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VwGH vom 27.06.2007, 2002/03/0275

VwGH vom 27.06.2007, 2002/03/0275

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des CL in R, Deutschland, vertreten durch Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. 1-0381/02/E4, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher genannten SpeditionsgesmbH und damit als zur Vertretung dieser Firma nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass diese als Unternehmer veranlasst habe, dass mit einem dem Kennzeichen nach näher bestimmten LKW (zulässiges Gesamtgewicht über 7,5 t) - Lenker sei G.H. gewesen - am um 10.10 Uhr bei Zollamt Höchst, Richtung Schweiz, eine ökopunktpflichtige Transitfahrt durchgeführt worden sei, ohne dem Lenker vor Antritt dieser Fahrt die erforderliche Anzahl von Ökopunkten zu übergeben.

Hiedurch habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 6 iVm § 9 Abs. 3 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, der Lenker des genannten Lkws habe sich am um 10.10 Uhr nach Durchführung einer Transitfahrt durch Österreich beim Zollamt Höchst zur Ausreise in die Schweiz gestellt. Für die genannte ökopunktpflichtige Transitfahrt seien keine Ökopunkte entrichtet worden, weil es die Firma L. Speditions GmbH, welche Zulassungsbesitzerin des genannten Lkws sei und diese Fahrt veranlasst habe, unterlassen habe, dem genannten Lenker vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der genannten GmbH und daher als solcher das zur Vertretung dieser Firma nach außen berufene Organ. Dass der Fahrzeuglenker unmittelbar nach dem Grenzeintritt, welcher beim ehemaligen Autobahnzollamt in Hörbranz erfolgt sei, zur Firma R nach Dornbirn gefahren sei, um dort einen Drucker abzuladen, und mit der restlichen Ware zum Zollamt nach Höchst weitergefahren sei, um über dieses Zollamt in die Schweiz auszureisen, ändere an der Ökopunktepflicht der hier in Rede stehenden Transitfahrt nichts. Nach Art. 14 der Ökopunkteverordnung sei nur eine Fahrt, bei der das Fahrzeug entweder eine vollständige Ladung in Österreich absetze oder aufnehme und bei der im Fahrzeug geeignete Nachweisunterlagen mitgeführt würden, von der Entrichtung der Ökopunkte befreit.

Die Regelungen betreffend das Ökopunktesystem seien gemeinschaftsrechtlicher Natur. Das Ökopunktesystem basiere somit nicht auf einer nur in Österreich geltenden Rechtsvorschrift, die außerhalb Österreichs gänzlich unbekannt wäre. Die hier in Rede stehende Firma hätte sich, bevor sie dem Fahrzeuglenker den Auftrag gegeben habe, die gegenständliche Transitfahrt durch Österreich durchzuführen, mit der Rechtslage in einer Weise auseinander setzen müssen, wie es von einem Güterbeförderungsunternehmer erwartet werden könne. Dabei genüge ein Blick in das vom Beschwerdeführer angeführte "VKS-Handbuch" allein nicht. Vielmehr hätte sich diese Firma im Zweifel auch noch bei einer kompetenten (behördlichen) Stelle über die Notwendigkeit der Entrichtung von Ökopunkten für die gegenständliche Transitfahrt informieren müssen. Dass sie dies getan habe, werde nicht einmal behauptet. Von einem geringen Verschulden - diesbezüglich werde vielmehr grob fahrlässiges Verhalten angenommen - könne somit aus der Sicht der belangten Behörde keine Rede sein.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 6 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 begeht (abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen) eine Verwaltungsübertretung, wer § 9 Abs. 3 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 zuwiderhandelt.

Gemäß § 23 Abs. 3 leg. cit. ist ein Unternehmer nach Abs. 1 Z. 6 auch dann strafbar, wenn er die in §§ 7 bis 9 leg. cit. genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt.

§ 9 Abs. 3 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593 idF BGBl. I Nr. 106/2001, lautet wie folgt:

"(3) Jeder Unternehmer, der veranlasst, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt wird, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000, (Ökopunkteverordnung) Ökopunkte zu entrichten sind, hat dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Wird ein Umweltdatenträger benützt, hat sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert. Er hat weiters den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat."

Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, i.d.F. der Verordnungen (EG) Nr. 1524/96 und Nr. 609/2000 (Ökopunkteverordnung), lautet:

"Eine Fahrt, bei der das Fahrzeug entweder eine vollständige Ladung in Österreich absetzt oder aufnimmt und im Fahrzeug geeignete Nachweisunterlagen mitgeführt werden, ist ungeachtet der Strecke, über die die Einreise des Fahrzeugs nach Österreich oder die Ausreise erfolgt, von der Entrichtung der Ökopunkte befreit."

