VwGH vom 20.12.2001, 98/08/0279
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Dr. P & Dr. P GmbH in W, vertreten durch Dr. Anton Gruber, Dr. Alexander Gruber, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Wipplingerstraße 20, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom , Zl. 121.073/1- 7/98, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. H in W; 2. Wiener Gebietskrankenkasse, 1103 Wien, Wienerbergstraße 15 - 19;
3. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeiststraße 1; 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65;
5. Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Wien, 1011 Wien, Weihburggasse 30), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Zeiträume in den Jahren 1994 und 1995 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, soweit er Zeiträume im Jahre 1993 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) hat der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- (EUR 908,41) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse stellte mit Bescheid vom , Zl. VA-VR 9130209/96-Scha/Fi, fest, die Erstmitbeteiligte unterliege zu näher angeführten Zeiten im Jahre 1993 auf Grund ihrer Beschäftigung als kaufmännische Angestellte bei der beschwerdeführenden Gesellschaft (Dr. P & Dr. P. GmbH), Institut für Arbeitspsychologie, der Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG.
Mit zwei weiteren Bescheiden vom selben Tag, Zl. jeweils VA-VR 9130195/96-Scha/Fi, stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse fest, die Erstmitbeteiligte unterliege zu näher angeführten Zeiten in den Jahren 1994/95 bzw. im Jahre 1995 als kaufmännische Angestellte beim Dienstgeber Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalbereitstellung und Organisationsentwicklung GmbH der Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG.
Gegen den zuerst genannten Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft (Dr. P. & Dr. P. GmbH), gegen die beiden weiteren Bescheide erhoben die Dr. P. P. und Ing. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH (in den Bescheiden der Gebietskrankenkasse offenbar irrtümlich als Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalbereitstellung und Organisationsentwicklung GmbH bezeichnet) Einspruch.
Nach der gleich lautenden Begründung aller drei Bescheide sei die Erstmitbeteiligte bei dem jeweils im Spruch des Bescheides genannten Dienstgeber im Bereich Telefonmarketing tätig gewesen. Die Arbeit sei am Betriebsort und mit Betriebsmitteln des Dienstgebers durchgeführt worden. Die Entlohnung sei auf Grund der von der Erstmitbeteiligten geführten Stundenlisten, die vom Dienstgeber kontrolliert worden seien, erfolgt. Urlaube seien, wie an Hand der Notizen auf den Zeiterfassungsbögen ersichtlich, dem Dienstgeber immer mitgeteilt worden. Die Vertretung bei Verhinderung sei durch geschulte Personen aus einem bestehenden "Pool" erfolgt. Aus all dem folge die Beschäftigung der Erstmitbeteiligten in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit.
Mit drei Bescheiden vom gab der Landeshauptmann von Wien dem Einspruch der beschwerdeführenden Gesellschaft sowie den beiden Einsprüchen der Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalbereitstellung und Organisationsentwicklung GmbH, keine Folge. Nach den gleich lautenden Bescheidbegründungen sei die Erstmitbeteiligte in der Regel in den Räumlichkeiten der jeweiligen Gesellschaft tätig geworden, wobei ihr die Betriebsmittel zur Verfügung gestellt worden seien, die Telefonanrufe auf Grund der vorgelegten Liste zu erfolgen gehabt hätten, die Entlohnung nach Stunden erfolgt sei, deren Abrechnung kontrolliert worden sei, im Werkvertrag ein Konkurrenzverbot vereinbart worden sei und der Werkvertrag nur in schriftlicher Form aufgelöst habe werden können. Diese Umstände im Zusammenhang mit den Angaben der Erstmitbeteiligten, sie habe nicht geglaubt, dass sie eine Person ihrer Wahl als Vertretung hätte schicken können, habe den Landeshauptmann zu der Überzeugung kommen lassen, dass bei der konkreten Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwögen.
