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VwGH vom 27.05.1999, 98/06/0028

VwGH vom 27.05.1999, 98/06/0028

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde 1. des KJ und

2. der MH, beide in H, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom , Zl. BHDO-II-4151-0007/1995, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien:

1. J in H und 2. Stadt Hohenems, vertreten durch Dr. K und Dr. M, Rechtsanwälte in D), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Stadt Hohenems Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen je zur Hälfte bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstmitbeteiligte (in der Folge kurz: Bauwerber) ist Eigentümer einer Liegenschaft im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde (kurz: Gemeinde), auf der sich ein landwirtschaftliches Anwesen befindet. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer benachbarter Grundstücke (zu weiteren Beschwerden des Erstbeschwerdeführers betreffend dieses landwirtschaftliche Anwesen siehe die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/06/0231, vom , Zl. 94/06/0216, und vom , Zl. 94/06/0167).

Mit dem am bei der Gemeinde eingelangten Antrag vom brachte der Bauwerber vor, er beabsichtige, den mit einem nicht näher bezeichneten Bescheid baurechtlich bewilligten Geräteschuppen "neben der Geräteverwahrung als Futter- und Heubergeraum sowie als Abstellplatz" für seine landwirtschaftliche Zugmaschine zu verwenden. Er ersuche diesbezüglich um Erteilung der nach § 23 Abs. 1 lit. h des Vorarlberger Baugesetzes (kurz: BauG) erforderlichen Genehmigung für die entsprechende Änderung des Verwendungszweckes (Anmerkung:

es dürfte sich um den Schuppen handeln, der Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 94/06/0216, war).

In der Baubeschreibung heißt es, ist im nordöstlichen Bereich des Schuppens sei ein abbaubarer Gittersilo, im südwestlichen Bereich und entlang der südlichen Wand hingegen die Lagerung von Heu und Futter vorgesehen. Die restliche nicht beanspruchte Fläche diene der Unterbringung von landwirtschaftlichen Gerätschaften und sonstigen landwirtschaftlichen Maschinen. Der Gittersilo habe einen Durchmesser von 3,26 m und bestehe aus ingesamt 4 Ringen, sodass er eine maximale Höhe von 4,68 m erreiche. Dieser Silo werde mit einem fahrbaren Heugebläse gefüllt. Beim Entnehmen des Silos würden die einzelnen Ringe wieder von oben nach unten abgebaut. Den Bauplänen zufolge weist dieser Geräteschuppen eine bebaute Grundfläche von 9,50 x 9,50 m auf; im Erdgeschossgrundriss ist ein runder "Gittersilo" mit einem Durchmesser von 3,26 m eingezeichnet.

Am beschloss die Stadtvertretung der Gemeinde eine Änderung des Flächenwidmungsplanes dahin, dass die nun verfahrensgegenständliche Liegenschaft von "Baufläche/Wohngebiet" in "Baufläche/Mischgebiet mit Bauwerken für land- und forstwirtschaftliche Zwecke" umgewidmet wurde. Diese Änderung wurde von der Vorarlberger Landesregierung am genehmigt (die entsprechende Kundmachung durch die Gemeinde wurde am an der Amtstafel angeschlagen).

Hierauf wurde von der erstinstanzlichen Baubehörde für den eine Bauverhandlung anberaumt. Die Beschwerdeführer erhoben rechtzeitig schriftlich folgende Einwendungen:

"Die vorgesehene Umwidmung des Geräteschuppens wird beeinsprucht. Der Betrieb und die Auswirkungen durch den Silo sind störend für die Nachbarn und widersprechen dem Raumwidmungsplan."

In der Bauverhandlung vom wurde das Baugesuch um das Begehren auf Änderung des Verwendungszweckes zur Einstellung einer Zugmaschine eingeschränkt (das diesbezügliche Teilbegehren wurde zurückgezogen).

Über Auftrag der Baubehörde erstattete ein Sachverständiger des Umweltinstitutes des Landes Vorarlberg am folgendes Gutachten zu den zu erwartenden Immissionen:

"Mit obigem Schreiben wurde der Auftrag erteilt, zu überprüfen, ob durch die Errichtung eines Silos in einem Geräteschuppen eine Gefährdung der Nachbarn oder eine erhöhte Belästigung durch Gerüche für die Nachbarn gegeben ist. Entsprechend der Angaben des Betreibers ist festzuhalten, dass der Silo eine Gesamtkubatur von 49 m3 hat. Die Abstände zu den Nachbarn betragen wie folgt: In nördlicher Richtung zur Gst. 965/1: 45 m, in südlicher Richtung zur Gst. 963/1: 8 m, in südöstlicher Richtung zur Gst. 777: rund 35 m, in nordwestlicher Richtung zur Gst. 361/2 (bebaut): ebenfalls 35 m.

