zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 25.11.1999, 98/07/0181

VwGH vom 25.11.1999, 98/07/0181

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft K, vertreten durch Dr. Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, Südtiroler Platz 8/IV, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landwirtschaft vom , Zl. 411.433/01-I 4/98, betreffend Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung (mitbeteiligte Partei: A AG, vertreten durch Dr. Bernhard Hämmerle, Rechtsanwalt in Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 2-4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500.- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom beantragte die mitbeteiligte Partei die wasserrechtliche Genehmigung der Beschneiungsanlage in der A aufgrund vorgelegter Pläne und technischer Beschreibung. Projektsgemäß ist von diesem Antrag das Grundstück Nr. 1113/1, KG G., der Beschwerdeführerin insoweit betroffen, als die Wasserleitung zu den ebenfalls auf diesem Grundstück zu errichtenden Hydranten mit der Bezeichnung 24 bis 27 führen soll.

In der ordnungsgemäß kundgemachten Verhandlung vom wendete die Beschwerdeführerin ein, dass die "Einräumung der erforderlichen Dienstbarkeiten ... eines Vollversammlungsbeschlusses der Agrargemeinschaft bzw. einer Zustimmung der Vollversammlung zu einem Übereinkommen" bedürfe. In der mündlichen Verhandlung vom gab die Beschwerdeführerin bezüglich des von der Antragstellerin modifizierten (im Beschwerdefall nicht von Bedeutung) Projektes die Stellungnahme ab, gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung keinen Einwand zu erheben, es sei jedoch "ein Grundbenützungsübereinkommen mit der Agrargemeinschaft abzuschließen".

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom wurde unter Hinweis auf die dem Antrag der mitbeteiligten Partei zugrunde liegenden Pläne u.a. die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Beschneiungsanlage A antragsgemäß unter Auflagen erteilt. Bezüglich der Beschwerdeführerin wurde im Bewilligungsbescheid fest gehalten:

"Die Entscheidung über den Zwangsrechtseinräumungsantrag gegenüber der Agrargemeinschaft K wird abgesondert und bleibt gemäß § 111 Abs. 1 WRG einer besonderen Erledigung vorbehalten."

In der Begründung wurde - soweit für das Beschwerdeverfahren entscheidungswesentlich - ausgeführt, dass Einwendungen gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung von den Parteien des wasserrechtlichen Verfahrens nur im Fall der Beschwerdeführerin und zwar aus formalrechtlichen Gründen erhoben worden seien. Da ein Übereinkommen zu erwarten sei, habe das Zwangsrechtsverfahren abgesondert werden können. Hinsichtlich der Grundinanspruchnahme fremder Grundstücke, soweit nicht ohnedies Dienstbarkeitsverträge bestünden, habe die Behörde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die gesetzliche Dienstbarkeit nach § 111 Abs. 4 WRG 1959 gegeben sei. Die erforderlichen Dienstbarkeiten für den Bau, Bestand, Betrieb und die Instandhaltung der Anlage sowie zum Betreten der Grundstücke zu Betriebs- und Instandhaltungszwecken gelten daher als eingeräumt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung mit dem Hinweis, dass die Voraussetzungen zur abgesonderten Entscheidung über den gestellten Zwangsrechtseinräumungsantrag entgegen der Ansicht der Erstbehörde nicht erfüllt seien. Der Ausspruch über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang von Zwangsrechten hätte grundsätzlich im selben Bescheid zu erfolgen, wenn dies ohne Verzögerung der Entscheidung über das Vorhaben möglich sei. Die Inanspruchnahme von Grundflächen der Beschwerdeführerin bedürfe einer Klärung.

Mit Schreiben des Vertreters der mitbeteiligten Antragstellerin vom an die belangte Behörde wurde folgende Projektseinschränkung gemacht:

"Im Namen und Auftrag der A AG möchte ich Ihnen nunmehr mitteilen, dass wir auf eine Errichtung der Beschneiungsleitungen und der Hydranten A 24, A 25, A 26 und A 27 auf Gp 1113/1, KG G., verzichten.