Gegen diese Bescheide erhoben wiederum die beschwerdeführende Gesellschaft sowie die Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH jeweils Berufung. In den gleich lautenden Berufungen wurde im Wesentlichen eingewendet, der Arbeitsort sei nicht vorgeschrieben worden, sondern entspreche einem Wunsch der Erstmitbeteiligten. Die Einteilung der Arbeitszeit sei vollkommen frei gewesen, lediglich der Fertigstellungstermin für ein Projekt sei vorgegeben gewesen. Außer dem Telefon und den Schreibunterlagen seien keine weiteren Betriebsmittel für die Tätigkeit notwendig gewesen. Der eine Konkurrenzklausel enthaltende Werkvertrag vom sei lediglich für ein einziges Inseratenverkaufsprojekt vereinbart worden. Danach sei der auch für die Folgezeit geltende Werkvertrag vom vereinbart worden. Dieser Vertrag enthalte keine Konkurrenzklausel. Die Erstmitbeteiligte hätte jederzeit Aufträge ablehnen können. Es habe auch ihr gegenüber kein Weisungsrecht bestanden. Unklar sei, ob die Werkverträge in die Entscheidungen miteinbezogen worden seien. Aus diesen ergebe sich jedenfalls die Beschäftigung der Erstmitbeteiligten ohne persönliche Abhängigkeit auf Basis eines Werkvertrages.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde "den Berufungen der Dr. P. & Dr. P. GmbH" (also der beschwerdeführenden Gesellschaft) gegen alle drei Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom keine Folge und stellte fest, dass die Erstmitbeteiligte auf Grund ihrer Tätigkeit als kaufmännische Angestellte bei der Dr. P. & Dr. P. GmbH zu sämtlichen in den drei Bescheiden genannten Zeiten der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen sei. Diesem Ergebnis lag folgender von der belangten Behörde festgestellte und auszugsweise wiedergegebene Sachverhalt zu Grunde:
"Unbestritten ist, dass (die Erstmitbeteiligte) ... bei der (beschwerdeführenden Gesellschaft) im Bereich Telefonmarketing tätig war. Der vereinbarte Stundenlohn betrug S 100,-- netto. (Die Erstmitbeteiligte) bezog ein Entgelt, welches über der Geringfügigkeitsgrenze lag. (Die Erstmitbeteiligte) war zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet. Eine Vertretung war nicht vorgesehen. Im Falle einer Dienstverhinderung musste (die Erstmitbeteiligte) die (beschwerdeführende Gesellschaft) verständigen. Die genaue Arbeitszeiteinteilung oblag (der Erstmitbeteiligten), soweit es mit den dienstlichen Notwendigkeiten vereinbar war. Der Arbeitsort war jeweils vorgegeben, (die Erstmitbeteiligte) hatte darauf keinen Einfluss, er befand sich entweder in den Räumlichkeiten der (beschwerdeführenden Gesellschaft) oder bei den Auftragsfirmen, (die Erstmitbeteiligte) führte ihre Tätigkeit dort mit den ihr zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln der (beschwerdeführenden Gesellschaft) aus. Sie hatte sich an Anordnungen und Vorgaben zu halten und war in dieser Hinsicht weisungsgebunden. Die Entlohnung erfolgte auf Grund von Honorarnoten, die auf von (der Erstmitbeteiligten) geführten Stundenlisten basierten. Die Stundenlisten wurden kontrolliert."
Beweiswürdigend schenkte die belangte Behörde den Aussagen der Erstmitbeteiligten mehr Glauben als jenen des Vertreters der beschwerdeführenden Gesellschaft. Als weitere Grundlagen für die Feststellungen zog die belangte Behörde drei als Werkvertrag bezeichnete Vereinbarungen vom 9. Mai und vom sowie eine solche ohne Datum heran. Rechtlich folgerte die belangte Behörde, dass eine generelle Vertretungsbefugnis nicht vereinbart worden sei; Aufträge hätten zwar sanktionslos abgelehnt werden können, bei Annahme des Auftrages habe jedoch eine Verpflichtung zur Fertigstellung bestanden. Die Erstmitbeteiligte sei in die Betriebsorganisation eingebunden gewesen; Kontrollen über die Durchführung der Tätigkeit seien nur in Bezug auf die erfolgreiche Fertigstellung erfolgt. Insgesamt überwögen die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt und die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt, Abstand genommen. Die übrigen mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst rügt die beschwerdeführende Gesellschaft, dass die belangte Behörde Beschäftigungszeiten nicht nur aus den an die beschwerdeführende Gesellschaft gerichteten erst- bzw. zweitinstanzlichen Bescheiden (somit nur für das Jahr 1993), sondern auch aus den an die Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH gerichteten Bescheiden (somit auch für die Jahre 1994 und 1995) der beschwerdeführenden Gesellschaft zugerechnet und damit die Versicherungspflicht der Erstmitbeteiligten auch für Zeiten festgestellt habe, die nicht Gegenstand des Verfahrens gegen die beschwerdeführende Gesellschaft, sondern des Verfahrens gegen die Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH gewesen seien.
