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VwGH vom 15.04.1998, 98/09/0044

VwGH vom 15.04.1998, 98/09/0044

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Ali Fuat Atceken in Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer, Rechtsanwalt in Wien III, Ditscheinergasse 4, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 10/13117/797 630, betreffend Feststellung nach dem Assoziationsabkommen EWG-Türkei, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Bau-Holz vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/1980 des Assoziationsrates vom über die Entwicklung der Assoziation keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde - soweit für die Behandlung der Beschwerde wesentlich - aus, im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren sei festgestellt worden, daß die Anrechnungskette der Beschäftigungszeiten des Beschwerdeführers in der Zeit von bis 4. September "1997" (richtig wohl: 1994) sowie von

bis unterbrochen sei. In der Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, er habe kurzfristig in die Türkei reisen müssen, weil seine Mutter am tödlich verunglückt sei; von seinem damaligen Arbeitgeber sei er von der Gebietskrankenkasse abgemeldet worden. Per sei er von seinem damaligen Arbeitgeber saisonbedingt gekündigt worden; in der Folge habe er sich im Ausland aufgehalten und sei nur aus diesem Grund nicht arbeitslos gemeldet gewesen. Nach seiner Rückkehr am sei der Beschwerdeführer arbeitslos gemeldet und in der Folge wieder unselbständig beschäftigt gewesen. Es sei daher davon auszugehen, daß die Absenz des Beschwerdeführers vom Bundesgebiet in der Zeit von

bis aufgrund seines Auslandsaufenthaltes nach saisonbedingter Kündigung durch seinen damaligen Arbeitgeber und die damit verbundene Nichtbeanspruchung eines Leistungsbezuges keinesfalls als eine unverschuldete Unterbrechung zu werten sei. Das nach dem Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des Beschlusses des Assoziationsrates Nr. 1/80 festgelegte Erfordernis einer vierjährigen ununterbrochenen Beschäftigung werde vom Beschwerdeführer im Hinblick auf die Unterbrechungen seiner Beschäftigung in der Zeit von bis sowie von bis nicht erfüllt. (Die weiteren Bescheidbegründung betrifft das Erfordernis einer Aufenthaltsberechtigung.)

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, daß "seinem Antrag auf Feststellung, daß er aufgrund des Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des EU-Assoziationsratsbeschlusses 1/80 freien Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich hat, nicht folge gegeben wird" verletzt. Er bringt dazu im wesentlichen vor, er sei seit in Österreich beschäftigt. Seither habe es zwei kurze unverschuldete Unterbrechungen in seinen Versicherungszeiten gegeben. Am sei seine Mutter in der Türkei tödlich verunglückt. Er habe deshalb kurzfristig in die Türkei reisen müssen und sei von seinem damaligen Arbeitgeber von der Gebietskrankenkasse abgemeldet worden; daraus resultiere die Unterbrechung seiner Versicherungszeiten von bis . Er sei per von seinem damaligen Arbeitgeber saisonbedingt gekündigt worden; in der Folge habe er sich im Ausland aufgehalten und sei nur aus diesem Grund nicht arbeitslos gemeldet gewesen. In dieser Zeit habe er nur saisonbedingt keine andere Beschäftigung gefunden. Daraus sei die Unterbrechung von bis entstanden; nach seiner Rückkehr sei er ab dem arbeitslos gemeldet gewesen und in der Folge wieder unselbständig beschäftigt gewesen. Verschuldete Unterbrechungen seiner Beschäftigung seit dem seien nicht aufgetreten; unverschuldete Unterbrechungen würden aber seine aufgrund der Beschäftigungszeiten erworbenen Ansprüche nicht berühren. Die seit dem aufgetretenen geringfügigen Unterbrechungen seiner Beschäftigung würden daher seine erworbenen Ansprüche nicht zum Erlöschen bringen. (Die übrigen Beschwerdeausführungen betreffen das Erfordernis eines Aufenthaltsrechtes.)

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Im Beschwerdefall geht es ausschließlich darum, ob im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die tatbestandlichen Voraussetzungen nach Artikel 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei Nr. 1/80 (ARB Nr. 1/1980) vom Beschwerdeführer erfüllt wurden.

Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat nach Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/1980 des Assoziationsrates über die Entwicklung der Assoziation (ARB Nr. 1/80) der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat


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nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt; (1. Gedankenstrich)
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nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung
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vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern des Mitgliedstaats eingetragenes Stellenangebot zu bewerben; (2. Gedankenstrich)
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nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis (3. Gedankenstrich).
Nach dem Abs. 2 des Art. 6 ARB Nr. 1/80 werden der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche.
Im Beschwerdefall ist - nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und dem Vorbringen in der Beschwerde - unbestritten, daß das Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers (mit 28. Dezember) im Jahr 1994 beendet wurde und der Beschwerdeführer bis in keinem Beschäftigungsverhältnis stand.
Dieser Unterbrechung kommt entscheidende Bedeutung für die Anrechenbarkeit der vom Beschwerdeführer bis zurückgelegten Beschäftigungszeiten zu. Der Beschwerdeführer konnte sich nämlich vor dem Wirksamwerden des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 mit dem (am erfolgten) Beitritt Österreichs zur Europäischen Union noch nicht auf ein aus Art. 6 Abs. 2 ARB Nr. 1/80 abgeleitetes Recht auf seine weitere Zugehörigkeit zum Arbeitsmarkt des Mitgliedstaates Österreich - etwa im Sinne des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom in der Rechtssache C-171/95, Recep Tetik - berufen (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom ,
Zlen. 97/09/0099 und 0100, vom , Zl. 97/09/0152, und vom , Zl. 96/21/0100). Der Beschwerdeführer hat demnach - auch unter Zugrundelegung seines eigenen Vorbringen - frühestens ab anrechenbare Beschäftigungszeiten (im Sinne des Assoziierungsabkommens EWG-Türkei).
Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das in der Beschwerde zu der anderen, vor dem erfolgten Unterbrechung seiner Beschäftigung oder zu seinem allfälligen Aufenthaltsrecht erstatteten Vorbringen weiter einzugehen, da der Beschwerdeführer beginnend ab dem im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in zeitlicher Hinsicht noch keinesfalls die tatbestandlichen Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich ARB Nr. 1/80 erfüllt haben kann. Demnach mangelt es schon aus den dargelegten Gründen den in der Beschwerde behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften an der erforderlichen Relevanz (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG). Auch die solcherart für den Ausgang des Beschwerdeverfahrens unerhebliche Anregung des Beschwerdeführers auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 EG-Vertrag war nicht aufzugreifen.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Fundstelle(n):
AAAAE-46156