Generell ist davon auszugehen, dass die Silage, solange sie im Silo vorhanden ist, einen schwachen Geruch in der Umgebung des Geräteschuppens bewirkt, wobei die Ausbreitungszone in der Größenordnung von etwa 5 - 7 m liegen dürfte. Der Silo wird nach Angaben der Betreiber Ende August gefüllt und die Leerung (Fütterung) ist nach 2,5 Monaten (etwa Mitte April) abgeschlossen. Nach Ende der Silofütterung ist davon auszugehen, dass keinerlei Wahrnehmungen und Geruchsbeeinträchtigungen für die Nachbarn aufgrund der Widmung gegeben sind; dies betrifft ein Drittel des Jahres. Die Emissionen aus Siloanlagen können aufgrund von Erfahrungswerten im Rheintal als gering eingestuft werden. Erhöhte Emissionen treten nur auf, wenn aus dem Silo Futter entnommen wird - darunter sind rund 2,5 Monate zu verstehen.

Das Futter wird üblicherweise während des Tages einmal abgestochen. Die Wahrnehmung des Silogeruches ist daher für Entfernungen von 10 - 30 m einigermaßen zu bestimmen. In vereinzelten Fällen können Gerüche aus dem Silo etwa 80 - 100 m weit reichen. Die Fütterung von Silagegut ist in Hohenems als ortsüblich einzustufen. Aufgrund der Häufigkeit der Füttervorgänge ist davon auszugehen, dass für jeden Tag eine Wahrnehmung des Silogeruches gegeben ist. Für jeden Nachbarn ist somit in Abständen von drei bis vier Tagen zu erwarten, dass der Silogeruch in sehr geringer Intensität empfunden werden kann.

Es ist davon auszugehen, dass einmal pro Woche während der Zeit der Verfütterung mäßig starke Wahrnehmungen für die allernächsten Nachbarn sowie für die Nachbarn in Entfernungen bis 30 m gegeben sind. Dies bedeutet, dass in 0,6 % der Stunden einer Woche intensive Gerüche auftreten können. Die Häufigkeit von intensiven Geruchssituationen ist somit als äußerst selten einzustufen. Die Immissionssituation ist somit derart zu beurteilen, dass das ortsübliche Ausmaß der Belästigung unterschritten wird.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Gefährdung der Nachbarn durch den geplanten Silo nicht zu erwarten ist und das ortsübliche Ausmaß der Geruchsbelästigungen für alle Nachbarn unterschritten wird."

Der Erstbeschwerdeführer bezog in einem Schreiben vom Stellung gegen dieses Gutachten und brachte insbesondere vor, es sei offensichtlich dem Sachverständigen entgangen, dass das Silagegut nicht im Geräteschuppen sondern im Hauptgebäude, nämlich im Viehstall, verarbeitet und verfüttert werde. Das Silagegut werde dort offen zwischengelagert und mehrfach am Tag verfüttert, was Tag und Nacht zu einer permanenten Geruchsbelästigung führe, wobei diese Immissionsbelastung noch durch einen ständigen Wind im Winterhalbjahr verstärkt werde. Auch seien die bestehenden (restlichen) Geruchsbelastungen der Landwirtschaft völlig unberücksichtigt geblieben. Die Verfütterung des Silagegutes aus dem Standsilo stelle nicht die einzige Geruchsbelästigung dar. Die völlig undifferenzierte Feststellung, die Fütterung vom Silogut sei in ganz Hohenems als "ortsüblich" (im Original unter Anführungszeichen) einzustufen, ohne die jeweiligen Widmungsauflagen zu berücksichtigen, beweise die fachliche Unausgewogenheit.