In diesem Zusammenhang ist - als Ergebnis vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführter amtswegiger Erhebungen - festzuhalten, dass die Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH mit Verschmelzungsvertrag vom als übertragende Gesellschaft mit der beschwerdeführenden Gesellschaft als übernehmende Gesellschaft verschmolzen wurde. Die die Vereinigung der beiden Gesellschaften im Wege der Gesamtrechtsnachfolge bewirkende Verschmelzung (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 93/13/0295) fand somit nach Erlassung des angefochtenen Bescheides () und nach Erhebung der vorliegenden Beschwerde () statt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den angefochtenen Bescheid grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu beurteilen. Der erkennende Senat hatte aber zunächst zu untersuchen, ob eine während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eingetretene Gesamtrechtsnachfolge in jene Rechtsverhältnisse, welche durch den angefochtenen Bescheid zu Unrecht der beschwerdeführenden Gesellschaft zugerechnet wurden, dazu führen konnte, dass die beschwerdeführende Gesellschaft hinsichtlich der eingangs erwähnten Rechtsrüge nicht mehr als beschwert anzusehen wäre. Die Fortdauer der Beschwer ist jedoch aus folgenden Gründen zu bejahen:
Die beschwerdeführende Gesellschaft konnte sich zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist nur gegen Eingriffe in ihre damals gegebene Rechtssphäre zur Wehr setzen. Dieser Eingriff bestand in Ansehung von Beschäftigungsverhältnissen zu anderen Unternehmungen aber schon in der rechtswidrigen Zurechnung zur beschwerdeführenden Gesellschaft, gleichgültig, ob der Bescheid in diesen Teilen im Übrigen rechtmäßig gewesen ist oder nicht. Würde man nun aufgrund der eingetretenen Rechtsnachfolge eine Fortdauer der Beschwer der beschwerdeführenden Gesellschaft verneinen, wäre ihr hinsichtlich anderer Fragen der Rechtmäßigkeit jener Teile des angefochtenen Bescheides, welche sie erst seit der Verschmelzung tatsächlich belasten, jede Rechtsschutzmöglichkeit genommen. Nun hatte die beschwerdeführende Gesellschaft zwar die Gesamtrechtsnachfolge in jener Konstellation, in der sie sich zum Zeitpunkt der Verschmelzung dargestellt hat, anzunehmen. Es war aber auch der übertragenden Gesellschaft als Rechtsvorgängerin verwehrt, den angefochtenen Bescheid insoweit, als er sich an die übertragende Gesellschaft hätte richten sollen, zu bekämpfen, da er nicht an sie gerichtet gewesen ist. In dieser Konstellation ist daher der angefochtene Bescheid insoweit, als die Rechtsrüge der beschwerdeführenden Gesellschaft, er sei zu Unrecht an sie ergangen, zutrifft, auch dann wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes zu beheben, wenn die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren diesen Bescheid - freilich dann aufgrund der mittlerweile eingetretenen Rechtsnachfolge - neuerlich gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft zu erlassen hätte.
Die Rechtsrüge ist insoweit auch begründet: die Behörde hat nämlich nicht beachtet, dass sich die drei Bescheide des Landeshauptmannes nicht nur auf unterschiedliche Zeiträume, sondern auch auf unterschiedliche Dienstgeber bezogen haben. Soweit die belangte Behörde durch den Spruch ihres Bescheides die an das andere Unternehmen gerichteten Einspruchsbescheide wiederholt, nunmehr aber gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft erlassen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Im Übrigen vermischte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Vertragsverhältnisse der Erstmitbeteiligten zu beiden Gesellschaften derart, dass sich kein eindeutiger Bezug zur Beschäftigung (nur) bei der beschwerdeführenden Gesellschaft herstellen lässt. Können die Feststellungen noch als für sämtliche Zeiträume gültig angesehen werden, würdigte die belangte Behörde ohne Unterscheidung der Zeiträume oder des Dienstgebers alle Beweismittel in einer Weise, als hätten sie für die Beschäftigung bei beiden Gesellschaften gleichermaßen Geltung gehabt. Nach der Aktenlage hat die Erstmitbeteiligte die Werkverträge vom 9. Mai bzw. mit der beschwerdeführenden Gesellschaft geschlossen, während der undatierte Werkvertrag mit der Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH abgeschlossen wurde. Die belangte Behörde legte aber ihrer nur die beschwerdeführende Gesellschaft betreffenden Entscheidung undifferenziert sämtliche Verträge zu Grunde. Der undatierte Werkvertrag zwischen der Erstmitbeteiligten und der Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH wäre demnach nur auf das Rechtsverhältnis zu dieser Gesellschaft anzuwenden. Aktenwidrig hielt die belangte Behörde dazu in ihrer Beweiswürdigung fest, dass auch dieser Vertrag zwischen der Erstmitbeteiligten und der beschwerdeführenden Gesellschaft abgeschlossen worden sei und führte weiter aus, der Vertrag könne zur Beurteilung der Tätigkeit "nicht in dem Ausmaß wie die Beschreibung der Tätigkeit" durch die Erstmitbeteiligte herangezogen werden. In welchem Ausmaß er jedoch auch auf die Beurteilung des Rechtsverhältnisses zur beschwerdeführenden Gesellschaft herangezogen wurde, lässt die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erkennen.
