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VwGH vom 27.02.1992, 89/17/0224

VwGH vom 27.02.1992, 89/17/0224

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des Ing. F in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 3-Gem-1938/1/88, betreffend pauschalierte Ortstaxe (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Bundesland Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde gegenüber dem Beschwerdeführer für eine in seinem Eigentum stehende, im Gebietsteil "Feriendorf R" gelegene Ferienwohnung gemäß den §§ 3 und 4 des Kärntner Orts- und Nächtigungstaxengesetzes 1970, LGBl. Nr. 144, i.d.F. LGBl. Nrn. 25/1979, 72/1981 und 3/1986 in Verbindung mit der die Ausschreibung von Ortstaxen betreffenden Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom eine pauschalierte Ortstaxe von S 700,-- (Bemessungsgrundlage: durchschnittliche Nächtigungszahl von 100 mal Ortstaxe von S 7,--) festgesetzt. Im Spruch dieses Bescheides heißt es weiters, die Abgabe sei "für das Jahr 1986 mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides und für die Folgejahre alljährlich am 1. Dezember fällig".

Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschluß vom , B 160/89-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, daß ihm gegenüber keine pauschalierte Ortstaxe auch für das Kalenderjahr 1986 festgesetzt werde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Marktgemeinde erstattete eine Stellungnahme, in der sie die Rechtsansicht vertritt, der angefochtene Bescheid sei nicht rechtswidrig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 zweiter Satz des Orts- und Nächtigungstaxengesetzes 1970 i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 3/1986 - alle in diesem Erkenntnis zitierten Bestimmungen dieser Novelle sind am in Kraft getreten - sind alle Eigentümer von Ferienwohnungen im Sinne des Abs. 5 dieser Gesetzesstelle zur Entrichtung einer Ortstaxe in Form eines jährlichen Pauschales verpflichtet. Die Höhe der von den Eigentümern von Ferienwohnungen zu entrichtenden pauschalierten Ortstaxe ergibt sich gemäß § 4 Abs. 4 leg.cit. aus der Vervielfachung der im Gemeindegebiet jeweils im Jahresdurchschnitt zu entrichtenden Abgabe nach Abs. 1 mit einer durchschnittlichen Nächtigungszahl; diese ist nach der Wohnnutzfläche der Ferienwohnung abgestuft. Gemäß § 4 Abs. 1 leg.cit. i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 72/1981 ist die Ortstaxe durch Verordnung des Gemeinderates je Person und Nächtigung zwischen S 3,-- und S 12,-- festzusetzen. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle kann die Ortstaxe nach der Jahreszeit und nach Gebietsteilen der Gemeinde abgestuft werden. Die pauschalierte Abgabe für Ferienwohnungen ist gemäß § 5 Abs. 2 leg.cit. jeweils am 1. Dezember fällig.

Gemäß § 2 des Orts- und Nächtigungstaxengesetzes 1970 ist das Aufkommen an Ortstaxen für die Bestreitung des Aufwandes für die örtliche Fremdenverkehrsförderung zu verwenden.

Von der im § 1 des in Rede stehenden Gesetzes enthaltenen Ermächtigung zur Ausschreibung einer Ortstaxe hat die mitbeteiligte Marktgemeinde mit Verordnung vom unter Wiederholung bzw. Konkretisierung der landesgesetzlichen Regelungen Gebrauch gemacht. Die Ortstaxe gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes beträgt gemäß § 4 Abs. 1 dieser Verordnung im Gebietsteil "Feriendorf R" S 7,-- pro Person und Nächtigung.