Mit Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom wurde dem Bauwerber die Bewilligung für die angestrebte Teilumwidmung des Schuppens als Futter- und Heubergeraum mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt (darunter, dass, sollte beim gefüllten Silo eine Sickersaftbildung auftreten, der Sickersaft durch geeignete Materialien, wie beispielsweise fein gehäkseltes Stroh oder Sägemehl, aufzusaugen sei). Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden teils als unbegründet abgewiesen und teils als unzulässig zurückgewiesen. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, folgte die erstinstanzliche Behörde dem von ihr als schlüssig erachteten Gutachten des Umweltinstitutes des Landes Vorarlberg.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie geltend machten, dass das "technische Gutachten" inkorrekt und fachlich-sachlich ungenügend aufgearbeitet sei, dass ein medizinisches Gutachten fehle, und dass der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz befangen gewesen sei.

Mit Berufungsbescheid vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, der Einwand der Berufungswerber, das technische Gutachten sei unkorrekt und fachlich-sachlich ungenügend aufgearbeitet, sei auch unter Zugrundelegung der zum Gutachten abgegebenen Stellungnahme vom nicht nachvollziehbar. Aufgrund der Ergebnisse dieses Gutachtens sei die Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Frage der gesundheitlichen Gefährdung der Nachbarn nicht erforderlich gewesen. Der Umstand, dass der von den Beschwerdeführerin als befangen erachtete Bürgermeister den erstinstanzlichen Bescheid erlassen habe, könne vorliegendenfalls keinen relevanten Verfahrensmangel darstellen (wurde näher ausgeführt).

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, in der sie auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen und weiter ausführten, die Berufungsbehörde habe den Sachverhalt nur ungenügend aufgearbeitet. Die Feststellung der Berufungsbehörde, aufgrund des Ergebnisses des eingeholten Gutachtens sei keine Gefährdung der Nachbarn durch den Silo zu erwarten, sodass die Einholung eines medizinischen Gutachtens nicht mehr notwendig gewesen sei, sei unzutreffend. Einem Gutachter stehe es nicht zu, über die Zulässigkeit oder Widmungsgemäßheit ein Urteil abzugeben. Bezeichnend sei, dass der Betriebsumfang im Baubewilligungsbescheid nicht verbindlich festgelegt worden sei, andererseits die ohnedies mangelhafte Aufarbeitung des "technischen Gutachtens" von einem Minimalbetrieb ausgehe. Nachträglich könne nun der Betreiber durch die Art der Silofüllung und Betriebsführung die Immissionen erhöhen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

Nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsstellung des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren führte die belangte Behörde (soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich) begründend aus, dass sich der verfahrensgegenständliche Schuppen gemäß dem Flächenwidmungsplan im "Mischgebiet - landwirtschaftliche Zone" befinde. Gemäß § 14 Abs. 4 des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 15/1973, in der geltenden Fassung, seien Mischgebiete Gebiete, in denen Gebäude und Anlagen, die in Kern- und Wohngebieten zulässig seien, und nicht störende Klein- und Mittelbetriebe errichtet werden dürften. In Mischbetrieben könnten Zonen festgelegt werden, in denen Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke errichtet werden dürfen.

Worin der Widerspruch des geplanten Vorhabens zur Flächenwidmung gelegen sein solle, sei unergründlich, beziehe sich doch die Formulierung "nicht störende Klein- und Mittelbetriebe" nur auf Gewerbebetriebe, nicht aber auch auf land- und forstwirtschaftliche Gebäude und Anlagen, für die der zweite Satz des § 14 Abs. 4 RPG maßgebend sei. Die belangte Behörde gehe demnach davon aus, dass die Errichtung des Silos in dem zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Geräteschuppen im Einklang mit der derzeit gültigen Widmung stehe und somit zulässig sei. Überdies komme dem Nachbarn bei der Frage der Übereinstimmung eines Vorhabens mit der Flächenwidmung kein Mitspracherecht zu.

Aufgrund der Aktenlage stehe fest, dass das Gebäude die gesetzlichen Abstände einhalte, was auch unstrittig sei. Damit sei lediglich zu prüfen gewesen, ob größere Abstände festgesetzt hätten werden müssen. Gemäß § 6 Abs. 10 BauG könne nämlich die Behörde auch größere als in den Abs. 2 bis 8 leg. cit. vorgeschriebene Abstandsflächen und Abstände festsetzen, wenn der Verwendungszweck eines Bauwerkes eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten lasse. Der vom Erstbeschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom vertretenen Auffassung sei zu entgegnen, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes größere als die vorgesehenen Abstände dann festgelegt werden könnten, wenn der Verwendungszweck des Silos eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gefährdung erwarten lasse. Der Verwendungszweck dieses Silos sei aber, was keiner näheren Begründung bedürfe, einzig die Lagerung von Silage, nicht jedoch die Verfütterung des Lagergutes in einem anderen Gebäude. Folgte man der vom Erstbeschwerdeführer vertretenen Ansicht, so müsste man davon ausgehen, dass Personen, welche Silagen an Tiere verfütterten, ohne selbst einen Silo zu besitzen, um eine Baubewilligung ansuchen müssten. Dass dieses Ergebnis nicht im Sinne des Baugesetzes liege und schon gar nicht der Intention des Gesetzgebers entspreche, könne, ohne näher darauf einzugehen, behauptet werden.

