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VwGH vom 18.06.2001, 2001/17/0079

VwGH vom 18.06.2001, 2001/17/0079

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Gemeinde Raaba bei Graz, vertreten durch die Rechtsanwaltssozietät Eisenberger - Herzog - Nierhaus - Forcher & Partner in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 7 - 485 - 85/99 - 1, betreffend Vorschreibung einer Bauabgabe (mitbeteiligte Partei: JM in 8074 Raaba, A-Straße), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Mitbeteiligte beantragte am beim Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines "betriebszugehörigen Einfamilienhauses". In der diesem Ersuchen angeschlossenen Baubeschreibung gemäß § 23 Abs. 1 Z 11 des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995 (im Folgenden: Stmk BauG), wurde als Verwendungszweck des zu errichtenden Gebäudes "Wohnzwecke" angegeben. Die Errichtung des Bauwerkes sollte dreigeschoßig, umfassend ein Kellergeschoß, ein Erdgeschoß und ein Obergeschoß erfolgen.

Nach dem beigelegten Einreichplan sollte das Kellergeschoß folgende Räume umfassen:

Zwei Garagen, einen verfliesten als "Keller" bezeichneten Raum, einen Heizraum, einen Vorraum und eine Dusche. In der Baubeschreibung scheint auf, dass die Garage zur Einstellung von zwei Pkw's dienen solle. Die Beheizung des Hauses sollte mittels Zentralheizung (vom im Keller befindlichen Heizraum aus) mit festen Brennstoffen, nämlich Holzschnitzeln, erfolgen.

Über Auftrag der erstinstanzlichen Baubehörde erstattete die Agrarbezirksbehörde Graz am ein Gutachten gemäß § 25 Abs. 6 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127/1974 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 1/1995 (im Folgenden: Stmk ROG). Im Befund dieses Gutachtens heißt es, der Mitbeteiligte bewirtschafte Liegenschaften in einem Gesamtausmaß von 9,6 ha mit den Betriebszweigen Feldgemüsebau, Getreideerzeugung sowie Waldwirtschaft. Die Produktionsgrundlage werde von den elterlichen Liegenschaften gebildet, welche der Mitbeteiligte bis zur endgültigen Übernahme in Pacht habe. Er bewirtschafte den Heimbetrieb in Vollerwerb. Das zum Betrieb gehörige bäuerliche Wohnhaus biete für zwei Familien nicht ausreichend zeitgemäßen Wohnraum. Daher bestehe die Absicht, ca. 20 m südlich des Wirtschaftsgebäudes auf einem als Freiland ausgewiesenen Grundstück ein betriebszugehöriges Einfamilienwohnhaus zu errichten. Mit näherer Begründung gelangte die Agrarbezirksbehörde Graz in diesem Gutachten schließlich zum Ergebnis, dass auf den vom Mitbeteiligten bewirtschafteten Liegenschaften ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 25 Abs. 3 Z 1 lit. b Stmk ROG bestehe.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom wurde dem Mitbeteiligten auf Grund seines Antrages die Baubewilligung für die Errichtung eines betriebszugehörigen Einfamilienhauses erteilt.

Aus diesem Anlass schrieb der Bürgermeister der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom dem Mitbeteiligten gemäß § 15 Stmk BauG eine Bauabgabe in Höhe von S 32.749,20 vor.

Die Berechnung der Abgabe gestaltete sich wie folgt:

A Neu-, Zu- und Umbauten: Bruttogeschoßfläche

Faktor Berechnungsfläche

Erdgeschoß 115,44 m2 1 115,44 m2

Keller 199,50 m2 0,5 99,75 m2

Dachgeschoß 115,44 m2 0,5 57,72 m2

Fläche A 272,91 m2

B Neu-, Zu- und Umbauten von

Betriebsobjekten für land- und

forstwirtschaftliche Nutzung:

Erdgeschoß 0,00 m2 1 0,00 m2

sonstige Geschoße: 0,00 m2 0,5 0,00 m2

Fläche B 0,00 m2

Berechnung der Bauabgabe:

Der Einheitssatz beträgt gemäß § 15 Abs. 4 Stmk. BauG S 120,--

je m2,

die Bauabgabe demnach für A: ATS 32.749,20

In der (offenbar formularmäßigen) Begründung heißt es, die im Spruch unter A genannte Bruttogeschoßfläche sei nach den vorgelegten Planunterlagen ermittelt worden. Die im Spruch unter B genannte Bruttogeschoßfläche sei (ebenfalls) nach den vorgelegten Planunterlagen ermittelt worden. Da es sich hiebei um Geschoßflächen eines Betriebsobjektes für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, die nicht dem Wohnen dienten (§ 15 Abs. 4 Stmk BauG), handle, seien von der errechneten Bauabgabe nur 25 % vorzuschreiben gewesen.

