VwGH 30.03.2004, 2001/21/0024
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Wird bei einer Vernehmung kein "Amtsdolmetscher" iSd § 39a Abs. 1 AVG beigezogen, so können die angefallenen Dolmetscherkosten als "Barauslagen" iSd § 76 Abs. 1 zweiter Satz AVG angesehen werden. Nach der von der belBeh hier herangezogenen Bestimmung des § 76 Abs. 2 AVG kann, Verschulden vorausgesetzt, die Kostenersatzpflicht nur einen "Beteiligten" treffen. In einem Verfahren betreffend die Vorschreibung der im Schubhaftverfahren des illegal Beschäftigten aufgelaufenen Dolmetschgebühren an den Arbeitgeber wurde der Standpunkt vertreten, diesem fehlt in Bezug auf das Schubhaftverfahren des betroffenen Fremden die Stellung eines Beteiligten iSd § 8 AVG, sodass eine Kostenvorschreibung gemäß § 76 Abs. 2 und 3 AVG schon aus diesem Grunde nicht in Betracht kommt (Hinweis E , 97/02/0103). Diese Ausführungen gelten auch für den vorliegenden Fall(hier: Bf ist Arbeitgeber des Fremden über den im gegenständlichen Verfahren ein Aufenthaltsverbot iSd § 36 Abs 1 und Abs 2 Z 8 FrG 1997 verhängt wurde), zumal keine Anhaltspunkte dafür bestehen, den im § 76 Abs. 2 und 3 AVG verwendeten Begriff des "Beteiligten" nicht iSd Legaldefinition des § 8 AVG zu verstehen. Dem Bf kam aber in Bezug auf das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den von ihm illegal beschäftigten Fremden nicht die Stellung als Beteiligter iSd § 8 AVG zu. Die Annahme der belBeh, die Ersatzpflicht für die Dolmetschgebühren auf § 76 Abs. 2 AVG stützen zu können, erweist sich daher als verfehlt. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2002/21/0160 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Otto Ackerl, Dr. Adalbert Laimer und Mag. Martin Nemec, Rechtsanwälte in 1210 Wien, Brünner Straße 37/5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom , Zlen. Fr 3476 bis 3480/00 sowie Fr 3482 bis 3488/00, jeweils den Ersatz von Barauslagen (Dolmetschkosten) betreffend, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid schrieb die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 1 bis 3 AVG 1991 S 9.091,02 als Kosten, die bei Durchführung der fremdenpolizeilichen Maßnahmen gegen näher genannte slowakische Staatsangehörige entstanden seien, vor.
Zur Begründung verwies sie darauf, dass die genannten Fremden am auf einer Baustelle betreten worden seien, die vom Beschwerdeführer "geführt" worden sei. Die slowakischen Staatsangehörigen seien weder im Besitz einer Arbeitsbewilligung noch einer Aufenthaltsbewilligung gewesen. Gegen diese sei "in der Folge" gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 und 8 des Fremdengesetzes "1991" (BGBl. Nr. 838/1992) jeweils ein bis befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. "Bei Durchführung der fremdenpolizeilichen Maßnahmen gegen die zwölf slowakischen Staatsangehörigen" seien Dolmetschkosten von S 18.182,40 entstanden, wovon 50 % vom Beschwerdeführer als "Schwarzarbeitgeber" zu tragen seien. Dieser habe nämlich diese zwölf slowakischen Staatsangehörigen entgegen § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 beschäftigt. Die fremdenpolizeilichen Amtshandlungen seien von Amts wegen angeordnet worden, wobei die amtswegige Anordnung der Amtshandlung durch die illegale Beschäftigung der slowakischen Staatsangehörigen von diesen im Sinn des § 76 Abs. 2 AVG mitverschuldet worden sei. Für die Begründung der Beteiligtenstellung gemäß § 76 Abs. 2 AVG genüge, dass das Verschulden des Beteiligten für die Vornahme der Amtshandlung kausal sei. Die Beteiligtenstellung des "Schwarzarbeitgebers" ergebe sich aus dem Umstand, dass die Beschäftigung der Fremden entgegen den Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes kausal für die fremdenpolizeiliche Amtshandlung gewesen sei. Aus § 45 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 folge "die unmittelbare Betroffenheit des Schwarzarbeitgebers und somit seine Beteiligtenstellung". Der Beschwerdeführer sei wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden. Die Aufteilung der Kosten zur Hälfte auf den "Schwarzarbeitgeber" und zur Hälfte auf die "Schwarzarbeitnehmer" sei sachlich gerechtfertigt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der angefochtene Bescheid wurde am zugestellt und damit erlassen.
§ 76 AVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 164/1999 lautet auszugsweise:
"§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.
(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.
(3) Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen.
..."
Die belangte Behörde hat die angefallenen Dolmetschgebühren als "Barauslagen" im Sinn des § 76 Abs. 1 zweiter Satz AVG behandelt und diese durch eine von Amts wegen angeordnete Amtshandlung entstandenen Kosten in Anwendung des § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG ausgehend von einem Verschulden des Beschwerdeführers jenem als "Beteiligtem" auferlegt, wobei sie im Blick auf die Annahme eines gleichteiligen Mitverschuldens des Beschwerdeführers einerseits und der slowakischen Staatsangehörigen andererseits nach § 76 Abs. 3 AVG dem Beschwerdeführer nur die Hälfte dieser Kosten vorgeschrieben hat. Nach dem Akteninhalt entstanden die Kosten durch die der Erlassung befristeter Aufenthaltsverbote vorangegangenen Vernehmungen des Jozef B. am und der übrigen slowakischen Staatsangehörigen am . Mit der in der Bescheidbegründung so bezeichneten "Durchführung der fremdenpolizeilichen Maßnahmen" ist somit zweifellos das Verfahren für die "in der Folge" erlassenen Aufenthaltsverbote gemeint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom , Zl. 2002/21/0160, ausgesprochen, dass einer Person im Bezug auf das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen angeblich von ihr illegal beschäftigte Fremde nicht die Stellung als Beteiligter im Sinn des § 8 AVG zukomme. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. An dieser Ansicht vermag der Hinweis im angefochtenen Bescheid auf § 45 Abs. 2 FrG nichts zu ändern, wird doch dort nur eine besondere Form der Amtshilfe (der für Bestrafungen nach dem AuslBG zuständigen Behörde sind die Angaben der mit einem Aufenthaltsverbot nach § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG bedachten Fremden zur Verfügung zu stellen) festgelegt. Auch im vorliegenden Verfahren erweist sich somit die Annahme der belangten Behörde, eine Ersatzpflicht des Beschwerdeführers für die Dolmetschgebühren auf § 76 Abs. 2 AVG stützen zu können, als verfehlt.
Wie im genannten Vorerkenntnis wäre auch hier § 103 Abs. 2 FrG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 126/2002), auf den sich die belangte Behörde aber ohnehin nicht gestützt hat, keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Auferlegung einer (teilweisen) Ersatzpflicht in Ansehung der gegenständlichen Dolmetschkosten gewesen. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer die genannten slowakischen Staatsangehörigen "entgegen § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes" beschäftigt hat (§ 103 Abs. 2 FrG).
Aus den dargestellten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Besondere Rechtsgebiete Beteiligter |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2004:2001210024.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
IAAAE-45326