Bei der Beurteilung der Frage, ob durch den aufzustellenden Silo das im § 6 Abs. 10 BauG genannte ortsübliche Ausmaß an Belästigungen überschritten werde oder nicht, sei insbesondere auch die bestehende Flächenwidmung maßgebend. Sei demnach durch einen Flächenwidmungsplan eine bestimmte Widmungskategorie festgelegt, so seien die Emissionen, die sich im Rahmen des in einer solchen Widmungskategorie üblichen Ausmaßes hielten, als zumutbar anzusehen und zwar auch dann, wenn sie beispielsweise das Ausmaß der in der unmittelbaren Nähe eines anderen Gebäudes feststellbaren Immissionen überstiegen. Das Betreiben eines Silos in einem Gebiet mit der Widmungskategorie Mischgebiet - landwirtschaftliche Zone halte sich aufgrund der Behördenerfahrung durchaus im üblichen Ausmaß, gehöre diese Art der Futterlagerung doch heutzutage zum Standard einer Landwirtschaft. In diesem Zusammenhang sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/06/0037, BauSlg. 949, verwiesen, wonach ein durchschnittlicher landwirtschaftlicher Betrieb in dem dafür gewidmeten Gebiet keinen Verwendungszweck darstelle, der eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gefährdung der Nachbarn erwarten lasse. Auf die konkrete Ortsüblichkeit dieser Betriebe im Siedlungsgebiet oder am Rande des Siedlungsgebietes komme es dabei überhaupt nicht an. In Anlehnung an diese Entscheidung vertrete die belangte Behörde die Auffassung, dass die von den Beschwerdeführern angenommenen, aus dem Silo zu erwartenden Emissionen keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung darstellten bzw. jedenfalls als zumutbar anzusehen seien, dies insbesondere aufgrund der erheblichen Entfernung der Grundstücke der Nachbarn zum Silo (in nördlicher Richtung ca. 45 m und in südöstlicher Richtung ca. 35 m). Dies werde auch im Gutachten des lufthygienischen Amtssachverständigen logisch und nachvollziehbar dargetan.

Zum Vorbringen, im Baubescheid sei der Betriebsumfang nicht festgelegt worden, sei festzuhalten, dass das Baugesetz in seinem § 1 Abs. 1 lediglich festschreibe, die Bauwerke zu errichten und zu erhalten, nicht jedoch, wie sie zu benutzen seien. Darüber hinaus erachte es die belangte Behörde als ausreichend, wenn aufgrund der Plan- und Beschreibungsunterlagen (wie vorliegendenfalls) der Durchmesser, die Höhe sowie die Kubatur definiert seien.

Die Beschwerdeführer machten geltend, dass die Einholung eines medizinischen Gutachtens zu Unrecht unterblieben sei. Dem sei zu entgegnen, dass (grundsätzlich) Sachverständige nicht unter allen Umständen dem Ermittlungsverfahren beizuziehen seien, so etwa dann, wenn die Auswirkungen eines bestimmten Gebäudes auf die Nachbarn von den Organen der Behörden durchaus und unzweifelhaft aufgrund ihrer Erfahrungen in Baurechtsanlegenheiten und besonders aufgrund ihrer Lebenserfahrung beurteilt werden können (wird näher ausgeführt). Die Einholung eines medizinischen Gutachtens sei vorliegendenfalls entbehrlich gewesen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher sie inbesondere die Gesetzwidrigkeit der vorgenommenen Änderung des Flächenwidmungsplanes geltend machten. Der Verfassungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein; die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gemeinde erstatteten Gegenschriften. Die Gemeinde verwies mit näheren Ausführungen darauf, dass die verfahrensgegenständliche Änderung des Flächenwidmungsplanes deshalb erfolgt sei, um ein Versäumnis bei der Erlassung des Flächenwidmungsplanes im Jahr 1979 zu sanieren. Damals sei nämlich verabsäumt worden, auf die zahlreichen im Gemeindegebiet befindlichen landwirtschaftlichen Betriebe entsprechend Bedacht zu nehmen. Die Landwirtschaft des Beschwerdeführers liege am Rand des besiedelten Gebietes in einer als "ländlich" (im Original unter Anführungszeichen) zu bezeichnenden räumlichen Situation. Trotz der großflächigen Widmung des dortigen Gebietes als Bauwohngebiet sei bislang eine rudimentäre Bebauung erfolgt. Bei der Landwirtschaft des Bauwerbers handle es sich um einen seit etwa 120 bis 130 Jahren bestehenden Betrieb, der in vorbildlicher Weise absolut sauber und geordnet geführt werde (Anmerkung: die in dieser Gegenschrift bezogenen Verordnungsakten befinden sich in den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Akten). Die Beschwerdeführer erstatteten im verfassungsgerichtlichen Verfahren eine Gegenäußerung zu den Gegenschriften.

