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VwGH 30.09.1994, 93/08/0202

VwGH 30.09.1994, 93/08/0202

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3 litb;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc;
RS 1
Selbständige Erwerbstätigkeit ist der Inbegriff der in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit verrichteten Arbeitsleistungen, die die Schaffung von Einkünften in Geld oder sonstigen Gütern bezweckt. Hiebei ist es rechtlich belanglos, ob dieser Zweck regelmäßig erfüllt und in welchem Ausmaß er erreicht wird (Hinweis E , 83/08/0195).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1990/05/22 87/08/0294 1
Normen
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3;
ASVG §1;
ASVG §4 Abs2;
RS 2
Gemeinsames Merkmal sowohl der selbständigen als auch der unselbständig Erwerbstätigen (zu denen nicht nur Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 ASVG zählen) ist, daß sie eine nachhaltige Tätigkeit entfalten, die (ihrem Typus nach) die Schaffung von Einkünften in Geldform oder Güterform bezweckt. (Hinweis E , 83/08/0195)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1990/11/13 89/08/0229 7 VwSlg 13308 A/1990
Normen
AlVG 1977 §12 Abs3 litb;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc;
AlVG 1977 §15 Abs1 Z1 litd;
RS 3
Die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit setzt voraus, daß bei einem Erwerbstätigen die Absicht besteht, die Tätigkeit bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen und aus der ständigen Wiederholung eine Erwerbsquelle zu machen (Hinweis E , 2669/77, E , 83/08/0195, E , 89/08/0229).
Normen
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3;
ASVG §4;
RS 4
Die ausschließliche oder überwiegend mittelbare Nutzung flüssigen oder immobilen Kapitals (Vermietung, Verpachtung, Darlehensgewährung ...) ist mangels einer Nachhaltigkeit dieser Tätigkeit nicht als Erwerbstätigkeit anzusehen (Hinweis auf E vom , P 42/50, VwSlg 1844 A71950)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0684/53 E VwSlg 3306 A/1954 RS 1
Normen
AlVG 1977 §12 Abs3 litb;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc;
AlVG 1977 §15 Abs1 Z1 litd;
RS 5
Ob eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, muß aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten beantwortet werden, wobei das Fehlen einer allenfalls für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen gewerberechtlichen Genehmigung der Beurteilung dieser Tätigkeit als einer selbständigen Erwerbstätigkeit nicht entgegensteht (Hinweis E , 1528/59, E , 83/08/0195, E , 91/08/0149, 0150). Demgemäß kann auch die Arbeit an einer Erfindung, bei der sich der Erfinder von wissenschaftlichen Grundsätzen leiten läßt, eine selbständige "Tätigkeit mit Erwerbswillen" sein (Hinweis E , 2669/77).
Normen
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3 litb;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc;
ASVG §5 Abs2;
RS 6
Der Frage, ob der Arbeitslose im beschwerdegegenständlichen Zeitraum des Bezuges von Arbeitslosengeld Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit in einem die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs 2 lit a bis c ASVG übersteigenden Ausmaß bezogen hat, ist gedanklich vorgelagert, ob er in diesem Zeitraum überhaupt selbständig erwerbstätig gewesen ist. Dabei kommt es zwar nicht auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zufließens von Einkünften aus einer solchen selbständigen Erwerbstätigkeit (also nicht auf den Zeitpunkt der Umsätze) an, wohl aber - wenn die selbständige Erwerbstätigkeit erst begonnen wurde - auf jenen Zeitpunkt, in dem eine solche Tätigkeit erstmals entfaltet worden ist, das heißt, ab welchem Zeitpunkt die im Rahmen der selbständigen Erwerbstätigkeit vom Arbeitslosen beabsichtigten Leistungen erstmals nach außen zutagetretend zumindest angeboten wurden.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1993/04/27 92/08/0260 1
Normen
AlVG 1977 §12 Abs3 litb;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc;
AlVG 1977 §15 Abs1 Z1 lita;
RS 7
Die bloße Herstellung von Osterkalendern durch den Anspruchswerber in der (nicht durch Zusicherungen) begründeten Hoffnung, daß ihm später diese Kalender von der Gemeinde abgenommen würden, ist noch als bloße Vorbereitungshandlungen einer selbständigen Erwerbstätigkeit zu werten (Hinweis E , 92/08/0260), nicht aber eine solche Herstellung aufgrund der Zusicherung, sie ihm nach Fertigstellung

