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VwGH vom 22.02.1994, 93/07/0131

VwGH vom 22.02.1994, 93/07/0131

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde 1.) des F H und 2.) der M H in P, beide vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 3-30 H 282-93/1, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer beantragten mit Eingabe vom bei der Bezirkshauptmannschaft Hartberg (BH) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für eine kombinierte Abwasserentsorgungsanlage, bestehend aus einem technisch belüfteten betonierten Klärbecken (Belüftungs- bzw. technisch-biologische Belebungsanlage) und einem nachgeschalteten Pflanzenbett als natürlich belüftetes Filterbett (bepflanzter Bodenfilter mit ganzjähriger natürlicher Belüftung durch das Röhricht).

Das von der BH von diesem Vorhaben in Kenntnis gesetzte wasserwirtschaftliche Planungsorgan sprach sich gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die von den Beschwerdeführern geplante Abwasserbeseitigungsanlage, die sich im Anschlußbereich von öffentlichen Abwasserversorgungsanlagen befinde, aus. Begründet wurde dies damit, Ziel der Wasserwirtschaft des Landes Steiermark sei es, die Abwässer aus zusammenhängenden Siedlungsgebieten durch Errichtung kommunaler Abwasserentsorgungssysteme zu entsorgen. Der Betrieb kommunaler Entsorgungssysteme führe erfahrungsgemäß zu stabileren Betriebsverhältnissen und nachhaltigerer Funktionsfähigkeit. Diesem Umstand sei auch im § 3 der Allgemeinen Emissionsverordnung Rechnung getragen worden. Durch die bestehende Koppelung von Raumplanung und Abwasserentsorgung in der Steiermark seien die Gemeinden verstärkt angehalten, die Abwasserentsorgungsanlagen zur Wiederherstellung bzw. Erhaltung der Gewässer, insbesondere des Grundwassers, zu errichten sowie Maßnahmen zur Vermeidung hygienischer Mißstände durchzuführen. Zur Unterstützung bei der Umsetzung dieser Aufgaben sei durch das Kanalgesetz die Verpflichtung zum Anschluß an eine öffentliche Abwasserentsorgungsanlage ermöglicht. Durch die Förderung von öffentlichen Abwasserentsorgungsanlagen durch Bund und Land sei für die Beschwerdeführer kein wirtschaftlicher Nachteil bzw. unzumutbar hoher finanzieller Aufwand im Vergleich zum Betrieb von Einzelkläranlagen gegeben.

Auch der im Vorprüfungsverfahren eingeschaltete Amtssachverständige für Wasserbautechnik beurteilte das Vorhaben der Beschwerdeführer negativ. Er führte aus, als höchste Entwicklungsstufe der Technik auf dem Gebiet der Abwasserentsorgung sei die Sammlung häuslicher Abwässer in Kanalisationsanlagen und ihre Reinigung in biologischen Kläranlagen anzusehen. Diese Anwendungsform der Abwassertechnik sei als wasserwirtschaftliche Zielsetzung in der allgemeinen Abwasseremissionsverordnung ausdrücklich verankert. Dieses System gewährleiste neben einer lückenlosen Erfassung der im Einzugsbereich anfallenden Siedlungsabwässer deren Reinigung unter stabilen Prozeßbedingungen und die kontrollierbare Ableitung in einen Vorfluter unter ständiger Überwachung der Reinigung. Dies bedeute, daß in Gebieten, wo eine örtliche Kanalisation bestehe oder geplant sei, für die Entsorgung häuslicher Abwässer keine Ausnahmeregelungen in Form von Einzelanlagen bestehen könnten, weil dies ein Abgehen von diesem abwassertechnischen Standard bedeuten würde. In Wahrung des öffentlichen Interesses an der Gewässerreinhaltung und einer weitgehend gewässerschonenden und überschaubaren Abwasserentsorgung könnten somit Anträge auf Erteilung wasserrechtlicher Bewilligungen, auch wenn diese dem Stand der Technik entsprächen, wegen Widerspruchs mit diesen Zielsetzungen nicht positiv beurteilt werden.