Schon die aufgezeigte Begründungslücke hindert die Nachprüfung des die beschwerdeführende Gesellschaft betreffenden Teiles des Bescheides auf die Gesetzmäßigkeit seines Inhaltes, sodass die belangte Behörde durch die unzulängliche Begründung Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Einhaltung sie zu einem andern Bescheid hätte kommen können (vgl. das Erkenntnis vom , VwSlg. 2407/A). Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang des Abspruchs über die Beschäftigungszeiträume im Jahre 1993 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c aufzuheben.
Bei ihrer neuerlichen Entscheidung wird die belangte Behörde auch zu beachten haben, dass der von ihr im angefochtenen Bescheid angenommene Sachverhalt unter Zugrundelegung folgender vom Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Versicherungspflicht entwickelter Grundsätze zur Beurteilung der entscheidungswesentlichen Fragen nicht ausreicht:
Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Die Beantwortung der Frage, ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (zum Beispiel auf Grund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist. Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zum Beispiel die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffende Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl. etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , SlgNr. 12.325/A).
Im Beschwerdefall bilden zwei Vereinbarungen die Grundlage der Beschäftigung der Erstmitbeteiligten bei der beschwerdeführenden Gesellschaft. Für die Beurteilung der Frage, ob ein auf einem Vertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit besteht, kommt dem Vertrag zunächst die Vermutung seiner Richtigkeit zu, das heißt es ist davon auszugehen, dass er den wahren Sachverhalt widerspiegelt (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 90/08/0022). Soweit ein Vertrag von den tatsächlichen Gegebenheiten nicht abweicht (das heißt, soweit es sich nicht um einen Scheinvertrag handelt), ist er als Teilelement der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung (an Hand der in der Judikatur herausgearbeiteten Kriterien) in diese einzubeziehen, weil er die von den Parteien in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom , Zl. 91/08/0077). Weicht die tatsächliche Ausübung der Beschäftigung vom Vertrag ab, ist nicht primär der Vertrag maßgebend, sondern sind die "wahren Verhältnisse" entscheidend, das heißt ob bei der tatsächlichen (und nicht bloß vereinbarten) Art der Beschäftigung die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen.
Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG (und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis schon deshalb nicht vor. Besteht die Befugnis, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte vornehmen zu lassen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 94/08/0118), mangelt es an der persönlichen Arbeitspflicht. Geht die belangte Behörde im Beschwerdefall davon aus, dass sich die Erstmitbeteiligte nicht generell vertreten lassen konnte, lässt dies umgekehrt nicht notwendigerweise auf ein Beschäftigungsverhältnis in persönlicher Abhängigkeit schließen, weil das Gesamtbild der Beschäftigung zu beurteilen ist.
