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VwGH vom 21.12.1992, 89/16/0112

VwGH vom 21.12.1992, 89/16/0112

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

89/16/0113

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro sowie die Hofräte Dr. Närr, Dr. Karger, Dr. Fellner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde der

1. H in W und 2. E in G, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland je vom ,

1. GA 11 - 1257/1/88 und 2. GA 11 - 1257/88, je betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen von je 9.660 S (insgesamt daher 19.320 S) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich des Sachverhaltes, der den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegt, wird auf die vor dem Verwaltungsgerichtshof unter den Zlen 86/16/0116, 0117 anhängig gewesenen Beschwerdeverfahren verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem diese Verfahren abschließenden Erkenntnis vom , Slg Nr 6241/F, dargetan, die Beschwerdeführerinnen hätten als Nachvermächtnisnehmerinnen nach Hugo J mit dem Tod der Vorvermächtnisnehmerin Johanna J im Hinblick auf § 725 ABGB gemäß dem Surrogationsprinzip als Nachlegat eine der Vorvermächtnisnehmerin gehörende Liegenschaft erworben. Die Vorvermächtnisnehmerin hatte nämlich aus dem ihr von ihrem Gatten als Vorvermächtnis hinterlassenen Unternehmen (auch) Entnahmen getätigt, zu denen sie im Hinblick auf den Inhalt der letztwilligen Verfügung des Hugo J nicht berechtigt gewesen war und mit diesem Geld die Liegenschaft gekauft. Die Beschwerdeführerinnen machten den Erben nach Johanna J gegenüber einen "Schadenersatzanspruch" im Hinblick auf die zuviel getätigten Entnahmen der Johanna J geltend und gaben sich letztlich mit einer Zahlung von 2,2 Mio S zufrieden. Der Verwaltungsgerichtshof erkannte die Hinzurechnung des eben genannten Betrages zum sonstigen Anfall aus dem Nachvermächtnis der Beschwerdeführerinnen als rechtswidrig. Die Beschwerdeführerinnen hätten nämlich im Hinblick auf das Surrogationsprinzip anteilig Anspruch auf die Liegenschaft gehabt. Diese Liegenschaft wäre gemäß § 19 Abs 2 ErbStG mit dem Einheitswert der Erbschaftssteuerbemessung zugrunde zu legen gewesen.

Mit Berufungsentscheidungen vom stellte die belangte Behörde den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand hinsichtlich der Bemessung der Erbschaftssteuer her.

Mit Bescheiden vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (in der Folge: Finanzamt) den Beschwerdeführerinnen von einer Gegenleistung von 2,2 Mio S anteilig Grunderwerbsteuer vor, wobei es unter Hinweis auf das die Beschwerdeführerinnen betreffende hg Erkenntnis vom zu erkennen gab, die Liegenschaft wäre den Erben der Vorvermächtnisnehmerin gegen Bezahlung von 2,2 Mio S überlassen worden.

Mit Berufungen wandten die Beschwerdeführerinnen ein, das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom könne nicht anders verstanden werden, als daß sie einen Anspruch auf Übereignung der Liegenschaft, die den Erben der Johanna J bereits eingeantwortet worden sei, besessen hätten. Durch den mit den Erben abgeschlossenen Vergleich sei dieser Anspruch aufgegeben worden. Prinzipiell unterliege zwar der Erwerb eines Anspruches auf Übereignung einer Liegenschaft der Grunderwerbsteuer. Die in Frage kommenden Tatbestände des § 1 Abs 1 Z 3 bzw Z 5 GrEStG 1955 hätten jedoch nicht den Zweck, Zahlungen für den Verzicht auf einen Anspruch auf Übereignung einer Liegenschaft der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl 622/56, sollten durch § 1 Abs 1 Z 5 GrEStG 1955 nur jene Vorgänge erfaßt werden, durch welche ein bestehender Übereignungsanspruch an einen Dritten, nicht aber an den Übereignungsschuldner, abgetreten werde. Genau dieses unerwünschte Ergebnis werde aber durch die bekämpften Bescheide erreicht.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen ab, wobei sie zur Begründung im wesentlichen ausführte, unter § 1 Abs 1 Z 5 GrEStG 1955 falle die Übertragung des Anspruches auf die Vermächtnisliegenschaft des Legatars (vgl das hg Erkenntnis vom , 3529/54, Slg Nr 1409/F). Dem von den Beschwerdeführerinnen zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom liege ein anderer Sachverhalt zugrunde. Damals habe eine Mutter wegen Grundstücksteilungen ihren minderjährigen Kindern an verschiedenen Liegenschaften ein "dingliches Anwartschaftsrecht" eingeräumt. Als die Kinder in der Folge auf dieses Anwartschaftsrecht verzichtet hätten, habe der Verwaltungsgerichtshof darin keinen Fall des § 1 Abs 1 Z 5 GrEStG 1955 erblickt, weil es sich hiebei lediglich um einen Verzicht gehandelt habe. Im vorliegenden Fall könne aber nicht davon ausgegangen werden, die Beschwerdeführerinnen hätten gegenüber den Erben der Johanna J auf die Geltendmachung des Übereignungsanspruches verzichtet. Denn der den Beschwerdeführerinnen als Nachvermächtnisnehmerinnen zustehende Übereignungsanspruch sei nicht von den Erben der Johanna J eingeräumt worden. Vielmehr gründe sich dieser auf den Willen des Erblassers Hugo J. Hätte der Verwaltungsgerichtshof in der Zahlung von 2,2 Mio S einen Verzicht der Beschwerdeführerinnen auf ihr Legat, somit auf ihren Übereignungsanspruch erblickt, so hätte er im Erkenntnis vom die Erbschaftssteuerpflicht für den anteiligen Vergleichsbetrag gemäß § 2 Abs 2 Z 4 ErbStG bejahen müssen. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof aber unterlassen. Nach § 2 Abs 2 Z 4 ErbStG gelte als vom Erblasser zugewendet auch, was als Abfindung für die Ausschlagung eines Vermächtnisses von dritter Seite gewährt werde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei unter "von dritter Seite" auch der oder die Erben selbst zu verstehen.