In ihrer Stellungnahme hiezu brachten die Beschwerdeführer vor, ihre nach der Ö-Norm B 2502 bemessene vollbiologische Reinigungsanlage entspreche dem Stand der Technik. Auf Grund der Funktionsweise der Anlage werde überhaupt kein (gereinigtes) Abwasser in öffentliche Gewässer eingeleitet bzw. keines in Grundwässer versickert.

Mit Bescheid vom wies die BH den Antrag der Beschwerdeführer auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung "zur Errichtung einer biologischen Abwasseranlage mit nachgeschaltetem Pflanzenbett und anschließender Aufbringung der Abwässer auf den eigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen" unter Berufung auf die §§ 30, 32 Abs. 2 lit. c, 98, 104 und 105 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) ab. In der Begründung wird nach Wiedergabe der Stellungnahmen des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans und des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik ausgeführt, die Anlage unterliege der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht nach § 32 WRG, da es sich hiebei nicht mehr um eine bewilligungsfreie, ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung im Sinne des § 32 Abs. 8 WRG 1959 handle. Die häuslichen Abwässer stellten sich auf Grund ihrer allgemein bekannten Beschaffenheit und Zusammensetzung nicht als geeignete Düngungsmittel im Sinne des § 4 des Steiermärkischen Bodenschutzgesetzes, LGBl. Nr. 66/1987, dar, sodaß die Aufbringung der (gereinigten) häuslichen Abwässer durch Versprühen auf landwirtschaftlichen Flächen nicht als Bodenverbesserung, sondern als unzulässige Abwasserentledigung zu werten sei.

Nach § 105 WRG 1959 würden öffentliche Interessen u.a. auch dann negativ berührt, wenn die Beschaffenheit des Wasser oder des Grundwassers nachteilig beeinflußt werde oder wenn eine Gefährdung der notwendigen Wasserversorgung entstehen könne. Das Anwesen der Beschwerdeführer liege im unmittelbaren Anschlußbereich der Gemeindekanalisation, wobei die Gemeinde, um eine Wirtschaftlichkeit ihrer Kanalisation zu erreichen, die Anschlußpflicht auf alle Fälle geltend machen müsse. Es sei im öffentlichen Interesse gelegen, daß sämtliche Abwässer der Ortschaft auf die wirtschaftlichste Weise so gut wie möglich gereinigt würden. Zu diesem Zweck würden für die Gemeindekanalisation auch öffentliche Gelder zur Verfügung gestellt. Jedes Ausscheren aus dem gemeinsamen Projekt würde dieses für die verbleibenden Hausanschlüsse verteuern, da die noch verbleibenden Kanalisationskosten auf alle Anschlußverpflichteten aufgeteilt werden müßten.

Bei widerstrebenden Interessenlagen sei jenen Zielen der Vorrang einzuräumen, die dem öffentlichen Interesse insgesamt besser dienten. Dieser Grundsatz sei in der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom , LGBl. Nr. 85/1989, mit der ein Entwicklungsprogramm für Wasserwirtschaft erlassen worden sei, ausgewiesen. Diese Verordnung enthalte auch weitere Grundsätze hinsichtlich der Gewässerreinhaltung, u.a. den der Vermeidung einer Belastung der Grundwässer durch Nitrate oder sonstige Schadstoffe, insbesondere durch Unterlassung von Versickerungen von Hausabwässern, Gewerbe- und Industrieabwässern sowie schadstoffbelasteten Wässern von Verkehrsflächen über Sickerschächte sowie durch unsachgemäße Dünge- und Pflanzenschutzmaßnahmen. Daß im vorliegenden Fall eine unsachgemäße Düngung beabsichtigt sei, die den Grundsätzen des Steiermärkischen Bodenschutzgesetzes widerspreche, sei bereits erwähnt worden.

