VwGH vom 29.04.2002, 2001/17/0069

VwGH vom 29.04.2002, 2001/17/0069

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des HP in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Meller, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neubaugasse 66, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 4/1 - 2086/00, betreffend Aufhebung eines Bescheides im Aufsichtsweg in Angelegenheit einer Gebrauchsabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt II. des Bescheides vom schrieb der Magistrat der Stadt Wien dem Beschwerdeführer für die Erlaubnis zum Gebrauch eines bestimmten öffentlichen Grundes bzw. des darüber befindlichen Luftraumes eine jährliche Gebrauchsabgabe von S 3.500,-- (EUR 254,35) vor. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Spruchpunkt II. des genannten Bescheides in Ausübung des Aufsichtsrechtes nach § 231 lit. b WAO auf. Dies mit der Begründung, der dem Spruchpunkt II. zugrundeliegende Sachverhalt sei in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt worden. Bei Erlassung des Bescheides vom sei der Magistrat der Stadt Wien davon ausgegangen, dass der öffentliche Grund vor dem näher bezeichneten Haus, für dessen Benützung dem Beschwerdeführer die Erlaubnis zur Aufstellung von Tischen und Stühlen auf einer Fläche von 70 m2 erteilt worden sei, in keiner Fußgängerzone liege. Dieser Sachverhalt sei jedoch unrichtig, weil sich der öffentliche Grund zweifelsfrei in einer Fußgängerzone befinde. Für Vorgärten in Fußgängerzonen sei der Abgabensatz von S 375,--/m2 anzuwenden und dem Beschwerdeführer wären somit S 26.250,-- vorzuschreiben gewesen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 144/01-4, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf "rechtsrichtige Abgabenbemessung" und damit in seinem Recht auf Nichtaufhebung eines rechtmäßig ergangenen Abgabenbescheides, verletzt. Er macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde die erstinstanzliche Festsetzung der Gebrauchsabgabe mit der Begründung auf, die Abgabenbehörde erster Instanz habe den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt, die Erlaubnis habe sich auf eine Fläche erstreckt, die Fußgängerzone sei, und demnach wäre eine höhere Gebrauchsabgabe vorzuschreiben gewesen.

Der Beschwerdeführer ist durch die Aufhebung der Abgabenvorschreibung in seinen subjektiven Rechten verletzt, weil damit die Behebung der - seiner Auffassung nach - rechtmäßigen Vorschreibung der Gebrauchsabgabe, wie aus der Begründung des angefochtenen Bescheides entnehmbar ist, deswegen erfolgte, um diese Vorschreibung durch die Erlassung eines den Beschwerdeführer mehr belastenden Abgabenbescheides zu ersetzen. Die Aufhebung des Abgabenbescheides war dafür der notwendige erste Schritt, dem mit weiterem Bescheid des Magistrates vom die höhere Abgabenvorschreibung folgte. Das subjektive Recht auf Nichtaufhebung und Bestand des Abgabenbescheides vom ist somit gegeben und dieses Recht kann in einer Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid geltend gemacht werden.

§ 231 lit. b der Wiener Abgabenordnung (WAO), LGBl. für Wien Nr. 21/1962, lautet:

"In Ausübung des Aufsichtsrechtes kann ein Bescheid einer Abgabenbehörde erster Instanz von der Landesregierung aufgehoben werden,

...

b) wenn der dem Bescheid zugrundeliegende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde,"

Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, die Behörde erster Instanz habe den der Vorschreibung der Gebrauchsabgabe zugrundeliegenden Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt, und behob den Bescheid im Aufsichtsweg gemäß § 231 lit. b WAO. Die Erlaubnis zur Aufstellung von Tischen und Stühlen sei auf einer Fläche erteilt worden, die eine Fußgängerzone sei und deshalb sei der Vorschreibung der Gebrauchsabgabe nicht der Abgabensatz von S 50,-- /m2, sondern von S 375,--/m2 zugrunde zu legen gewesen.

Der angefochtene Bescheid führt zwar den Bereich an, für den die Gebrauchserlaubnis erteilt worden ist, legt aber nicht dar, welches Gebiet die Fußgängerzone konkret umfasst und an welchen Stellen deren Kundmachung erfolgte. Es ist somit in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht nachvollziehbar dargestellt, dass sich die dem Beschwerdeführer zum Gebrauch bewilligte Fläche - was die Beschwerde in Abrede stellt - auch tatsächlich in einer gesetzmäßig kundgemachten Fußgängerzone befindet.

Die belangte Behörde hat den Verordnungsakt über die in Rede stehende Fußgängerzone nicht vorgelegt, sodass - zum Zweck der Beurteilung der Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels - auch aus dem Inhalt der vorgelegten Akten nicht nachgeprüft werden kann, ob sich der bewilligte Bereich in dem von der Verordnung über die Fußgängerzone erfassten Gebiet befindet und ob die Fußgängerzone auch gesetzmäßig kundgemacht wurde. Im vorgelegten Akt befinden sich zwar Pläne, Skizzen und überdies ein Schreiben der MA 46 vom , in dem diese die Ansicht vertrat, "die Örtlichkeit lieg(e) ... im Wirkungsbereich einer Fußgängerzone". Diese Teile des vorgelegten Verwaltungsaktes reichen aber allein nicht aus, um vom Zutreffen der Feststellung der belangten Behörde, wonach der dem Beschwerdeführer bewilligte Bereich in einer Fußgängerzone liege, und von der aus diesem Grund gegebenen Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom ausgehen zu können.

Der angefochtene Bescheid ist demnach mit einem Begründungsmangel behaftet.

Da die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Der Ersatz für den Stempelgebührenaufwand war für die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, in Höhe von EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am