VwGH vom 18.03.1994, 93/07/0149
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des W in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom , Zl. 1/01-33.316/23-1993, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Zuge einer von der Bezirkshauptmannschaft Zell am See (BH) als Wasserrechtsbehörde angeordneten notstandspolizeilichen Maßnahme entstanden ihr Verfahrenskosten, welche sie mit ihrem auf § 57 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 76 Abs. 1 und 2 AVG gestützten Bescheid vom dem Beschwerdeführer zum Ersatz vorschrieb. Dieser Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am , dem Beschwerdeführer persönlich am zugestellt. Über Antrag der BH bewilligte ihr das Bezirksgericht Zell am See mit Beschluß vom zur Hereinbringung des in diesem Bescheid vorgeschriebenen Betrages die Fahrnisexekution, welcher Beschluß dem Beschwerdeführer aus Anlaß des Exekutionsvollzuges am zugestellt wurde.
Mit einem am bei der BH eingelangten Schriftsatz seines Rechtsvertreters beantragte der Beschwerdeführer unter anderem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid der BH vom , holte die versäumte Vorstellung gleichzeitig nach, und brachte zur Rechtfertigung seines Wiedereinsetzungsbegehrens folgendes vor:
Die Sekretärin seines Rechtsvertreters habe nach Zustellung des Mandatsbescheides am offenbar übersehen, die 14-tägige Frist zur Erhebung der Vorstellung in den Fristenkalender des Rechtsvertreters einzutragen, und statt dessen den Bescheid in den Kanzleiakt seines Rechtsvertreters eingelegt. Erst als dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am ein Bescheid der BH vom zugestellt worden sei und die Sekretärin des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers die Frist zur Erhebung der Berufung gegen diesen Bescheid in den Fristenkalender eingetragen und den Akt dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vorgelegt habe, habe dieser bemerkt, daß die Frist zur Erhebung der Vorstellung nicht eingetragen und die Vorstellung deswegen auch nicht erstattet worden sei. Die betroffene Sekretärin des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers arbeite in der Rechtsanwaltskanzlei seit ca. sechs Jahren, es seien ihr nach einer gewissen Zeit der Einschulung keine Fehler unterlaufen, weshalb die Kontrolle in letzter Zeit nur mehr stichprobenartig erfolgt sei, sodaß sich der Fehler der Sekretärin des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers als unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis darstelle, welches den Beschwerdeführer gehindert habe, gegen den Bescheid der BH vom Vorstellung zu erheben.
Mit Bescheid vom wies die BH den Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig mit der Begründung zurück, daß er außerhalb der Frist des § 71 Abs. 2 AVG gestellt worden sei. Nach dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsstandes sei der Beschwerdeführer schon am davon in Kenntnis gesetzt worden, daß eine Vorstellung gegen den Mandatsbescheid nicht erhoben worden sei, schon am sei der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers von diesem Umstand in Kenntnis gesetzt worden. Der erst am zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag erweise sich demnach als verspätet.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung rügte der Beschwerdeführer den Mangel eines gesetzmäßig gewährten Parteiengehörs und bestritt die der behördlichen Beurteilung einer Verspätung seines Wiedereinsetzungsantrages zugrundeliegenden Sachverhaltsannahmen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge; ihre Entscheidung begründete sie damit, daß der Beschwerdeführer weder dargelegt noch glaubhaft gemacht habe, inwiefern die Ablage des Kostenbescheides vom in den Handakt ohne Terminvormerkung der Rechtsmittelfrist "bzw." das Unterbleiben der Überwachung des Termineintrages durch den Vertreter selbst ein unvorhergesehenes "bzw." unabwendbares Ereignis bilde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides getroffenen Ausführungen der belangten Behörde verfehlen das Thema ihres Berufungsverfahrens. Dieses bestand nicht in der Berechtigung, sondern in der Rechtzeitigkeit des vom Beschwerdeführer gestellten Wiedereinsetzungsantrages. Indem die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides die - im Bescheid der BH gar nicht behandelte - Frage der Berechtigung des Wiedereinsetzungsantrages verneinte, im Spruch des angefochtenen Bescheides aber die auf Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages zufolge verspäteter Überreichung lautende erstbehördliche Entscheidung bestätigte, hat sie den angefochtenen Bescheid aus dem Grunde eines unauflösbaren Widerspruchs zwischen seinem Spruch und seiner Begründung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, was zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu führen hatte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991; die Abweisung des Kostenmehrbegehrens beruht auf überhöht geltend gemachtem Aufwand für Stempelgebührenersatz, da der angefochtene Bescheid in lediglich einfacher Ausfertigung vorzulegen war.