VwGH vom 19.06.1991, 90/03/0198
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom , Zl. 9/01-33.458/1-1990, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben der Bundespolizeidirektion Salzburg vom wurde die X Gesellschaft m.b.H. (im folgenden kurz als Gesellschaft bezeichnet) als Zulassungsbesitzerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges gemäß § 103 Abs. 2 KFG aufgefordert, der Behörde binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort gelenkt hat. Diese Aufforderung wurde laut Zustellschein von einer Postbevollmächtigten der Gesellschaft für RSa-Briefe übernommen.
Da die verlangte Auskunft nicht erteilt wurde, erließ die Bundespolizeidirektion Salzburg an den Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Zulassungsbesitzerin die Strafverfügung vom wegen der Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG, gegen die der Beschwerdeführer, vertreten durch den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausgewiesenen Rechtsanwalt, Einspruch erhob.
In dem daraufhin von der Erstbehörde eingeleiteten ordentlichen Verfahren erklärte der Beschwerdeführer, daß er am Tage der Zustellung und auch bereits am Tage der Abfertigung der - eingangs angeführten - Aufforderung zur Lenkerauskunft bereits in mehreren Verwaltungsverfahren vor der Erstbehörde durch den ausgewiesenen Rechtsanwalt vertreten gewesen sei. Für den Fall eines ausgewiesenen, auch die Zustellung von Schriftstücken umfassenden Bevollmächtigungsverhältnisses könne aber nicht wirksam an die Partei persönlich zugestellt werden. Dies gelte auch für eine Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG.
In der gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom , mit dem der Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Zulassungsbesitzerin des in Rede stehenden Pkws wegen der Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG bestraft worden ist, eingebrachten Berufung brachte der Beschwerdeführer neuerlich vor, es könne letztlich als amtsbekannt vorausgesetzt werden, daß sowohl die Gesellschaft als auch unter anderem der Beschwerdeführer persönlich in allen Verfahren vor der Erstbehörde vom einschreitenden Rechtsanwalt vertreten werden. Der Berufung ist das Schreiben des Vertreters des Beschwerdeführers vom an die Erstbehörde angeschlossen, mit dem die Vollmachten der Genannten vorgelegt wurden und um Mitteilung der Geschäftszahlen ersucht wurde, zu denen sie verwendet werden, damit in Zukunft die Möglichkeit bestehe, sich auf diese Zahlen zu berufen. In der Berufung heißt es ferner, es werde zur Klarstellung sowohl vom Beschwerdeführer "im vorliegenden Verfahren" als auch von der Gesellschaft nochmals ausdrücklich und bis auf Widerruf bekanntgegeben, daß sie in allen Verfahren vor der Erstbehörde von dem den Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vertretenden Rechtsanwalt vertreten werden und daß diese Vertretung auch die Auskunftserteilung im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG umfasse.
Mit Bescheid vom bestätigte der Landeshauptmann von Salzburg das Straferkenntnis der Erstbehörde mit Änderungen, die jedoch für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im vorliegenden Fall ohne Belang sind. In der Begründung des Bescheides führte der Landeshauptmann zum Einwand des Beschwerdeführers, es sei die Aufforderung zur Erteilung der Lenkerauskunft nie wirksam (an die Gesellschaft) zugestelt worden und es gebe keinen Hinweis darauf, daß das Aufforderungsschreiben ihm zugegangen wäre, aus, daß das Aufforderungsschreiben von einer Postbevollmächtigten für RSa-Briefe der Gesellschaft, deren Geschäftsführer der Bfr unbestritten sei, eigenhändig übernommen worden sei. Sollte dieses Schreiben tatsächlich dem Beschwerdeführer nicht zugekommen sein, so stelle dies einen Mangel in der inneren Organisation der Gesellschaft dar, für welche der Bfr als Geschäftsführer voll einzustehen habe. Im übrigen sei die Behörde nicht berechtigt, durch die Vorlage einer Vollmacht in einem bestimmten Verfahren davon auszugehen, daß die Partei auch in anderen, bereits anhängigen oder späteren Verfahren vertreten sein wolle, es sei denn, daß die Partei ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtssachen eben dieses Vertreters zu bedienen, unmißverständlich zu erkennen gegeben hätte. Die Tatsache allein, daß in der einen Rechtssache eine Vollmacht vorgelegt worden ist, die eine Bevollmächtigung zur Vertretung in allen Angelegenheiten beurkundet, reiche hiezu nicht aus. Ein solcher Wille der Partei könne auch nicht aus dem von seinem Rechtsvertreter an die Behörde gerichteten Ersuchen geschlossen werden, ihm bekanntzugeben, unter welchen Geschäftszahlen von ihm vorgelegte Vollmachten verwendet werden, zumal dem Schreiben vom keinesfalls der Wille des Beschwerdeführers entnommen werden könne, sich in allen Rechtssachen von diesem Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Für die Richtigkeit dieser Überlegung spreche auch die Tatsache, daß der Beschwerdeführer in der vorliegenden Berufung zur Klarstellung ausdrücklich und bis auf Widerruf bekanntgebe, daß er in allen Verfahren vor der Erstbehörde von diesem Rechtsanwalt vertreten werde, woraus folge, daß selbst der Beschwerdeführer nicht davon ausgehe, daß er durch das erwähnte Schreiben vom unmißverständlich zu erkennen gegeben habe, daß er sich in allen Rechtssachen durch diesen Rechtsanwalt vertreten lassen