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VwGH vom 17.04.1996, 95/21/0075

VwGH vom 17.04.1996, 95/21/0075

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

95/21/0291 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der A in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom , Zl. Fr-5593/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine jugoslawische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 2 und 7 sowie unter Bedachtnahme auf die §§ 19 und 20 FrG ein bis zum befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß die Beschwerdeführerin erstmals im September 1981 nach Österreich eingereist sei und hier bis 1985 lebte. Im Juni 1988 sei sie zum Zwecke der Arbeitsaufnahme neuerlich nach Österreich eingereist, ohne jedoch im Besitz des erforderlichen Sichtvermerkes zu sein. Sie sei deshalb mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom rechtskräftig bestraft worden.

Verwaltungsrechtlich sei sie auch in den Jahren 1991 und 1992 in Erscheinung getreten, weil insgesamt drei rechtskräftige Bestrafungen nach § 14 (1) i.V.m. § 2 (2) Fremdenpolizeigesetz, jetzt "Fremdengesetz", erfolgt seien. Es lägen somit insgesamt vier rechtskräftige Bestrafungen nach dem Fremden- bzw. Paßgesetz gegen die Beschwerdeführerin vor. Das Aufenthaltsverbot sei daher auch auf § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG zu stützen.

Laut Aktenlage habe die Beschwerdeführerin im Jahre 1993 Bezüge aus der Arbeitslosenversicherung erhalten, welche sie dem Sozialamt nicht bekanntgegeben habe. Die Beschwerdeführerin habe dadurch insgesamt S 27.039,60 an Sozialhilfeunterstützung erschlichen. Dieser Tatbestand werde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Die in der Berufung aufgestellte Behauptung, der Anspruch auf Arbeitslosengeld hätte es ihr ermöglicht, die Ausgaben des täglichen Lebens zu bestreiten, gehe im Hinblick auf den Sozialhilfebezug ins Leere. Damit sei dokumentiert, daß die Beschwerdeführerin tatsächlich nicht in der Lage gewesen sei, den Lebensbedarf für sich und ihre Angehörigen aus eigenen Kräften und Mitteln zu bestreiten. Die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG sei auf die Beschwerdeführerin anwendbar, weil sie erwiesenermaßen nicht rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist sei.

Richtig sei, daß die im erstinstanzlichen Bescheid angeführte Verurteilung (laut Ausweis der Verwaltungsakten Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom wegen §§ 146, 147 Abs. 2 StGB, bedingte Freiheitsstrafe von drei Monaten) die im § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG normierte Voraussetzung nicht erfülle. Bei der Beurteilung des Gesamtverhaltens sei diese Verurteilung sehr wohl zu berücksichtigen.

Bei der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, daß sich die Beschwerdeführerin seit 1988 durchgehend und seit 1989 gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und dem gemeinsamen minderjährigen Kind in Österreich aufhalte. Der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin sei ebenfalls mittellos und gehe keiner Beschäftigung nach. Angesichts dieser Umstände wögen die Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer als die Folgen der Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt gegen die Annahme, der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG sei erfüllt, vor, daß sie niemals gemäß § 14 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz rechtskräftig bestraft worden sei. Sollte es sich aber lediglich um ein falsches Gesetzeszitat handeln, wäre dadurch keinesfalls eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG gegeben. § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verlange, daß ein Fremder mehr als einmal wegen einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung rechtskräftig bestraft worden sei. Die belangte Behörde habe in keiner Weise dargetan, daß eine mehrmalige schwerwiegende Verwaltungsübertretung vorliegen würde.

