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VwGH vom 30.01.2004, 2002/02/0302

VwGH vom 30.01.2004, 2002/02/0302

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2003/02/0220 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des FG in P, vertreten durch Dr. Herbert Kofler und Dr. Edgar Pinzger, Rechtsanwälte in 6500 Landeck, Innstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2001/13/136-9, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am um 21.05 Uhr das Fahrzeug (Sattelkraftfahrzeug) mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t, Kennzeichen ... (Zugmaschine) und Kennzeichen ... (Auflieger), auf der Reschenstraße B-180 bei km ... in N in Fahrtrichtung L gelenkt und dabei entgegen den Bestimmungen des § 52 lit. a StVO i.V.m. § 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom , Zahl 3-4265, das Verkehrszeichen "FAHRVERBOT FÜR LASTKRAFTFAHRZEUGE über 7,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht" missachtet, obwohl die Fahrt nicht unter die Ausnahmebestimmungen der Verordnung gefallen sei, und er auch nicht im Besitze einer Ausnahmegenehmigung gewesen sei.

Er habe eine Übertretung gemäß § 52 lit. a StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 218,02 (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom , Zahl 3-4265 (Bote für Tirol, Stück 26/181. Jahrgang/2000, Nr. 707, herausgegeben und versendet am ; in der Folge "Reschenfahrverbotsverordnung") ist auf der B 180 Reschen Straße von km 0,475 (Bereich Nordportal des Landecker Tunnels) bis km 46,22 (Nauders/Staatsgrenze) das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in beiden Richtungen verboten.

§ 2 in Verbindung mit § 2a dieser Verordnung sieht Ausnahmen von diesem Fahrverbot vor, wobei diese jedoch für die die vorliegende Beschwerde betreffende Fahrt nicht in Frage kommen.

§ 4 dieser Verordnung normiert, dass diese durch Anbringung der Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit. a Ziffer 7a StVO 1960 "Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t" mit dem Zusatz "ausgenommen Berechtigte laut Bote für Tirol Nr. 707/2000" an folgenden Standorten kundzumachen ist:

1. Richtung Süden (Reschen):

a) auf der B 180 Reschen Straße bei km 0,475 im Bereich des Nordportales des Landecker Tunnels, Gemeinde Zams;

b) auf der L 76 Landecker Straße unmittelbar nach dem Parkplatz gegenüber dem Gasthof "Neuer Zoll" samt einer Zusatztafel und der Entfernungsangabe "in 400 m";

2. Richtung Norden (Zams) auf der B 180 Reschen Straße:

a) unmittelbar nach der Staatsgrenze im Bereich vor

der Grenzübergangsstelle Nauders;

b) im Bereich der Kreuzung B 184 Engadiner Bundesstraße mit der B 180 Reschen Straße unmittelbar nach der Grenzübergangsstelle Pfunds.

Insofern der Beschwerdeführer rügt, in der gegenständlichen Verordnung seien die Aufstellungsorte der Verkehrszeichen zu unbestimmt festgelegt, ist er auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/02/0107, hinzuweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass in einer gemäß § 43 StVO erlassenen Verordnung betreffend Verkehrsbeschränkungen keine Anleitung darüber stehen müsste, wie die Kundmachung der Verkehrsbeschränkung zu erfolgen hat, da die Art und Weise, wie Verordnungen kundzumachen sind, ohnehin durch § 44 StVO geregelt wird. Es ist gleichgültig, wie die - somit keinen normativen Gehalt aufweisenden und demnach überflüssigen - Bestimmungen über die Art der Kundmachung in der Verordnung ausgestaltet sind.

Des Weiteren regt der Beschwerdeführer im Hinblick auf den "Gleichheitsgrundsatz" an, der Verwaltungsgerichtshof wolle beim Verfassungsgerichtshof den Antrag stellen, dass die gegenständliche Verordnung als "gesetzes- und verfassungswidrig aufgehoben" werde. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umstände lassen jedoch keine für eine Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof ausreichenden Normbedenken entstehen.

Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden. Denn der Beschwerdeführer weist auch darauf hin, er habe im Verwaltungsstrafverfahren konkret mehrere Zufahrtsmöglichkeiten auf die B 180 im gegenständlichen Verbotsbereich genannt, an denen keine die gegenständliche Verordnung kundmachende Verkehrszeichen aufgestellt gewesen seien (so zB. in der Berufung, S. 7, vorletzter Absatz; weiters in der Stellungnahme vom , S. 5). Daraus leitete der Beschwerdeführer einen Kundmachungsmangel ab. Seiner Ansicht nach sei "generell - ohne gewisse Fälle zu unterscheiden - eine Anbringung der Verkehrszeichen und Hinweistafeln bei jeder Auffahrt auf die von einer Verkehrsbeschränkung betroffene Straßenstrecke" nowendig.

Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , V 95/99-7, mit ausführlicher Begründung dargelegt hat, enthält § 44 Abs. 2b StVO 1960 die Anordnung, den Inhalt von gemäß § 43 StVO erlassenen Verordnungen zusätzlich zur Kundmachung (hier: im Boten für Tirol) durch Hinweistafeln am Beginn der von der Verordnung betroffenen Straßenstrecke, und zwar bei jeder Auffahrt auf die von der Verkehrsbeschränkung betroffene Straßenstrecke, zu verlautbaren. Die Verlautbarung des Inhalts von Verordnungen gemäß § 44 Abs. 2b StVO 1960 durch Hinweistafeln an der im Gesetz festgelegten Stelle ist dabei ein Erfordernis für die Gesetzmäßigkeit der Kundmachung einer solchen Verordnung. Der Verwaltungsgerichtshof schloss sich den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im zitierten Erkenntnis über das Erfordernis einer gesetzmäßigen Kundmachung solcher Verordnungen an (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/03/0276). Diese Aussage kann allerdings nur so verstanden werden, als jede Auffahrt gemeint ist, welche auf legale Weise mit Kraftfahrzeugen, für welche die Verkehrsbeschränkung gilt, überhaupt erreicht werden kann. Nur unter diesem Gesichtspunkt ist daher die Frage der Notwendigkeit einer Kundmachung durch Verkehrszeichen an den vom Beschwerdeführer konkret genannten Zufahrtsmöglichkeiten zur B 180 zu prüfen.

Der Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art. 89 Abs. 1 B-VG berechtigt, die gehörige Kundmachung von Verordnungen selbst zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0263). Die zu diesem Zweck durchgeführten Ermittlungen beim Landesgendarmeriekommando für Tirol bzw. Bezirksgendarmeriekommando Landeck brachten zu den vom Beschwerdeführer konkret genannten Zufahrtsmöglichkeiten auf die B- 180 folgende Ergebnisse (es werden nur jene Zufahrtsmöglichkeiten behandelt, die einen Kundmachungsmangel zum Tatzeitpunkt ergeben):

...

b) Zufahrtsmöglichkeit auf die B 180 in Nauders von der

B 185: Auf der B 185 besteht ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t mit dem Zusatz "für ökopunktpflichtige Fahrzeuge". Das Verkehrszeichen ist in Martina unmittelbar nach der Staatsgrenze und in Nauders im Bereich der Abzweigung von der B 180 aufgestellt.

c) Zufahrtsmöglichkeit auf die B 180 von der Spisser Landesstraße L 348: Auf der - bei Vinadi von der Straße ins Schweizer Engadin abzweigenden - Zufahrt nach Samnaun besteht ein Fahrverbot unter anderem für LKW über 18 bzw. 19 t. Diese Zufahrt mündet nahe Spiss in die Spisser Landesstraße L 348, auf der keine Gewichtsbeschränkung gilt.

Die Bezirkshauptmannschaft Landeck (welche die zu Grunde liegende Verordnung erlassen hatte) teilte hiezu mit Schreiben vom mit:

Zu b)

"Neben dem genannten Fahrverbot für ökopunktpflichtigen Verkehr besteht auf der sehr gering frequentierten B 185 Martinsbrucker Straße ein weiteres Fahrverbot für Kfz mit Anhängern, die eine Länge von 6,5 m überschreiten.

