VwGH 17.05.1999, 98/05/0242
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | BauO Wr §129 Abs10; BauO Wr §62a Abs1; BauO Wr §62a Abs2; BauO Wr §62a Abs3; BauRallg; |
RS 1 | Nach dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen ist vom technischen Standpunkt aus die bloße Befestigung einer Grundfläche mit einer Betonlage als Herstellung zu werten, für die ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse nicht erforderlich ist. Die Herstellung einer Betonplatte allein ist daher nach der Wr BauO ein bewilligungsfreies Bauvorhaben. Mag dieser Betonplatte im Zusammenhang mit der beschwerdegegenständlichen Holzkonstruktion (über einer betonierten Bodenplatte mit einer Breite von 3,93 m bis 4,90 m und einer Länge von 11,58 m ist eine rahmenartige Holzkonstruktion - Tragkonstruktion für einen Wintergartenzubau - mit einer Länge von ca 9,9 m und einer Firsthöhe von ca 4,5 m errichtet worden) auch eine statische Funktion zukommen und insoweit für die Herstellung einer solchen Bodenplatte ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sein, stellt sich diese bauliche Anlage aber ohne die zu entfernende Holzkonstruktion als ein selbständiges Bauwerk dar, welches keiner baubehördlichen Bewilligungspflicht unterliegt. Die selbständige Nutzbarkeit dieser Bodenplatte (die Bf behaupten die Verwendung als Gartenterrasse) und die damit verbundene selbständige Bewertung als gesondertes Bauvorhaben (dies ergibt sich aus dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen) ermöglichen eine Trennbarkeit der rechtlichen Beurteilung des Bauauftrages bezüglich der Holzkonstruktion einerseits und der Bodenplatte andererseits (hier: für das Ergebnis, dass die Bf die Bodenplatte ausschließlich zum Zweck der Errichtung des Wintergartens errichtet hätten, liegen keine Hinweise vor). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Georg und der Beatrix Materna, beide in Wien, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien II, Taborstraße 23, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR - B XIII - 10/98, betreffend Erteilung eines Bauauftrages, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als den Beschwerdeführern gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien aufgetragen wurde, "die hinter dem Wohnhaus befindliche betonierte Bodenplatte mit einer Breite von 3,93 m bis 4,90 m und einer Länge von 11,58 m" abzutragen, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom wurde den Beschwerdeführern gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) folgender Auftrag erteilt:
"Die hinter dem Wohnhaus befindliche betonierte Bodenplatte mit einer Breite von 3,93 m bis 4,90 m und einer Länge von 11,58 m und die darüber errichtete rahmenartige Holzkonstruktion (Tragkonstruktion für einen Wintergartenzubau) mit einer Länge von ca. 9,9 m und einer Firsthöhe von ca. 4,5 m sind abzutragen."
In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, anlässlich einer am durchgeführten Erhebung an Ort und Stelle bei den Grundstücken Nr. 2357 und .1324, KG. Auhof, der Beschwerdeführer sei vom Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 37/13 festgestellt worden, dass die im Spruch angeführten baulichen Maßnahmen ohne Baubewilligung durchgeführt worden seien. Die Betonplatte sei für die Standsicherheit der Holztragekonstruktion erforderlich. Im Hinblick auf diese statische Funktion bedürfe die Herstellung der Betonplatte eines wesentlichen Maßes bautechnischer Kenntnisse, insbesondere was die Betonqualität und erforderlichenfalls die Bewährung der Platte betreffe. Daraus folge, dass die Betonplatte einen integrierten Bestandteil des geplanten neuen Nebengebäudes (Wintergarten) bilde und somit einer isolierten Betrachtung gar nicht zugänglich sei. Daher stelle sich die Frage, ob die Betonplatte als Gartenterrasse gemäß § 62a Abs. 1 Z. 16 BO bauanzeige- und baubewilligungsfrei sei, ebenso wie jene, ob für die Herstellung der Bodenplatte allein ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse und somit eine Baubewilligung erforderlich sei, nicht. Aus diesem Grund könne auch dahingestellt bleiben, wann genau die Betonplatte errichtet worden sei. Es stehe fest, dass die Bodenplatte als Bauteil für die Errichtung des projektierten Nebengebäudes verwendet worden sei. Maßgebend für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides sei im gegebenen Fall allein die Frage, ob für die Errichtung des Nebengebäudes als solches eine Baubewilligung erteilt worden sei. Es könne begrifflich nicht davon die Rede sein, dass es sich bei der rahmenartigen Holzkonstruktion um eine Pergola handle. Eine solche weise eine Deckung mit Querhölzern in horizontaler Ebene auf. Die zur Ausführung gelangte Holzkonstruktion besitze hingegen einen sattelförmigen Dachstuhl, dessen First nahe der hinteren Gebäudefront des Wohnhauses parallel zu dieser verlaufe, sodass die zur hinteren Grundgrenze geneigte Dachfläche wesentlich länger ausgeführt sei als jene, die an die Hausmauer grenze. Genau diese Form liege aber dem Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/13, vom betreffend den bewilligten Wintergarten zugrunde. Das äußere Erscheinungsbild des Nebengebäudes lege den Schluss nahe, dass die Beschwerdeführer beabsichtigt hätten, einen Wintergarten zu errichten. Die Errichtung eines solchen Wintergartens bedürfe gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO einer Baubewilligung. Daran ändere auch nichts, dass die raumbildende Verglasung zum Zeitpunkt der Erhebung der Baubehörde erster Instanz noch nicht angebracht gewesen sei. Die errichtete Tragkonstruktion sei von der zitierten Baubewilligung nicht gedeckt und somit ohne Baubewilligung errichtet. Es sei daher auch gerechtfertigt, die Abtragung der gesamten Baulichkeit und nicht bloß jener Bauteile aufzutragen, die über den mit Bescheid vom bewilligten Umfang hinausgingen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichterteilung eines Bauauftrages verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall vorgetragenen Beschwerdeausführungen finden sich bereits in der zur hg. Zahl 98/05/0240 protokollierten, von den Beschwerdeführern erhobenen Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , mit welchem die Baueinstellung des auch hier zu beurteilenden Bauwerkes verfügt worden ist. Insoweit sich die Beschwerdeausführungen auf die errichtete Holzkonstruktion beziehen, wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das zu diesem Beschwerdeakt ergangene hg. Erkenntnis vom heutigen Tage verwiesen. Demnach ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer ein als Wintergarten anzusehendes Bauwerk errichtet haben, welches gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO bewilligungspflichtig ist.