Der Mitbeteiligte erhob Berufung. Er verwies insbesondere auf die Begründung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides in Ansehung der im Spruch unter B genannten Bruttogeschoßfläche. Sodann rügte er, dass eine Berechnung von Geschoßflächen eines Betriebsobjektes für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nicht erkennbar sei. Es werde daher der Antrag gestellt, die richtige Berechnungsmethode anzuwenden.

Mit Bescheid des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom wurde die Berufung des Mitbeteiligten gegen den Abgabenbescheid vom als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die Berufungsbehörde aus, nach den vorliegenden Einreichunterlagen und dem Gutachten der Agrarbezirksbehörde sei eindeutig erkennbar, dass das gegenständliche Einfamilienhaus ausschließlich dem Wohnen diene. Laut Einreichplan ergebe sich folgende Nutzung:

Kellergeschoß: Garage, Dusche, Vorraum, Heizraum, Keller

Erdgeschoß: Wohn-Esszimmer, Küche, Speis, Windfang, Diele,

Zimmer, Bad, WC

Dachgeschoß: 3 x Zimmer, Diele, Bad, WC

Auch sei in der Baubeschreibung gemäß § 23 Abs. 11 Z 1 Stmk BauG als Verwendungszweck "Wohnzwecke" angegeben worden.

Die Teilflächen im Kellergeschoß dienten eindeutig auch der Wohnnutzung. Einheitliche Geschoßflächen könnten nach dem Gesetz nicht verschieden beurteilt werden. Daher sei auch das Kellergeschoß nicht als land- und forstwirtschaftlich genutzt anzusehen.

Der Mitbeteiligte erhob Vorstellung. Darin wandte er sich gegen die Auffassung der Berufungsbehörde, das Kellergeschoß sei nicht der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung zuzuordnen. Dazu sei zu sagen, dass die Garagen dem Abstellen von landwirtschaftlichen Maschinen jeglicher Art dienten. Sie seien auch so gebaut worden. Die Dusche (Nassraum) diene ebenfalls der landwirtschaftlichen Nutzung, weil im Bereich, der als Keller ausgewiesen werde, die landwirtschaftlichen Früchte (geputzt, gewaschen, verpackt etc.) verkaufsbereit gemacht würden. So werde den neuesten Vorschriften und Gesichtspunkten der bäuerlichen Bewirtschaftung und Vermarktung entsprochen.

Der Heizraum werde der landwirtschaftlichen Nutzung entsprechend verwendet (4,5 ha Wald seien zu bearbeiten und diese Bearbeitung sei auch gesetzlich vorgeschrieben). Sämtliche Räume des Kellergeschoßes würden landwirtschaftlich genutzt und müssten auch beheizt werden. Es gebe keinen Raum, der nicht einer landwirtschaftlichen Nutzung unterliege. Auch würden von der im Heizraum befindlichen Heizung aus andere Wohn- und Wirtschaftsgebäude, insbesondere jene, in denen die Eltern des Mitbeteiligten wohnten, versorgt. Auch diese Gebäude dienten teilweise landwirtschaftlichen Zwecken. Der Keller sei auch dergestalt geplant, dass ausreichend große Einfahrtstore für landwirtschaftliche Maschinen eingeplant seien. Aus dem Gutachten der Agrarbezirksbehörde gehe nicht hervor, dass das gegenständliche Einfamilienhaus ausschließlich dem Wohnen diene.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung des Mitbeteiligten Folge, hob den Berufungsbescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Gemeinde. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges Folgendes aus:

Gemäß § 15 Abs. 7 Stmk BauG sei bei der Errichtung von Betriebsobjekten für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung für Geschoßflächen, die nicht dem Wohnen dienten, von der errechneten Bauabgabe nur 25 % vorzuschreiben. Gemäß § 4 Z 22 (richtig wohl: Z 20) Stmk BauG sei unter "Bruttogeschoßfläche" die Fläche je Geschoß, die von den Außenwänden umschlossen werde, einschließlich der Außenwände, zu verstehen.