Zusammenfassend werde festgestellt, daß in zusammenhängenden Siedlungsgebieten die Abwässer grundsätzlich in Kanalisationsanlagen gesammelt und in zentralen Kläranlagen gereinigt werden sollten. Dies sei eine Vorgabe des Gesetzgebers und des Verordnungsgebers in Definition des öffentlichen Interesses nach § 105 WRG 1959 und ergebe sich aus § 3 der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung. Die Entsorgung von Liegenschaften, welche über eine kommunale Kanalisation erfaßt werden könnten, über Einzelanlagen widerspreche diesem definierten öffentlichen Interesse an einer weitgehend gewässerschonenden und überschaubaren Abwasserentsorgung. Anträge auf Erteilung wasserrechtlicher Bewilligungen für Einzelanlagen, auch wenn diese dem Stand der Technik entsprächen, seien somit in solchen Fällen wegen Widerspruches mit diesen Zielsetzungen aus öffentlichen Rücksichten abzulehnen.

Die Beschwerdeführer beriefen.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Begründung setzte sie sich zunächst mit der Bewilligungspflicht für die geplante Anlage der Beschwerdeführer auseinander und bejahte diese.

Die Bewilligungsfähigkeit der Abwasserbeseitigungsanlage wurde mit der Begründung verneint, es bestehe kein Bedarf an der Realisierung des Projektes der Beschwerdeführer, weil diese mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom verpflichtet worden seien, den Anschluß an den öffentlichen Kanal durchzuführen. Die dagegen erhobene Berufung habe der Gemeinderat mit Bescheid vom abgewiesen, einer dagegen erhobenen Vorstellung sei ebenfalls der Erfolg versagt geblieben. Über die eingebrachte Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof noch keine Entscheidung getroffen; dies ändere aber nichts an der Rechtskraft der verfügten Anschlußverpflichtung.

Darüberhinaus werde noch auf die zutreffenden und inhaltlich völlig richtigen Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid über die notwendigen abwasserwirtschaftlichen zentralen Maßnahmen in Siedlungsgebieten, welche nach wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten durch kommunale Entsorgungssysteme erfaßt werden könnten, verwiesen. Die Entsorgung von häuslichen Abwässern sei grundsätzlich über Kanalisationsanlagen mit zentraler Kläranlage zu bewerkstelligen; in solchen Fällen widerspreche die Errichtung einer Einzelanlage dem öffentlichen Interesse an einer weitgehend gewässerschonenden, überschaubaren, geordneten und auch verwaltbaren flächendeckenden Abwasserentsorgung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführer bringen vor, die belangte Behörde übersehe, daß der mögliche Anschluß ihres Gehöftes an einen öffentlichen Kanal für sich noch keine bessere Entsorgung der Abwässer darstelle als das Projekt mit einem technisch belüfteten, betonierten Klärbecken und einem nachgeschalteten Pflanzenbecken. Daran könne auch der Hinweis nichts ändern, daß kommunale Entsorgungssysteme zu stabileren Betriebsverhältnissen und nachhaltigeren Funktionsfähigkeiten führen würden, weil damit nicht gesagt sei, daß das Projekt diesen Vorstellungen nicht entsprechen würde. Der wasserbautechnische Sachverständige habe das Projekt außerdem als dem Stand der Technik entsprechend bezeichnet. Eine Gegenüberstellung des Projektes mit dem einer zentralen Kläranlage sei nie erfolgt. Die Behörde könne daher nicht einfach erklären, das eine Projekt sei dem anderen vorzuziehen und das Vorhaben der Beschwerdeführer sei nicht zu genehmigen.

Nach § 4 Abs. 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes sei für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung eine Ausnahme zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet sei und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entstehe. Um eine solche Ausnahmegenehmigung hätten die Beschwerdeführer angesucht. Im Verfahren nach dem Kanalgesetz sei auf die Ausnahmemöglichkeit nicht eingegangen worden. Dazu sei ein Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig. Im vorliegenden wasserrechtlichen Verfahren sei die wasserrechtliche Genehmigung versagt worden. Die Behörden umgingen daher die vom Gesetz als zwingende Bestimmung geschaffene Ausnahmebestimmung einfach dadurch, daß im kanalrechtlichen Verfahren auf die beantragte Ausnahme nicht eingegangen werde und im wasserrechtlichen Verfahren gesagt werde, daß der kommunalen Entsorgung der Vorzug gegeben werde. Diese Vorgangsweise widerspreche dem Gebot der Einheit der Rechtsordnung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde geht in der Begründung ihres Bescheides davon aus, daß die gegenständliche Anlage einer wasserrechtlichen Bewilligung nach § 32 WRG 1959 bedarf. Dieser Annahme sind die Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht mehr entgegengetreten.