Mit Beschluss vom , B 248/96-14, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab. In der Begründung heißt es insbesondere, soweit die Beschwerde insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als sie 1. die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf faires Verfahren nach Art. 6 EMRK sowie 2. die Gesetzwidrigkeit der verfahrensgegenständlichen Flächenwidmungsplanänderung berühre, lasse ihr Vorbringen

"1. vor dem Hintergrund, dass die in Rede stehenden Streitigkeiten nicht über 'civil rights' selbst entstanden sind, sondern solche nur in ihren Auswirkungen betreffen, sowie des Erkenntnisses VfSlg. 11500/1987 und 2. unter Bedachtnahme auf den Inhalt der vom Verfassungsgerichtshof beigeschafften Verordnungsakten sowie vor dem Hintergrund der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Zulässigkeit der Korrektur eines rechtswidrigen Flächenwidmungsplanes unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Änderung eines Flächenwidmungsplanes (vgl. VfSlg. 12555/1990, 13354/1993, 13727/1994), zur im Einzelfall gegebenen Zulässigkeit eines Nutzungskonfliktes nicht ausschließenden Nebeneinanders verschiedener Widmungskategorien (VfSlg. 13070/1992, 13306/1992, ) sowie zur Unbedenklichkeit der Zonierungsermächtigung des § 14 Abs. 4 Vbg. Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 15/1973 idF LGBl. Nr. 27/1993, (vgl. u.a., S. 13f), die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."

Mit weiterem Beschluss vom , B 248/96-16, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof ab.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde machen die Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, wie auch, weiterhin, die Gesetzwidrigkeit der Änderung des Flächenwidmungsplanes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof (ua.) in seinem eingangs genannten Erkenntnis vom , Zl. 94/06/0167 (betreffend einen "Maschinenraum" auf der auch nun verfahrensgegenständlichen Liegenschaft), mit näherer Begründung ausgeführt hat, steht dem Nachbarn nach § 6 Abs. 10 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG), LGBl. Nr. 39/1972, ein Mitspracherecht zu (das Nähere ist diesem - über Beschwerde des nunmehrigen Erstbeschwerdeführers ergangenen - Erkenntnis zu entnehmen, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann).

Im Beschwerdefall ist das Vorarlberger Raumplanungsgesetz (kurz: RPG), LGBl. Nr. 15/1973, in der Fassung LGBl. Nr. 27/1993, anzuwenden (§ 14 Abs. 2 bis 4 in der Stammfassung).

Gemäß § 14 Abs. 2 RPG sind Kerngebiete Gebiete, die vornehmlich für Verwaltungsgebäude und Gebäude für Dienstleistungen, Bildungs- sowie sonstige kulturelle und soziale Einrichtungen bestimmt sind. In Kerngebieten können auch Wohnungen errichtet werden.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. sind Wohngebiete Gebiete, die für Wohngebäude bestimmt sind. Andere Bauwerke und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie den kulturellen, wirtschaftlichen oder sozialen Bedürfnissen der Einwohner des Gebietes dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder Belästigungen für die Einwohner mit sich bringt. Unter den gleichen Voraussetzungen dürfen in Wohngebieten dem Fremdenverkehr dienende Gebäude und Anlagen errichtet werden.

Nach Abs. 4 sind Mischgebiete Gebiete, in denen Gebäude und Anlagen, die in Kern- und Wohngebieten zulässig sind und nichtstörende Klein- und Mittelbetriebe errichtet werden dürfen. In Mischgebieten können Zonen festgelegt werden, in denen Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke errichtet werden dürfen.