Gegen diesen Bescheid wenden sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Beschwerden. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung von Grunderwerbsteuer verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihren Gegenschriften, die Beschwerden mögen als unbegründet kostenpflichtig abgewiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres engen sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:

Die belangte Behörde hat sich in den angefochtenen Bescheiden auf die Bestimmung des § 1 Abs 1 Z 5 GrEStG 1955 gestützt, wonach der Grunderwerbsteuer auch die Erwerbung des Anspruches auf Abtretung eines Übereignungsanspruches einer Liegenschaft unterliegt, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung dieses Übereignungsanspruches begründet.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem von den Beschwerdeführerinnen zur Stützung ihrer Rechtsansicht herangezogenen Erkenntnis vom ausgeführt hat, wollte der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 1 Abs 1 Z 5 GrEStG 1955 nur jene Rechtsgeschäfte erfassen, durch welche ein bestehender Übereignungsanspruch an einen Dritten abgetreten wird, nicht aber solche Rechtsgeschäfte, mittels derer der Übereignungsanspruch dem Übereignungsschuldner rückabgetreten wird.

Im vorliegenden Fall wurde der Übereignungsanspruch der Beschwerdeführerinnen als Nachvermächtnisnehmerinnen nicht an einen Dritten - auch nicht an die Erben nach Johanna J - abgetreten, sondern haben die Beschwerdeführerinnen auf ihren Übereignungsanspruch gegen Entgelt verzichtet. Im entgeltlichen Verzicht auf den Anspruch der Übertragung einer Liegenschaft ist aber kein grunderwerbsteuerbarer Vorgang zu erblicken.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis Slg Nr 1409/F nur ausgeführt, daß einem Vermächtnisnehmer wohl ein Anspruch auf Übereignung einer Liegenschaft ohne vorheriges Rechtsgeschäft zustehen kann. Dieser Anspruch kann übertragen werden und unterliegt insofern der Grunderwerbsteuer. Keineswegs hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis die Ansicht vertreten, daß der Verzicht auf den Anspruch auf Übereignung einer Liegenschaft der Grunderwerbsteuer unterliegt. Auch im Erkenntnis vom , Zl 1512/53, Slg Nr 1294/F, hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, daß der Gesetzgeber unter § 1 Abs 1 Z 5 GrEStG 1955 nicht auch den Fall erfassen wollte, daß jemand den Anspruch auf Übereignung an den Übereignungsschuldner rückabtritt, sondern daß der Gesetzgeber vielmehr nur die Abtretung von Übereignungsansprüchen an andere Personen als den Übereignungsschuldner besteuern wollte.

Die angefochtenen Bescheide erweisen sich somit im Sinn der Ausführungen der Beschwerdeführerinnen als rechtswidrig, weswegen sie gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben waren.

Die Entscheidung über den jeweiligen Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991. Der Art III Abs 2 dieser Verordnung war nicht anzuwenden, weil in den Beschwerden nur ein Teil jenes Betrages begehrt wurde, der im Zeitpunkt der Einbringung derselben als Pauschbetrag festgesetzt war.