VwGH vom 19.09.1990, 90/03/0111
Betreff
N gegen Tiroler Landesregierung vom , Zl. IIb2-V-7826/6-1989, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am um 21.17 Uhr in Innsbruck, Wachzimmer Innere Stadt, Adamgasse 5-7, gegenüber einem von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Er habe hiedurch "§ 99 Abs. 1 lit. b StVO in Verbindung mit § 5 Abs. 4 lit. a StVO" verletzt und wurde hiefür gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 mit einer Geldstrafe bestraft.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung des Beschwerdeführers "mit der Maßnahme als unbegründet abgewiesen, daß statt der Worte "trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen" die Worte "obwohl er am um 21.00 Uhr den PKW, Kennzeichen T nnn.nnn, in Innsbruck in der Egger-Lienz-Straße vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat" gesetzt werden". Weiters wurde das Straferkenntnis "dahingehend verbessert, daß eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 vorgeworfen wird."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei Verfolgungsverjährung eingetreten, weil ihm innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 in Ansehung des für den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 wesentlichen Merkmales, daß vermutet habe werden können, daß er sich (beim Lenken des PKWs) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, kein entsprechend konkretisierter Tatvorwurf gemacht worden sei. Er übersieht dabei jedoch, daß seinem Vertreter nach der Aktenlage am Kopien der Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller der späteren Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente
- einschließlich der bei der Anhaltung des Beschwerdeführers durch die Straßenaufsichtsorgane festgestellten Alkoholisierungssymptome (Alkoholgeruch der Atemluft, leicht lallende Sprache) - umschrieben ist, zur Erstattung einer Stellungnahme binnen drei Wochen ausgefolgt wurden. Dies stellt aber eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG 1950 dar (vgl. neben vielen anderen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 85/03/0097).
Wenn der Beschwerdeführer bestreitet, sich geweigert zu haben, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, so bekämpft er die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Diese stützte sich auf die als glaubwürdig angesehenen Aussagen der an der Amtshandlung beteiligten Polizeibeamten und begegnet im Rahmen der Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken. Nach den somit der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zugrundezulegenden Sachverhaltsfeststellungen sei zwar der "erste Blasversuch" durch den Beschwerdeführer vorschriftsmäßig erfolgt. In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer in drei weiteren Blasversuchen, wobei er den Zeigefinger und Daumen zwischen Mund und Mundstück gegeben habe, offensichtlich so wenig Luft in den Alkomat geblasen, daß es zu keinen gültigen Messungen mehr gekommen sei. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie bei diesem Sachverhalt davon ausging, daß der Beschwerdeführer durch dieses Verhalten das Zustandekommen eines Meßergebnisses, für welches aufgrund der Funktionsweise des Gerätes eine zweimalige ordnungsgemäße Atemprobe erforderlich ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/02/0151), verhindert und damit gegen § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 verstoßen habe (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/02/0022). Mit seinem Einwand, daß überhaupt nur eine Messung (Atemprobe) hätte vorgenommen werden dürfen, ist der Beschwerdeführer auf das erwähnte Erkenntnis vom zu verweisen. Zur Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Funktionstauglichkeit des Gerätes bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, weil sie aufgrund der Aussagen der Polizeibeamten annehmen durfte, daß der Umstand, daß kein brauchbares Meßergebnis zustande kam, nicht auf einen Defekt des Gerätes, sondern auf das Verhalten des Beschwerdeführers zurückzuführen war. Den Beamten, die nach ihren unwiderlegten Angaben für derartige Untersuchungen besonders geschult waren und den Beschwerdeführer auch über deren richtige Durchführung belehrt hatten, ist eine einwandfreie Beurteilung dieser Frage zuzumuten (vgl. das erwähnte Erkenntnis vom ). Der Vorwurf, daß die Zeugenaussagen der Polizeibeamten dem Beschwerdeführer im Berufungsverfahren nicht zur Kenntnis gebracht worden seien, ist schon deshalb unberechtigt, weil diese Beweise bereits im erstinstanzlichen Verfahren aufgenommen worden waren und der Beschwerdeführer im Anschluß daran mit Schreiben vom zur Akteneinsicht eingeladen wurde. Wenn er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, so kann er sich diesbezüglich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des Parteiengehörs berufen.
Soweit der Beschwerdeführer mit dem Hinweis darauf, daß bei den in § 1 lit. b der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über Atemalkoholmeßgeräte, BGBl. Nr. 106/1987 in der Fassung BGBl. Nr. 390/1988, angeführten Geräten Fehlmessungen nicht ausgeschlossen seien, die Eignung dieser Geräte zur Messung und Anzeige des Alkoholgehaltes der Atemluft und insoferne die Gesetzmäßigkeit der Verordnung in Zweifel zieht, vermag der Verwaltungsgerichtshof diesen Bedenken nicht beizutreten. Der Gesetzgeber selbst schließt nämlich Fehler bei den mit Geräten im Sinne des § 5 Abs. 2a lit. b StVO 1960 vorgenommenen Messungen - vor allem im Grenzbereich zwischen 0,4 und 0,5 mg/l - nicht aus, was daraus hervorgeht, daß der Gegenbeweis durch Bestimmung des Blutalkoholgehaltes gemäß § 5 Abs. 4a erster Satz StVO 1960 für zulässig erklärt wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/02/0039). Auf die vom Beschwerdeführer gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 5 Abs. 1 und 4b StVO 1960 geäußerten Bedenken war nicht einzugehen, da diese Bestimmungen im Beschwerdefall nicht präjudiziell sind.
Da die Weigerung, die Atemluft unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 StVO 1960 auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, - ausschließlich - die Vorschrift des § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 verletzt (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 9898/A), bedurfte es entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bei der Anführung der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 nicht auch der Erwähnung des § 5 Abs. 2 StVO 1960.
Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Fundstelle(n):
RAAAE-45751