Nach § 4 Abs. 1 des Steiermärkischen Kanalgesetzes, LGBl. Nr. 79/1988 (KanalG) sind in Gemeinden, in denen öffentliche Kanalanlagen betrieben oder errichtet werden, die Eigentümer von bebauten Grundstücken verpflichtet, die Schmutz- und Regenwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluß in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m beträgt.

Nach § 4 Abs. 5 leg. cit. sind Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht.

Der im § 4 Abs. 5 KanalG angeführte § 1 Abs. 1 leg. cit. bestimmt, daß die im Bauland (§ 23 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127 in der geltenden Fassung) oder auf sonstigen bebauten Grundstücken anfallenden Schmutz- und Regenwässer nach den Bestimmungen dieses Gesetzes in einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Weise vom Grundstückseigentümer abzuleiten oder zu entsorgen sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem die Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom , Zl. 92/06/0208, ausgesprochen hat, geht aus dem klaren Wortlaut des § 4 Abs. 5 KanalG hervor, daß der Nachweis für die tatsächlich schon vorhandene schadlose Schmutzwasserentsorgung schon zum Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeindebehörde über die beantragte Ausnahmebewilligung vorliegen muß. Erst geplante und in der Zukunft zu errichtende Kläranlagen erfüllen diese Voraussetzung nicht.

Das bedeutet aber, daß eine für eine schadlose Abwasserentsorgung im Sinne des § 4 Abs. 5 iVm § 1 Abs. 1 KanalG allenfalls erforderliche wasserrechtliche Bewilligung der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 4 Abs. 5 KanalG voranzugehen hat, da sie eine notwendige Bedingung für letztere ist. Auf den Beschwerdefall umgelegt bedeutet dies, daß die Beschwerdeführer jedenfalls so lange nicht mit einem Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 4 Abs. 5 KanalG durchdringen können, solange nicht die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung für eine schadlose Abwasserentsorgung vorliegt. Andererseits stünde aber einem neuerlichen Antrag um eine Ausnahmegenehmigung nicht die in Rechtskraft erwachsene Abweisung eines früheren solchen Antrages entgegen, wenn sich der Sachverhalt insofern wesentlich ändern würde, als die Beschwerdeführer den Nachweis für eine vorhandene schadlose Schmutzwasserentsorgung erbringen könnten. Dafür aber brauchen sie jedenfalls auch eine wasserrechtliche Bewilligung. Daraus folgt aber, daß die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für das Projekt der Beschwerdeführer nicht mit der Begründung verweigert werden darf, es bestehe kein Bedarf, da die Beschwerdeführer ohnedies zum Anschluß an die Gemeindekanalisationsanlage verpflichtet wären.

Die belangte Behörde hat auch auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen. Dort wird die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführer auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für ihre geplante Abwasserbeseitigungsanlage u.a. auch damit begründet, wenn die Beschwerdeführer ihre Liegenschaft nicht an die Gemeindekanalisationsanlage anschlössen, entgingen der Gemeinde Einnahmen. Dies widerspreche öffentlichen Interessen.

Die Auffassung, das Unterbleiben eines Anschlusses an eine Gemeindekanalisationsanlage stelle generell eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen dar, die es rechtfertige, eine wasserrechtliche Bewilligung zu versagen, ist unzutreffend. Dies geht schon aus dem Umstand hervor, daß das KanalG die Möglichkeit einer Ausnahme vom Anschlußzwang vorsieht, wobei eine der Voraussetzungen für eine solche Ausnahme darin besteht, daß öffentliche Interessen nicht geschädigt werden. Das KanalG geht demnach davon aus, daß das Unterbleiben eines Anschlusses durchaus auch ohne Beeinträchtigung öffentlicher Interessen möglich ist.

Der erstinstanzliche Bescheid stützt sich weiters auch auf § 3 Abs. 1 der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung, BGBl. Nr. 179/1991. Nach dieser Bestimmung sollen in zusammenhängenden Siedlungsgebieten die Abwässer grundsätzlich in Kanalisationsanlagen gesammelt und in zentralen Kläranlagen gereinigt werden. Auf zukünftige Entwicklungen soll dabei Bedacht genommen werden.

