wird.

Die Berufung des Beschwerdeführers war somit aus den dargelegten Gründen abzuweisen und der Abspruch des erstbehördlichen Bescheides zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.