abzunehmen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des P in A, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt, gegen den aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Oberösterreich vom , Zl. IVa-AlV-7022-1-B/2637 281149/Vöcklabruck, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers vom auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes keine Folge. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß im Hinblick darauf, daß es sich beim gegenständlichen Antrag um die erstmalige Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes handle, die Erfüllung der Anwartschaft nach § 14 AlVG voraussetze, daß der Beschwerdeführer in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Innerhalb der 24-monatigen Rahmenfrist, die sich vom bis erstreckte, lägen allerdings keine derartigen Beschäftigungszeiten. Die vom Beschwerdeführer bei Beendigung seines Dienstverhältnisses mit seiner Ehegattin (vom bis ) erhaltene Urlaubsabfindung bzw. Urlaubsentschädigung im Ausmaß von 54 Werktagen (= 63 Kalendertagen) verlängere gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. c AlVG die Rahmenfrist, sodaß sich diese nunmehr vom bis erstrecke. Auch innerhalb dieser verlängerten Rahmenfrist lägen aber keine arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten. Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. d AlVG werde die Rahmenfrist nach § 14 Abs. 1 bis 3 leg. cit. allerdings auch durch eine selbständige Erwerbstätigkeit verlängert. Der Beschwerdeführer habe in seiner niederschriftlichen Vernehmung vom (vor der Erstbehörde) angegeben, vom bis Osterkalender hergestellt zu haben, in der Hoffnung, daß ihm diese die Gemeinde A abnehmen werde. Er sei jedoch weder bei der Gewerbebehörde gemeldet gewesen noch habe er mangels Veranlagung beim Finanzamt Einkommensteuer abgeführt. Selbständige Erwerbstätigkeit sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Inbegriff der in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit verrichteten Arbeitsleistungen, die die Schaffung von Einkünften in Geld oder sonstigen Gütern bezweckten, wobei es rechtlich belanglos sei, ob dieser Zweck regelmäßig erfüllt und in welchem Ausmaß er erreicht werde. Der Tätigkeit des Beschwerdeführers, Osterkalender zu entwerfen bzw. herzustellen, fehle jedoch das Element der Schaffung von Einkünften in Geld bzw. sonstigen Gütern. Der Beschwerdeführer habe während seiner dreijährigen Tätigkeit keine Einkünfte erzielt, wodurch sich ein Erwerbszweck nicht ableiten lasse. Auch die Tatsache seiner fehlenden Veranlagung beim Finanzamt und der Nichtanmeldung bei der Gewerbebehörde verstärke die Überzeugung der belangten Behörde, seine Tätigkeit nicht als selbständige Erwerbstätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. d AlVG zu qualifizieren. Seine Angabe, die Gemeinde A habe durch ihr Verhalten das Nichtzustandekommen des Osterkalenders bewirkt, vermöge nichts daran zu ändern, zumal die persönliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit wesentliche Merkmale einer selbständigen Erwerbstätigkeit darstellten. Im Falle tatsächlicher selbständiger Erwerbstätigkeit hätten wohl seine ganzen Bestrebungen auf die Erwerbsabsicht gerichtet sein müssen. Sein bloßes Zuwarten auf eine etwaige Umsetzung seiner Idee drei Jahre hindurch könne daher nicht als selbständige Erwerbstätigkeit gewertet werden. Eine Erstreckung der Rahmenfrist gemäß § 14 Abs. 1 AlVG um den von ihm angegebenen Zeitraum sei somit nicht möglich gewesen und deshalb sein Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes von der Erstbehörde zu Recht mangels Erfüllung der Anwartschaft abgelehnt worden.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom , B 76/93, ihre Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In seiner Beschwerdeergänzung bringt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor, er habe im Verwaltungsverfahren dargetan und belegt, daß er sich außerhalb seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit praktisch ausschließlich mit dem Verlag bzw. Vertrieb des von ihm erfundenen Osterkalenders befaßt habe und sohin innerhalb der verlängerten Rahmenfrist damit beschäftigt gewesen sei, entweder einen Partner für den Vertrieb des Kalenders zu finden bzw. sein Urheberrecht zu verkaufen oder durch gerichtliche Geltendmachung der ihm zustehenden Ansprüche diejenigen Mittel aufzubringen, die notwendig gewesen seien, um den Kalender im Selbstverlag zu erzeugen und zu vertreiben. Diese Tätigkeit habe alle Merkmale einer selbständigen Erwerbstätigkeit, nämlich das Handeln auf eigenes wirtschaftliches Risiko und den persönlichen Einsatz, gehabt. Auf die Erzielung von Einkünften komme es, wie die sonstigen Bestimmungen des § 15 Abs. 1 AlVG belegten, nicht an. Der angefochtene Bescheid sei aber auch mit relevanten Verfahrensmängeln behaftet. Um sich Gewißheit darüber zu verschaffen, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Erfinder und Anbieter des Osterkalenders keine selbständige Erwerbstätigkeit sei, hätte sie Gutachten über die Erfindung als solche und über das Ausmaß des mit der Erfindung und der Vermarktung der Erfindung verbundenen Arbeitsaufwandes einholen bzw. geeignet erscheinende Auskunftspersonen anhören müssen, und den Beschwerdeführer allenfalls auch darüber belehren müssen, welche Beweisanträge von ihm diesbezüglich zu stellen seien.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist strittig, ob der Beschwerdeführer innerhalb der unstrittig nach § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. c AlVG verlängerten Rahmenfrist vom bis bei der Herstellung der Osterkalender im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. d AlVG selbständig erwerbstätig war und sich dadurch die Rahmenfrist ein weiteres Mal entsprechend verlängerte.