Wie aus der Verwendung der Worte "sollen" und "grundsätzlich" hervorgeht, handelt es sich hiebei um eine generelle Richtlinie, die keinen zwingenden Charakter hat. Sie bietet daher für sich allein keine Handhabe, die von den Beschwerdeführern angestrebte wasserrechtliche Bewilligung zu versagen. Im Beschwerdefall fehlt es an Feststellungen darüber, ob bei ordnungsgemäßer Funktion der geplanten Abwasserbeseitigungsanlage eine Gewässerbeeinträchtigung zu erwarten wäre. Feststellungen darüber wären aber unerläßlich gewesen, behaupten die Beschwerdeführer doch, bei ordnungsgemäßer Funktionsweise der Anlage komme es zu keiner Versickerung (gereinigter) Abwässer und auch zu keiner Einleitung in ein Gewässer. Die belangte Behörde hat auch nicht dargetan, daß zu befürchten sei, daß die Anlage nicht ordnungsgemäß funktionieren werde. Derartige Feststellungen werden auch nicht durch die - grundsätzlich zutreffenden - Ausführungen der belangten Behörde zur Frage der Bewilligungspflicht der Abwasserbeseitigungsanlage ersetzt.

Die belangte Behörde meint schließlich, die Errichtung einer Einzelabwasserbeseitigungsanlage im Bereich einer öffentlichen Kanalisationsanlage widerspreche dem öffentlichen Interesse an einer weitgehend gewässerschonenden, überschaubaren, geordneten und auch verwaltbaren flächendeckenden Abwasserentsorgung.

Nach § 105 Abs. 1 WRG 1959 kann im öffentlichen Interesse ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen bewilligt werden, wenn durch das Vorhaben eine der in den lit. a bis m angeführten Wirkungen herbeigeführt würde. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen stellte demnach einen Grund für die Versagung einer angestrebten wasserrechtlichen Bewilligung dar. § 105 Abs. 1 enthält, wie aus dem Wort "insbesondere" hervorgeht, keine erschöpfende Aufzählung öffentlicher Interessen. Es kann daher auch die Beeinträchtigung anderer als der in dieser Gesetzesstelle ausdrücklich genannten öffentlichen Interessen zur Versagung einer wasserrechtlichen Bewilligung führen, doch muß es sich dabei um solche öffentliche Interessen handeln, die in ihrer Bedeutung den im § 105 Abs. 1 ausdrücklich aufgezählten gleichkommen. Ob dies der Fall ist, ist insbesondere daran zu messen, welches Ziel das WRG 1959 mit der Statuierung einer Bewilligungspflicht für ein bestimmtes Vorhaben verfolgt.

Die von der belangten Behörde ins Treffen geführten öffentlichen Interessen, denen das Vorhaben der Beschwerdeführer angeblich zuwiderläuft, sind so wenig konkretisiert, daß zum Teil nicht einmal beurteilt werden kann, ob es sich dabei um öffentliche Interessen von solcher Bedeutung und Intensität handelt, daß sie eine Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung zu rechtfertigen vermögen. Vor allem aber fehlt es an jeglicher Begründung dafür, warum das Vorhaben der Beschwerdeführer gegen diese öffentlichen Interessen verstoßen soll.

Bei der im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom , LGBl. Nr. 85/1989, handelt es sich um ein Entwicklungsprogramm für Wasserwirtschaft nach dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz 1974. Die Wasserrechtsbehörde erster Instanz hat einen Verstoß gegen dieses Entwicklungsprogramm offenbar darin erblickt, daß die Beschwerdeführer eine unsachgemäße Düngung beabsichtigten. Für eine solche Annahme bietet der vorliegende Sachverhalt aber keinen Anhaltspunkt. Die Beschwerdeführer haben in ihrer Berufung ausdrücklich ausgeführt, eine Aufbringung (gereinigter) Abwässer auf landwirtschaftlichen Flächen sei gar nicht vorgesehen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.