wolle. Dazu komme noch, daß der Beschwerdeführer auch im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren seinem Einspruch gegen die wegen der in Rede stehenden Übertretung an ihn ergangene Strafverfügung eine Vollmacht beigelegt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nach dem gesamten Beschwerdevorbringen in dem Recht verletzt, nicht wegen der ihm zur Last gelegten Übertretung schuldig erkannt und deswegen bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, daß eine wirksame Zustellung der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe an die Gesellschaft tatsächlich nicht erfolgt und auch eine Heilung dieses Zustellmangels nicht eingetreten sei. Die Gesellschaft habe "keine Person als Zustellungsbevollmächtigte für RSa-(zu ergänzen Briefe)- im Sinne des § 9 Abs. 1 Zustellgesetz bekanntgegeben". Eine Zustellung der Aufforderung an den Beschwerdeführer sei nicht vorgenommen worden. Er verwies dazu ferner auf das in Kopie der Beschwerde angeschlossene Schreiben seines Rechtsvertreters an die Erstbehörde vom , in dem festgehalten sei, daß sein Rechtsvertreter von der Gesellschaft bevollmächtigt und beauftragt sei, "alle d.a. Anfragen" zu beantworten, woraus sich ergebe, daß eine prinzipielle Bevollmächtigung und Beauftragung seines Rechtsvertreters durch die Gesellschaft bereits seit (Einlaufstempel der Erstbehörde) bestanden habe. Der Erstbehörde sei sohin schon mit diesem Tage zur Kenntnis gebracht worden, daß sämtliche Lenkerauskünfte in Zukunft beim Rechtsvertreter der Gesellschaft einzuholen seien. Er habe auf diesen Umstand nochmals in dem - der Berufung angeschlossenen - Schreiben vom hingewiesen. Die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers hätte daher rechtsrichtig nur an den Rechtsvertreter der Zulassungsbesitzerin zugestellt werden dürfen.
Gemäß § 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes hat die Behörde, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Liegt demnach ein ausgewiesenes, auch die Zustellung von Schriftstücken umfassendes Bevollmächtigungsverhältnis vor, ist auch eine Aufforderung nach § 103 Abs. 2 KFG zur Lenkerbekanntgabe an den Bevollmächtigten zuzustellen und kann eine solche Aufforderung nicht auch an die Partei selbst rechtswirksam zugestellt werden (vgl. dazu die zu der vor dem Inkrafttreten des Zustellgesetzes, aber inhaltlich insoweit gleichen Rechtslage ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 82/03/0018, und vom , Zl. 82/03/0048).
Mit dem Einwand, daß die Gesellschaft keine Person "als Zustellbevollmächtigte für RSa" im Sinne des § 9 Abs. 1 Zustellgesetz bekanntgegeben habe, übersieht der Beschwerdeführer, daß der Postbevollmächtigte im Sinne des § 13 Abs. 2 Zustellgesetz kein Zustellungsbevollmächtigter im Sinne des § 9 leg. cit. ist. Die Zustellung der Aufforderung an die für RSa-Briefe Postbevollmächtigte der Gesellschaft bewirkte daher keinen Zustellmangel.
Es ist demnach zu prüfen, ob der Vertreter des Beschwerdeführers, wie er behauptet, zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufforderung von der Gesellschaft gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt war, weil zutreffendenfalls die Aufforderung nicht an die Gesellschaft selbst hätte zugestellt werden dürfen.
Gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1950 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 357/1990 können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk.
Demnach bezieht sich eine (auch die Zustellung von Schriftstücken umfassende) Bevollmächtigung nur auf das jeweilige Verfahren, in dem sich der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen hat, nicht jedoch auch auf andere bei der Behörde bereits anhängige oder anfallende Verfahren. Doch kann in diesen anderen Verfahren auf eine Vollmacht, die in einem bei der Behörde anhängigen oder anhängig gewesenen Verfahren ausgewiesen ist, verwiesen werden. Die Entscheidung, ob von einer schon beigebrachten Vollmacht auch in anderen Verfahren Gebrauch zu machen ist, bleibt zwar der Partei und ihrem Vertreter überlassen, muß aber in dem jeweiligen anderen Verfahren gegenüber der Behörde unmißverständlich unter Bezugnahme auf das die Vollmacht ausweisende Verfahren zum Ausdruck gebracht werden. Mit anderen Worten: Die Erteilung einer "Generalvollmacht" für alle (anhängigen oder künftig anfallenden) Verfahren ist unzulässig. Hiefür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Es muß vielmehr in jedem Einzelfall auf das in einem anderen Verfahren bestehende Vertretungsverhältnis gesondert hingewiesen werden.
Auf Grund dieser Überlegungen ist der angefochtene Bescheid nicht als rechtswidrig zu erkennen. Nach dem Vorgesagten durfte die Erstbehörde nicht annehmen, daß bereits im Zeitpunkt der Zustellung der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers vom ein Zustellungsbevollmächtigter der Gesellschaft vorhanden war.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich meint, es seien dem angefochtenen Bescheid keine Feststellungen hinsichtlich einer allenfalls mündlich erteilten fristgerechten Lenkerauskunft zu entnehmen, ist ihm zu entgegnen, daß von ihm im gesamten Verwaltungsstrafverfahren nie behauptet wurde, es sei die Lenkeranfrage mündlich beantwortet worden, weshalb für die belangte Behörde auch keine Veranlassung bestand, dazu weitere Ermittlungen anzustellen.
Die Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.