Unter selbständiger Erwerbstätigkeit (nicht nur im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. b und Abs. 6 lit. c AlVG, sondern u.a. auch des § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. d leg. cit.: vgl. u.a. die Erkenntnisse vom , Zl. 2669/77, und vom , Zl. 83/08/0195) ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. außer den beiden eben zitierten Erkenntnissen u.a. die Erkenntnisse vom , Zl. 89/08/0229, vom , Zlen. 91/08/0149, 0150, und vom , Zl. 92/08/0260, mit weiteren Judikaturhinweisen, insbesondere auf die Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 2.483/A, vom , Slg. Nr. 3.140/A, und vom , Slg. Nr. 3.306/A) der Inbegriff der in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit verrichteten Arbeitsleistungen zu verstehen, welche die Schaffung von Einkünften in Geld- oder sonstigen Gütern bezwecken, wobei es rechtlich belanglos ist, ob dieser Zweck auch regelmäßig erfüllt und in welchem Ausmaß er erreicht wird. Gemeinsames Merkmal sowohl der selbständigen als auch der unselbständigen Erwerbstätigkeit ist es aber, daß diese Personen eine nachhaltige Tätigkeit entfalten, die (ihrem Typus nach) die Schaffung von Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt. Dabei setzt die Nachhaltigkeit dieser Tätgkeit voraus, daß bei einem Erwerbstätigen die Absicht besteht, die Tätigkeit bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen und aus der ständigen Wiederholung eine Erwerbsquelle zu machen (vgl. u. a. die Erkenntnisse vom , Zl. 2669/77, vom , Zl. 83/08/0195, und vom , Zl. 89/08/0229, unter Bezug u.a. auf die Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 3.140/A, und vom , Slg. Nr. 3.306/A). Mangels Nachhaltigkeit der ausgeübten Tätigkeit kann daher z.B. die (wenn auch mit Tätigkeiten verbundene) bloß mittelbare Nutzung des eigenen Vermögens, sei es des Grundvermögens, sei es des Kapitalvermögens, nicht als Erwerbstätigkeit gewertet werden (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 89/08/0229, und vom , Zlen. 91/08/0149, 0150, u.a. unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , Slg. Nr. 3.140/A). Ob eine selbständige Erwerbstätigkeit in diesem Sinne vorliegt, muß aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten beantwortet werden, wobei das Fehlen einer allenfalls für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen gewerberechtlichen Genehmigung der Beurteilung dieser Tätigkeit aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit nicht entgegensteht (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom , Zl. 1528/59, vom , Zl. 83/08/0195, und vom , Zlen. 91/08/0149, 0150). Demgemäß kann auch die Arbeit an einer Erfindung, bei der sich der Erfinder von wissenschaftlichen Grundsätzen leiten läßt, eine solche selbständige "Tätigkeit mit Erwerbswillen" sein (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2669/77). Mit der Abgrenzung einer selbständigen Erwerbstätigkeit von bloßen Vorbereitungshandlungen hat sich der Gerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 92/08/0260, befaßt und dafür jenen Zeitpunkt als entscheidend erachtet, in dem eine solche Tätigkeit erstmals entfaltet worden ist, d.h. ab dem die im Rahmen der selbständigen Erwerbstätigkeit beabsichtigten Leistungen erstmals nach außen zutagetretend zumindest angeboten wurden.