Nach Ansicht der belangten Behörde seien daher nur jene Geschoßflächen (Geschoßfläche = Fläche je Geschoß) der vorangeführten Begünstigung zugänglich, die (überhaupt) nicht dem Wohnen dienten. Im vorliegenden Fall stehe zwischen den Parteien des Vorstellungsverfahrens nicht in Streit, dass das Erdgeschoß sowie das Dachgeschoß des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsobjektes dem Wohnen dienten. Strittig sei hingegen, ob der Keller (auch) dem Wohnen diene. Die Gemeindebehörden hätten eine zumindest teilweise Nutzung zu Wohnzwecken für gegeben erachtet.

Die belangte Behörde könne insbesondere angesichts der im Verwaltungsakt befindlichen Baupläne nicht finden, dass die Berufungsbehörde in diesem Punkt zu einer richtigen Beurteilung gelangt wäre. Der mit Vorstellung bekämpfte Berufungsbescheid lasse auch jede Begründung für die Annahme vermissen, dass ein aus Garage, Dusche, Vorraum, Heizraum, Hackgutlager und Keller bestehendes Geschoß "eindeutig" auch der Wohnnutzung diene. Die Abgabenbehörden der Beschwerdeführerin hätten es in Verkennung der Sachlage unterlassen, bei der Errichtung des verfahrensgegenständlichen Betriebsobjektes für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung für Geschoßflächen, die nicht dem Wohnen dienten (Keller mit einer Bruttogeschoßfläche von 199,50 m2), von der errechneten Bauabgabe nur 25 % vorzuschreiben. Dadurch seien Rechte des Einschreiters verletzt worden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich in ihrem Recht verletzt, die Ausnahmebestimmung des § 15 Abs. 7 Stmk BauG nur dann anwenden zu müssen, wenn es sich um die Errichtung eines Betriebsobjektes für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung handle, sowie erkennbar auch in ihrem Recht, diese Begünstigung nur in Ansehung jener Geschoßflächen, die nicht dem Wohnen dienten, einräumen zu müssen.

Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Mitbeteiligte erstattete kein Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4 Z 20, 33, 59 und 60 sowie § 15 Abs. 1, 3, 4 und 7

Stmk BauG lauten (auszugsweise):

"§ 4

Begriffsbestimmungen

Die nachstehenden Begriffe haben in diesem Gesetz folgende

Bedeutung:

...

20. Bruttogeschoßfläche: die Fläche je Geschoß, die

von den Außenwänden umschlossen wird, einschließlich der Außenwände;

...

33. Geschoß: der Gebäudeabschnitt zwischen Fußboden

und der darüberliegenden Decke, zwischen zwei übereinander gelegenen Decken oder zwischen Fußboden und der obersten Decke oder der Unterfläche des Daches, wenn die jeweils geforderte Raumhöhe erreicht wird;

...

59. Wohnräume: Aufenthaltsräume in Wohnungen;

60. Wohnung: ein baulich in sich abgeschlossener Teil

eines Gebäudes, der Menschen zur Unterkunft und Haushaltsführung dient bzw. von seiner Größe und Ausstattung dazu geeignet ist;

...

§ 15

Bauabgabe

(1) Anlässlich der Erteilung der Baubewilligung oder der Genehmigung der Baufreistellung ist dem Bauwerber von der Abgabenbehörde eine Bauabgabe vorzuschreiben. ...

...

(3) Die Bauabgabe errechnet sich aus dem Produkt von Einheitssatz je Quadratmeter und der Bruttogeschoßfläche. Dabei sind Erdgeschosse zur Gänze, die übrigen Geschosse (Tiefgaragengeschosse, Keller, Obergeschosse, Dachgeschosse u. dgl.) zur Hälfte zu berechnen.

(4) Der Einheitssatz beträgt S 120,--/m2. ...

...

(7) Bei der Errichtung von Betriebsobjekten für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung sind für Geschoßflächen, die nicht dem Wohnen dienen, von der errechneten Bauabgabe nur 25 Prozent vorzuschreiben.

..."

