VwGH vom 10.06.1992, 90/04/0157
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 04-25 Hi 1-1989/3, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom wurde dem Beschwerdeführer gegenüber wie folgt abgesprochen:
"Die H-Gesellschaft m.b.H. hat den für ihren Gastgewerbebetrieb in G, N-Straße 24, anläßlich der Konzessionserteilung als gewerberechtlichen Geschäftsführer genehmigten Herrn R mit Eingabe vom als solchen mit Wirkung vom abgemeldet und trotz der bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers dieses Gastgewerbe bis heute ausgeübt, ohne die Genehmigung der Bestellung eines neuen Geschäftsführers erhalten zu haben. Die Bestellung eines neuen Geschäftsführers hätte, da ein Antrag auf Fristverlängerung auf sechs Monate damals nicht gestellt wurde, bis spätestens erfolgen müssen. Dafür, daß das Gastgewerbe seit bis heute ausgeübt wurde, ohne daß die Gesellschaft die Genehmigung der Bestellung eines neuen Geschäftsführers erhalten hat, sind Sie als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
....."
Einer dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom unter Bestätigung des erstbehördlichen Bescheides keine Folge; jedoch wurde der Spruch dahin abgeändert, daß die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung den §§ 9 Abs. 1 VStG 1950 iVm § 367 Z. 2 GewO 1973 unterstellt wurde. Zur Begründung wurde - nach Wiedergabe des Straferkenntnisses - im wesentlichen ausgeführt, dem im ergänzenden Ermittlungsverfahren beigeschafften Gewerbeakt des Magistrates Graz, sei zu entnehmen, daß für das gegenständliche Gastgewerbe mit Eingabe vom Herr W als gewerberechtlicher Geschäftsführer namhaft gemacht worden sei, wobei gleichzeitig der genehmigte gewerberechtliche Geschäftsführer Herr R per aus seiner gewerberechtlichen Stellung entlassen worden sei. Mit Eingabe vom sei bekanntgegeben worden, daß W nicht mehr als gewerberechtlicher Geschäftsführer der genannten Gesellschaft fungiere. Eine gewerbebehördliche Genehmigung des Herrn W zum gewerberechtlichen Geschäftsführer der genannten Gesellschaft zwecks Ausübung des Gastgewerbes sei jedoch nicht erfolgt. Mit Eingabe vom habe die H-BetriebsgesmbH Frau P als gewerberechtliche Geschäftsführerin namhaft gemacht. Mit Bescheid "des Magistrates Graz" vom sei Frau P zur gewerberechtlichen Geschäftsführerin der in Rede gestellten Gesellschaft bestellt worden. Zum genannten Tatzeitpunkt ( bis ) habe daher die H-BetriebsgesmbH über keinen genehmigten gewerberechtlichen Geschäftsführer verfügt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer bei der gegebenen Sach- und Rechtslage in dem Recht verletzt, nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer unter anderem (zusammengefaßt) vor, der Spruch des Straferkenntnisses sei "an und für sich" unklar und entspreche auch nicht den formellen gesetzlichen Bestimmungen. Auch der Zeitraum der Tatbegehung sei aus dem Straferkenntnis nicht zweifelsfrei erkennbar.
Schon mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht:
Gemäß § 44a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, 2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und ZEIT) unverwechselbar feststeht (vgl. dazu u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/04/0184).
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargetan hat, ziehen Widersprüche zwischen dem Spruch einer in einer Verwaltungsstrafsache ergangenen Berufungsentscheidung und ihrer Begründung (z.B. über konkrete Tatumstände wie Tatort oder TATZEIT) die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides nach sich (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshof vom , Slg. N.F. Nr. 4705/A, vom , Zl. 06/3162/79, und vom , Zl. 85/02/0064).
Im insofern aus dem Straferkenntnis übernommenen Spruch des Bescheides wird der Zeitraum der Tatbegehung mit " bis heute" umschrieben. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers wird damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß die Tatzeit mit beginnt und mit dem Zeitpunkt der Schöpfung des Straferkenntnisses (das ist im Falle der schriftlichen Bescheiderlassung der Zeitpunkt der Unterfertigung durch den Genehmigenden), also mit Bescheiddatum, endet (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 84/04/0134).
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird aber nun ausgeführt, "zum genannten TATZEITPUNKT ( BIS ) hat die H-BetriebsgesmbH über keinen genehmigten gewerberechtlichen Geschäftsführer verfügt". Im Spruch des angefochtenen Bescheides wird als Tatzeit jedoch - wie oben ausgeführt - " bis heute", das ist das Datum der "Schöpfung" des Straferkenntnisses, also der , genannt.
Spruch und Begründung enthalten daher in der Frage der Tatzeit einen Widerspruch. Schon aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Bei diesem Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Prüfung kann es auch dahingestellt bleiben, ob der belangten Behörde ein entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel dadurch unterlief, daß sie auf den Einwand des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren, er sei zwar handelsrechtlicher Geschäftsführer des Unternehmens gewesen, jedoch seien die steuerrechtlichen und gewerberechtlichen Angelegenheiten von der "Steuerberatungsgesellschaft G" bzw. von Herrn Dr. S durchgeführt worden, sodaß ihn an der Nichtanmeldung des neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers kein Verschulden treffe, nicht einging, und daß in dieser Frage - wie den Akten zu entnehmen ist - keinerlei Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Da der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers den im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Pauschalbetrag nicht ausgeschöpft hat, war der Aufwandersatz nur im begehrten Ausmaß zuzusprechen. Art. III Abs. 2 der zitierten Pauschalierungsverordnung kam daher nicht zur Anwendung (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/17/0185).
Fundstelle(n):
KAAAE-46319