VwGH vom 28.11.2001, 2001/17/0182

VwGH vom 28.11.2001, 2001/17/0182

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der HE in G, vertreten durch Dr. Peter Mair, Rechtsanwalt in 4820 Bad Ischl, Wiesingerstraße 3, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 7-485-4/95-1, betreffend Ankündigungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Leoben, Erzherzog-Johann-Straße 2, 8700 Leoben), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- (EUR 908,41) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde Leoben vom betreffend Ankündigungsabgabe für die Vornahme öffentlicher Ankündigungen durch die Verbreitung von Prospektmaterial keine Folge gegeben.

Die von den Gemeindebehörden vorgenommene Abgabenvorschreibung stützte sich auf § 1, § 2 Abs. 1, 2 und 6 sowie § 4 Abs. 1 der Ankündigungsabgabeordnung der Stadtgemeinde Leoben vom , Zl. 11 St 3/404-1991 (im Folgenden: Leobener AnkündigungsabgabeO), und betraf den Zeitraum vom 1. Jänner bis . 1.2. Die Beschwerdeführerin bestritt im Abgabenverfahren nicht nur die Höhe der festgesetzten Abgabe, sondern vertrat auch die Auffassung, dass das Prospektmaterial, für welches die Ankündigungsabgabe vorgeschrieben wurde, keine öffentliche Ankündigung darstelle. Unter Hinweis auf ein Rechtsgutachten von DDr. Heinz Mayer (vgl. Mayer, Verfassungsfragen der Ankündigungsabgabe, ecolex 1993, 126) vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass die Gemeinde nicht zur Ausschreibung der Ankündigungsabgabe für die in Rede stehenden Prospekte ermächtigt sei.

1.3. Die belangte Behörde wies die Vorstellung unter Hinweis auf § 2 Abs. 6 und § 4 Abs. 1 der Leobener AnkündigungsabgabeO als unbegründet ab.

1.4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom , B 863/95-19, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

1.5. Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte die Beschwerdeführerin die Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die mitbeteiligte Gemeinde ging in ihrer Gegenschrift (und einem Nachtrag hiezu) insbesondere auf die Literatur zur Auslegung bzw. auf Verfassungsfragen der Leobener AnkündigungsabgabeO ein und verteidigte die Besteuerung nach dieser Verordnung.

1.6. Bei der Behandlung der Beschwerde entstanden beim Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1869/99-10, verfassungsrechtliche Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der im Beschwerdefall angewendeten Bestimmungen der Leobener AnkündigungsabgabeO vom .

§ 2 Abs. 6 Leobener AnkündigungsabgabeO lautete:

"(6) Als öffentliche Ankündigungen gelten ferner alle Ankündigungen, ausgenommen periodische Medienwerke oder Druckwerke (§ 1 Abs 1 Z 5, BGBl. Nr. 314/1981), die durch Druck oder in anderer Art vervielfältigt werden und in Form der Versendung oder Verteilung verbreitet bzw. bekanntgemacht werden, wie Flugzettel (Postwurfsendungen, Prospektbeilagen in Zeitungen u.dgl.), Prospekte, sonstige Werbeschriften u.dgl."

§ 4 Abs. 1 und 5 dieser Verordnung lauteten auszugsweise:

"(1) Die Abgabe beträgt für Ankündigungen, für deren Anbringung, Ausstellung oder Vornahme ein Entgelt zu leisten ist,

20. v.H., bei Ankündigungen durch Rundfunk-, Fernsehrundfunk-, Kabel- und Satellitenfernsehunternehmen u.dgl. jeweils 15 v.H., des gesamten vom Ankündigenden zu leistenden Entgeltes, unter Ausschluss der Abgabe und der Umsatzsteuer. ...

...

(5) Für Ankündigungen, die durch Druck oder in anderer Art vervielfältigt werden und in Form der Versendung oder Verteilung (§ 2 Abs. 6) verbreitet bzw. bekanntgemacht werden, beträgt die Abgabe 20. v.H. vom Entgelt. Entgelt ist die gesamte Vergütung, die für die Verbreitungs-, Verteilungskosten u.dgl. aufgewendet wird."

Mit Beschluss vom , Zl. A 2001/166-1, stellte der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag festzustellen, dass § 2 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 5 der AnkündigungsabgabeO (1992) des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom , Zl. 11 St 3/404- 1991, kundgemacht durch Auflegung zur öffentlichen Einsicht im Stadtamt Leoben und Kundmachung der Auflegung vom bis , gesetzwidrig waren, in eventu die genannten Bestimmungen als gesetzwidrig aufzuheben.

1.7. Mit Erkenntnis vom , V 43/01-5 und V 67/01-4, stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass § 2 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 5 der Ankündigungsabgabeordnung 1992 des Gemeinderates der Gemeinde Leoben vom gesetzwidrig waren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die vorliegende Abgabenvorschreibung stützte sich dem Grunde nach auf § 2 Abs. 6 Leobener AnkündigungsabgabeO 1992.

Gemäß Art. 139 Abs. 6 zweiter Satz B-VG ist im Falle der Aufhebung einer Verordnung oder der Feststellung, dass die Verordnung gesetzwidrig war, die Verordnung auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles weiterhin anzuwenden.

Der Beschwerdefall ist Anlassfall (zu V 67/01) für die verfassungsgerichtliche Feststellung der Gesetzwidrigkeit der angewendeten Verordnungsbestimmung im Sinne des Art. 139 Abs. 6 B-VG.

§ 2 Abs. 6 Leobener AnkündigungsabgabeO 1992 ist daher bei der Prüfung des Beschwerdefalles vom Verwaltungsgerichtshof nicht anzuwenden.

2.2. Dadurch, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auf die gesetzwidrige Verordnungsbestimmung, die allein die Rechtsgrundlage für die Vorschreibung einer Ankündigungsabgabe für die Vornahme öffentlicher Ankündigungen durch die Verbreitung von Prospektmaterial für die gegenständlichen Postwurfsendungen darstellte, gestützt hat, belastete sie diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

2.3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994 sowie § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.

Wien, am