In den Erläuterungen zu § 15 Stmk BauG (abgedruckt in Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht3 zu § 15) heißt es:

"Die Bauabgabe entspricht dem ehemaligen Aufschließungsbeitrag. Sie ist jedoch nicht an Bauland gebunden und ist zweckgebunden. Als raumordnungspolitisches Steuerungsinstrument soll die Vorschreibung z.B. bei Betriebsobjekten für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung hinsichtlich der Geschoßflächen, die nicht dem Wohnen dienen, in einem reduzierten Ausmaß erfolgen. Die Höhe wird durch das Gesetz festgelegt (Einheitssatz S 120,--/m2), eine indexmäßige Anpassung jeweils durch Verordnung der Landesregierung."

Die belangte Behörde hat den Berufungsbescheid des Gemeinderates der Beschwerdeführerin mit der tragenden Begründung aufgehoben, die Annahme der letztgenannten Behörde, die Geschoßfläche des Kellergeschoßes des in Rede stehenden Gebäudes diene (zumindest teilweise) dem Wohnen, sei unzutreffend.

In der Begründung der Beschwerde wird diese Rechtsansicht ausdrücklich bekämpft. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin erkennbar (auch) durch die Überbindung dieser Rechtsauffassung in ihren Rechten verletzt erachtet.

In ihrer Beschwerdebegründung legt die beschwerdeführende Gemeinde ausführlich dar, weshalb ihres Erachtens die Ausnahmebestimmung des § 15 Abs. 7 Stmk BauG nur für die Gesamtflächen ganzer Geschoße und nur dann in Anwendung zu bringen sei, wenn diese Geschoßflächen auch nicht teilweise "dem Wohnen" dienten.

Von der gleichen Rechtsauffassung geht auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus.

Die erstgenannte Beurteilung teilt der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht. Der Steiermärkische Landesgesetzgeber hat in § 15 Abs. 7 Stmk BauG ausdrücklich nicht den in § 4 Z 20 leg. cit. definierten Begriff der "Bruttogeschoßfläche" verwendet, sondern spricht in diesem Zusammenhang lediglich von "Geschoßflächen". Darunter sind auch Teilflächen des jeweiligen Geschoßes zu verstehen. Hätte der Gesetzgeber hinsichtlich der in § 15 Abs. 7 Stmk BauG umschriebenen Begünstigung lediglich auf ganze Geschoße abstellen wollen, so hätte er wohl den in § 4 Z 20 leg. cit. definierten Begriff der Bruttogeschoßfläche verwendet. Der hier vertretenen Auslegung ist auch deshalb der Vorzug zu geben, weil sie dem offenbar verfolgten Gesetzeszweck der Begünstigung land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebsobjektes, welches auch dem Wohnen dient, am ehesten entspricht.

Gegenteiliges ergibt sich - anders als die beschwerdeführende Gemeinde meint - auch nicht aus der Entstehungsgeschichte des § 6a Abs. 3 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 14/1989. Dies folgt zunächst schon daraus, dass § 6a der Steiermärkischen Bauordnung 1968 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 14/1989 keine dem § 15 Abs. 7 Stmk BauG entsprechende Begünstigung enthielt. Überdies ist aber mit der in Rede stehenden Novelle der Übergang von einem in den Erläuterungen als kompliziert und teilweise zu Härten führend bezeichneten System der Berechnung des Aufschließungsbeitrages nach Maßgabe der Bauplatzfläche und der im Widmungsbescheid festgelegten höchstzulässigen Bebauungsdichte auf ein solches nach der verbauten Fläche vorgenommen worden. Die bisherige Berechnung wurde vom Gesetzgeber dieser Novelle daher nicht deshalb als zu kompliziert erachtet, weil sie differenziert nach Teilflächen eines Geschoßes erfolgt wäre.

Die zur Begründung der Beschwerde ebenfalls herangezogenen Materialien zu § 15 Stmk BauG verwenden bei Erläuterung des Absatzes 7 dieser Bestimmung lediglich den ohnedies im Gesetzestext vorkommenden Begriff der "Geschoßflächen, die nicht dem Wohnen dienen", definieren diesen Begriff aber nicht näher.

Auch § 3 Z 20 oder Z 33 Stmk BauG definieren den Begriff "Geschoßflächen" nicht.

Auch aus den von der beschwerdeführenden Gemeinde weiters ins Treffen geführten Gesetzesbestimmungen ist für ihren Rechtsstandpunkt nichts zu gewinnen. Die in diesem Zusammenhang zitierten §§ 53 ff, 98 und 101 f Stmk BauG verwenden lediglich den Begriff "Geschoß", nicht aber den hier auszulegenden Begriff "Geschoßflächen". Demgegenüber ist in der Steiermärkischen Bebauungsdichteverordnung, LGBl. Nr. 38/1993 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 87/1994, der Begriff der "Gesamtfläche der Geschoße", nicht aber jener der "Geschoßfläche", näher definiert.

