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VwGH vom 28.03.2006, 2002/03/0264

VwGH vom 28.03.2006, 2002/03/0264

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des R F in R, vertreten durch Dr. Anton Gradischnig, Dr. Peter Gradischnig, Dr. Gerhard Gradischnig und Dr. Margit Niederleitner-Gradischnig, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Moritschstraße 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats für die Steiermark vom , Zl UVS 30.8-132,133/2001-9, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs 2 StVO 1960 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, 1.) als Lenker eines nach dem Kennzeichen näher bestimmten PKW am um 18.03 Uhr an einer näher bezeichneten Stelle der A2 die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 58 km/h überschritten zu haben, und 2.) als Zulassungsbesitzer desselben Fahrzeuges der schriftlichen Aufforderung vom , innerhalb von 14 Tagen bekannt zu geben, wer dieses Fahrzeug am zum Tatzeitpunkt angeführten Ort gelenkt habe, nicht nachgekommen zu sein, weil die von ihm angegebene Person an der angegebenen Anschrift unbekannt sei. Zu 1.) habe der Beschwerdeführer § 20 Abs 2 StVO 1960 verletzt, über ihn wurde gemäß § 99 Abs 3 lit a leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit sechs Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Zu 2.) habe der Beschwerdeführer § 103 Abs 2 KFG 1967 verletzt, über ihn wurde gemäß § 134 Abs 1 leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit vier Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes festgehalten: Es sei unbestritten, dass das in Rede stehende Fahrzeug am angegebenen Tatort zur Tatzeit mit einer Geschwindigkeit von 188 km/h gelenkt worden sei. Ebenso sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer zu der besagten Aufforderung vom mit Schreiben vom angegeben habe, dass das Fahrzeug damals von I H, wohnhaft an einer näher genannten Adresse in Budapest, gelenkt worden sei. Das an diesen gerichtete Schreiben der Erstbehörde sei mit dem Vermerk "unbekannt (inconnu)" retourniert worden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer - auf Grund einer Aufforderung zur Rechtfertigung - bekannt gegeben, dass der von ihm namhaft gemachte Lenker H ohne Wissen des Beschwerdeführers das Fahrzeug an B P, ebenfalls wohnhaft in Budapest an einer näher genannten Adresse, weitergegeben habe. Eine Einvernahme des B P habe seitens der belangten Behörde nicht durchgeführt werden können, weil dieser mittels telefonischer Mitteilung (SMS) erklärt habe, nicht zur Verhandlung erscheinen zu können. In der mündlichen Verhandlung vom habe der Beschwerdeführer ferner I D (wohnhaft an einer näher genannten Adresse in Budapest) namhaft gemacht, der aussagen hätte können, dass er sich gemeinsam mit dem Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt an einem anderen Ort als dem Tatort befunden hätte. Bei dieser Verhandlung sei auch ein Telefax vom vorgelegt worden, in dem dieser Zeuge ausgeführt habe, aus beruflichen Gründen nicht nach Österreich kommen zu können, weil er hauptsächlich in Kroatien tätig wäre, eine "ladungsfähige" Anschrift in Kroatien sei nicht angegeben worden.

In Bezug auf die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer selbst das Fahrzeug gelenkt habe. Der ursprünglich namhaft genannte Lenker H habe niemals bekannt gegeben, dass er das Fahrzeug gelenkt hätte. Auch der nunmehr namhaft gemachte Lenker B P habe niemals konkret angegeben, dass er das Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort gelenkt hätte. Es möge durchaus sein, dass er nach der bei der mündlichen Verhandlung am vorgelegten schriftlichen Stellungnahme (erstellt bereits am , beim Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eingegangen am ) am Tag der Tat das Fahrzeug von Budapest nach Rosegg gefahren sei, dies schließe jedoch nicht grundsätzlich aus, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt das Fahrzeug selbst gelenkt habe, weil sich aus dieser Stellungnahme nicht die ausschließliche Lenkereigenschaft des B P ergebe und diese auch keine präzise Zeitangabe enthalte.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstatte eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Zur Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG 1967:

Unstrittig ist, dass der auf die Aufforderung vom vom Beschwerdeführer am gegenüber der Erstbehörde als Lenker bekannt gegebene I H das Fahrzeug nicht zur Tatzeit am Tatort lenkte. Diese Lenkerauskunft erweist sich sohin als unzutreffend, weshalb der Beschwerdeführer das objektive Tatbild des § 103 Abs 2 KFG 1967 verwirklichte. Da es sich bei einer Übertretung nach § 103 Abs 2 leg cit um ein Ungehorsamsdelikt handelt, war es Sache des Beschwerdeführers, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2002/03/0012). Der Hinweis des Beschwerdeführers, das Fahrzeug sei von I H, der von ihm mit der Überstellung des Fahrzeugs von Budapest nach Rosegg beauftragt worden sei, ohne sein Wissen an B P weitergegeben worden, reicht jedoch zur Glaubhaftmachung des mangelnden Verschuldens nicht aus, hätte sich der Beschwerdeführer doch vor Bekanntgabe des I H erkundigen müssen, ob dieser tatsächlich das Fahrzeug gelenkt habe.

Die Beschwerde war sohin in Ansehung der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.2. Zur Übertretung nach § 20 Abs 2 StVO 1960:

Entgegen der Beschwerde war eine Kontaktaufnahme mit dem vom Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung am benannten Zeugen I D (wohnhaft an einer näher genannten Adresse in Budapest), der aussagen hätte können, dass er sich gemeinsam mit dem Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt an einem anderen Ort als am Tatort befunden hätte, nicht erforderlich. Einer Ladung bzw Vernehmung des genannten Zeugen im Rechtshilfeweg stand das Fehlen eines eine solche Vorgangsweise ermöglichenden Rechtshilfeabkommens mit Ungarn entgegen (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 98/03/0112). Ferner hat der Zeuge D im schon genannten Telefax vom mitgeteilt, dass er in nächster Zeit aus beruflichen Gründen nicht nach Österreich kommen könne, weil er hauptsächlich in Kroatien tätig sei, eine Adresse, unter der die belangte Behörde mit ihm dort in Kontakt hätte treten können, wurde aber weder von ihm noch vom (anwaltlich vertretenen) Beschwerdeführer genannt. Es kann nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde nicht weiter versucht hat, mit dem Genannten in Kontakt zu treten.

Anders verhält es sich mit Blick auf den vom Beschwerdeführer nach I H als Lenker genannten B P. Aus der oben genannten Stellungnahme des B P vom ergibt sich, dass er am Tattag das in Rede stehende Fahrzeug "von Budapest nach Rosegg gefahren" habe, um "im Auftrag von Herrn I H das Fahrzeug dort hin zu überstellen". Diese Aussage schließt es zwar nicht aus, dass B P das in Rede stehende Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort lenkte. Angesichts der der belangten Behörde bekannt gegebenen Adresse von B P hätte sie es auf dem Boden der im hg Erkenntnis eines verstärkten Senats vom , Slg Nr 13 451/A, auf das gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, vorgezeichneten Vorgangsweise aber zumindest versuchen müssen, mit diesem in Verbindung zu treten, um den Sachverhalt zu klären.

Da der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid in Ansehung der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs 2 StVO 1960 gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

2.3. Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am