Gemäß Art. 1 des dem EU-Beitrittsakt beigefügten Protokolls Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich (BGBl. Nr. 45/1995) gilt als Transitverkehr durch Österreich jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen (lit. c), als Straßengütertransitverkehr durch Österreich jeder Transitverkehr, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, unbeschadet ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind (lit. e) und als Lastkraftwagen jedes zur Beförderung von Gütern oder zum Ziehen von Anhängern in einem Mitgliedstaat zugelassene Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen, einschließlich Sattelzugfahrzeuge, sowie Anhänger mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen, die von einem in einem Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen oder weniger gezogen werden (lit. d).

Der Beschwerdeführer rügt zunächst, dass die belangte Behörde - ohne dies in der Begründung zu erwähnen - den Spruch des angefochtenen Bescheides in unzulässiger Weise ergänzt und ein wesentliches Tatbestandselement, das im Spruch des Straferkenntnisses nicht enthalten gewesen sei, angefügt habe ("zulässiges Gesamtgewicht über 7,5 Tonnen").

Dem ist zu entgegnen, dass Art. 1 lit. d des angeführten Protokolls Nr. 9 eine Legaldefinition des in Art. 1 Abs. 1 der angeführten EG Verordnungen enthaltenen Begriffes des "Lastkraftwagens" enthält, die u.a. das Kriterium des in einem Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeuges "mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 7,5 t, einschließlich Sattelzugfahrzeuge" enthält. Eine in einer anderen als der gemäß § 44a Z. 2 VStG im Spruch anzuführenden übertretenen Norm enthaltene Legaldefinition stellt kein in die Verfolgungshandlung und in den Spruch aufzunehmendes wesentliches Tatbestandsmerkmal dar (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/03/0127, mwN). Der Beschwerdeführer wurde daher in keinem Recht verletzt, wenn die belangte Behörde dem Spruch des angefochtenen Bescheides ein überflüssiges Tatbestandselement hinzufügte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/02/0077). Dass das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug die Voraussetzungen der angeführten Legaldefinition nicht erfüllt hätte, wird in der Beschwerde nicht behauptet.

Der Beschwerdeführer meint weiters, ein Verstoß gegen § 66 Abs. 4 AVG liege auch darin, dass im angefochtenen Bescheid erstmalig zum Ausdruck komme, er habe die Tat als Geschäftsführer und damit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten; sohin wechsle das Subjekt des Vorwurfes: während die erstinstanzliche Behörde den Beschwerdeführer selbst als Unternehmer bezeichnet habe, bezeichne die belangte Behörde die Gesellschaft als solchen.

Auch damit ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist die Berufungsbehörde auch berechtigt, die Bestrafung eines Beschuldigten mit der Maßgabe aufrecht zu erhalten, dass ihm die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0010).

Der Beschwerdeführer wendet sich schließlich gegen die Annahme der belangten Behörde, er habe grob fahrlässig gehandelt, und führt aus, er habe sich auf ein Handbuch verlassen, das im Nachhinein gesehen, einen missverständlichen Text aufgewiesen habe. Er habe den Inhalt so verstanden, dass nach der Entladung in Österreich eine zweite Beförderung vorliege und damit die Voraussetzungen für eine ökopunktbefreite Fahrt. Dem Beschwerdeführer hätte sohin ein Rechtsirrtum zugebilligt werden müssen.

Ein Rechtsirrtum setzt gemäß § 5 Abs. 2 VStG die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift voraus. Diese Unkenntnis des Gesetzes, wie auch eine irrige Gesetzesauslegung, müssen unverschuldet sein. Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Es bedarf bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen; wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (vgl. das hg Erkenntnis vom , Zl. 2002/03/0251). Fachkundige Auskünfte bei einer dafür geeigneten Stelle, etwa bei einem zum Vollzug des GütbefG berufenen Organ einzuholen, hielt der Beschwerdeführer nach seinen Angaben jedoch deshalb für entbehrlich, weil er nach Einsicht in ein "VKS-Handbuch" keinerlei Zweifel an der Richtigkeit des Inhaltes dieses Handbuches und an der Richtigkeit der von ihm getroffenen Auslegung hatte. Im Hinblick darauf, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Rechtsvorschriften um die zentralen Normen für die gewerbliche Tätigkeit des Unternehmens, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, handelt, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Verschulden des Beschwerdeführers am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum bejahte.

Soweit der Beschwerdeführer offensichtlich im Zusammenhang mit seinen Überlegungen, es liege ein zu berücksichtigender Rechtsirrtum vor, ferner meint, es hätte auch vom Vorliegen einer mangelnden Strafwürdigkeit der Tat im Sinne des § 21 VStG ausgegangen werden müssen, zumal sein Verschulden geringfügig geblieben sei, kann ihm schon im Lichte der vorangegangenen Ausführungen zum Rechtsirrtum nicht gefolgt werden (vgl. auch dazu das hg Erkenntnis vom , Zl. 2002/03/0251, sowie vom , Zl. 2004/03/0169).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am