Die Beschwerdeführer, die bereits ihre Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der hier maßgeblichen Änderung des Flächenwidmungsplanes an den Verfassungsgerichtshof herangetragen hatten, regen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine entsprechende Antragstellung des Verwaltungsgerichtshofes beim Verfassungsgerichtshof an. Neue Argumente bringen sie nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich vorliegendenfalls - auch vor dem Hintergrund der Begründung des Verfassungsgerichtshofes in seinem Ablehnungsbeschluss - zur angeregten Antragstellung nicht veranlasst.

Der Verwaltungsgerichtshof tritt der Auffassung der Behörden des Verwaltungsverfahrens bei, dass das verfahrensgegenständliche Vorhaben mit der nunmehrigen Flächenwidmung - Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke - im Einklang steht. Eine Einschränkung dahin, dass in Gebieten gemäß § 14 Abs. 4 zweiter Satz lediglich Gebäude und Anlagen für nicht störende land- und forstwirtschaftliche Zwecke errichtet werden dürften, enthält das Gesetz nicht. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist die von ihnen angestrebte sinngemäße Angleichung des zweiten Satzes an die für Klein- und Mittelbetriebe vorgesehene Einschränkung im ersten Satz dieses Absatzes, also entgegen dem Wortlaut des zweiten Satzes, nicht geboten. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann einem schutzwürdigen Interesse des Nachbarn auf Abwehr störender Immissionen durch die Bestimmung des § 6 Abs. 10 BauG (Festsetzung größerer Abstandsflächen) jedenfalls vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles ausreichend Rechnung getragen werden.

Bei der Bestimmung des § 6 Abs. 10 BauG handelt es sich nicht um einen allgemeinen Immissionsschutz der Nachbarn zur Aufrechterhaltung des bisherigen Zustandes, sondern um eine Ausnahmeregelung für Bauwerke mit einem aus dem ortsüblichen herausfallenden Verwendungszweck (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/06/0037, BauSlg. 949). Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, ist bei Beurteilung der Frage, ob durch das Bauvorhaben das in § 6 Abs. 10 leg. cit. genannte ortsübliche Ausmaß an Belästigungen überschritten wird oder nicht, insbesondere auch die bestehende Flächenwidmung maßgebend, ob es sich also um ein Wohngebiet, ein Kerngebiet, ein gemischtes Baugebiet usw. handelt. Ist demnach durch einen Flächenwidmungsplan eine bestimmte Widmungskategorie festgelegt, so sind die Emissionen, die sich im Rahmen des in einer solchen Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, als zumutbar anzusehen, und zwar auch dann, wenn sie beispielsweise das Ausmaß der in der unmittelbaren Nähe eines anderen Gebäudes feststellbaren Emissionen übersteigen (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/06/0001).

Vor diesem Hintergrund tritt der Verwaltungsgerichtshof der Beurteilung der Behörden des Verwaltungsverfahrens bei, dass das Gutachten des Sachverständigen des Umweltinstitutes des Landes Vorarlberg vom zur Beurteilung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 10 BauG ausreichend war. Den vom Erstbeschwerdeführer erhobenen Einwendungen vom ist insbesondere entgegenzuhalten, dass er dort nicht danach trachtet, sich mit den vom verfahrensgegenständlichen Projekt zu erwartenden Immissionen auseinander zu setzen, sondern vielmehr alle vom gesamten landwirtschaftlichen Anwesen ausgehenden Immissionen in die Beurteilung einbezogen wissen will. Jedenfalls gibt das Beschwerdevorbringen keinen Anlass zu Zweifeln an der Beurteilung, dass die aufgrund der geplanten Änderung des Verwendungszweckes dieses Schuppens zu erwartenden Immissionen den Rahmen der typischerweise mit dieser Widmungskategorie verbundenen Immissionen überstiegen. Nach der Lage des Falles bedurfte es daher auch nicht der Einholung eines humanmedizinischen Gutachtens.

Von der Durchführung der von den Beschwerdeführern begehrten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte abgesehen werden, weil der diesbezügliche Antrag erst in dem über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes erstatteten Mängelbehebungsschriftsatz, somit außerhalb der im § 39 Abs. 1 Z. 1 VwGG normierten Frist gestellt wurde (siehe dazu ua. das hg.

Erkenntnis vom , Slg. 9261/A).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als

unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in

Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am