Gemäß § 129 Abs. 10 zweiter Satz BO ist ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage Aufträge erteilen.
In ihren Beschwerdeausführungen tragen die Beschwerdeführer selbst vor, dass sie beabsichtigen, einen Wintergarten zu errichten. Aus den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen ergibt sich, dass die für den Wintergarten vorgesehene Holzkonstruktion nicht derjenigen, welche mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom baurechtlich bewilligt worden ist, entspricht. Schon aus diesem Grund war bezüglich der für den Wingergarten bestimmten Holzkonstruktion der Bauauftrag zu Recht erteilt worden, weil keine gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO erforderliche Baubewilligung hiefür vorliegt. Auf die Befestigung der Holzkonstruktion kommt es in diesem Zusammenhang nicht mehr an. Ob die Beschwerdeführer allenfalls auch beabsichtigten, eine Pergola zu errichten, ist bei dieser Sach- und Rechtslage ebenfalls nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, weil ein Teilabbruch der eine bautechnische Einheit darstellenden Holzkonstruktion - wie dies die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides näher und überzeugend ausgeführt hat - nicht in Betracht kommt und die Holzkonstruktion in ihrer Ausführung - wie bereits ausgeführt - mit der bewilligten nicht übereinstimmt.
Insoweit sich der Bauauftrag auf die betonierte Bodenplatte bezieht, liegt jedoch Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor.
Gemäß § 62a Abs. 1 BO ist bei Bauführungen, die u.a. folgende Anlagen betreffen, weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich:
die nicht unter §§ 60, 61 und 62 fallenden Bauvorhaben;
gemauerte Gartengriller und dergleichen sowie Gartenterrassen.
Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat sich der Bauherr zur Ausführung aller bewilligungsfreier Bauvorhaben nach Abs. 1 Z. 2 bis 33, soweit dafür ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, eines Bauführers zu bedienen, der nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften zur erwerbsmäßigen Vornahme dieser Tätigkeit berechtigt ist.
Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen müssen Anlagen nach Abs. 1 den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften entsprechen und sind andernfalls zu beseitigen; gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge gemäß § 129 Abs. 10 BO erteilen. Solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht.
Der bautechnische Amtssachverständige hat in seinem Gutachten vom ausgeführt, dass vom technischen Standpunkt aus die bloße Befestigung einer Grundfläche mit einer Betonlage als Herstellung zu werten sei, für die ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse nicht erforderlich ist. Die Herstellung einer Betonplatte allein ist daher nach der hier anzuwendenden Rechtslage ein bewilligungsfreies Bauvorhaben. Mag dieser Betonplatte im Zusammenhang mit der beschwerdegegenständlichen Holzkonstruktion auch eine statische Funktion zukommen und insoweit für die Herstellung einer solchen Bodenplatte ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sein, stellt sich diese bauliche Anlage aber ohne die zu entfernende Holzkonstruktion als ein selbständiges Bauwerk dar, welches keiner baubehördlichen Bewilligungspflicht unterliegt. Die selbständige Nutzbarkeit dieser Bodenplatte (die Beschwerdeführer behaupten die Verwendung als Gartenterrasse) und die damit verbundene selbständige Bewertung als gesondertes Bauvorhaben (dies ergibt sich aus dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vom ) ermöglichen eine Trennbarkeit der rechtlichen Beurteilung des Bauauftrages bezüglich der Holzkonstruktion einerseits und der Bodenplatte andererseits. Dass die Beschwerdeführer die Bodenplatte ausschließlich zum Zweck der Errichtung des Wintergartens errichtet hätten, wird auch im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt und ist ein solches Ergebnis aus den durch die Verwaltungsakten dokumentierten Verfahrensergebnissen nicht indiziert.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie insoweit den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der sich auf die betonierte Bodenplatte beziehende Bauauftrag war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, im Übrigen war jedoch die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auf § 50 VwGG.
Wien, am
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Normen | BauO Wr §129 Abs10; BauO Wr §62a Abs1; BauO Wr §62a Abs2; BauO Wr §62a Abs3; BauRallg; |
Schlagworte | Baubewilligung BauRallg6 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1999:1998050242.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAE-44025