Mit diesem Vorbringen kann die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. In diesem Bescheid wird zwar von rechtskräftigen Bestrafungen nach § 14 (1) i.V.m. § 2 (2) Fremdenpolizeigesetz gesprochen, nach Ausweis der Verwaltungsakten wurde die Beschwerdeführerin jedoch deswegen zur Anzeige gebracht, weil sie es unterlassen hatte, ihre befristeten Sichtvermerke jeweils rechtzeitig erneuern zu lassen. Es dürfte sich somit tatsächlich, wie die Beschwerde richtig erkennt, um ein falsches Zitat handeln, zumal die richtige Gesetzesstelle § 14b Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz zu lauten hätte. Bestrafungen nach dem Fremdenpolizeigesetz sind aber solchen nach dem Fremdengesetz gleichgestellt. Bestrafungen nach dem Fremdengesetz sind im § 18 Abs. 2 Z. 2 ausdrücklich genannt. Bei mehr als zweimaliger rechtskräftiger Bestrafung wegen eines der in dieser Bestimmung genannten Gesetze, ist dieser Tatbestand jedenfalls erfüllt (vgl. hierzu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/21/0272, m.w.N.). Die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Verletzung des Parteiengehörs ist nicht zielführend (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/18/0629).

Zur Frage der Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG macht die Beschwerdeführerin geltend, daß sie in den relevanten Zeiträumen einen gesetzlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt habe und in den übrigen Zeiträumen einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Bezug von Sozialhilfeunterstützung durch die Beschwerdeführerin dokumentiere, daß sie tatsächlich nicht in der Lage gewesen wäre, den Lebensbedarf für sich und ihre Angehörigen aus eigenen Kräften und Mitteln zu bestreiten, sei unrichtig. Sie habe zwischenzeitig eine Vereinbarung mit dem Sozialamt des Magistrates der Stadt Salzburg über die Rückzahlung der im Jahre 1993 bezogenen Sozialhilfeunterstützung getroffen und komme dieser Verpflichtung auch nach.

Dem ist vorerst entgegenzuhalten, daß der Anspruch auf Sozialhilfe voraussetzt, daß der Betreffende nicht die Mittel zu seinem Unterhalt besitzt und daher die Gewährung der Sozialhilfe den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG jedenfalls erfüllt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/18/0522).

Die belangte Behörde spricht im angefochtenen Bescheid jedoch davon, daß die Beschwerdeführerin dem Sozialamt ihre Bezüge aus der Arbeitslosenversicherung nicht bekanntgegeben habe und dadurch insgesamt S 27.039,60 an Sozialhilfeunterstützung erschlichen habe. Diese Feststellung vermag jedoch die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG nicht zu erfüllen. Wurde nämlich von der Beschwerdeführerin die gesamte Sozialhilfeunterstützung erschlichen, so bedeutet dies, daß sie tatsächlich keinen Anspruch auf eine solche Leistung gehabt hat, und daß die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG gerade nicht vorliegen. Sollte aber der im Bescheid genannte erschlichene Betrag an Sozialhilfeunterstützung nicht das gesamte Ausmaß der der Beschwerdeführerin gewährten Unterstützung umfassen, könnte von der Erfüllung des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG ausgegangen werden. Diese Bestimmung wäre auf die Beschwerdeführerin dann auch insoweit zu Recht angewendet worden, weil sie unstrittigerweise nicht rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme in das Bundesgebiet eingereist ist. Die Feststellungen im angefochtenen Bescheid lassen somit nicht erkennen, ob der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt ist.

Ebenso kann noch nicht beurteilt werden, ob das Gesamtfehlverhalten der Beschwerdeführerin die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigt. Die rechtskräftigen Bestrafungen nach § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG reichen mangels Feststellung des diesen Bestrafungen zugrundeliegenden Sachverhaltes hiefür nicht aus. In den Fällen, in denen ein Fremder wegen unerlaubten Aufenthaltes deswegen rechtskräftig bestraft wurde, weil er es unterlassen hat, seinen befristeten Sichtvermerk rechtzeitig zu verlängern, ist, um die Annahme des § 18 Abs. 1 FrG beurteilen zu können, die Dauer des jeweils unerlaubten und des nachfolgenden rechtmäßigen Aufenthaltes festzustellen (vgl. auch hiezu das bereits oben zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/21/0272). Da solche Feststellungen im angefochtenen Bescheid fehlen, kann der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, daß die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist, nicht überprüfen. Die hiezu auch zu Recht herangezogene rechtskräftige Verurteilung der Beschwerdeführerin für sich alleine reicht - mangels Feststellung des dieser Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhaltes - jedenfalls zur Begründung dieser Annahme nicht aus.

Die belangte Behörde belastete somit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und war dieser daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Fundstelle(n):
NAAAE-45239