Dazu gehört als unterscheidungskräftiges Merkmal auch die Arbeitszeit, deren Einteilung - der Feststellung der belangten Behörde folgend - der Erstmitbeteiligten oblegen war. Dieser Feststellung legte die belangte Behörde offenbar die Aussage der Erstmitbeteiligten vor der belangten Behörde zu Grunde (Niederschrift vom ), wonach sie sich "weder vor noch nach Beendigung" ihrer Arbeit "bei jemandem melden" und auch nicht über ihre Tätigkeit berichten musste. Während die weitgehend freie Arbeitszeiteinteilung gegen die persönliche Abhängigkeit der Erstmitbeteiligten spricht, verliert in diesem Zusammenhang der Arbeitsort seine Bedeutung als unterscheidungskräftiges Merkmal, weil es eben nicht darauf ankam, von welcher Stelle die Erstmitbeteiligte ihre Telefonate führte, weil eine Kontrolle ihrer Tätigkeit weder in zeitlicher noch in inhaltlicher Hinsicht erfolgte und nach der Aktenlage für die beschwerdeführende Gesellschaft ausschließlich der Erfolg, somit die Anzahl der geführten Telefonate, ausschlaggebend war. In diesem Punkt erweist sich der Sachverhalt als ergänzungsbedürftig, weil einerseits gar nicht feststeht, welche konkrete Tätigkeit die Erstmitbeteiligte ausübte und andererseits für die Frage ihrer Abhängigkeit von allenfalls entscheidender Bedeutung ist, welchen (vereinbarten) Arbeitserfolg sie schuldete. Nach den bisher getroffenen Feststellungen bleibt etwa unklar, welche Bedeutung es für die beschwerdeführende Gesellschaft haben konnte, die Erstmitbeteiligte an einen bestimmten Arbeitsort zu binden, wenn ihre Anwesenheit weder erforderlich war noch kontrolliert wurde. Unbestimmt bleibt im Sachverhalt auch, inwiefern sich die Erstmitbeteiligte "an Anordnungen und Vorgaben zu halten" hatte und in welchen Belangen sie weisungsgebunden gewesen sein soll.
Solange aber nicht feststeht, welchen Anordnungen, Vorgaben und Weisungen die Erstmitbeteiligte unterworfen gewesen sein soll, können daraus keine rechtlichen Folgerungen für die zu beurteilende Beschäftigung getroffen werden. Der erwähnten Niederschrift zufolge gab es zwar Besprechungen über die Tätigkeit der Erstmitbeteiligten, diese hätten jedoch nicht das Arbeitsverfahren betroffen. Dies berücksichtigt offenbar auch die belangte Behörde, wenn sie im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung des bei ihr bekämpften Bescheides davon spricht, dass "Kontrollen bezüglich der Durchführung der Tätigkeit scheinbar nicht oder nur in Bezug auf die erfolgreiche Fertigstellung erfolgten", um daran anzuschließen, dass "dennoch von einem Überwiegen der Merkmale der persönlichen Abhängigkeit auszugehen" sei.
Ist in der rechtlichen Beurteilung weiter von der Urlaubsgestaltung als Argument für die Eingebundenheit der Erstmitbeteiligten in die Betriebsorganisation die Rede, bleibt im Dunkeln, von welcher Urlaubsgestaltung die Rede ist, zumal die Feststellungen darüber keine Auskunft geben und die Erstmitbeteiligte in der schon mehrmals erwähnten Niederschrift angab, sie hätte nicht sagen müssen, wann sie auf Urlaub gehe.
Die belangte Behörde wird auch zwischen dem Rahmenvertrag (den Rahmenverträgen) einerseits und den Umständen der jeweils zeitlich begrenzt ausgeübten Tätigkeit andererseits zu unterscheiden haben, weil es darauf ankommt, ob bei letzterer die Merkmale persönlicher Abhängigkeit überwiegen. Legt man dieser Beurteilung nur die Aussage der Erstmitbeteiligten zu Grunde, kann nicht ohne Weiteres auf eine Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit geschlossen werden. Aus dieser Aussage geht weder eine Einbindung in die Betriebsorganisation der beschwerdeführenden Gesellschaft noch gehen irgendwelche das Arbeitsverfahren betreffende konkrete Weisungs- und Kontrollrechte hervor, die den genannten Schluss zuließen. Die (scheinbare) Bindung an den Arbeitsort bei weitgehend freier Einteilung der Arbeitszeit ist für sich allein kein derart starkes Unterscheidungsmerkmal, dass bei Betrachten des gesamten Beschäftigungsbildes die persönliche Abhängigkeit überwöge. Auch diesen Aspekt wird die belangte Behörde im Auge behalten müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ein Ersatz der Gebühr von S 2.500,-- findet wegen der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) nicht statt.
Wien, am
Dr. Bernard
Mag. Müller
Für die Richtigkeit
der Ausfertigung: