VwGH vom 19.01.1990, 89/18/0138

VwGH vom 19.01.1990, 89/18/0138

Betreff

N gegen Burgenländischen Landesregierung vom , Zl. VIII/3-113/4-1989, betreffend Errichtungsbewilligung und Betriebsbewilligung für ein selbständiges Ambulatorium

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am beantragte der Beschwerdeführer die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb eines selbständigen Röntgenambulatoriums zur Durchführung digitaler radiologischer Untersuchungen, wie z.B. Computertomographie oder Kernspintomographie. Als Standort sei Eisenstadt vorgesehen; da derartige Untersuchungsmethoden im gesamten Bundesland nicht bestünden, sei Bedarf gegeben. Bis zur positiven Erledigung dieses Ansuchens werde er das Ambulatorium in der Betriebsform einer Ordination führen. Dem Antrag waren eine Baubeschreibung und Pläne angeschlossen. Am ersuchte die Burgenländische Landesregierung den Beschwerdeführer, bekanntzugeben, welche Geräte und welche Anzahl von Ärzten und Hilfskräften er zu verwenden gedenke. Am antwortete der Beschwerdeführer dahin, vorerst wolle er einen Computertomographen anschaffen, allenfalls ein Ultraschallgerät. Die Einführung weiterer Untersuchungsmethoden hänge von wirtschaftlichen und technischen Faktoren ab, dasselbe gelte von der Anzahl der Mitarbeiter. Derzeit seien als Mitarbeiter vorgesehen ein bis zwei vollbeschäftigte Röntgenassistentinnen, eine teilzeitbeschäftigte Schreibkraft und eine teilzeitbeschäftigte Reinigungskraft.

Am ersuchte die Burgenländische Landesregierung sowohl die Österreichische Ärztekammer als auch die Ärztekammer für Burgenland, zu dem Ansuchen des Beschwerdeführers (und auch zu einem anderen, hier nicht gegenständlichen Ansuchen) eine rechtliche Beurteilung abzugeben, ob Ordinationen oder Krankenanstalten vorlägen. Die Österreichische Ärztekammer schwieg; die Ärztekammer für Burgenland antwortete mit Schreiben vom dahin, daß sie sich auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 3296 sowie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 12212/A, bezog. Ein Computertomograph sei eine solche Ausstattung, wie sie für die Qualifikation als Krankenanstalt gefordert werde. Im übrigen müsse es dem Beschwerdeführer überlassen bleiben, ob eine derartige Einrichtung als Ordination mit Bindung an die Person des betreibenden Arztes oder in der Betriebsform einer Krankenanstalt geführt werde, letzteres mit der Möglichkeit der Weiterführung durch andere Personen. Gerade der hohe materielle Einsatz für einen Computertomographen lasse es ratsam erscheinen, eine über die Person des antragstellenden Arztes hinauswährende Betriebsform zu suchen. Eine Untersuchungseinrichtung für Computertomographie sei auf Grund des hohen Einsatzes an sachlichen und persönlichen Mitteln als Krankenanstalt im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 7 des Burgenländischen Krankenanstaltengesetzes 1976 (KAG) anzusehen.

Mit Schreiben vom fragte die Burgenländische Landesregierung beim Bundeskanzleramt, Sektion Volksgesundheit, an, wie das vorliegende - und ein weiteres, hier nicht gegenständliches - Ansuchen rechtlich zu beurteilen seien. Das Bundeskanzleramt antwortete mit Schreiben vom dahin, seiner Ansicht nach lägen in beiden beschriebenen Fällen keine ärztlichen Ordinationsstätten, sondern Krankenanstalten in der Betriebsform selbständiger Ambulatorien vor. Das Bundeskanzleramt verwies auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere auf das letztzitierte Erkenntnis. In einer Ordination dürfe ein Arzt keinen anderen Arzt als Angestellten verwenden.

Mit Bescheid vom wies die Burgenländische Landesregierung den eingangs geschilderten Antrag des Beschwerdeführers unter Berufung auf § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Z. 7 sowie § 6 Abs. 2 KAG ab. Die Begründung enthielt zunächst Ausführungen über den Anstaltsbegriff als juristische Person unter Zitierung von Lehre und Rechtsprechung. Sodann wurde ausgeführt, eine Krankenanstalt müsse sich wesentlich von einer ärztlichen Ordinationsstätte unterscheiden, in erster Linie durch besondere Ausstattungsmerkmale und einen besonders geregelten Dienstbetrieb. Nach § 2 Abs. 3 KAG seien Einrichtungen, die eine gleichzeitige Behandlung von mehreren Personen ermöglichen und deren Organisation der einer Anstalt entspricht, nicht als Ordinationsstätten von Ärzten anzusehen. Umgekehrt sei eine Ordinationsstätte dann gegeben, wenn eine gleichzeitige Behandlung mehrerer Personen nicht vorgesehen sei und die Organisation nicht der einer Anstalt entspreche. Der Beschwerdeführer wolle röntgenologische Untersuchungen jeweils nur an einem Patienten vornehmen. Bei den Räumlichkeiten handle es sich um eine adaptierte Wohnung im Gesamtausmaß von ca. 86 m2; als Arzt sei derzeit nur der Beschwerdeführer selbst vorgesehen, ferner ein bis zwei Röntgenassistenten und zwei teilbeschäftigte Hilfskräfte. Dies unterscheide sich durch nichts von der normalen Ausstattung einer fachärztlichen Ordination. Dies bestätige der Beschwerdeführer selbst dadurch, daß er vorgebracht habe, die Untersuchungen bis zu einer allfälligen Genehmigung als Krankenanstalt im Rahmen seiner fachärztlichen Ordinationsstätte in denselben Räumlichkeiten durchführen zu wollen. Es könne aber nicht im Belieben des Betreibers stehen, seine Untersuchungsstätte entweder als ärztliche Praxis oder als Krankenanstalt zu deklarieren. Eine Krankenanstalt müsse eine bestimmte Organisationsstruktur aufweisen, die anders geartet sein müsse als jene einer fachärztlichen Ordination. Hier fehle es an einer solchen Organisationsstruktur. Da somit ein wesentliches Merkmal einer Krankenanstalt fehle, sei ohne weitere Prüfung der sonstigen Voraussetzungen der Antrag abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Gemäß § 1 Abs. 1 KAG sind unter Krankenanstalten Einrichtungen zu verstehen, die

a) zur Feststellung des Gesundheitszustandes durch Untersuchung,


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b)
zur Vornahme operativer Eingriffe,
c)
zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten durch Behandlung oder
d) zur Entbindung
bestimmt sind. Ferner sind als Krankenanstalten auch Einrichtungen anzusehen, die zur ärztlichen Betreuung und besonderen Pflege von chronisch Kranken bestimmt sind.

Nach § 1 Abs. 2 Z. 7 leg. cit. sind Krankenanstalten selbständige Ambulatorien (Röntgeninstitute, Zahnambulatorien und ähnliche Einrichtungen), das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist.

Nach § 1 Abs. 3 leg. cit. sind Einrichtungen, die eine gleichzeitige Behandlung von mehreren Personen ermöglichen und deren Organisation der einer Anstalt entspricht, nicht als Ordinationsstätten von Ärzten anzusehen. Sie unterliegen den Bestimmungen dieses Gesetzes.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 89/18/0105, betreffend ebenfalls die Auslegung des § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 KAG, dargetan hat, beruht die Ansicht, Krankenanstalt im Sinne des Gesetzes sei gleichbedeutend mit Anstalt im Sinne einer juristischen Person, auf einem Rechtsirrtum der belangten Behörde. Richtig ist, daß zwischen einer Krankenanstalt in der Form eines selbständigen Ambulatoriums und einer bloßen Ordinationsstätte eines Arztes unterschieden werden muß. Allerdings widerspricht die Rechtsansicht der belangten Behörde, ein Ambulatorium MÜSSE eine gleichzeitige Behandlung von mehreren Personen ermöglichen, der im Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 12212/A, ausgeführten Rechtsansicht - eine Rechtsansicht, die in der Literatur (Pfersmann, ÖJZ 1987, 389) Zustimmung gefunden hat.

In dem zitierten Erkenntnis heißt es (Seite 427 der Amtlichen Sammlung) aber auch, daß § 1 Abs. 3 lit. e der dort anzuwendenden Salzburger Krankenanstaltenordnung (der im wesentlichen dem § 1 Abs. 3 KAG entspricht) in bezug auf die Tätigkeit der freiberuflich tätigen Ärzte Tatbestandsmerkmale anführt, deren Erfüllung jedenfalls das Vorliegen einer Krankenanstalt als gegeben erscheinen läßt.

Dies ergibt die Schlußfolgerung, daß die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, gleichzeitig mehrere Personen zu behandeln, überhaupt kein unterscheidendes Kriterium zwischen einer Ordinationsstätte und einer Krankenanstalt ist (so auch Kux-Emberger-Neudorfer-Chlan-Mahn, Ärztegesetz mit Kommentar,

3. Auflage, Seite 130f). Das unterscheidende Merkmal ist vielmehr die einer Anstalt entsprechende Organisation. Auf die Frage, worin denn eine solche Organisation bestehe, geben die Bestimmungen der einzelnen Landes-Krankenanstaltengesetze Auskunft, im vorliegenden Fall das Burgenländische KAG.

Gemäß § 61 leg. cit. gelten für die Errichtung und den Betrieb von privaten Krankenanstalten die Bestimmungen der Hauptstücke A und B zur Gänze. In diesen Hauptstücken finden sich unter anderem folgende organisatorische Vorschriften: § 6 Abs. 2, §§ 13 bis 15a, § 16 Abs. 2, § 19, §§ 21 bis 23.

Nimmt es demnach ein Bewilligungswerber auf sich, diesen organisatorischen Vorschriften zu entsprechen, so kann der Umstand, daß er vorher in denselben Räumen unter Einsatz derselben Personen (nur) eine ärztliche Ordinationsstätte betrieb, kein Grund zur Versagung einer Bewilligung sein - selbstverständlich nur dann, wenn auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen, zu denen insbesondere jene nach § 4 Abs. 2 KAG gehören, gegeben sind. Zu den Voraussetzungen einer Krankenanstalt gehört u.a. die Bestellung eines Stellvertreters des ärztlichen Leiters in der Person eines geeigneten Arztes (§ 21 Abs. 3 KAG), woraus sich die grundsätzliche Notwendigkeit ergibt, daß mindestens zwei Ärzte der Krankenanstalt auf eine solche Weise zur Verfügung stehen, daß der Vorschrift des § 16 Abs. 2 KAG jederzeit entsprochen werden kann. Aus der Vorschrift des § 16 Abs. 1 im Zusammenhalt mit Abs. 2 KAG ergibt sich ferner, daß eine Krankenanstalt, abgesehen von einer behördlich genehmigten Unterbrechung des Betriebes (§ 7 Abs. 1 lit. c KAG), nicht nach Belieben ihres Rechtsträgers geschlossen werden darf - dies im Gegensatz zur zeitweisen oder ständigen Schließung einer ärztlichen Ordination (unbeschadet der Meldepflicht nach § 11 Abs. 8 Z. 3 und 4 Ärztegesetz).

Ausgehend von ihrer irrigen Rechtsansicht hat es die belangte Behörde unterlassen, einerseits Feststellungen über die im § 4 Abs. 2 KAG vorausgesetzten Umstände zu treffen, andererseits den Bewilligungswerber zur Dartuung der Erfüllung der oben genannten organisatorischen Voraussetzungen zu verhalten.

Infolge dieses Rechtsirrtums der belangten Behörde ist das Verfahren mangelhaft geblieben. Unberechtigt ist allerdings die Rüge des Beschwerdeführers, § 5 Abs. 2 KAG sei verletzt worden:

Wie schon im Erkenntnis vom , Zl. 89/18/0105, ausgeführt wurde, ist nämlich dann, wenn die Behörde aus Gründen, die nicht auf der Tatsachenebene liegen, sogleich mit Abweisung des Errichtungsbewilligungsbegehrens vorgeht, keine mündliche Verhandlung notwendig; diese ist nur obligatorisch vor Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt.

Aus den weiter oben angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 59 Abs. 1 VwGG. Der Beschwerdeführer hat im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom , BGBl. Nr. 206, einen Ansatz für Schriftsatzaufwand nicht nach dieser Verordnung, sondern nach der ihr zeitlich vorangehenden, verzeichnet, so daß es gemäß § 59 Abs. 1 VwGG bei einem Zuspruch von S 9.270,-- an Schriftsatzaufwand zu verbleiben hatte. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht durchgeführt; die Beschwerde war nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen; als Beilage genügte der aus zwei Bogen bestehende angefochtene Bescheid in einfacher Ausfertigung.