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VwGH 19.09.1990, 90/03/0137

VwGH 19.09.1990, 90/03/0137

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §49;
AVG §50;
RS 1
Vorausgesetzt, dass bei der Zeugeneinvernahme die Bestimmungen der §§ 49 und 50 AVG 1950 über den Zeugenbeweis eingehalten wurden, ist es entbehrlich, dass von einem Zeugen in der Zeugenniederschrift (Zeugenaussage) sämtliche von ihm bisher gemachten Angaben in der Anzeige und etwaigen weiteren ergänzenden Berichten (Reaktionen) wiederholt werden, sofern diese Angaben schlüssig sind und keine Widersprüche aufweisen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 85/18/0148 E RS 2
Normen
VStG §19;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
RS 2
Hat es der Bf unterlassen, in der Beschwerde im Hinblick auf die Strafbemessung seine Einkommensverhältnisse und Vermögensverhältnisse sowie seine Sorgepflichten anzugeben, kann von der Wesentlichkeit des vom Bf geltend gemachten Verfahrensmangels, nämlich daß die belBeh im Falle der Erhebung seiner Verhältnisse zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, nicht ausgegangen werden.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1990/01/24 89/02/0113 7
Normen
VStG §19;
VStG §55 Abs2;
RS 3
Nach § 55 Abs 2 VStG dürfen jene Verwaltungsstrafen, hins welcher zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Strafbemessung bereits Tilgung eingetreten ist, bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt werden (Hinweis E , 83/10/0058).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1990/02/21 89/03/0113 2
Normen
VStG §19;
VStG §42 Abs2 Z3 litc;
VStG §55 Abs1;
VStG §55 Abs2;
RS 4
Hat die belBeh gem § 55 Abs 2 VStG das von der Behörde erster Instanz als erschwerend gewertete Straferkenntnis bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt, so hat sie näher darzulegen, warum sie dennoch die von der Behörde erster Instanz verhängte Geldstrafe in voller Höhe aufrecht erhielt (Hinweis E , 89/03/0098).

Entscheidungstext

Betreff

N gegen Steiermärkische Landesregierung vom , Zl. 11-75 Li 3-89, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung des Ausspruches über die Strafe und über den Ersatz der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, des Berufungsverfahrens sowie der klinischen Untersuchung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO 1960 schuldig erkannt, weil er am um ca. 2.45 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Örtlichkeit in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 99 Abs.1 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe von S 18.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Wochen) verhängt. Ferner wurde ihm gemäß § 64 VStG 1950 der Ersatz der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens sowie gemäß § 5 Abs. 9 StVO 1960 der Ersatz der Kosten des Alkoteströhrchens von S 50,-- und der klinischen Untersuchung von S 860,-- auferlegt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Soweit der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde in bezug auf die Feststellung bekämpft, er sei unmittelbar vor der Beanstandung durch die Sicherheitsorgane als Lenker eines Pkw's tätig gewesen, vermag er keine im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle wahrzunehmende Rechtswidrigkeit (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 85/02/0053) aufzuzeigen. Der Hinweis auf einen angeblichen Widerspruch zwischen den Angaben des Gendarmeriebeamten A in der Zeugenaussage vom und der auch von dem Genannten unterschriebenen Stellungnahme vom hinsichtlich des Zeitpunktes der dienstlichen Wahrnehmungen (2.30 Uhr bzw 2.45 Uhr) ist nicht geeignet, Bedenken gegen die Richtigkeit der Darstellung dieses Zeugen zu erwecken, handelte es sich hiebei doch bloß um voneinander nicht wesentlich abweichende ungefähre Zeitangaben. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, warum es dem Beschwerdeführer zeitlich nicht möglich gewesen sein sollte, noch vor dem Einschreiten der Sicherheitsorgane Licht und Motor des von ihm gelenkten Fahrzeuges abzuschalten und die Bremseinrichtung mehrmals zu betätigen. Wenn der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel rügt, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, den von ihm zum Beweis dafür, daß sich der Fahrersitz in seinem Pkw in der Früh des in Liegeposition befunden habe, beantragten Zeugen W zu vernehmen, ist ihm entgegenzuhalten, daß eine derartige Wahrnehmung des Zeugen nicht zwingend den Schluß begründen würde, daß der Beschwerdeführer - wie er behauptet - unmittelbar vor der Beanstandung durch die Sicherheitsorgane den Pkw nicht gelenkt, sondern darin geschlafen habe, zumal die im angefochtenen Bescheid ventilierte Möglichkeit, daß der Beschwerdeführer durch ein allfälliges Verstellen des Fahrersitzes in die Liegeposition einen "Schlafvorgang" vorgetäuscht haben könnte, nicht von der Hand gewiesen werden kann. Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, daß die Aussagen der Zeugen S und H, in denen auf die Anzeige und eine schriftliche Stellungnahme verwiesen werde, wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Mündlichkeit nicht verwertbar seien, ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Unter der Voraussetzung, daß bei der Zeugeneinvernahme die Bestimmungen der §§ 49 und 50 AVG 1950 über den Zeugenbeweis eingehalten worden sind, ist es entbehrlich, sämtliche von einem Zeugen in einer Anzeige und etwaigen weiteren ergänzenden Berichten gemachten Angaben in der Zeugenaussage (Zeugenniederschrift) zu wiederholen, sofern die bisherigen Angaben - wie hier - schlüssig sind und keine Widersprüche aufweisen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 85/18/0148).