Dies bedeutet, dass die Agrargemeinschaft K durch den Bau und Betrieb der Beschneiungsanlage nicht mehr berührt ist.

Für die im beiliegenden Lageplan (...) grün dargestellte Beschneiungsleitung (von C 21 Druckeigerungsanlage bis A 27) und den dazugehörigen Hydranten verzichtet die A AG auf die wasserrechtliche und naturschutzrechtliche Bewilligung zur Verlegung derselben.

..."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom wurde unter Spruchpunkt I der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben; im Spruchpunkt II. wurden die Baubeginn- und Bevollendungsfrist abgeändert. In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, dass eine Projektsänderung, die lediglich in einer Einschränkung des Bauvorhabens bestehe, ohne sonstige Veränderungen vorzusehen, der Identität der Sache nicht entgegenstehe; derartige Projektsmodifikationen könnten daher auch noch im Berufungsverfahren vorgenommen werden. Die von der mitbeteiligten Partei vorgenommene Projektsänderung sei daher zulässig. Da nunmehr durch die neue Sachlage die Beschwerdeführerin durch das Vorhaben nicht mehr berührt werde, sei der Berufung keine Folge zu geben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht auf Unversehrtheit ihres Eigentums" verletzt. Die im Berufungsverfahren vorgenommene Projektsänderung sei als Einschränkung des Vorhabens anzusehen, welche die Identität der Sache nicht berühre. Die Zurückziehung eines Teils des wasserrechtlichen Bewilligungsantrages hätte aber zur Folge haben müssen, dass im Umfang der Zurückziehung der Berufung dem erstinstanzlichen Bescheid Folge gegeben und mangels eines zugrunde liegenden Antrages auch dieser Antrag im Umfang der Zurückziehung zurückgewiesen hätte werden müssen. Dadurch, dass der Berufung keine Folge gegeben worden sei, habe der erstinstanzliche Bescheid volle Gültigkeit erlangt; die wasserrechtliche Bewilligung sei damit rechtskräftig geworden und zwar gemäß den im erstinstanzlichen Bescheid im Spruch auf Seite 2 angeführten Unterlagen. Diese rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung umfasse auch die Berechtigung der Antragstellerin und nunmehrigen Mitbeteiligten, die Beschneiungsanlagen und die Hydranten A 24 bis A 27 auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin zu errichten und zu betreiben. Solange der erstinstanzliche Bescheid diese Anlageteile auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin bewillige, sei sie durch den angefochtenen zweitinstanzlichen Bescheid in ihren Eigentumsrechten beeinträchtigt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die mitbeteiligte Partei hat im Berufungsverfahren ihren Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung eingeschränkt.

Wird im Berufungsverfahren der Antrag, der Rechtsgrundlage für das Erlassen des angefochtenen Bescheides war, geändert und insofern zurückgezogen, dann bewirkt das nicht die Beseitigung des erstinstanzlichen Bescheides. Es fehlt jedoch ab der Änderung des ursprünglich gestellten Antrags für den erstinstanzlichen Bescheid eine für einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt notwendige Voraussetzung, nämlich der Antrag selbst. Für die Berufungsbehörde besteht daher die Verpflichtung, den angefochtenen erstinstanzlichen Bescheid - insoweit dieser Antrag zurückgezogen worden ist - aufzuheben (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/07/0227, und die dort angeführte Rechtsprechung).

