VwGH vom 25.01.1990, 89/16/0195

VwGH vom 25.01.1990, 89/16/0195

Beachte

Besprechung in:

ÖStZ 1990, 284;

AnwBl 1990/11, 649;

Betreff

P gegen Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , GZ. 470-GA 6-DMe/88, StrLNr. 14/1981, betreffend Ausdehnung eines eingeleiteten Finanzstrafverfahrens auf das Finanzvergehen des Schmuggels und Änderung des Begehungszeitraumes

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte das Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz an den Beschwerdeführer am das folgende Schreiben gerichtet:

"Sehr geehrter Herr PÜ

Es wird Ihnen hiermit zur Kenntnis gebracht, daß das gegen Sie am wegen Verzollungsumgehung nach § 36 Abs. 1 FinStrG eingeleitete Finanzstrafverfahren auf Grund geänderter Rechtsansich auf Schmuggel gem. § 35 Abs. 1 FinStrG und der Begehungszeitraum der Ihnen zum Vorwurf gemachten Verfehlungen auf das Jahr 1981 ausgeweitet wird.

Sie werden daher gemäß § 116 FinStrG aufgefordert, unter Mitnahme dieser Vorladung am , um 13.00 Uhr, bei der obgenannten Behörde, II Stock, Zimmer Nr. 18, zur Vernehmung als Beschuldigter persönlich zu erscheinen oder sich bis zum schriftlich zu rechtfertigen wobei in diesem Falle außerdem notwendig wäre anzugeben: die Wohnanschrift; das derzeitige Vermögen und Einkommen; die Sorgepflichten sowie allfällige Vorstrafen.

Abschließend werden Sie noch darüber informiert, daß die Nichtbefolgung dieser Vorladung - Aufforderung zur schriftlichen Rechtfertigung - nicht den weiteren Ablauf des Untersuchungsverfahrens (§ 121 FinStrG) hindert."

Die Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom der gegen dieses vom Beschwerdeführer als Bescheid gewertete Schreiben vom erhobenen (Administrativ-)Beschwerde (§ 152 Abs. 1 FinStrG), in der er die Annahme eines Vorsatzdeliktes als rechtswidrig bezeichnete, weil der "Bescheid" jedweder Begründung entbehre und ihm auch nicht zu entnehmen sei, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen die Behörde erster Rechtsstufe ausgegangen sei, insofern Folge, als der bekämpfte "Bescheid" bezüglich der Ausdehnung des Finanzstrafverfahrens auf das Finanzvergehen des Schmuggels ersatzlos aufgehoben wurde. Im übrigen (Änderung auf den Begehungszeitraum bis zum Jahre 1981) wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Unter einem wurde dem mit der Beschwerde verbundenen Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf bescheidmäßige Einstellung des Finanzstrafverfahrens verletzt.

Bescheidqualität im Sinne der gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen der §§ 92, 93 BAO kommt nur normativen Akten zu. Die normative Qualität eines Aktes ist primär aus seinem Inhalt abzuleiten und setzt ein autoritatives Wollen der Behörde voraus. Für das Vorliegen eines Bescheides ist der Wille der Behörde maßgeblich, hoheitliche Gewalt zu üben; fehlt dieser Wille, dann kommt dem betreffenden Akt kein normativer Gehalt zu (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes (4. Auflage), Seite 139, Rz. 384, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung, insbesondere den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 9458/A, und die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 649, 650/80 und vom , Zl. 1780/80).

Dem letztzitierten hg. Erkenntnis ist auch zu entnehmen, daß wegen der Rechtskraftwirkung an eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab anzulegen ist.

Im vorliegenden Fall hat nun die Finanzstrafbehörde erster Instanz eine Erledigung getroffen, die weder als Bescheid bezeichnet ist noch auch ihrem Inhalt nach eindeutig den Willen zu einem normativen Abspruch erkennen läßt. Nach dem Inhalt dieser nicht in der Form eines Bescheides ergangenen Erledigung, im besonderen nach den verwendeten Worten .... "wird Ihnen hiermit zur Kenntnis gebracht", kann der Behörde der Wille, in förmlicher und damit in bescheidmäßiger Weise eine der Rechtskraft fähige Erledigung zu erlassen, nicht unterstellt werden. Dafür spricht auch die bis zum geübte Verwaltungspraxis, die der ständigen Rechtsprechung der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts folgte, wonach der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens bzw. der Verständigung davon der bescheidessentielle individuell-normative Charakter fehle, es sich also um keinen Verwaltungsakt handle, der für den einzelnen Fall die Gestaltung oder Feststellung von Rechten oder Rechtsverhältnissen zum Inhalt habe.

Erst auf Grund des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom , B 92/88, wurden die Unterbehörden mit Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom (siehe Fellner, Finanzstrafgesetz, §§ 80-84, Seite 8 X) angewiesen, der neuen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu folgen und Finanzstrafverfahren wegen Verdachts eines vorsätzlichen Finanzvergehens, ausgenommen einer Finanzordnungswidrigkeit, grundsätzlich mit Bescheid einzuleiten. Dies ist jedoch im Beschwerdefall - anders als in jenem Fall, der dem zitierten Beschluß des Verfassungsgerichtshofes zugrunde lag - nicht geschehen.

Da sich die Administrativbeschwerde des Beschwerdeführers gegen keinen Bescheid, sondern gegen eine behördliche Enunziation richtete, die keine Rechtswirkungen zu entfalten vermochte, wäre sie von der belangten Behörde rechtens zurückzuweisen gewesen. Dadurch aber, daß die belangte Behörde in Verkennung der Sach- und Rechtslage die Beschwerde des Beschwerdeführers in meritorische Behandlung zog, wurde der Beschwerdeführer in keinem subjektiv-materiellen Recht verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom , BGBl. Nr. 206.