Der Schuldspruch wegen der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erweist sich daher nicht als rechtswidrig.

Hinsichtlich der Strafbemessung wendet der Beschwerdeführer ein, daß die belangte Behörde keine nachvollziehbaren Feststellungen über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse getroffen habe. Diesem Vorbringen fehlt jedoch die Relevanz, weil der Beschwerdeführer selbst nicht angibt, welche Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bei der Strafbemessung zu berücksichtigen gewesen wären (vgl. neben vielen anderen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/03/0166). Dem Beschwerdeführer ist jedoch beizupflichten, daß das einschlägige, von der Behörde erster Instanz als erschwerend gewertete Straferkenntnis vom zufolge des Ablaufes der fünfjährigen Tilgungsfrist des § 55 Abs. 1 VStG 1950 im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach Abs. 2 der genannten Bestimmung bei der Strafbemessung nicht mehr hätte berücksichtigt werden dürfen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/03/0113). Ob die belangte Behörde dem Rechnung getragen hat, geht aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht eindeutig hervor. Sollte sie - wie in der Gegenschrift behauptet - das Straferkenntnis vom bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt haben, hätte sie näher darzulegen gehabt, warum sie dennoch die von der Behörde erster Instanz verhängte Geldstrafe in voller Höhe aufrecht erhielt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/03/0098). Da sie dies unterließ, ist der angefochtene Bescheid in seinem Ausspruch über die Strafe und damit im Zusammenhang auch in seiner Entscheidung über den Ersatz der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Der Beschwerdeführer bekämpft ferner die Auferlegung des Ersatzes der Kosten des Alkoteströhrchens mit der Begründung, daß dieses Röhrchen "untauglich" (gemeint: im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/18/0119, verordnungswidrig) gewesen sei. Da er das nach der Aktenlage positive Ergebnis der vorgenommenen Untersuchung nach § 5 Abs. 2a lit. a StVO 1960 nicht bestritten hat, handelte die belangte Behörde keinesfalls rechtswidrig, wenn sie die Voraussetzungen für die Ersatzpflicht hinsichtlich der Kosten des Alkoteströhrchens im Sinne des § 5 Abs. 9 StVO 1960 ungeachtet des allfälligen vom Beschwerdeführer behaupteten Mangels als gegeben erachtete.

Hinsichtlich des dem Beschwerdeführer weiters auferlegten, von ihm gleichfalls bekämpften Ersatzes der Kosten der klinischen Unterschung in der Höhe von S 860,-- mangelt dem angefochtenen Bescheid jedoch das zur Überprüfung erforderliche sachliche Substrat, ob dieser Ersatz dem Grunde und der Höhe nach den Kosten der klinischen Untersuchung im Sinne des § 5 Abs. 9 StVO 1960 entspricht.

Der angefochtene Bescheid war somit in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das auf den Ersatz nicht erforderlicher Stempelmarken gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen.

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §49;
AVG §50;
VStG §19;
VStG §42 Abs2 Z3 litc;
VStG §55 Abs1;
VStG §55 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Schlagworte
Beweismittel Zeugenbeweis Zeugenaussagen von Amtspersonen
Persönliche Verhältnisse des Beschuldigten
freie Beweiswürdigung
Erschwerende und mildernde Umstände Vorstrafen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1990:1990030137.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAE-45810