Die Berufungsbehörde hat trotz der von der mitbeteiligten Partei im Berufungsverfahren vorgenommenen Projektseinschränkung nicht gemäß § 66 Abs. 4 AVG durch Abänderung der erstinstanzlichen wasserrechtlichen Bewilligung im Sinne des Antrages der mitbeteiligten Partei in der Sache neu entschieden, sondern spruchgemäß nur die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen. Diese -im Sinne der vorgenannten hg. Judikatur - objektive Rechtswidrigkeit kann jedoch die Beschwerdeführerin in dem von ihr behaupteten, vom Beschwerdepunkt umfassten subjektiven-öffentlichen Recht nicht zu verletzen. Die Rechtsfolgen des § 111 Abs. 4 WRG 1959 (so genannte "kleine Dienstbarkeit kraft Gesetzes") treten bei Zutreffen der in dieser Bestimmung enthaltenen Voraussetzungen zwar mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung ein, ohne dass es eines diesbezüglichen bescheidmäßigen Ausspruches bedarf. Die Aufnahme eines den Eintritt dieser Rechtsfolgen feststellenden Ausspruches in den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid ist zwar zulässig, sie hat aber nur deklarativen Charakter. Einem solchen Ausspruch kommt (nur) dann normativer Charakter zu, wenn die nach § 111 Abs. 4 WRG 1959 als eingeräumt anzusehenden Dienstbarkeiten im wasserrechtlichen Bescheid eindeutig bestimmt werden, weil dann erforderlichenfalls unmittelbar eine Vollstreckungsverfügung ergehen kann, während ansonsten vorerst ein eigener Bescheid zu erlassen ist (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom , Zl. 96/07/0063). § 111 Abs. 4 WRG 1959 stellt keine zwangsweise Begründung einer Dienstbarkeit dar, sondern basiert vielmehr auf der (stillschweigenden) Zustimmung des Grundeigentümers zur Grundinanspruchnahme, die darin gelegen ist, dass keine Einwendungen erhoben wurden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/07/0176). Erhebt aber der Liegenschaftseigentümer im Verfahren eine Einwendung gegen die Inanspruchnahme seines Grundes, so fehlt es an einem der Tatbestandsmerkmale des § 111 Abs. 4 WRG 1959 und es kann daher die Behörde hinsichtlich der diesen Grund beeinträchtigenden Dienstbarkeiten nicht mehr nach dieser Gesetzesstelle vorgehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 13.377/A).

Dem erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid ist eindeutig zu entnehmen, dass bezüglich der Inanspruchnahme des Grundstückes der Beschwerdeführerin durch das bewilligte Projekt weder eine Dienstbarkeit im Sinne des § 111 Abs. 1 WRG 1959 noch nach Abs. 4 dieses Paragraphen begründet worden ist. Der Ausspruch über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang von Zwangsrechten in Bezug auf die Inanspruchnahme des Grundstückes der Beschwerdeführerin ist im Sinne des § 111 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 ausdrücklich vorbehalten worden. Es liegt auch keine Zustimmung der Beschwerdeführerin zur Benützung ihres Grundstückes durch die mitbeteiligte Partei vor. Ein Zwangsrecht nach § 60 WRG 1959 in einem vom wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid gesonderten Bescheid wurde durch die Wasserrechtsbehörden nicht begründet. Dies bedeutet, dass die mitbeteiligte Partei auf Grundlage des erstinstanzlichen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides eine Inanspruchnahme des Grundstückes der Beschwerdeführerin erfolgreich nicht durchsetzen und daher die Beschwerdeführerin durch den erstinstanzlichen Bescheid in ihrem Recht auf Unversehrtheit ihres Eigentums nicht verletzt sein kann. Die Abänderung oder Einschränkung eines Parteienbegehrens, die einen Verzicht auf das Recht auf Tätigwerden der Behörde bedeutet, ist vom Tage der Abgabe der Erklärung gegenüber der Behörde als wirksam geworden und damit als unwiderruflich anzusehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Slg. NF Nr. 1889/A). Die mitbeteiligte Partei kann daher aufgrund des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom berechtigt keine Entscheidung der Wasserrechtsbehörde mehr auf Zwangsrechtsbegründung hinsichtlich des Projektsteiles, auf welchen sich ihr Verzicht vom bezieht, geltend machen.

Da der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Zuständigkeit nach Art. 131 Abs. 1 B-VG nicht berufen ist, über die objektive Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes zu erkennen, sondern nur darüber, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem geltend gemachten Rechten verletzt wurde, nach dem Vorhergesagten aber feststeht, dass die Beschwerdeführerin in dem vom Beschwerdepunkt umfassten subjektiv-öffentlichen Recht nicht verletzt ist, war ihre Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am