Im vorliegenden Fall rügt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde als einfachgesetzliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, daß nach den Denkgesetzen ein "Jahresdurchschnitt" erst ermittelt werden könne, wenn ein volles Kalenderjahr als Berechnungsgrundlage abgelaufen sei. Dieser Jahresdurchschnitt könne für das Kalenderjahr 1986 somit erst ermittelt werden, wenn alle zwölf Monate dieses Jahres abgelaufen seien. Die Vorschreibung einer Ortstaxe könne demnach nicht - wie vorliegend geschehen - bereits am (richtig wohl: vor dem) erfolgen. Das Gesetz erweise sich somit in diesem Punkt - bezogen auf das Jahr seiner Kundmachung - als undurchführbar. Für die Vorschreibung einer Ortstaxe nach diesem Gesetz auch für das Kalenderjahr 1986 fehle somit eine ausreichende Rechtsgrundlage.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, daß die strittige Abgabe als jährliche Pauschalsteuer erhoben wird, wobei sowohl die "jeweils im Jahresdurchschnitt zu entrichtende Abgabe" je nach Gebietsteilen der mitbeteiligten Marktgemeinde als auch die "durchschnittliche Nächtigungszahl" (abgestuft nach der jeweiligen Wohnnutzfläche einer Ferienwohnung) als für die Höhe der Abgabe maßgebende Faktoren in der Verordnung normiert sind, sodaß die Bemessungsgrundlagen der auf den Beschwerdeführer entfallenden Abgabe auch schon vor Ablauf des Jahres 1986 bzw. bei Erlassung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides vor Fälligkeit der Abgabe feststanden. Von der vom Beschwerdeführer behaupteten Undurchführbarkeit einer Ortstaxenfestsetzung für das Jahr 1986 kann sohin keine Rede sein. Im übrigen übersieht der Beschwerdeführer, daß Gegenstand des angefochtenen Bescheides ein ZWEITinstanzlicher Abgabenbescheid, der lange nach Ablauf des Jahres 1986 erlassen worden ist, war, also die Abgabenfestsetzung für das Jahr 1986 ohnedies erst nach Ablauf des Jahres 1986 vorgenommen worden ist.

Der Beschwerdeführer erachtet weiters die Gesetzmäßigkeit der in Rede stehenden Verordnung mit folgendem Argument nicht als gegeben: Da der Ertrag der Abgabe gemäß § 2 des Orts- und Nächtigungstaxengesetzes 1970 zweckgebunden zu verwenden sei, hätte der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde, "der die Abgabe seit dem Jahre 1984 gleichbleibend mit S 7,-- je Nächtigung und damit bei weitem nicht im Höchstmaß nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes festgelegt" habe, den Satz mit der erfolgten Einbeziehung auch für Zweitwohnungsbesitzer in die Abgabenpflicht entsprechend ermäßigen müssen.

Der vom Beschwerdeführer behauptete Verstoß des Verordnungsgebers gegen § 2 des Orts- und Nächtigungstaxengesetzes 1970 ist in der Beschwerde nicht konkretisiert. Aus den mit der Novelle LGBl. Nr. 3/1986 getroffenen Regelungen allein läßt sich ein solcher Verstoß aber nicht ableiten, zumal der Beschwerdeführer, wie eben erwähnt, selbst ausführt, daß die Abgabe seit dem Jahre 1984 gleichgeblieben und "bei weitem nicht im Höchstmaß nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes festgelegt" worden sei. Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der im Beschwerdefall präjudiziellen Verordnungsbestimmungen sind daher aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden.

Die Beschwerde erweist sich jedoch aus folgendem, vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführten Grund als berechtigt:

Der Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom enthält nicht nur eine Abgabenfestsetzung für das Jahr 1986, sondern in untrennbarer Verbindung hiemit unbefristet auch Abgabenfestsetzungen für die Folgejahre. Die Abgabenfestsetzungen erfolgten damit nicht nur hinsichtlich der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits verwirklichten, sondern auch hinsichtlich der damals noch nicht verwirklichten Sachverhalte. Diese "pro-futuro-Abgabenfestsetzungen" sind mangels entsprechender Rechtsgrundlage im Gesetz oder in der Verordnung inhaltlich rechtswidrig.

Mangels Trennbarkeit der zulässigen von den unzulässigen Abgabenfestsetzungen in dem in Rede stehenden Abgabenbescheid hätte daher die belangte Behörde diesen Bescheid zur Gänze beheben müssen. Da sie es jedoch unterlassen hat, diese Fehlerhaftigkeit bei ihrer Vorstellungsentscheidung aufzugreifen, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weswegen dieser Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG - und zwar ungeachtet des eingeschränkten Beschwerdepunktes zur Gänze - aufgehoben werden mußte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2. Aufwandersatz für Stempelgebühren war im Hinblick auf das Anfallen dieses Aufwandes bereits anläßlich der Erhebung der Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof nicht zuzuerkennen.