Damit ist hier streitentscheidend, ob das in Rede stehenden Kellergeschoß (Teil)Flächen aufweist, welche nicht "dem Wohnen dienen" sollen.

Bei Auslegung dieses Begriffes ist von folgenden Erwägungen auszugehen:

§ 15 Abs. 7 Stmk BauG handelt von Betriebsobjekten für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, welche auch Geschoßflächen aufweisen können, die "dem Wohnen dienen". Der Ausdruck "dem Wohnen dienen" ist daher vom Gesetzgeber als Gegensatz zur ausschließlichen Nutzung der Geschoßfläche für land- und forstwirtschaftliche Zwecke gemeint. Nicht "dem Wohnen" dienen daher jene Geschoßflächen, die ausschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, z.B. Wirtschaftsgebäude oder sonstige betriebliche Geschoßflächen in einem Gebäude, das auch dem Wohnen dient (vgl. Hauer/Trippl, a.a.O., Anm. 12 zu § 15 BauG).

Damit knüpft der Steiermärkische Landesgesetzgeber aber mit dem Begriff "dem Wohnen dienen" nicht an den engen Begriff "Wohnräume" oder "Wohnung" im Verständnis des § 4 Z 59 bzw. 60 Stmk BauG an, sondern versteht darunter all jene Geschoßflächen, die, auch wenn sie nicht "bewohnt" werden, doch dem mit dem Betriebsobjekt für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung mitverfolgten Zweck des Wohnens mittelbar zu Gute kommen. Es wäre nämlich nicht einzusehen, weshalb Nutzflächen der genannten Art, wie sie regelmäßig auch in ausschließlich für Wohnzwecke genutzten Bauwerken vorkommen (aber in diesen nicht unmittelbar als Wohnung gebraucht werden), bei Festsetzung der Bauabgabe nur deshalb privilegiert werden sollten, weil sie sich in einem Betriebsobjekt für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung befinden. Zweck der Begünstigung soll ja die abweichende Behandlung (ausschließlich) land- und forstwirtschaftlich genutzter (Teil-)Flächen von Geschoßen sein. Dienen also Flächen eines Geschoßes, wenn auch bloß mittelbar, und sei es auch neben anderen Zwecken, dem Wohnen, so kommt die Begünstigung nach § 15 Abs. 7 Stmk BauG für diese Flächen nicht zum Tragen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Stmk LAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabe knüpft. Gemäß § 15 Abs. 1 Stmk BauG ist dies vorliegendenfalls der Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung. Schon in diesem Zeitpunkt muss feststehen, in welcher Höhe ein Abgabenanspruch entstanden ist. In Ansehung der Begünstigung des § 15 Abs. 7 Stmk BauG bedeutet dies, dass jene Geschoßflächen, die nach Maßgabe des bewilligten Bauprojektes nicht im Sinne der vorstehenden Ausführungen dem Wohnen, sondern der landwirtschaftlichen Nutzung dienen sollen, privilegiert sind. In diesem Zusammenhang ist die Baubeschreibung samt Bauplänen und die dort ausgewiesene Nutzung maßgeblich. Aus diesen Einreichunterlagen ergeben sich aber vorliegendenfalls keine Hinweise darauf, dass Teilflächen des Kellergeschoßes des bewilligten Projektes einer ausschließlich landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden sollten, wurde doch als Verwendungszweck des zu errichtenden Gebäudes ausdrücklich "Wohnzwecke" angegeben. Ausnahmen in Ansehung von Teilflächen des Kellergeschoßes wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht zwingend aus der Art der errichteten Räume.

Nach Erteilung der Baubewilligung beabsichtigte oder vorgenommene Änderungen des Verwendungszweckes derartiger Räume in Richtung einer ausschließlich landwirtschaftlichen Nutzung hätten auf den einmal entstandenen Abgabenanspruch keine Auswirkungen mehr.

Damit wurde aber auch der Mitbeteiligte durch den mit Vorstellung angefochtenen Berufungsbescheid des Gemeinderates der Beschwerdeführerin nicht in seinen Rechten verletzt. Die Aufhebung dieses Berufungsbescheides durch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid verletzte die beschwerdeführende Gemeinde in ihrem als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am