Somit war es bisher auch dem nichtökopunktpflichtigen Verkehr mit Anhängern über die genannte Länge rechtlich nicht möglich, auf die B 180 Reschen Straße zu gelangen.

Bei den restlichen Fahrten von LKW's über 7,5 t hzGG ohne Anhänger aber handelt es sich durchwegs um den lokalen Wirtschaftsverkehr, der üblicherweise unter eine Ausnahmeregelung der Reschenfahrverbotsverordnung fällt.

Vom 'typischen' Transitverkehr (Lastkraftwagen + Anhänger und Sattelkraftfahrzeuge) wird die genannte Strecke in der Praxis tatsächlich nicht benutzt."

Zu c):

"... Auf Grund der topographischen Verhältnisse und der

baulichen Anlage der Straße Vinadi - Samnaun (kurvenreiche, enge - teils einspurige Streckenführung mit mehreren unbeleuchteten Tunnels), sowie der Tatsache, dass der Wirtschaftsverkehr Schweiz-Samnaun üblicherweise zur Gänze über die B 184 Engadiner Straße und das Zollamt Pfunds abgewickelt wird, wurde bisher von einer Kundmachung des Reschenfahrverbotes auf der L 348 Spisser Straße abgesehen.

... Dem 'typischen' Transitverkehr (Lastkraftwagen + Anhänger und Sattelkraftfahrzeuge), der üblicherweise mehr als die von der Schweiz für die genannte Strecke verordnete Tonnage hat, ist es aus den angeführten Gründen daher rein faktisch nicht möglich, auf die B 180 Reschen Straße zu gelangen."

Abschließend führte die Bezirkshauptmannschaft Landeck aus, dass nunmehr die das "Reschenfahrverbot" betreffenden Verkehrszeichen an diesen Zufahrtsmöglichkeiten in Auftrag gegeben worden seien und "demnächst aufgestellt" würden.

Daraus ergibt sich rechtlich Folgendes:

Zur Zufahrtsmöglichkeit b): Die Verordnung (EG) Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000, kennt mehrfache Ausnahmen von der Ökopunktpflicht (zB. Art. 12 bis 14, Anhang C), die es erlauben würden, dass Lastkraftfahrzeuge (die nicht unter das von der Bezirkshauptmannschaft Landeck genannte Verbot für Kfz mit Anhänger, die eine Länge von 6,5 m überschreiten, fallen) mit einem Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t, wenn sie nicht ökopunktpflichtig sind, die B 185 legal bis zur Einmündung in die B 180 befahren dürfen. Daher wäre dort die Kundmachung der gegenständlichen "Reschenfahrverbotsverordnung" durch Verkehrszeichen nötig gewesen, weil diese Verordnung eine weitergehende Verkehrseinschränkung als diejenige auf der B 185 enthält. Hinweise auf den in der Praxis vorherrschenden Verkehr, der "üblicherweise" unter einen Ausnahmetatbestand der "Reschenfahrverbotsverordnung" falle, können an diesem Kundmachungsmangel nichts ändern.

Zur Zufahrtsmöglichkeit c): Es ist legal möglich, mit einem LKW, dessen Gesamtgewicht zwischen 7,5 und 18 t beträgt, die Straße Vinadi-Samnaun zu befahren, zur L 348 zu gelangen und über diese auf der Zufahrtmöglichkeit c) auf die B 180 aufzufahren. Daher wäre auch dort die Kundmachung der "Reschenfahrverbotsverordnung" durch Verkehrszeichen nötig gewesen, weil diese Verordnung eine weitergehende Verkehrseinschränkung als diejenige auf der Straße Vinadi-Samnaun und die L 348 enthält.

Dass solche LKW's "üblicherweise" diesen Straßenzug nicht befahren, ändert rechtlich nichts an der mangelhaften Kundmachung.

Da somit diese Prüfung der Kundmachung im Beschwerdefall dazu geführt hat, dass sich die dem Fahrverbot, aus dessen Übertretung ein rechtswidriges Verhalten des Beschwerdeführers abgeleitet wurde, zu Grunde liegende Verordnung als nicht gehörig kundgemacht erweist, konnte sie auch keine Rechtswirkungen entfalten (vgl. das zit. hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0263).

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am