Die belangte Behörde ging bei der Verneinung einer Wertung der Herstellung der Osterkalender durch den Beschwerdeführer als selbständige Tätigkeit nach der oben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides in tatsächlicher Hinsicht davon aus, daß der Beschwerdeführer diese Kalender - entsprechend seinen Angaben in der niederschriftlichen Vernehmung vom - in der Zeit vom bis ohne Meldung bei der Gewerbebehörde und ohne Veranlagung beim Finanzamt "in der Hoffnung" hergestellt habe, daß sie ihm die Gemeinde A abnehmen werde. Dieser Tätigkeit fehle jedoch das erforderliche Element der Schaffung von Einkünften in Geld bzw. in sonstigen Gütern; dies deshalb, weil der Beschwerdeführer während seiner dreijährigen Tätigkeit keine Einkünfte erzielt habe, "wodurch sich ein Erwerbszweck nicht ableiten läßt". Die fehlende Veranlagung beim Finanzamt und die Nichtanmeldung bei der Gewerbebehörde verstärkte die Überzeugung der belangten Behörde, die Tätigkeit nicht als selbständige Erwerbstätigkeit zu qualifizieren. Schließlich hätte der Beschwerdeführer im Falle tatsächlicher selbständiger Erwerbstätigkeit wohl seine ganzen Bestrebungen auf die Erwerbsabsicht richten müssen. Sein bloßes Zuwarten auf eine etwaige Umsetzung seiner Idee während dreier Jahre könne daher nicht als selbständige Erwerbstätigkeit gewertet werden.

Dazu ist zu bemerken, daß die belangte Behörde hiebei, ohne dies allerdings zu begründen, von einem teils unrichtig, teils unvollständig wiedergegebenen Inhalt der (nach der tragenden Bescheidbegründung für sie allein maßgeblichen) niederschriftlichen Vernehmung des Beschwerdeführers vom ausgegangen ist. Darin hat der Beschwerdeführer nämlich (wie von der belangten Behörde im übrigen bei der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens richtig zitiert) angeführt: "Ich habe in der Zeit vom bis Osterkalender hergestellt, WEIL mir von der Gemeinde A die Abnahme ZUGESICHERT worden ist." (und nicht: "in der Hoffnung, daß ... abnehmen werde"). Dem fügte er hinzu: "Diese Vereinbarung wurde von der Gemeinde nicht eingehalten, ein Prozeß ist anhängig." Diese Abweichungen sind auch wesentlich, weil einerseits zwar die bloße Herstellung von Osterkalendern in der (nicht durch Zusicherungen) begründeten Hoffnung, daß ihm später diese Kalender von der Gemeinde A abgenommen würden, noch als bloße Vorbereitungshandlungen einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des obzitierten Erkenntnisses gewertet werden könnte, nicht aber eine solche Herstellung aufgrund der Zusicherung, sie ihm nach Fertigstellung abzunehmen. Andererseits kann die vom Beschwerdeführer behauptete, nach Nichteinhaltung der Vereinbarung durch die Gemeinde in die Wege geleitete Prozeßführung auf Zuhaltung des Vertrages bei fortgesetzter Herstellung der Kalender (so nach dem Wortlaut der mehrfach genannten niederschriftlichen Vernehmung) nicht als "bloßes Zuwarten auf eine etwaige Umsetzung" seiner Idee und als Ausdruck fehlender Hinordnung auf die Erwerbsabsicht (offensichtlich deshalb, weil er in der Zwischenzeit die Kalender nicht anderen Personen angeboten habe) gewertet werden. Vielmehr deuten die Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Vernehmung vom darauf hin, daß der Beschwerdeführer mit der Herstellung der Osterkalender die Schaffung von Einkünften in Geld oder sonstigen Gütern bezweckt und diese Tätigkeit eine nachhaltige Tätigkeit im obigen Sinne dargestellt hat; all dies ungeachtet der fehlenden Veranlagung beim Finanzamt und der Nichtanmeldung bei der Gewerbebehörde.

Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift verschiedene Umstände aus dem durchgeführten Verwaltungsverfahren (z.B. die wiederholte Verneinung einer selbständigen Erwerbstätigkeit durch den Beschwerdeführer trotz entsprechender Rechtsbelehrung, unterschiedliche Versionen der Verursachung des Nichtverkaufs der Osterkalender) anführt, welche die Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Vernehmung vom unglaubwürdig erscheinen ließen, so kann darauf bei Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht (in einer den Beschwerdeführer belastenden Weise) Bedacht genommen werden, weil sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides, wie bereits mehrfach angeführt wurde, bei ihrer tragenden Begründung ausschließlich auf diese Niederschrift, wenn auch in der angeführten Weise mangelhaft, gestützt hat und es bei dieser Sachlage nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes ist, der belangten Behörde die - zunächst ihr obliegende - Würdigung aller rechtserheblichen Umstände (einschließlich der für die Beweiswürdigung maßgeblichen Belange) antizipierend vorzugeben.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a bis c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

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Normen
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3 litb;
AlVG 1977 §12 Abs3;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc;
AlVG 1977 §15 Abs1 Z1 lita;
AlVG 1977 §15 Abs1 Z1 litd;
ASVG §1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §4;
ASVG §5 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1994:1993080202.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAE-45758

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