VwGH vom 23.01.1991, 90/02/0163
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 70 - 11/492/90/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er sei am um 1.25 Uhr an einem näher beschriebenen Ort als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt gewesen und habe es unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von diesem Unfall zu verständigen. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Soweit der Beschwerdeführer eine eingetretene Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 Abs. 1 VStG 1950 davon ableitet, daß in der Strafverfügung vom anstelle des Wortes "Verkehrsunfall" die Abkürzung "VU" verwendet worden sei, vermag ihm der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten. Aus dem Zusammenhang mit dem übrigen Inhalt dieser Strafverfügung besteht nämlich über die Bedeutung dieser Abkürzung kein Zweifel.
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 89/02/0153) setzt die Meldepflicht nach § 4 Abs. 5 StVO auch das Wissen um einen Verkehrsunfall voraus, wobei aber nicht unbedingt das positive Wissen von diesem und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich ist, sondern es genügt, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können; dies ist schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte. Weiters muß der Lenker den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuwenden.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde im Hinblick auf die soeben zitierte hg. Rechtsprechung zu Recht davon ausgehen, daß dem Beschwerdeführer das von ihm behauptete Nichtwissen vom Verkehrsunfall in der Schuldform der Fahrlässigkeit anzulasten ist. Insoweit verweist die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend darauf, daß der Beschwerdeführer anläßlich der Lenkererhebung seitens der Gendarmerie am dem Beamten gegenüber angegeben hatte, er sei zwar gegen das (zweitbeteiligte) Fahrzeug gefahren, habe jedoch keine Beschädigung festgestellt. Weiters hatte der (unbeteiligte) Zeuge K. am angegeben, der Beschwerdeführer sei, nachdem er mit seinem Fahrzeug gegen das (zweitbeteiligte) Fahrzeug gestoßen sei, "ohne sich um den Schaden zu kümmern" weggefahren. (Laut den Angaben dieses Zeugen in der Anzeige habe der Beschwerdeführer nach der Beschädigung des anderen Fahrzeuges seine Fahrt fortgesetzt.) Hat aber der Beschwerdeführer trotz Kenntnisnahme der Kontaktierung mit dem anderen Fahrzeug den durch diese verursachten Sachschaden am anderen Fahrzeug infolge Unterlassung von ihm möglichen und zumutbaren Erkundungen - etwa durch Aussteigen aus seinem Fahrzeug und Besichtigung des anderen Fahrzeuges - nicht wahrgenommen, so muß ihm dieser Umstand als Verschulden angerechnet werden (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/02/0153). Bei diesem Ergebnis können die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängel nicht wesentlich sein. Insbesondere erübrigt sich in Hinsicht auf das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verschulden die Auseinandersetzung mit den der belangten Behörde zur Verfügung stehenden beiden kraftfahrtechnischen Gutachten; auch der Aufnahme weiterer Beweise bedurfte es hiezu nicht. Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe sei gegenüber der verhängten Geldstrafe nicht verhältnismäßig, so vermag er gleichfalls eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Das VStG 1950 sieht für das Verhältnis zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen keinen festen Umrechnungsschlüssel vor (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/03/0113). Der Beschwerdeführer übersieht mit seinem Vorbringen, daß die belangte Behörde - wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt - weder von einem geringen Unrechtsgehalt der Tat noch von einem geringfügigen Verschulden des Beschwerdeführers ausgegangen ist und die verhängte Geldstrafe offenbar deshalb so milde ausgefallen ist, weil u.a. von der Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Beschwerdeführers ausgegangen wurde. Für eine Herabsetzung der von der Erstbehörde festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe - die nach den Strafzumessungsregeln des § 19 VStG 1950 zu bemessen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 3825/A) - bestand kein Anlaß.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.